Gleichlautende Ländererlasse v. 05.03.2024, S 4501 - 7/11, BStBl I 2024, 383

 

1. Allgemeines

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§ 1 Absatz 3 GrEStG bestimmt, dass die Vereinigung von mindestens 90 % der Anteile einer grundbesitzenden Personen- oder Kapitalgesellschaft oder der Übergang bereits vereinigter Anteile Grunderwerbsteuer auslösen. Diese können sowohl unmittelbar, mittelbar als auch teilweise unmittelbar und mittelbar über eine andere Gesellschaft erfolgen.

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Beim unmittelbaren Anteilserwerb wird der Erwerber selbst zivilrechtlich Gesellschafter der grundbesitzenden Gesellschaft.

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Beim mittelbaren Anteilserwerb wird der Erwerber selbst nicht Gesellschafter der grundbesitzenden Gesellschaft, sondern wird an ihr über eine oder mehrere andere Gesellschaften beteiligt. Eine Anknüpfung an das Zivilrecht scheidet aus, da es keine Regelungen für einen mittelbaren Anteilserwerb vorsieht. Unter welchen Voraussetzungen ein mittelbarer Anteilserwerb vorliegt, ist unter Berücksichtigung von Wortlaut sowie Sinn und Zweck des § 1 Absatz 3 GrEStG zu beurteilen.

 

2. Vom Tatbestand erfasste Gesellschaften und Grundstücke

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Gesellschaften im Sinne des § 1 Absatz 3 GrEStG sind insbesondere die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die Unternehmergesellschaft, die Aktiengesellschaft, die Kommanditgesellschaft auf Aktien, die Europäische Gesellschaft (SE), die rechtsfähige Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR, eGbR), die offene Handelsgesellschaft, die Kommanditgesellschaft (einschließlich der GmbH & Co. KG) und die Partnerschaftsgesellschaft. Ausländische Gesellschaften, deren rechtliche Struktur den inländischen Gesellschaften entspricht, werden von der Vorschrift erfasst.

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Keine Gesellschaften im Sinne des § 1 Absatz 3 GrEStG sind z. B. die Erbengemeinschaft und die atypische stille Gesellschaft.

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Ausführungen zur Frage, ob und wann einer Gesellschaft ein Grundstück im Sinne des § 1 Absatz 3 GrEStG gehört, enthalten die gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zur Zurechnung von Grundstücken für die Ergänzungstatbestände in § 1 Absatz 2a bis 3a GrEStG.

 

3. Anteil an der Gesellschaft

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Beim Anteil an der Gesellschaft ist zwischen Kapitalgesellschaft und Personengesellschaft wie folgt zu unterscheiden:

 

3.1. Kapitalgesellschaft

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Anteile einer Kapitalgesellschaft sind die Beteiligungen am Gesellschaftskapital, zum Beispiel bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung die Geschäftsanteile (§5 und §§ 14 ff. GmbHG) und bei einer Aktiengesellschaft die Aktien (§§ 8 ff. AktG).

Der übergehende Anteil entspricht bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung dem Anteil, den die übertragenen Geschäftsanteile am Stammkapital darstellen. Bei Aktiengesellschaften entspricht er dem Anteil, den die übertragenen Aktien am Grundkapital darstellen. Die Vermögenseinlagen der persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien sind Teil des Grundkapitals, wenn sie darauf geleistet wurden, § 281 Absatz 2 AktG. Auf die mit den einzelnen Anteilen verbundene Rechtsmacht kommt es nicht an. Beispielsweise sind Vorzugsaktien (§ 12 AktG) nicht anders als die mit Stimmrecht ausgestatteten Aktien zu behandeln.

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Eigene Anteile, die die Gesellschaft selbst hält, bleiben bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes unberücksichtigt (BFH-Urteil vom 18. September 2013 – II R 21/12, BStBl II 2014, 326). Maßgebend ist somit, dass mindestens 90 % der nicht von der Gesellschaft selbst gehaltenen Anteile in einer Hand vereinigt werden bzw. mindestens 90 % der nicht von der Gesellschaft selbst gehaltenen, bereits vereinigten Anteile übergehen.

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Keine Anteile sind Wertpapiere, die sich lediglich auf die Anteile an einer Kapitalgesellschaft beziehen, ohne das Eigentum an diesen Anteilen zu vermitteln. Hierzu gehören beispielsweise American Depositary Receipts (ADR).

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Die vorstehenden Grundsätze gelten für vergleichbare ausländische Kapitalgesellschaften entsprechend.

 

3.2. Personengesellschaft

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Bei Personengesellschaften ist zwischen einem unmittelbaren und mittelbaren Anteilserwerb zu unterscheiden:

  • Bei einem unmittelbaren Anteilserwerb ist Anteil einer Personengesellschaft die aus § 24 GrEStG folgende sachenrechtliche Mitberechtigung des Gesellschafters (Pro-Kopf-Betrachtung).
  • Bei einem mittelbaren Anteilserwerb entspricht der Anteil einer Personengesellschaft – wie bei Kapitalgesellschaften – der Beteiligung am Gesellschaftsvermögen.

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Die vorstehenden Grundsätze gelten für vergleichbare ausländische Personengesellschaften entsprechend.

 

4. Berücksichtigung mittelbarer Anteilserwerbe

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Ein Anteilserwerb kann bei einer zwischengeschalteten Gesellschaft zu einer Anteilsvereinigung nach § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 2 GrEStG beitragen oder führen. Führt der Anteilserwerb zu einer Beteiligung von mindestens 90 % an der zwischengeschalteten Gesellschaft, sind dem Erwerber 100 % der von der zwischengeschalteten Gesellschaft gehaltenen Anteile zuzurechnen.

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Beispiel 1:

Am Kapital der grundbesitzenden A-KG sind eine OHG und der Altgesellschaft...

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