Leitsatz
1. Beteiligt sich eine Körperschaft über eine Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) an einer anderen Körperschaft, bleiben Gewinnanteile (Dividenden) aus dieser Beteiligung sowie Gewinne aus der Veräußerung eines Anteils an der Körperschaft nach § 8b Abs. 1 und 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 6 Satz 1 KStG 2002 a.F. bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der zwischengeschalteten Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) gem. § 7 Satz 1 GewStG 2002 a.F. außer Ansatz (Abweichung vom BMF, Schreiben vom 28.4.2003, BStBl I 2003, 292, Tz. 57 f.).
2. § 8b Abs. 5 KStG 2002 i.d.F. bis zur Änderung durch das Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum StVerAbG vom 22.12.2003 (BGBl I 2003, 2840, BStBl I 2004, 14) verstößt sowohl gegen die gemeinschaftsrechtliche Grundfreiheit der freien Wahl der Niederlassung nach Art. 43 und 48 EG als auch gegen die Grundfreiheit des freien Kapitalverkehrs nach Art. 56 und 58 EG (Anschluss an die EuGH-Urteile vom 18.9.2003, Rs. C-168/01"Bosal", BFH-PR 2003, 471, EuGHE I 2003, 9409, und vom 23.2.2006, Rs. C-471/04 "Keller Holding", BFH-PR 2006, 194, ABlEU 2006, Nr. C 131, 20).
Normenkette
§ 2 Abs. 1 Satz 2, § 5 Abs. 1 Satz 3, § 7 Satz 1, § 9 Nr. 7 Satz 1 GewStG 2002 a.F., § 8b Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 5, Abs. 6 Satz 1 KStG 2002 a.F., Art. 43, Art. 48, Art. 56, Art. 58 EG , LEXinfom 5003421
Sachverhalt
Klägerin war eine GmbH & Co. KG, deren Geschäftsanteile im Streitjahr 2002 von ihrer alleinigen Kommanditistin, der GmbH I, gehalten wurden. Persönlich haftende Gesellschafterin war die GmbH II.
Alleiniger Geschäftszweck der Klägerin war es, 50,01 % der Anteile an einer südafrikanischen Kapitalgesellschaft (Ltd) zu halten. Diese Anteile waren von der Klägerin am 30.6.2000 erworben worden und wurden von ihr am 22.10.2002 an die bisherige Minderheitsgesellschafterin veräußert. Den dabei erzielten Veräußerungsgewinn behandelte die Klägerin im Rahmen ihrer GewSt-Erklärung als steuerfreien Ertrag gem. § 8b Abs. 2 und 6 KStG 2002 a.F. i.V.m. § 7 Satz 1 GewStG 2002 a.F.
Das FA folgte dem unter Hinweis auf das BMF-Schreiben 28.4.2003 (BStBl I 2003, 292, Tz. 57 f.) nicht. Er erhöhte den Gewinn aus Gewerbebetrieb um den Veräußerungsgewinn. Die gleichermaßen angesetzte Dividende aus der Beteiligung i.H.v. 22.091 € wurde vom FA gem. § 9 Nr. 7 GewStG 1999 gekürzt; ihre Berücksichtigung beschwerte die Klägerin deswegen im Ergebnis nicht.
Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt (EFG 2005, 1964).
Entscheidung
Der BFH hat das bestätigt:
Zum einen schlage die Steuerbefreiung gem. § 8b Abs. 2 KStG 2002 a.F. über § 8b Abs. 6 KStG 2002 a.F. und § 7 Satz 1 GewStG 2002 a.F. auf die zwischengeschaltete Personengesellschaft durch.
Das bedeute zwar zum anderen, dass die Dividenden fortan nicht mehr über § 9 Nr. 7 GewStG 1999 gekürzt würden, sondern bereits über § 8b Abs. 1 KStG 2002 nicht mehr im Gewinn der Klägerin enthalten sei und dass infolgedessen auch die Schachtelstrafe des § 8b Abs. 5 KStG greifen könnte. Im Einzelnen sei dem aber nicht nachzugehen. Denn diese Schachtelstrafe verstoße gegen die EG-Niederlassungsfreiheit des Art. 43 EG und auch die EG-Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 56 EG und bleibe deshalb unanwendbar. Die Kapitalverkehrsfreiheit beziehe auch Direktinvestitionen in Drittstaaten wie hier Südafrika in seinen Schutzbereich ein.
Hinweis
1. Nach derzeitiger Fassung des § 7 Satz 4 GewStG (und hierbei dessen letzten Satzteils) sind für die steuerliche Gegenwart die Steuerwohltaten des § 8b KStG für die Ermittlung des Gewerbeertrags einer Mitunternehmerschaft anzuwenden. Das wird dort ausdrücklich angeordnet.
Dividenden und Veräußerungsgewinne sind also – im Grundsatz und bis auf die sog. Schachtelstrafen des § 8b Abs. 5 (s. dazu unten unter 4.) sowie neuerdings jene des § 8b Abs. 3 Satz 1 – auch dann von der GewSt befreit, wenn die hiervon begünstigte Kapitalgesellschaft sich "über" eine Personengesellschaft – als deren Mitunternehmer – an einer anderen Kapitalgesellschaft beteiligt.
Das bedeutet natürlich zugleich auch, dass insbesondere § 8b Abs. 3 KStG Anwendung findet und dass deswegen – nach § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG – Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit etwaigen Veräußerungsgewinnen an den Anteilen an der anderen Kapitalgesellschaft stehen, bei der Ermittlung des Einkommens ebenso wie des Gewerbeertrags nicht zu berücksichtigen sind.
2. Bis zum Jahr 2004 fehlte für die GewSt eine besondere "Überleitungsregelung" auf § 8b KStG, wie sie jetzt in § 7 Satz 4 GewStG 2002 enthalten ist. Die Finanzverwaltung wandte § 8b KStG auf die geschilderte Beteiligungskonstellation deswegen nicht an:
Steuerobjekt der GewSt sei die Personengesellschaft als solche. Diese sei auch GewSt-Schuldnerin. Folglich schlage § 8b KStG 2002 a.F. auf die GewSt nicht durch. § 8b Abs. 6 KStG 2002 a.F. ändere daran nichts. Dies, obschon danach § 8b Abs. 1 bis 5 KStG 2002 a.F. auch gilt,
- wenn die dort genannten Bezüge, Gewinne und Gewinnminderungen der Obergesel...