Die Änderungsmöglichkeit nach § 32a Abs. 1 S. 1 KStG verlangt wörtlich
- den Erlass,
- die Aufhebung oder
- die Änderung
eines Steuerbescheids. Unter Erlass ist dabei die erstmalige Steuerfestsetzung durch Verwaltungsakt nach § 155 AO zu verstehen. Die Möglichkeiten der Aufhebung oder Änderungen ergeben sich aus der Abgabenordnung – einschlägig sind dabei die §§ 172 ff. AO.
Reihenfolge der Korrektur: Grundsätzlich erfolgt erst eine Korrektur des KSt-Bescheids und danach des Steuerbescheids des Anteilseigners. Beachten Sie: Eine zeitgleiche Korrektur ist aber unschädlich.
Vorrang einer materiell-richtigen Einkommensteuerfestsetzung: § 32a Abs. 1 S. 1 KStG dient als Änderungsvorschrift dem Ziel, die verfahrensrechtlichen Hemmnisse zu beseitigen, die einer zutreffenden materiellen Besteuerung von Körperschaften und deren Anteilseignern entgegenstehen. Dies gilt sowohl für Korrekturen aufgrund einer vGA zugunsten als auch zu Lasten des Gesellschafters. § 32a Abs. 1 S. 1 KStG räumt einer materiell-richtigen Einkommensteuerfestsetzung den Vorrang gegenüber dem Vertrauen des Steuerpflichtigen in die Bestandskraft der bereits erfolgten Steuerfestsetzung ein.
Der dargelegte Normzweck des § 32a Abs. 1 KStG spricht dafür, es i.R.d. § 32a Abs. 1 KStG – in Anlehnung an die Rechtslage bei Grundlagen- und Folgebescheiden – ebenfalls zuzulassen, dass die Rechtswidrigkeit eines vorzeitig geänderten ESt-Bescheids durch den Erlass eines KSt-Bescheids wegen derselben vGA nachträglich beseitigt werden kann. Bei Grundlagen- und Folgebescheiden eröffnet § 155 Abs. 2 AO die Möglichkeit, einen Folgebescheid "vorläufig" zu erlassen, wenn sich der Erlass des Grundlagenbescheids zwar verzögert, seine Erteilung aber beabsichtigt ist. Zudem kann die Rechtswidrigkeit eines vorzeitig erlassenen Folgebescheids durch den Erlass des fehlenden Grundlagenbescheids nachträglich beseitigt werden.
Kein Verhältnis von Grundlagen- und Folgebescheid: Zwar stehen
- der KSt-Bescheid der Gesellschaft und
- der ESt-Bescheid des Anteilseigners
auch nach Einführung des § 32a Abs. 1 KStG nicht im Verhältnis von Grundlagen- und Folgebescheid. Dies schließt es aber nicht aus, einzelne Auslegungsfragen des § 32a Abs. 1 KStG in Anlehnung an die für das Verhältnis von Grundlagen- und Folgebescheiden entwickelten Grundsätze zu lösen. So hat der BFH im Anwendungsbereich des § 32a Abs. 1 S. 2 KStG die Rechtsfolgen der besonderen Ablaufhemmung nach dieser Vorschrift bereits in Anlehnung an die zu § 171 Abs. 10 AO in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze bestimmt. Es handelt sich um eine erweiternde Auslegung des Tatbestands des § 32a Abs. 1 S. 1 KStG, der für die Rechtmäßigkeit der Korrektur auf der Ebene des Anteilseigners grundsätzlich verlangt, dass der relevante KSt-Bescheid vorab oder gleichzeitig ergeht.
Keine Verschlechterung der Rechtsposition: Dieses Ergebnis wird ferner dadurch gestützt, dass sich die Rechtsschutzposition des Anteilseigners gegen den vorab erlassenen (rechtswidrigen) ESt-Bescheid durch die Annahme einer nachträglichen Beseitigung der Rechtswidrigkeit bei Erlass des KSt-Bescheids regelmäßig nicht verschlechtert. Ergeht während eines Einspruchsverfahrens des Gesellschafters gegen den vorab geänderten ESt-Bescheid gegenüber der Gesellschaft ein hinsichtlich derselben vGA geänderter KSt-Bescheid, entsteht jedenfalls durch diesen Bescheid die Korrekturbefugnis für die Veranlagung des Anteilseigners gem. § 32a Abs. 1 S. 1 KStG. Der angefochtene rechtswidrige ESt-Bescheid des Gesellschafters kann in diesem Fall im Einspruchsverfahren gem. § 365 Abs. 3 Nr. 2 AO durch einen wegen der vGA erneut geänderten ESt-Bescheid ersetzt und das Einspruchsverfahren – bei Vorliegen weiterer streitiger Besteuerungsgrundlagen – mit dem ersetzenden ESt-Bescheid fortgesetzt werden.
Beraterhinweis Führt die Aufhebung des vorab ergangenen rechtswidrigen Änderungsbescheids des Gesellschafters zu einer Vollabhilfe und Erledigung des Einspruchsverfahrens, weil nur der Ansatz der vGA streitig ist, kann aufgrund des nachgeholten KSt-Bescheids gegenüber dem Gesellschafter erneut ein gem. § 32a Abs. 1 KStG geänderter ESt-Bescheid ergehen, gegen den der Gesellschafter wiederum Einspruch einlegen müsste.
Abschließende Prüfung: Nimmt man mit dem BFH an, die Rechtswidrigkeit des vorab erlassenen ESt-Änderungsbescheids werde durch den Erlass des KSt-Bescheids während des vom Gesellschafter begonnenen Einspruchsverfahrens nachträglich beseitigt, so sind innerhalb des begonnenen Einspruchsverfahrens im Unterschied zur vorstehend skizzierten Verfahrenssituation lediglich die Änderungsvoraussetzungen gem. § 32a Abs. 1 S. 1 KStG abschließend zu prüfen.
Heilung einer rechtswidrigen Korrektur: Eine vorzeitige (rechtswidrige) Korrektur eines ESt-Bescheids des Gesellschafters gem. § 32a Abs. 1 S. 1 KStG wird jedoch nachträglich beseitigt, wenn ein KSt-Bescheid wegen derselben vGA ergeht.
Beraterhinweis Der erlassene, aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid der Körperschaft...