Leitsatz
Im VZ 2001 findet auf den Hinzurechnungsbetrag i.S.d. § 10 AStG das sog. Halbeinkünfteverfahren Anwendung.
Normenkette
§ 10 Abs. 1 S. 1, § 10 Abs. 2 S. 12 AStG, § 10 Abs. 2 S. 3 AStG i.d.F. des UntStFG 2001, § 3 Nr. 40 Buchst. d, § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1997 i.d.F. des Inv-ZulÄndG 1999
Sachverhalt
Der Kläger wurde im Streitjahr 2001 zusammen mit seiner Ehefrau zur ESt veranlagt. Er ist selbstständiger Programmierer und betrieb ein Einzelunternehmen. Er war außerdem zu 98 % Gesellschafter sowie Geschäftsführer einer Schweizer AG, für die nach § 18 Abs. 1 AStG für das Wirtschaftsjahr 2000 zum 01.01.2001 ein Hinzurechnungsbetrag nach § 10 AStG festgestellt worden war.
Dem Antrag des Klägers, diesen Hinzurechnungsbetrag im Streitjahr nach § 3 Nr. 40 Buchst. d EStG i.d.F. des InvZulÄndG 1999 nur zur Hälfte bei der ESt-Veranlagung einzubeziehen, lehnte das FA ab.
Auch die Klage gegen den hiernach ergangenen Steuerbescheid blieb erfolglos (FG Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, Gerichtsbescheid vom 26.03.2008, 3 K 142/06, Haufe-Index 2014866, EFG 2008, 1388).
Entscheidung
Der BFH sah das angesichts der Regelungslage für den VZ 2001 hingegen anders. Die vom FG befürchtete "empfindliche Störung der Binnensystematik der §§ 3 ff. EStG" störte ihn nicht und gab ihm keinen Grund, dem Kläger den "Klagesieg" zu missgönnen. Das FG-Urteil musste deswegen aufgehoben werden.
Hinweis
Das Urteil betrifft nur (noch) den VZ 2001 und verkörpert damit "altes Recht". Es hat trotzdem recht große fiskalische Bedeutung, zumal etliche Verfahren zu der in Rede stehenden Streitfrage noch offen sind:
1. Der Hinzurechnungsbetrag gem. § 10 Abs. 1 S. 1 AStG gehört gem. § 10 Abs. 2 S. 1 AStG ausdrücklich "zu den Einkünften i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG". Er wird nach der Regelungskonzeption des AStG insoweit als Quasi-Ausschüttung angesehen und fiktiv entsprechenden Rechtsfolgen unterworfen.
"Einkünfte" i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG sind wiederum nach der dort gegebenen Regelungsdefinition "Bezüge", die ihrerseits nach § 3 Nr. 40 Buchst. d EStG 1997 n.F. zur Hälfte steuerfrei sind. Daran ändert nichts, dass der Hinzurechnungsbetrag aus "rechtstechnischer" Sicht nicht unmittelbar in die Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG eingeht, sondern die Einkünfte aus Kapitalvermögen außerhalb der Überschuss-Rechnung i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 5 EStG als "Einkünfteerhöhungsbetrag eigener Art" erhöht, was wiederum zur Folge hat, dass infolge seiner tatbestandlichen Voraussetzungen § 3c (Abs. 1) EStG a.F. auf entsprechende Einnahmen unanwendbar blieb (BFH, Urteil vom 07.09.2005, I R 118/04, BFH/NV 2006, 152, BFH/PR 2006, 83).
Die dadurch bewirkte "Schieflage" – hier der nur hälftige Ansatz der Einkünfte, dort aber die Nichtanwendung von § 3c (Abs. 1) EStG a.F. und damit der volle Aufwandsabzug – mag man bemängeln, das Gesetz nimmt sie jedoch ersichtlich in Kauf.
2. Für die steuerliche Gegenwart ist das ohne Bedeutung. Denn nach § 10 Abs. 2 S. 3 AStG i.d.F. des UntStFG vom 20.12.2001 ist § 3 Nr. 40 Buchst. d EStG 1997 n.F. auf den Hinzurechnungsbetrag nicht anzuwenden. Anders als § 3 Nr. 40 Buchst. d EStG 1997 n.F. (vgl. § 52 Abs. 4 Buchst. b EStG 1997 n.F.) war § 10 Abs. 2 AStG in dieser Gesetzesfassung im VZ 2001 allerdings (noch) nicht anzuwenden. Das ist nach § 21 Abs. 7 S. 4 AStG erstmals für den VZ der Fall, für den Zwischeneinkünfte hinzuzurechnen sind, die in einem Wirtschaftsjahr der Zwischengesellschaft oder der Betriebsstätte entstanden sind, das nach dem 31.12.2000 beginnt.
3. Konsequenz: Die "Liederlichkeit" der Gesetzgebung "erspart" im VZ 2001 die volle Besteuerung des Hinzurechnungsbetrags. Die Regelungslage ist klar und eindeutig.
Der BFH bleibt seiner Linie treu, Gesetze nur dann "regelungsübersteigend" auszulegen, wenn die Norm das auch "hergibt". (Nur) dazu sind Gerichte berufen, nicht aber zur allumfassenden Gesetzeskorrektur.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 11.02.2009 – I R 40/08