Leitsatz
1. Aufwendungen eines in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG geführten Schiffsfonds für die wirtschaftliche und steuerliche Konzeption, die Platzierung des Eigenkapitals, die Geschäftsbesorgung, die Prospekterstellung, die Finanzierungsvermittlung sowie für die Kontrolle der Mittelverwendung sind in der Steuerbilanz der KG in voller Höhe als Anschaffungskosten des Schiffs (hier Tankschiff) zu behandeln, wenn sich die Kommanditisten aufgrund eines vom Projektanbieter vorformulierten Vertragswerks an dem Fonds beteiligen (Anschluss an BFH-Urteil vom 28.06.2001, IV R 40/97, BFH/NV 2001, 1336, BFH/PR 2001, 354).
2. Die in der amtlichen AfA-Tabelle für sonstige Seeschiffe genannte Nutzungsdauer von zwölf Jahren ist für Tankschiffe (hier sog. Doppelhüllentanker), die im Jahr 2001 hergestellt worden sind, nicht anwendbar.
Normenkette
§ 4 Abs. 4, § 5 Abs. 1 S. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 7 Abs. 1 S. 2 EStG, § 42 AO
Sachverhalt
An einem im Streitjahr 2003 gegründeten Schiffs-Fonds in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG waren über einen Treuhandkommanditisten ca. 600 Anleger als Treugeber beteiligt. Zweck des Fonds war der Betrieb eines Tankschiffs im internationalen Verkehr. Er erwarb deshalb ein bereits im Jahr 2001 gebautes Schiff zum Preis von 54 Mio. US$ und vercharterte es auf 8,5 Jahre mit zwei Verlängerungsoptionen für jeweils zwei Jahre. Dem Charterer war jeweils zum Ende der Vertragslaufzeit das Recht eingeräumt worden, das Schiff zu festgelegten Optionspreisen von 39,5 – 25 Mio. US$ zu übernehmen. Im Emissionsprospekt wurde ein prognostizierter Verkaufspreis von 10,5 Mio. US$ im Jahr 2018 angegeben.
Die KG behandelte Vertriebs-, Gründungs- und Finanzierungsvermittlungskosten i.H.v. ca. 5,7 Mio. EUR als Betriebsausgaben, während das FA von Anschaffungskosten ausging. Die Restnutzungsdauer des Schiffes im Jahr 2003 war nach Meinung der KG aufgrund der AfA-Tabelle auf elf Jahre zu bemessen, während das FA von 15 Jahren ausging.
Das FG stützte im Wesentlichen die Auffassung des FA und gab der Klage lediglich in Bezug auf die Gründungskosten statt, die als Betriebsausgaben anerkannt wurden (FG Münster, Urteil vom 18.12.2009, 10 K 3719/05 F, Haufe-Index 2296321, EFG 2010, 629).
Entscheidung
Die Revision hatte in der Sache keinen Erfolg. Der BFH behandelte wie schon bisher bei Immobilienfonds die Kosten im Zusammenhang mit der Auflegung des Fonds als Anschaffungskosten des Investitionsobjekts. Er billigte außerdem die Abweichung von der AfA-Tabelle.
Hinweis
1. Das Urteil steht im Zusammenhang mit mehreren Entscheidungen zur Frage, inwieweit Kosten, die bei der Auflegung eines geschlossenen Fonds entstehen, sofort als Betriebsausgaben abgezogen werden können (hierzu nachstehend unter 2.). Außerdem betrifft die Entscheidung die Frage nach der Verbindlichkeit von AfA-Tabellen (nachstehend unter 3.).
2. Entstehen einer Personengesellschaft Kosten für die Einwerbung von Eigenkapital, sind diese Kosten grundsätzlich und unabhängig von der geplanten Geschäftstätigkeit der Gesellschaft Betriebsausgaben. Handelsrechtlich besteht für solche Kosten ein ausdrückliches Aktivierungsverbot (§ 248 Abs. 1 Nr. 2 HGB), das sich infolge des Maßgeblichkeitsgrundsatzes nach § 5 Abs. 1 S. 1 EStG auch in der Steuerbilanz fortsetzt.
Trotzdem hat der BFH nach einem schwierigen Entscheidungsfindungsprozess im Jahr 2001 entschieden, dass bei Immobilienfonds Kosten für die Eigenkapitalbeschaffung den Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Immobilie zuzurechnen sind (BFH, Urteil vom 28.06.2001, IV R 40/97, BFH/NV 2001, 1336, BFH/PR 2001, 354 zu gewerblich geprägten Fonds-Gesellschaften und Urteil vom 08.05.2001, IX R 10/96, BFH/NV 2001, 1326, BFH/PR 2001, 329 zu rein vermögensverwaltenden Fondsgesellschaften). Die Eigenkapitalbeschaffungskosten führen deshalb nicht zu einer sofortigen Gewinnminderung, sondern wirken sich nur über die AfA gewinnmindernd aus. Ausgangspunkt dafür ist die Perspektive des Anlegers, der aus seiner Sicht eine Beteiligung an dem Investitionsobjekt erwirbt, für die er die von ihm geforderte Zahlung einsetzt. Die Zerlegung des gezahlten Betrags in einzelne Bestandteile lässt sich – so der BFH – nur aus der gewünschten Schaffung sofort abziehbarer Ausgaben erklären und wird deshalb unter Anwendung von § 42 AO steuerrechtlich ignoriert.
Diese Grundsätze werden mit dem hier besprochenen Urteil auf Schiffsfonds und mit einem weiteren Urteil vom gleichen Tag (IV R 15/09, BFH/NV 2011, 1239, BFH/PR 2011, 298) auch auf Windkraftfonds übertragen. Damit ist jetzt geklärt, dass die Beurteilung der Eigenkapitalbeschaffungskosten unabhängig vom Investitionsobjekt immer denselben Grundsätzen folgt.
3. Investitionsobjekt war hier ein gebrauchter Hochseetanker, dessen Restnutzungsdauer nach der amtlichen AfA-Tabelle aus dem Jahr 1972 elf Jahre betragen hätte. Das FG hatte jedoch ermittelt, dass sich infolge verschärfter Sicherheitsbestimmungen die Bauweise von Tankschiffen seit 1972 erheblich verändert hat. Aus amtlichen Erhebungen der EU üb...