Leitsatz (amtlich)
Die Koalitionsfreiheit des Art. 9 Abs. 3 GG verschafft einer Gewerkschaft nicht das Recht, aus dem Lager des Arbeitgebers nach außen hin gegenüber Dritten tätig zu werden und sich dabei der von ihm zur Verfügung gestellten Einrichtungen zu bedienen. Das Werberecht der Gewerkschaften stößt dort an eine äußere Grenze, wo die Sach- und Zielwerbung sich nicht mehr an die Beschäftigten, sondern an Dritte, z. B. die ratsuchenden Bürger auf einer Polizeidienststelle wendet. Insofern setzt sich das Eigentumsrecht des Arbeitgebers durch.
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
3. Der Streitwert beträgt 8000, 00 EUR.
Tatbestand
Die Klägerin führte im Herbst 2002 unter dem Motto „5000 Plus” in Nordrhein-Westfalen eine landesweite Unterschriftenaktion durch, welche sich an alle Bürger wendete. Mit einem Flugblatt, warb die Klägerin für die Einstellung von 5000 neuen Kolleginnen und Kollegen um die Aufgaben der Polizei wahrzunehmen und für die Sicherheit der Bürger sorgen zu können. Daneben verfasste die Klägerin eine Eintragungsliste, in der die angesprochenen Bürger durch Namensnennung und Unterschriftenleistung ihre Unterstützung von Mehreinstellungen im Polizeidienst kundtun konnten. Flugblatt und Eintragungsliste trugen das Emblem der Klägerin. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Flugblatt nebst Eintragungsliste Bezug genommen. Die Flugblätter und Eintragungslisten wurden teilweise in den Polizeidienststellen- und einrichtungen und ausgelegt und verteilt.
Mit Erlass vom 2. 12. 2002 – –- teilte das beklagte Land durch das Innenministerium allen Polizeibehörden und Polizeieinrichtungen des Landes folgendes mit:
„Unterschriftenlisten von berufsständischen Vertretungen im Polizeibereich
Ich weise darauf hin, dass Listen von berufsständischen Vertretungen, auf denen die Bevölkerung durch Unterschriften ihre Unterstützung zur Erhöhung der Planstellen für Polizeivollzugskräfte des Landes –- zum Ausdruck bringen soll, nicht in Polizeidienstgebäuden ausgelegt werden dürfen. Gleichfalls ist es nicht statthaft, dass Bedienstete der Polizeibehörden und -einrichtungen solche Listen während der Dienstzeit verteilen.”
Die Klägerin beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, den Erlass vom 2. 12. 2002 betreffend die Auslegung der Unterschriftenlisten von berufsständischen Vereinigungen im Polizeibereich aufzuheben.
- hilfsweise für den Fall der Unzulässigkeit des Antrags zu Ziffer 1. festzustellen, dass der Erlass vom 2. 12. 2002 betreffend die Auslegung der Unterschriftenlisten von berufsständischen Vertretungen im Polizeibereich rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt.
- hilfsweise für den Fall der Unzulässigkeit der Anträge zu den Ziffern 1. und 2. festzustellen, dass die Klägerin berechtigt ist, in den Polizeibehörden des Landes Unterschriftenlisten betreffend der Arbeitsbedingungen der Polizei – wie die Aktion 5000 Plus – auszulegen.
Das beklagte Land beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das beklagte Land ist der Ansicht, für Maßnahmen, die gegen einzelne Beamte ausgesprochen würden, seien wohl die Verwaltungsgerichte zuständig. Deshalb sei die Passivlegitimation des beklagten Landes fraglich.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Der beschrittene Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist zulässig. Er folgt aus § 2 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG, da es um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen geht. Es handelt sich dabei auch um eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit. Maßgeblich für die Abgrenzung ist die Natur des Rechtsverhältnisses, in dem der streitige Anspruch wurzelt. Der streitige Anspruch wurzelt hier in dem Vereinigungsrecht der Klägerin, welches der Zuständigkeit der Arbeitsgerichte zugewiesen ist. Daran ändert es nichts, dass Anordnungen gegen über einzelnen Beschäftigten des beklagten Landes, das Austeilen von Flugblättern und Eintragungslisten zu unterlassen, soweit Beamte betroffen sind, dem Beamtendienstrecht und damit dem öffentlichen Recht zuzuordnen sind (vgl. für den Fall des Arbeitskampfes GK-ArbGG/Wenzel, Stand Dezember 1998, § 2 Rn. 90 m. w. N.).
Die Kammer konnte über die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs in den Urteilsgründen entscheiden. In dem Hinweis des beklagten Landes darauf, dass für die Streitigkeiten einzelner Beamten der Verwaltungsrechtsweg gegeben sein könnte, ist keine Rüge gemäß § 17 a Abs. 3 Satz 2 GVG zu erkennen. Der Hinweis bezieht sich nicht auf den hier anhängigen Rechtsstreit, sondern ausdrücklich auf – hier nicht streitgegenständliche – Streitigkeiten zwischen dem beklagten Land und seinen Beamten. Zudem wird nur die Passivlegitimation des beklagten Landes gerügt.