Zusammenfassung
Die Anwesenheitsprämie stellt eine Sonderleistung zusätzlich zum normalen Arbeitsentgelt dar. Anwesenheitsprämien werden – als laufende oder einmalige Zahlungen – insbesondere für den Fall versprochen, dass der Arbeitnehmer keine Fehlzeiten hat oder diese ein bestimmtes Maß nicht überschreiten.
Arbeitsrecht: Gesetzlich geregelt sind Anwesenheitsprämien nicht, allerdings ist § 4a EFZG zu beachten. Rechtsgrundlagen sind der Arbeitsvertrag, die Grundsätze der betrieblichen Übung, Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge. Maßgebliche Entscheidungen: BAG, Urteil v. 7.8.2002, 10 AZR 709/01 (Ausnahme von Arbeitnehmern mit Fehlzeiten im Bezugszeitraum bei freiwilliger Zahlung einer Weihnachtszuwendung); EuGH, Urteil v. 21.10.1999, C-333/97 (Mutterschutzzeiten dürfen nicht als Fehlzeiten leistungsmindernd berücksichtigt werden).
Lohnsteuer: Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 8 Abs. 1 EStG gehören zum Arbeitslohn alle Zuflüsse in Geld oder Geldeswert, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Die Steuerfreiheit bestimmter Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit regeln § 3b EStG, R 3b LStR und H 3b LStH.
Sozialversicherung: § 14 Abs. 1 SGB IV definiert das zur Beitragspflicht in der Sozialversicherung heranzuziehende Arbeitsentgelt aus einer Beschäftigung. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SvEV legt fest, unter welchen Bedingungen bestimmte Entgeltbestandteile kein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt darstellen. § 23a Abs. 1 SGB IV legt fest, unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Auswirkungen Arbeitsentgelt als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt zu betrachten ist.
Entgelt |
LSt |
SV |
Anwesenheitsprämie |
pflichtig |
pflichtig |
Als Zuschlag für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit |
frei (Grundlohn bis 50 EUR/Std.) |
frei (Grundlohn bis 25 EUR/Std.) |
Arbeitsrecht
1 Zweck
Die Anwesenheitsprämie soll dazu dienen, die Fehlzeiten im Betrieb zu reduzieren. Durch die Anwesenheitsprämie, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zusätzlich zum vereinbarten Entgelt zugesagt hat, wird versucht, die Grundsätze von Lohn ohne Arbeit zugunsten des Arbeitgebers zu ändern.
2 Rechtliche Wertung
Anwesenheitsprämien werden meist einmal jährlich auf Grundlage einer einzelvertraglichen Regelung oder auch aufgrund betrieblicher Übung gezahlt. Möglich ist auch, dass eine Betriebsvereinbarung oder ein Tarifvertrag entsprechende Zusagen vorsieht.
Muster für Zusage Anwesenheitsprämie
Der Arbeitnehmer erhält für das volle Kalenderjahr eine Anwesenheitsprämie in Höhe von ……. EUR. Die Prämie wird zusammen mit dem Gehalt für den Monat Januar des Folgejahres ausgezahlt.
Neben dieser einmaligen jährlichen Auszahlung der Prämie werden in der Praxis auch laufende Prämienzahlungen zusätzlich zum Monatslohn geleistet.
3 Die Fehlzeiten im Einzelnen
Die Anwesenheitsprämie entfällt oder wird gekürzt, wenn der Arbeitnehmer nicht zur Arbeit erscheint.
Unbestritten zulässig sind Anwesenheitsprämien, die nur in Fällen unberechtigten Fernbleibens von der Arbeit (Arbeitsbummelei) oder bei Verspätung entfallen.
Muster für Kürzungsmöglichkeit bei unberechtigten Fehlzeiten
Bei unberechtigten Fehlzeiten des Arbeitnehmers, für die auch kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht, wird die Anwesenheitsprämie pro Tag um ein Tagesarbeitsentgelt gekürzt.
Umstritten sind dagegen Anwesenheitsprämien aufgrund individualrechtlicher Absprachen, die auch dann entfallen sollen, wenn gesetzlich oder tarifvertraglich eine Entgeltfortzahlung vorgesehen ist. Wichtig ist, dass eine Kürzungsmöglichkeit nur dann besteht, wenn diese vertraglich vereinbart wurde.
3.1 Krankheit
In § 4a EFZG ist geregelt, dass auch Zeiten der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit bei der vereinbarten Kürzung der Höhe von Sondervergütungen berücksichtigt werden können. Allerdings darf die Kürzung für jeden Tag der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit ein Viertel des Arbeitsentgelts, das im Jahresdurchschnitt auf einen Arbeitstag entfällt, nicht überschreiten.
Muster für die Kürzungsmöglichkeit aufgrund Krankheit
Die Anwesenheitsprämie wird für jeden Tag der Arbeitsunfähigkeit aufgrund Krankheit um ¼ des Arbeitsentgelts, das im Jahresdurchschnitt auf einen Arbeitstag entfällt, gekürzt.
Von dieser Regelung werden alle Leistungen erfasst, die der Arbeitgeber zusätzlich zum laufenden Arbeitsentgelt erbringt. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um laufend mit dem "normalen" Arbeitsentgelt, oder nur einmal im Jahr gezahlte Anwesenheitsprämien, Gratifikationen oder sonstige Sondervergütungen handelt.
Der Arbeitgeber kann bei freiwilliger Leistung eines Weihnachtsgeldes solche Arbeitnehmer ausnehmen, die im Bezugszeitraum Fehlzeiten aufweisen; hierbei ist die Grenze des § 4a Satz 2 EFZG zu berücksichtigen.
Die Kürzungsvereinbarung ist an keine Form gebunden, aus Gründen der Rechtssicherheit sollte sie aber im Vorfeld schriftlich vereinbart werden.
Bei Maßnahmen der medizinischen Vorsorge...