Den Steuerberater trifft grobes Verschulden am nachträglichen Bekanntwerden von Tatsachen, die Voraussetzung für die Gewährung eines Entlastungsbetrags für Alleinerziehende sind, wenn er dem steuerlich unerfahrenen Steuerpflichtigen lediglich eine komprimierte Steuererklärung zur Prüfung aushändigt, ohne den für die Abgabe einer vollständigen Steuererklärung maßgebenden Sachverhalt zu ermitteln, und dem Steuerpflichtigen damit die Möglichkeit nimmt, die darin enthaltenen Angaben auf Vollständigkeit und Richtigkeit zu prüfen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Ausdruck der komprimierten Steuererklärung auf die Verwendung des "Elster"-Programms zurückzuführen ist (BFH v. 16.5.2013 – III R 12/12, BStBl. II 2016, 512 = AO-StB 2013, 264). Grob schuldhaft handelt ein Steuerberater auch dann, wenn sich der Fehler bei der anschließenden Kontrolle der Steuererklärung unschwer anhand der Prüfberechnung feststellen lässt (FG Münster v. 15.2.2018 – 8 K 1923/15 F, EFG 2018, 801). Entsprechendes gilt, wenn der Steuerberater es unterlässt, einen angefallenen Auflösungsverlust nach § 17 Abs. 4 EStG geltend zu machen (FG Düsseldorf v. 23.5.2018 – 2 K 1274/17 E, EFG 2018, 124). Grobe Fahrlässigkeit liegt auch dann vor, wenn der Steuerberater die in der Anlage N-Gre ausdrücklich gestellte Frage nach steuerfreien Kinderzulagen bei einem in der Schweiz tätigen Grenzgänger nicht beantwortet, obwohl er bei sorgfältiger Prüfung und Aufarbeitung des steuerrelevanten Sachverhalts aus den (monatlichen) Gehaltsmitteilungen des Steuerpflichtigen erkennen konnte, dass in dem in der Jahreslohnbescheinigung ausgewiesenen Arbeitslohn steuerfreie Kinderzulagen enthalten waren (BFH v. 28.4.2020 – VI R 24/17, BFH/NV 2020, 1249). Selbst bei einem über 10 Jahre währenden Insolvenzverfahren über das Vermögen einer GmbH trifft den Steuerberater, der für einen der beteiligten Gesellschafter die Einkommensteuererklärung für das Jahr der Verfahrensbeendigung ohne die Deklaration des Auflösungsverlustes einreicht und den daraufhin ergehenden Steuerbescheid bestandskräftig werden lässt, ein die Änderung dieses Bescheids wegen neuer Tatsachen ausschließendes grobes Verschulden, das sich der vertretene Gesellschafter zurechnen lassen muss (FG Düsseldorf v. 23.5.2018 – 2 K 1274/17 E, EFG 2018, 1247 = AO-StB 2018, 272).
Die unterlassene Vorlage einer Schulbescheinigung des Kindes innerhalb der Einspruchsfrist durch einen nicht fachkundig beratenen Kindergeldberechtigten muss kein grobes Verschulden begründen (BFH v. 26.11.2014 – XI R 41/13, BFH/NV 2015, 491 = AO-StB 2015, 91). Auch der alleinige Hinweis, der Steuerpflichtige habe ein Hinweisblatt erhalten, in dem sämtliche kindergeldanspruchsbegründende Tatbestände aufgeführt sind, reicht für die Annahme groben Verschuldens nicht aus (FG München v. 10.3.2015 – 7 K 48/13, EFG 2015, 1053).