1. Zuständigkeit
Die Entscheidung über den Erlass, die Aufhebung oder die Änderung des Steuer- oder Feststellungsbescheids beim Anteilseigner steht im Ermessen der für den Gesellschafter zuständigen Finanzbehörde.
Beachten Sie: Über die Frage, ob und wann eine vGA dem Gesellschafter zugeflossen ist, hat das Finanzamt auf der Ebene des Gesellschafters ohne jede Bindungswirkung an den geänderten KSt-Bescheid zu entscheiden. Dies verdeutlicht insbesondere der Fall einer vGA auf der Basis einer erhöhten Pensionszusage:
- Während beim Gesellschafter mangels Zuflusses keine Einnahmen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG anzusetzen sind,
- kann diese erhöhte Pensionszusage durchaus eine vGA bei der Körperschaft verwirklichen.
2. Ermessenserwägungen
Entschließungs- und Auswahlermessen: Nach § 32a Abs. 1 KStG kann ein Steuerbescheid oder ein Feststellungsbescheid gegenüber dem Gesellschafter, dem die vGA zuzurechnen ist, aufgehoben oder geändert werden, soweit gegenüber einer Körperschaft ein Steuerbescheid hinsichtlich der Berücksichtigung einer vGA erlassen, aufgehoben oder geändert wird. Die Formulierung "kann" legt ein Entschließungs- und Auswahlermessen der Finanzverwaltung nahe.
Ermessensreduzierung auf Null: Es ist aber nicht von der Hand zu weisen, dass das der Finanzverwaltung eingeräumte Ermessen in den Fällen des § 32a KStG regelmäßig auf Null reduziert wird, wenn
- die Steuerfestsetzung für den Gesellschafter ohne die Änderung sachlich unrichtig wäre und
- daher jede andere Entscheidung als die der Änderung der unrichtigen Steuerfestsetzung als ermessenswidrig beurteilt werden müsste.
Ausnahme: Wandelt sich das von einer Kapitalgesellschaft betriebene und wegen Insolvenzeröffnung zunächst unterbrochene Klageverfahren betreffend Körperschaftsteuer durch Aufnahme des Rechtsstreits durch das für die Besteuerung der Kapitalgesellschaft zuständige Finanzamt in ein Insolvenz-Feststellungsverfahren und einigen sich die Beteiligten jenes Verfahrens allein aus dem Grunde einer ökonomischen Verfahrensbeendigung über eine Verminderung der ursprünglich angesetzten vGA mit der Folge, dass dieses Finanzamt seine Anmeldungen zur Insolvenztabelle entsprechend vermindert und der Rechtsstreit in der Körperschaftsteuersache in der Hauptsache für erledigt erklärt wird, so ist das für den Gesellschafter zuständige Finanzamt nicht aufgrund einer Ermessensreduzierung auf Null nach § 32a Abs. 1 S. 1 KStG zur entsprechenden Änderung der in der Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen auf Einkommensteuer verpflichtet.
3. Objektive Feststellungslast
Die objektive Feststellungslast für die Voraussetzungen einer vGA obliegt dem Finanzamt. Spricht der festgestellte Sachverhalt dafür, dass die Tatbestandsvoraussetzungen einer vGA erfüllt sind, kann es allerdings Sache des Steuerpflichtigen sein, den dadurch gesetzten Anschein zu widerlegen.