Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Leitsatz
Verkauft eine Fluggesellschaft auf Flügen Speisen und Getränke gegen Sonderentgelt, stellt dies eine eigenständige Leistung dar und keine Nebenleistung zur Beförderungsleistung. Eine analoge Anwendung des § 4 Nr. 6 Buchst. e UStG ist nicht möglich.
Sachverhalt
Die Klägerin, eine in Deutschland ansässige Fluggesellschaft, führte überwiegend internationale Flüge aus. Auf diesen Flügen gab sie unentgeltlich an Fluggäste Speisen und Getränke ab. Darüber hinaus wurden auch entgeltlich Speisen und Getränke (vornehmlich Süßigkeiten und alkoholische Getränke) gegen ein Sonderentgelt abgegeben. Die Fluggesellschaft behandelte diese Leistungen analog § 4 Nr. 6 Buchst. e UStG (Steuerbefreiung der Abgabe von Speisen und Getränken an Bord von Seeschiffen zwischen zwei ausländischen Seehäfen oder einem inländischen und einen ausländischen Seehafen). Die Finanzverwaltung behandelte die Leistungen als steuerbare und steuerpflichtige Leistungen.
Die Klägerin ging davon aus, dass der Gesetzgeber einen Regelungsbedarf hinsichtlich der Restaurationsumsätze an Bord von Flugzeugen schlichtweg übersehen habe. Früher habe die Bordverpflegung lediglich eine unentgeltliche Nebenleistung zur Beförderungsleistung der Fluggesellschaften gebildet und sei damit betreffend den internationalen Verkehr auf der Grundlage von § 26 Abs. 3 UStG unbesteuert geblieben. Die Klage richtet sich gegen die Besteuerung der Umsätze.
Entscheidung
Die Klage wurde vom FG teilweise als begründet angesehen.
Die entgeltliche Abgabe der Speisen und Getränke stellt auf den Flügen keine unselbstständige Nebenleistung dar. Die Abgabe erfolgt nicht, um die Flugleistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen, sondern hat einen eigenen Leistungscharakter. Damit kann eine Erfassung der Umsätze im Rahmen der Nichterhebung der Umsatzsteuer nach § 26 Abs. 3 UStG nicht in Betracht kommen.
Die Ausgabe der Speisen und Getränken an Bord der Flugzeuge gegen gesondertes Entgelt stellt eine Lieferung von Nahrungsmitteln dar, § 3 Abs. 1 UStG. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Klapptische zum Verzehr der Bordverpflegungsleistungen führt nicht dazu, dass von einem besonderen Dienstleistungselement gesprochen werden müsste. Deshalb bestimmt sich der Ort der Abgabe nach den Grundsätzen für Lieferungen.
Soweit die Lebensmittel auf Flügen innerhalb der Europäischen Union abgegeben werden, richtet sich der Ort der Lieferung nach § 3e UStG und ist dort, wo das Beförderungsmittel jeweils gestartet ist. Bei Flügen mit Zielen oder Startorten außerhalb der Europäischen Union sieht das Gericht den Ort der Lieferungen nach § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG (unbewegte Lieferung). Da nach unbestrittenen Feststellungen die Ausgabe der Waren nur außerhalb des deutschen Luftraums stattfand, waren diese Lieferungen nicht steuerbar.
Damit unterliegt die Abgabe der Speisen und Getränke als Lieferung nur insoweit der deutschen Besteuerung, wie die Gegenstände auf europäischen Flügen mit Startort in Deutschland abgegeben werden. Soweit Süßwaren abgegeben werden, unterliegen diese dem ermäßigten Steuersatz.
Die analoge Anwendung des § 4 Nr. 6 Buchst. e UStG auf die Abgabe von Speisen und Getränken im Luftverkehr wurde vom Gericht abgelehnt. Es würde weder eine Gesetzeslücke vorliegen, noch ist aus Gemeinschaftsrecht eine Steuerbefreiung dieser Leistungen (soweit steuerbar) ableitbar.
Hinweis
Eine analoge Anwendung der Steuerbefreiung der Abgabe von Speisen und Getränken an Bord von Seeschiffen auf die Abgabe an Bord von Flugzeugen wurde vom Gericht klar abgelehnt, da der eindeutige Gesetzeswortlaut dem entgegensteht.
Fraglich war für das Gericht offenbar, ob es sich um eine Nebenleistung handeln könne, die dann wie die grenzüberschreitende Flugleistung als solche zur Nichterhebung der Umsatzsteuer nach § 26 Abs. 3 UStG führen würde. Bei Abwägung der Gründe wurde die Abgabe der Speisen und Getränke aber als eine eigenständige Leistung angesehen.
Das Finanzgericht hat Revision beim BFH zugelassen.
Link zur Entscheidung
FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.02.2013, 7 K 7079/09