LfSt Rheinland-Pfalz v. 27.10.2016, S 2354 A - St 31 6
Diese Kurzinfo ersetzt die Kurzinfo St 3_2011K112 vom 19.9.2011, S 2354 A – St 32 2
Steuerliche Absetzbarkeit eines Arbeitszimmers bei gemischter Raumnutzung
Das FG Baden-Württemberg hat mit rechtskräftigem Urteil vom 2.2.2011, 7 K 2005/08 (EFG 2011 S. 1055) die Verwaltungsauffassung bestätigt, dass Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur dann abgezogen werden können, wenn das fragliche Zimmer nahezu ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt wird. Auch unter Berücksichtigung des Beschlusses des Großen Senats des BFH vom 21.9.2009, GrS 1/06 (BStBl 2010 II S. 672) ergebe sich nichts anderes. Wohnungskosten gehörten, anders als die vom Großen Senat beurteilten Reisekosten, zu den grundsätzlich nicht aufteilbaren Kosten für die Lebensführung, die bereits durch die Vorschriften zur Berücksichtigung des steuerlichen Existenzminimums pauschal abgegolten seien (o.a. Urteil des FG Baden-Württemberg, Urteilsgründe unter 3. – Juris-Rz. 38).
Darüber hinaus sprechen noch weitere Argumente gegen den Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzug für eine „Arbeitsecke” z.B. im Wohnzimmer: Der gesetzliche Tatbestand setzt ein abgeschlossenes Arbeitszimmer voraus. Außerdem sind die Rechtsgrundsätze des Beschlusses des Großen Senats 1/06 nur anwendbar, wenn die zu beurteilenden Aufwendungen aufteilbar sind und ein Aufteilungsmaßstab gefunden werden kann, der zumindest eine Aufteilung im Schätzungswege ermöglicht (siehe dazu GrS 1/06, Urteilsgründe unter II 3e – Juris-Rz. 115). Bei einer Arbeitsecke im Wohnzimmer gibt es keinen brauchbaren Aufteilungsmaßstab. Weder die Standflächen der Möbel noch ein ggf. vom Steuerpflichtigen geführtes „Nutzungsprotokoll” eignen sich dafür.
Das FG Köln hat im Urteil vom 19.5.2011, 10 K 4126/09 (EFG 2011 S. 1410) bei teils privater, teils betrieblicher Raumnutzung eine schätzungsweise 50/50-Aufteilung, angeblich „unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände”, vorgenommen. Dabei räumt es selbst ein, dass sich der von ihm angewendete Aufteilungsmaßstab gerade nicht aus den Umständen ergab, sondern dass es sich aufgrund des BFH-Urteils vom 24.2.2011, VI R 12/10 dazu berechtigt fühlte (Urteilsgründe unter 1. – Juris-Rz 37). Das Revisionsverfahren wird unter dem Az. X R 32/11 geführt. Bei Einsprüchen, die sich auf dieses anhängige Verfahren stützen, tritt insoweit die gesetzliche Verfahrensruhe nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO ein.
Aktualisierung vom 28.11.2012:
Mit Urteil vom 1.2.2012 hat hingegen das FG Düsseldorf unter Az. 7 K 87/11 E in dem Fall eines freiberuflich tätigen Architekten, für einen in seiner Wohnung gelegenen Bürobereich (im Wohn- und Esszimmer) den Betriebsausgaben nicht zugelassen. Hierzu ist beim BFH ein Revisionsverfahren unter Az. VIII R 10/12 anhängig.
Anträgen auf Aussetzung der Vollziehung ist weiterhin nicht zu entsprechen.
Aktualisierung vom 1.10.2014:
Die Rechtsfrage, ob die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer bei einer gemischten Raumnutzung (z.B. bei einer Arbeitsecke) durch eine Aufteilung der Kosten berücksichtigt werden können, ist in verschiedenen Revisionsverfahren weiter anhängig (Az. beim BFH: VIII R 10/12, X R 32/11 und X R 18/12). Der IX. Senat des BFH hat mit Beschluss vom 21.11.2013 (BStBl 2014 II S. 312) inzwischen diese Rechtsfrage dem Großen Senat des BFH zur Entscheidung vorgelegt (Az. GrS 1/14; vgl. hierzu Aktualisierung vom 1.7.2016). Einsprüche, die sich auf diese Verfahren stützen, ruhen daher weiter gemäß § 363 Abs. 2 Satz 2 AO.
Aktualisierung vom 11.3.2015:
In der Datenbank für Rechtsbehelfe (DB-Rb) steht auf der Registerkarte Ruhensmanagement für diese Einsprüche mittlerweile der Massenverfahrensvermerk „Aufwendungen für ein nicht nahezu ausschließlich betriebl./berufl. genutztes Arbeitszimmer” zur Verfügung.
Die Rechtsfrage, wurde außerdem auf die „Liste der für eine Allgemeinverfügung in Betracht kommenden Fälle” (sog. ALV-Liste) gesetzt.
Speziell bei zulässigen Einsprüchen, in denen
- über individuelle Begründungspunkte entschieden werden kann und ansonsten nur noch diese Rechtsfrage hier offen ist (kombinierte Einsprüche) oder
- sich der Einspruchsführer ausschließlich auf diese Streitfragen zum häuslichen Arbeitszimmer bezieht (reiner Masseneinspruch), bietet sich der Erlass einer Teil-Einspruchsentscheidung nach § 367 Abs. 2a AO an.
Insbesondere im Falle von reinen Masseneinsprüchen besteht keine Verpflichtung, den Erlass einer Teil-Einspruchsentscheidung anzukündigen. Liegen keine Anhaltspunkte vor, dass der Einspruchsführer Weiteres hat vortragen wollen, ist es nicht ermessensfehlerhaft, ohne weitere Ankündigung eine Teil-Einspruchsentscheidung zu erlassen (FG Rheinland-Pfalz vom 29.8.2014 – Az. 3 K 1140/14 – nv).
Im UNIFA-Vorlagenordner Zentral/RBH steht dafür zur Verfügung:
- für kombinierte Einsprüche die Vorlage TEE anhängige Verf_einzelfallbez Streitfragen
- für reine Masseneinsprüche die Vorlage TEE ausschließlich anhängige Verfahren
Es bietet sich an, bei neuen Einsprüchen, die s...