Oberste Finanzbehörden der Länder, Erlass v. 20.3.2023 – S 3015
[Ohne Titel]
Dipl.-Finw. (FH) Robert Marquardt / Dipl.-Ing. (FH) Reinhard Miethe
Mit dem JStG 2022 wurden die Grundbesitzbewertung an die ImmoWertV v. 14.7.2021 und die gesetzlichen Marktanpassungsfaktoren an das aktuelle Marktniveau angepasst. Die Änderungen gelten für Bewertungsstichtage ab dem 1.1.2023. Mit gleichlautenden Erlassen v. 20.3.2023 – S 3015, BStBl. I 2023, 738 äußerten sich die Obersten Finanzbehörden der Länder zur Anwendung der geänderten Vorschriften. Die einzelnen gesetzlichen Änderungen inkl. der Abläufe der Bewertungsverfahren wurden bereits im Beitrag "JStG 2022: Änderungen im Bereich der Grundbesitzbewertung" (Marquardt/Miethe, ErbStB 2023, 38) vorgestellt. Der vorliegende Beitrag stellt die wesentlichen (neuen) Erlassregelungen in kommentierter Form vor. Zur Verdeutlichung werden die Verfahrensabläufe für die Sonderfälle nochmals dargestellt.
I. Einleitung
Mit dem JStG 2022 (BGBl. I 2022, 2294 [2312]) wurden die Grundbesitzbewertung an die ImmoWertV v. 14.7.2021 (BGBl. I 2021, 2805) und die gesetzlichen Marktanpassungsfaktoren an das aktuelle Marktniveau angepasst. Die Änderungen gelten für Bewertungsstichtage ab dem 1.1.2023 (§ 265 Abs. 14 BewG).
Mit gleichlautenden Erlassen v. 20.3.2023 – S 3015, BStBl. I 2023, 738 (z.B. FinMin. NW v. 20.3.2023 – S 3015 - 2/2023 - 0007231 - V A 6, im Folgenden: AEBew JStG 2022) äußerten sich die Obersten Finanzbehörden der Länder zur Anwendung der geänderten Vorschriften.
Die einzelnen gesetzlichen Änderungen inkl. der Abläufe der Bewertungsverfahren wurden im Beitrag "JStG 2022: Änderungen im Bereich der Grundbesitzbewertung" (Marquardt/Miethe, ErbStB 2023, 38) vorgestellt. Der vorliegende Beitrag stellt die wesentlichen (neuen) Erlassregelungen in kommentierter Form vor. Zur Verdeutlichung werden die Verfahrensabläufe für die Sonderfälle nochmals dargestellt.
II. Anwendung der AEBew JStG 2022 (Rz. 104)
Die AEBew JStG 2022 sind für alle Bewertungsstichtage ab dem 1.1.2023 anzuwenden. Weitere Hinweise zur Anwendung der AEBew JStG 2022 finden sich hier (Rz. 104) nicht. Sie treten folglich neben die ErbStR 2019. Die ErbStR 2019 wurden seinerzeit mit Zustimmung des Bundesrates von der Bundesregierung erlassen (Art. 108 Abs. 7 GG). Die AEBew JStG 2022 sind u.E. lediglich dort anzuwenden, wo die ErbStR 2019 durch das JStG 2022 überholt sind.
Die AEBew JStG 2022 sind gesetzessystematisch aufgebaut. Sie umfassen jedoch weder die gesamte Grundbesitzbewertung des Grundvermögens (§§ 176 bis 198 BewG) noch beziehen sie sich ausschließlich auf die Gesetzesänderungen zum 1.1.2023.
III. Modellkonformität (Rz. 6)
Auf der Grundlage der ImmoWertV abgeleitete sonstige für die Wertermittlung erforderliche Daten eignen sich für die Grundbesitzbewertung. Das BewG ist eng an die ImmoWertV angelehnt. Die Ableitung der Daten nach der ImmoWertV erfolgt somit weitgehend modellkonform zur Bewertung nach dem BewG.
Die Modelle der ImmoWertV wurden durch Typisierungen für die steuerliche Bewertung massentauglich gemacht. Sich daraus im Detail ergebende abweichende Modellansätze hebeln den Vorrang der Daten der Gutachterausschüsse grundsätzlich nicht aus.
IV. Ertragswertverfahren (Rz. 15 bis 41)
1. Verlängerung der Restnutzungsdauer (Rz. 20 und 21)
Die Regelung zur Verlängerung der Restnutzungsdauer (§ 185 Abs. 3 Satz 5 BewG) wurde sprachlich an das Grundsteuerwertverfahren (§ 253 Abs. 2 Satz 4 BewG) angepasst. In beiden Verfahren ist von einer verlängerten Restnutzungsdauer auszugehen, wenn nach der Bezugsfertigkeit des Gebäudes Veränderungen eingetreten sind, die dessen Restnutzungsdauer bzw. Gesamtnutzungsdauer wesentlich verlängert haben. Bislang war i.R.d. Grundbesitzbewertung bereits dann von einer verlängerten Restnutzungsdauer auszugehen, wenn nach der Bezugsfertigkeit des Gebäudes Veränderungen eingetreten sind, die dessen Gesamtnutzungsdauer verlängert haben (§ 185 Abs. 3 Satz 4 a.F.).
Trotz des geänderten Gesetzeswortlauts hält die Finanzverwaltung am bisherigen Punktesystem aus R B 185.3 Abs. 4 ErbStR 2019 fest. Es wurde um die Tabelle "Übliche Gesamtnutzungsdauer von 80 Jahren" und das Wort "wesentliche" (Rz. 21 Satz 1) ergänzt. Der Begriff der "wesentlichen Verlängerung" wird von der Finanzverwaltung i.R.d. Grundbesitzbewertung folglich anders ausgelegt als i.R.d. Grundsteuerwertermittlung (s. hierzu Lücke/Lüder/Matern, FR 2023, 153 [156]; Schneider/Niebuhr/Droll, RFamU 2023, 106 [112]):
"Wesentliche Verlängerung" |
Grundbesitzbewertung (6. Abschnitt) |
Grundsteuerbewertung (7. Abschnitt) |
"Eine wesentliche Verlängerung der Restnutzungsdauer ist nur anzunehmen, wenn in den letzten zehn Jahren durchgreifende Modernisierungen vorgenommen wurden, die nach dem Punktesystem [...] eine überwiegende oder umfassende Modernisierung ergeben." (Rz. 21 Satz 1 AEBew JStG 2022) |
"Von einer wesentlichen Verlängerung der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer ist nur bei einer Kernsanierung auszugehen." (A... |