Nach Ansicht der Finanzverwaltung hat die BFH-Entscheidung über den Einzelfall hinausgehende Ausstrahlungswirkung auf weitere erbschaftsteuerlichen Vorschriften in Zusammenhang mit den Optionsverschonungsmodellen. In diesem Zusammenhang hat die Finanzverwaltung Anpassungsbedarf hinsichtlich der Anwendung eines Teils der für die Optionsverschonung einschlägigen Vorschriften gesehen. Sie hat daher in gleichlautenden Ländererlassen Vorgehensweisen für weitere die Anwendung der die Optionsverschonung betreffenden Vorschriften des ErbStG festgelegt. Die Finanzverwaltung folgt in den gleichlautenden Ländererlassen den vom BFH entschiedenen Grundsätzen und erläutert diese anhand von Berechnungsbeispielen.
Zentral geht es dabei wiederkehrend um die Frage, ob diese Vorschriften jeweils nur einheitlich hinsichtlich der an einer Übertragung beteiligten wirtschaftlichen Einheiten angewendet werden können (Einheitsmodell) bzw. jeweils gesondert bezogen auf eine beteiligte wirtschaftliche Einheit zur Anwendung kommen (Einzelmodell). Die in der BFH-Entscheidung niedergelegten Grundsätze sind nach Ansicht der Finanzverwaltung auch auf die nach dem 1.7.2016 geltende und derzeit aktuelle Fassung des ErbStG sowohl auf Schenkungen als auch auf Erwerbe von Todes anzuwenden.
1. Richtlinien mit Anpassungsbedarf infolge der BFH-Entscheidung
Hierunter fallen alle Regelungen, bei denen nach Ansicht der Finanzverwaltung infolge der BFH-Entscheidung das bisherige Einheitsmodell nunmehr durch ein Einzelmodell abzulösen ist. Für alle Fälle des Einzelmodells gilt, dass die Finanzverwaltung für jede Wirtschaftseinheit die Wahl zwischen Teil- und Vollverschonung einräumt.
a) Gesonderte Betrachtung jeder einzelnen wirtschaftlichen Einheit bei Erwerb mehrere wirtschaftliche Einheiten (Tz. 5–12)
Der Erwerber kann den Antrag auf Optionsverschonung gem. § 13a Abs. 10 ErbStG bei Erwerb von begünstigungsfähigem Vermögen stellen. Nach der BFH-Entscheidung kann dieser Antrag nunmehr für jede wirtschaftliche Einheit gesondert gestellt werden. Als allgemeine Folge daraus ergibt sich, dass bei einer Übertragung von mehreren selbstständig zu bewertenden wirtschaftlichen Einheiten des begünstigten Vermögens keine einheitliche Behandlung der Einheiten zu erfolgen hat. Die Gewährung des Verschonungsabschlags ist für jede wirtschaftliche Einheit separat zu prüfen.
Aus dem Erfordernis der gesonderten Antragstellung für jede wirtschaftliche Einheit ergeben sich nach Ansicht der Finanzverwaltung weitere Konsequenzen:
- Regelverschonung und Optionsverschonung können nebeneinander zur Anwendung kommen (Tz. 5);
- eine getrennte Berechnung der Steuerbefreiung für jede wirtschaftliche Einheit ist auch für den Fall erforderlich, dass kein Antrag auf Optionsverschonung gestellt wird (Tz. 6);
- das begünstigte Vermögen der jeweiligen wirtschaftlichen Einheit bildet die Bemessungsgrundlage für den entsprechenden Verschonungsabschlag nach den §§ 13a Abs. 1, 13a Abs. 10, 13c ErbStG (Tz. 8).
Beraterhinweis RE 13a.1 Abs. 2 Satz 3 ErbStR 2019 bzw. RE 13b.8 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ErbStR 2019 sind nicht mehr anzuwenden.
Sofern die Voraussetzungen für eine Vollverschonung nicht erfüllt sind, ist der Rückfall auf die Regelverschonung ausgeschlossen (Tz. 11).
Beraterhinweis RE 13a.21 Abs. 1 und Abs. 4 ErbStR 2019 sind nicht mehr anzuwenden.
b) Lohnsummen-Regelung § 13a Abs. 3 ErbStG (Tz. 28–29)
Gemäß § 13a Abs. 3 ErbStG ist Voraussetzung für die Gewährung des Verschonungsabschlags nach § 13a Abs. 1 ErbStG, dass die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen der betreffenden wirtschaftlichen Einheit innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb insgesamt 400 % der Ausgangslohnsumme nicht unterschreitet (sog. Mindestlohnsumme). Die Einhaltung der Mindestlohnsumme ist nach Ansicht der Finanzverwaltung infolge der BFH-Entscheidung für jede wirtschaftliche Einheit separat zu prüfen. Die bisherige Zusammenrechnung der Mindestlohnsummen aus den einzelnen selbstständigen wirtschaftlichen Einheiten zu einer Mindestlohnsumme entfällt.
Beraterhinweis Bei einem Lohnsummenverstoß einer wirtschaftlichen Einheit kann auf der Grundlage der Erlasse nicht mehr mit der die erforderliche Mindestlohnsumme übersteigenden Lohnsumme aus einer anderen wirtschaftlichen Einheit ausgeglichen werden. R E 13a.6 ErbStR 2019, R E 13a.9 Abs. 1 Satz 4 ErbStR 2019 und H E 13a.7 (1) sind nicht mehr anzuwenden.
c) Behaltensregelung gem. § 13a Abs. 6 ErbStG (Tz. 30–32)
Gemäß § 13a Abs. 6 ErbStG fallen der Verschonungsabschlag gem. § 13a Abs. 1 ErbStG und der Abzugsbetrag gem. § 13a Abs. 2 ErbStG unter der Voraussetzung von Verstößen gegen die Behaltensregelungen innerhalb der fünfjährigen Behaltensfrist mit Wirkung für die Vergangenheit weg. Ein Verstoß gegen die Behaltensregelungen für nur eine wirtschaftliche Einheit führt zu einer Nachversteuerung nur bei dieser wirtschaftlichen Einheit. Die FA haben die Einhaltung der Behaltensregelungen für jede wirtschaftliche Einheit separat zu überwachen.
Beraterhinweis R E 13a.12 ErbStR 2019 ist weiterhin anzuwenden.
d) Durchführung der Nachversteuerung (Tz. 33–34)
Werden mehrere wirtschaftliche Einheiten des begünstigten Vermögens übertragen, ist die Einhaltung der Mindestlohnsumme bzw. der Behaltensregelungen für jede wirtschaftliche Einheit gesondert zu prüfen. Kommt es bei einer wirtschaftlichen Einheit zu einem Verstoß, ist der f...