OFD Koblenz, Verfügung v. 19.9.2011, S 2354 A - St 32 2
Steuerliche Absetzbarkeit eines Arbeitszimmers bei gemischter Raumnutzung; kein Werbungskostenabzug von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer bei einer Richterin
Das FG Baden-Württemberg hat mit rechtskräftigem Urteil vom 2.2.2011, 7 K 2005/08 (EFG 2011 S. 1055) die Verwaltungsauffassung bestätigt, dass Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur dann abgezogen werden können, wenn das fragliche Zimmer nahezu ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt wird. Auch unter Berücksichtigung des Beschlusses des Großen Senats des BFH vom 21.9.2009, GrS 1/06 (BStBl 2010 II S. 672) ergebe sich nichts anderes. Wohnungskosten gehörten, anders als die vom Großen Senat beurteilten Reisekosten, zu den grundsätzlich nicht aufteilbaren Kosten für die Lebensführung, die bereits durch die Vorschriften zur Berücksichtigung des steuerlichen Existenzminimums pauschal abgegolten seien (o.a. Urteil des FG Baden-Württemberg, Urteilsgründe unter 3.).
Darüber hinaus sprechen noch weitere Argumente gegen den Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzug für eine „Arbeitsecke” z.B. im Wohnzimmer: Der gesetzliche Tatbestand setzt ein abgeschlossenes Arbeitszimmer voraus. Außerdem sind die Rechtsgrundsätze des Beschlusses des Großen Senats 1/06 nur anwendbar, wenn die zu beurteilenden Aufwendungen aufteilbar sind und ein Aufteilungsmaßstab gefunden werden kann, der zumindest eine Aufteilung im Schätzungswege ermöglicht (siehe dazu GrS 1/06, Urteilsgründe unter II 3e – Rz. 115). Bei einer Arbeitsecke im Wohnzimmer gibt es keinen brauchbaren Aufteilungsmaßstab. Weder die Standflächen der Möbel noch ein ggf. vom Steuerpflichtigen geführtes „Nutzungsprotokoll” eignen sich dafür.
Das FG Köln hat im Urteil vom 19.5.2011, 10 K 4126/09 (EFG 2011 S. 1410) bei teils privater, teils betrieblicher Raumnutzung eine schätzungsweise 50/50-Aufteilung, angeblich „unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände”, vorgenommen. Dabei räumt es selbst ein, dass sich der von ihm angewendete Aufteilungsmaßstab gerade nicht aus den Umständen ergab, sondern dass es sich aufgrund des BFH-Urteils vom 24.2.2011, VI R 12/10, dazu berechtigt fühlte (Urteilsgründe unter 1. – Rz. 37). Das Revisionsverfahren wird unter dem Az. X R 32/11 geführt. Bei Einsprüchen, die sich auf dieses anhängige Verfahren stützen, tritt insoweit die gesetzliche Verfahrensruhe nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO ein. Ich bitte in der Datenbank DB-Rb bzw. in der Datei RBL2 für diese Einsprüche den landeseinheitlichen Vermerk „AZArbeitsecke” zu vergeben (und in RBL2 bei reinen Masseneinsprüchen zusätzlich den Begriff VERMMV mit MV zu schlüsseln).
Das Niedersächsische FG hat im Urteil vom 8.2.2011, 14 K 329/09 den Werbungskostenabzug für das häusliche Arbeitszimmer einer Richterin mit der Begründung versagt, dort befinde sich einerseits nicht der Mittelpunkt ihrer beruflichen Tätigkeit und ihr stehe andererseits im Gericht „ein anderer Arbeitsplatz” zur Verfügung. Das Revisionsverfahren läuft unter dem Az. VI R 13/11. Einspruchsverfahren in vergleichbaren Fällen ruhen ebenfalls nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO. In der Datenbank DB-Rb bzw. in der Datei RBL2 bitte ich für diese Einsprüche den landeseinheitlichen Vermerk „AZArbeitsplatz” zu vergeben (und in RBL2 bei reinen Masseneinsprüchen zusätzlich den Begriff VERMMV mit MV zu schlüsseln).
Anträgen auf Aussetzung der Vollziehung ist in beiden Fällen nicht zu entsprechen.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b
EStG § 9 Abs. 5 Satz 1