Leitsatz
Der Begriff des Ausscheidens in § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG umfasst jedes Ausscheiden eines Gesellschafters, d.h. jeden Verlust der (unmittelbaren) Mitunternehmerstellung, unabhängig davon, ob der Gesellschafter unentgeltlich oder entgeltlich, im Wege der Einzel- oder der Gesamtrechtsnachfolge ausscheidet.
Normenkette
§ 5a Abs. 4 Sätze 1 und 2, Satz 3 Nr. 3, § 6 Abs. 3 EStG, § 24 UmwStG
Sachverhalt
Die Kläger, zwei Kommanditisten einer Schiffs-KG, hatten ihre Anteile an der Schiffs-KG im Februar 2013 zum Buchwert in eine von ihnen gegründete GmbH & Co. KG eingebracht, an der die GmbH 99 % und die Kläger als Kommanditisten jeweils 0,5 % der Vermögensanteile hielten. Die Schiffs-KG war zum 1.1.2007 zur Tonnagebesteuerung übergegangen, was auf den 31.12.2006 zur Feststellung von Unterschiedsbeträgen nach § 5a Abs. 4 EStG für das Schiff und ein Fremdwährungsdarlehen geführt hatte. Ende 2013 veräußerte die Schiffs-KG das Schiff.
Das FA ging davon aus, dass die Unterschiedsbeträge mit der Veräußerung des Schiffs aufzulösen waren, stellte diese als Bestandteil des laufenden Gesamthandsgewinns der Schiffs-KG für 2013 fest und rechnete den Klägern davon einen Anteil i.H.d. für sie festgestellten Unterschiedsbeträge zu. Mit einem Einspruch machten die Kläger geltend, nicht ihnen sei der betreffende Gewinn zuzurechnen, sondern der GmbH & Co. KG, in die sie ihre Anteile vor dem Verkauf des Schiffs eingebracht hätten. Dem folgte das FA nicht, rechnete aber den Klägern die Unterschiedsbeträge nur noch insoweit zu, als sie nicht am Vermögen der GmbH & Co. KG beteiligt waren (99 %).
Die dagegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg (FG Hamburg, Urteil vom 19.12.2017, 2 K 277/16, Haufe-Index 11550054, EFG 2018, 655).
Entscheidung
Der BFH wies auch die Revision zurück. Der Begriff des Ausscheidens in § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG umfasse jedes Ausscheiden eines Gesellschafters und damit auch das Ausscheiden durch Einbringung des Anteils in eine andere Personengesellschaft, ungeachtet dessen, ob die Einbringung zum Buchwert erfolge. Den Klägern sei der Gewinn aus der Auflösung der Unterschiedsbeträge deshalb in voller Höhe zuzurechnen, und zwar über die angefochtene Feststellung hinaus auch insoweit, als sie nach der Einbringung am Vermögen der neuen KG beteiligt gewesen seien, was aber wegen des Verböserungsverbots im Klageverfahren nicht berücksichtigt werden könne.
Hinweis
1. Das Urteil betrifft eine Grundsatzfrage der Tonnagebesteuerung und wird für solche Altfälle Bedeutung haben, in denen noch von der Besteuerung nach allgemeinen Grundsätzen zur Tonnagebesteuerung gewechselt werden konnte. Der dabei nach § 5a Abs. 4 Satz 1 EStG festgestellte Unterschiedsbetrag zwischen Teilwert und Buchwert des Schiffs und anderer unmittelbar dem Schiffsbetrieb dienender Wirtschaftsgüter (meist Fremdwährungsdarlehen) beinhaltet nach geänderter Rechtsprechung des BFH einen fiktiven Entnahmegewinn (BFH, Urteil vom 25.10.2018, IV R 35/16, BFH/NV 2019, 334, BFH/PR 2019, 90). Seine Besteuerung wird bis zu dem von § 5a Abs. 4 Satz 3 EStG bestimmten Zeitpunkt aufgeschoben.
2. Einer dieser Zeitpunkte ist der des Ausscheidens eines Gesellschafters. Die für den Gesellschafter in der mitunternehmerbezogenen Feststellung festgestellten Teilbeträge der Unterschiedsbeträge werden in dem Jahr des Ausscheidens dem pauschal ermittelten (Gesamthands-)Gewinn hinzugerechnet (§ 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG). Aufgrund gesetzessystematischer, historischer und am Gesetzeszweck orientierter Auslegung kommt der BFH abweichend von der bisher überwiegend vertretenen Meinung zu dem Ergebnis, dass nicht nur die Veräußerung des Gesellschaftsanteils, sondern auch alle anderen Fälle des Rechtsträgerwechsels in Bezug auf den Gesellschaftsanteil von der Vorschrift umfasst werden. Damit führen nicht nur Einbringungen jeder Art, sondern auch eine unentgeltliche Übertragung und die Gesamtrechtsnachfolge bei Tod des Gesellschafters zur Besteuerung des Unterschiedsbetrags.
3. Unterbleibt die Besteuerung des Unterschiedsbetrags in dem Jahr des Ausscheidens, kann sie in späteren Jahren nicht mehr nachgeholt werden. Die insoweit noch fortwirkende Feststellung des Unterschiedsbetrags geht ins Leere, weil es den betreffenden Gesellschafter nicht mehr gibt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 28.11.2019, IV R 28/19