Leitsatz
Beginnt ein Au-pair-Aufenthalt wegen mangelnder Gastfamilie erst deutlich später als geplant, führt das nicht dazu, dass ein Kind als "Kind ohne Ausbildungsplatz" nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2c EStG berücksichtigt werden kann. Der Au-pair-Aufenthalt ist keine Ausbildung i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG.
Sachverhalt
Die Tochter der Klägerin beendete im Sommer 2009 ihre Schulausbildung. Bereits im August 2009 bewarb sich die Tochter für das Au-pair-Programm Cultural Care für einen Au-pair-Aufenthalt in den USA, beginnend mit September 2009. Mangels Gastfamilie begann dieser Aufenthalt jedoch erst im Januar 2010. Während ihrer Au-pair-Tätigkeit besuchte die Tochter nicht fortlaufend eine Schule oder Universität und nahm auch nicht anderweitig fortlaufend an einem Sprachkurs teil. Die Familienkasse hob die Festsetzung des Kindergeldes ab August 2009 auf, da bei einem Au-pair-Verhältnis eine Berufsausbildung regelmäßig nur dann vorliege, wenn der Auslandsaufenthalt mit einem theoretisch-systematischen Sprachunterricht von wöchentlich mindestens 10 Stunden verbunden sei. Im Klageverfahren trägt die Klägerin vor, dass das Erlernen der englischen Sprache während des Aufenthaltes in der Gastfamilie und in Wochenendkursen als Ausbildung i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG anzusehen sei.
Entscheidung
Das FG hat entschieden, dass es sich bei einem Au-pair-Aufenthalt im Ausland nur dann um eine Berufsausbildung i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG handelt, wenn der Erwerb von Fremdsprachenkenntnissen nicht dem ausbildungswilligen Kind selbst überlassen bleibt, sondern Ausbildungsinhalt und Ausbildungsziel von einer fachlich autorisierten Stelle vorgegeben wird. Außerdem muss der Sprachunterricht mindestens 10 Unterrichtsstunden wöchentlich betragen. Auch die Bewerbung um den Studienplatz führt nicht zur Berücksichtigung als Kind, das eine Berufsausbildung (Studium) mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen kann (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 c EStG), weil diese Bewerbung nicht für den nächst möglichen, sondern erst für einen späteren Studienbeginn erfolgte, wie die Familienkasse zutreffend ausgeführt hat.
Hinweis
Das FG hat die Revision nicht zugelassen und das Urteil ist rechtskräftig. Trotzdem sollten Kindergeldberechtigte bei vergleichbaren Sachverhalten gegen die Ablehnung des Kindergeldes Einspruch einlegen und das Verfahren offen halten. Der BFH muss nämlich noch in den Verfahren III R 58/08, III R 59/08 und III R 82/10 die Frage klären, ob ein Au-pair-Aufenthalt im Ausland mit einem Sprachunterricht von weniger als 10 Unterrichtsstunden in der Woche noch als Berufsausbildung i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG anzusehen ist.
Link zur Entscheidung
Niedersächsisches FG, Urteil vom 03.12.2010, 7 K 137/10