Entscheidungsstichwort (Thema)
Au Pair-Aufenthalt: Kind ohne Ausbildungsplatz nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2c EStG
Leitsatz (redaktionell)
- Beginnt ein Au Pair-Aufenthalt wegen mangelnder Gastfamilie erst deutlich später als geplant, führt das nicht dazu, dass ein Kind als „Kind ohne Ausbildungsplatz” nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2c EStG berücksichtigt werden kann.
- Der Au Pair-Aufenthalt ist keine Ausbildung i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2
Streitjahr(e)
2009
Tatbestand
Streitig ist, ob die Tochter der Klägerin auf Grund eines Au Pair Aufenthaltes als Kind in Ausbildung oder ob sie als ausbildungsplatzsuchendes Kind berücksichtigt werden kann.
Die Klägerin bezog für ihre am … geborene Tochter … Kindergeld. Die Tochter beendete im Sommer 2009 ihre Schulausbildung. Von … bis August 2009 arbeitete sie auf 400 € Basis.
Bereits im … 2009 bewarb sich die Tochter für das Au Pair Programm Cultural Care für einen (für 18 Monate geplanten) Au Pair Aufenthalt in den USA, beginnend mit September 2009. Mangels Gastfamilie begann dieser Aufenthalt jedoch erst am … Januar 2010. Cultural Care Au Pair bescheinigte der Tochter unter dem …, dass sie für voraussichtlich ein Jahr an dem Au Pair Programm teilnehme. Da Sprachkenntnisse und internationale Erfahrung auf dem heutigen Arbeitsmarkt von entscheidender Bedeutung seien, diene der Aufenthalt in den USA der Verbesserung der Berufschancen der Tochter. Sie lebe während des genannten Zeitraumes bei freier Kost und Logis in einer amerikanischen Gastfamilie. Die Hauptaufgabe sei die Betreuung der Gastkinder sowie leichte Hausarbeit. Hierfür erhalte sie zurzeit ein Taschengeld in Höhe von US$ … pro Woche. Die maximale Arbeitszeit betrage 45 Stunden pro Woche. Der Aufenthalt umfasse neben dem täglichen Erlernen und der Anwendung der englischen Sprache gemäß den Vorschriften des US State Department zusätzlich den Teilzeitbesuch einer Schule oder eines Colleges. Tatsächlich beendete die Tochter den Au Pair Aufenthalt aus gesundheitlichen Gründen im … 2010 (Buchung eines Hostels in …) oder am … … 2010 (Angabe des Prozessbevollmächtigten im Schriftsatz vom …). Seit … 2010 arbeitet sie nach Angaben der Klägerin als Aushilfe. Während ihrer Au Pair Tätigkeit besuchte die Tochter nicht fortlaufend eine Schule oder Universität und nahm auch nicht anderweitig fortlaufend an einem Sprachkurs teil. An einem Wochenende nahm sie erfolgreich an dem Kurs „Celebration of Holidays – American Culture Course” im Rahmen des Universitätsprogramms für Au Pairs der … University teil. Dieser Besuch war erforderlich, um das Visum als Au Pair zu erhalten. Nach der Bescheinigung der … University vom … deckte die Tochter damit drei von sechs Scheinen, die für den Bildungsteil der Au Pair Erfahrung benötigt würden, ab. Nach Angaben der Klägerin umfasste der Kurs 25 Unterrichtsstunden. Aus den Angaben der … University im Internet ist ersichtlich, dass der Unterricht des Wochenendkurses regelmäßig Freitags um 18.00 Uhr beginnt und Sonntags um 16.00 Uhr endet.
Bereits im Jahr 2009 hatte sich die Tochter ferner bei der … Fachhochschule … um einen Studienplatz im Studiengang … beworben; dies jedoch (im Hinblick auf den geplanten Au Pair Aufenthalt) nicht zum nächstmöglichen Termin (Studienstart jeweils per März und September möglich), sondern erst für das Wintersemester 2011/12. Die Fachhochschule teilte ihr mit Schreiben vom … 2009 mit, dass dieser Studienplatz für sie reserviert sei. Die Klägerin hat mitgeteilt, ihre Tochter könne derzeit in … noch nicht anfangen, weil sie noch den … Test absolvieren müsse.
Zunächst mit Bescheid vom … hob die Familienkasse (trotz des von der Klägerin eingereichten Nachweises des Schulbesuchs) die Festsetzung des Kindergeldes für … ab … auf und forderte seit … gezahltes Kindergeld zurück. Auf den fristgerechten Einspruch der Klägerin hob die Familienkasse mit Bescheid vom … die Festsetzung des Kindergeldes für … ab August 2009 auf und forderte das für den Zeitraum von August 2009 bis … gezahlte Kindergeld in Höhe von € … zurück.
Einen von der Klägerin gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte die Familienkasse ab und führte aus, die Tochter sei im fraglichen Zeitraum weder ausbildungsuchend gemeldet, noch seien Bewerbungsbemühungen zum nächst möglichen Ausbildungsbeginn glaubhaft gemacht. Um entscheiden zu können, ob der Auslandsaufenthalt als Ausbildung gewertet werden könne, bat die Familienkasse um Einreichung der Bescheinigung des Colleges (Dauer, wöchentliche Stundenzahl).
Mangels Eingangs weiterer Angaben und Unterlagen wies die Familienkasse mit Bescheid vom … den Einspruch zurück. Die Tochter habe eine Schule besucht und sich damit in Berufsausbildung im Sinne von § 32 Absatz 4 Satz 1 Nr. 2a EStG befunden. Das Ausbildungsverhältnis sei mit Ende des Schuljahres 2008/2009 erfolgreich im Juli 2009 beendet worden. Eine weitere Berufsausbildung für die Zeit danach liege nicht vor bzw. sei nicht nachgewiesen. Für den Zeitraum...