70.1 Leistungen vor Festsetzung der zu verzinsenden Steuer

70.1.1 1Zinsen nach § 233a sind auch dann festzusetzen, wenn vor Festsetzung der Steuer freiwillige Leistungen erbracht werden. 2Nachzahlungszinsen sind aber aus sachlichen Billigkeitsgründen zu erlassen, soweit der Steuerpflichtige auf die sich aus der Steuerfestsetzung ergebende Steuerzahlungsforderung bereits vor Wirksamkeit der Steuerfestsetzung freiwillige Leistungen erbracht und das Finanzamt diese Leistungen angenommen und behalten hat.

70.1.2 1Nachzahlungszinsen sind daher nur für den Zeitraum bis zum Eingang der freiwilligen Leistung zu erheben. 2Wurde die freiwillige Leistung erst nach Beginn des Zinslaufs erbracht oder war sie geringer als der zu verzinsende Unterschiedsbetrag, sind Nachzahlungszinsen aus Vereinfachungsgründen insoweit zu erlassen, wie die auf volle fünfzig EUR abgerundete freiwillige Leistung für jeweils volle Monate vor Wirksamkeit der Steuerfestsetzung erbracht worden ist (fiktive Erstattungszinsen). 3Ein Zinserlass scheidet dabei aus, wenn der zu erlassende Betrag weniger als zehn EUR beträgt (§ 239 Abs. 2 Satz 2).

Praxis-Beispiel

Beispiel 14:

(Fortsetzung von Beispiel 1):

Der Steuerpflichtige hat am 26.4.2006 eine freiwillige Leistung i.H.v. 4.025 EUR erbracht.  
Die zu erlassenden Nachzahlungszinsen berechnen sich wie folgt:  
   
abgerundete freiwillige Leistung: 4.000 EUR
Beginn des fiktiven Zinslaufs: 27.4.2006
Ende des fiktiven Zinslaufs (= Wirksamkeit der Steuerfestsetzung): 11.12.2006
Zu erlassende Nachzahlungszinsen:  
4.000 EUR x 7 volle Monate x 0,5 v.H. 140 EUR

4Sofern sich bei der Abrechnung der Steuerfestsetzung unter Berücksichtigung der freiwilligen Leistungen eine Rückzahlung ergibt, sind hierfür keine Erstattungszinsen festzusetzen. 5Leistungen, die den Unterschiedsbetrag übersteigen, sind bei dem Erlass von Nachzahlungszinsen nicht zu berücksichtigen.

Praxis-Beispiel

Beispiel 15:

(Fortsetzung von Beispiel 1):

Der zu verzinsende Unterschiedsbetrag beträgt 7.000 EUR. Der Steuerpflichtige hat am 26.04.2006 eine Zahlung i.H.v. 8.025 EUR geleistet. Die zu erlassenden Nachzahlungszinsen berechnen sich wie folgt:  
Die zu erlassenden Nachzahlungszinsen berechnen sich wie folgt:  
- auf die sich aus der Steuerfestsetzung ergebende Steuerzahlungsforderung erbrachte - (abgerundete) freiwillige Leistung: 7.000 EUR
Beginn des fiktiven Zinslaufs: 27.4.2006
Ende des fiktiven Zinslaufs (= Wirksamkeit der Steuerfestsetzung): 11.12.2006
Zu erlassende Nachzahlungszinsen:  
7.000 EUR x 7 volle Monate x 0,5 v.H. 245 EUR

70.1.3 1Wenn das Finanzamt dem Steuerpflichtigen fälschlicherweise Vorauszahlungen zurückgezahlt hat, sind Nachzahlungszinsen nur zu erlassen, soweit der Steuerpflichtige nicht nur das Finanzamt auf diesen Fehler aufmerksam gemacht, sondern auch die materiell ungerechtfertigte Steuererstattung unverzüglich an das Finanzamt zurücküberwiesen hat. 2Die Grundsätze des BFH-Urteils vom 25.11.1997 - IX R 28/96 - BStBl 1998 II, S. 550, sind nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden.

70.2 Billigkeitsmaßnahmen bei der Verzinsung von Umsatzsteuer

70.2.1 Die Verzinsung nachträglich festgesetzter Umsatzsteuer beim leistenden Unternehmer ist nicht sachlich unbillig, wenn sich per Saldo ein Ausgleich der Steuerforderung mit den vom Leistungsempfänger abgezogenen Vorsteuerbeträgen ergibt (vgl. BFH-Urteile vom 20.1.1997 - V R 28/95 - BStBl II, S. 716 und vom 15.4.1999 - V R 63/97 - BFH/NV S. 1392 ).

70.2.2 1Eine Billigkeitsmaßnahme kommt daher auch dann nicht in Betracht, wenn Leistender und Leistungsempfänger einen umsatzsteuerlich relevanten Sachverhalt nicht bereits in den entsprechenden Voranmeldungen, sondern jeweils erst in den Jahresanmeldungen angeben, etwa wenn bei der steuerpflichtigen Übertragung eines Sozietätsanteils das Veräußerungsgeschäft sowohl vom Veräußerer als auch vom Erwerber erst in der Umsatzsteuer-Jahreserklärung und nicht bereits in der entsprechenden Umsatzsteuer-Voranmeldung erfasst wird. 2Der Erwerber tritt bei einer solchen Fallgestaltung oftmals seinen Vorsteuererstattungsanspruch in voller Höhe an den Veräußerer ab. 3Der Veräußerer hat seine Verpflichtung, den Umsatz aus der Teilbetriebsveräußerung im zutreffenden Voranmeldungszeitraum zu berücksichtigen, verletzt, weshalb die nachträgliche Erfassung in der Jahressteuerfestsetzung eine entsprechende Nachforderung und dementsprechend Nachforderungszinsen auslöst. 4Die Verzinsung nachträglich festgesetzter Umsatzsteuer beim Leistenden ist auch deshalb nicht unbillig, weil die zu verzinsende Umsatzsteuer für steuerbare und steuerpflichtige Leistungen unabhängig davon entsteht, ob der leistende Unternehmer sie in einer Rechnung gesondert ausweist oder beim Finanzamt voranmeldet (vgl. BFH-Urteil vom 20.1.1997 - V R 28/95 - BStBl II, S. 716). 5Unbeachtlich bleibt, dass auch der Erwerber bereits im Rahmen des Voranmeldungsverfahrens eine entsprechende Vorsteuervergütung hätte erlangen können. 6Unabhängig von der Abtretung des Erstattungsanspru...

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