LSF Sachsen, Schreiben vom 11.11.2020, 216 - S 0711/1/1-2020/55661
Nach § 138 Abs. 5 AO sind die in § 138 Abs. 2 AO genannten Gründungs-, Beteiligungs- und Erwerbsvorgänge dem zuständigen Finanzamt zusammen mit der Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuererklärung für den Besteuerungszeitraum, in dem der mitzuteilende Sachverhalt verwirklicht wurde, spätestens jedoch bis zum Ablauf von 14 Monaten nach Ablauf des Besteuerungszeitraums zu melden. Wer vorsätzlich oder leichtfertig seiner Anzeigepflicht nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nachkommt, begeht eine Ordnungswidrigkeit (§ 379 Abs. 2 Nr. 1 AO), die vorbehaltlich des § 378 AO mit einer Geldbuße (§ 379 Abs. 7 AO) geahndet werden kann.
Die Verfolgungsverjährung beträgt fünf Jahre, § 384 AO. Der Lauf der Verjährung beginnt mit dem Ende der Handlungspflicht, § 31 Abs. 3 OWiG.
Dass der Handlungspflicht innerhalb einer bestimmten Frist nachgekommen werden muss, bedeutet nicht, dass sie mit Ablauf dieser Frist hinfällig wird und die Ordnungswidrigkeit damit beendet ist. Diese Bedeutung kommt einer Frist nur ausnahmsweise zu, nämlich dann, wenn an der Nachholung der versäumten Handlung zu diesem Zeitpunkt kein Interesse mehr besteht. Ist dies jedoch nicht der Fall, überdauert die Rechtspflicht zum Handeln den Zeitraum, innerhalb dessen die Handlung vorzunehmen ist, d.h. die Verjährung beginnt erst, wenn die Handlungspflicht entfällt.
Ein früherer Verjährungsbeginn kann aber bei unbewusst fahrlässiger Unterlassung der Anzeigepflicht (die auch bei Leichtfertigkeit vorliegen kann) in Betracht kommen, wenn die Unterlassung der Anzeige dem Anzeigepflichtigen nicht mehr vorgeworfen werden kann, z.B. wenn er die ihm obliegende Pflicht nicht mehr im Gedächtnis haben kann (BayObLG vom 28.8.1990, RReg 4 St 103/90, NJW 1991 S. 711; OLG Stuttgart, Beschluss vom 27.5.1983, 1 Ss (25) 391/83, GewArch 1984 S. 84).
Hiernach beginnt die Verfolgungsverjährung infolge Unterlassens der Mitteilung nach § 138 Abs. 2 AO nicht mit dem Ablauf der Frist nach § 138 Abs. 5 AO. Vielmehr beginnt die Frist, soweit die Anzeigepflicht nicht erfüllt wird, gewöhnlich zu dem Zeitpunkt, zu dem an der Erfüllung kein Interesse mehr besteht, z.B. weil im Rahmen einer Betriebsprüfung die entsprechenden Feststellungen getroffen worden sind.
Diese Auffassung wird bundesmehrheitlich vertreten und ist entsprechend anzuwenden.
Normenkette
AO 1977 § 138 Abs. 2
AO 1977 § 379