Leitsatz
1. Ausgleichszahlungen, die ein zum Vorsorgungsausgleich verpflichteter Beamter aufgrund einer Vereinbarung gem. § 1408 Abs. 2 BGB an seinen Ehegatten leistet, um Kürzungen seiner Versorgungsbezüge zu vermeiden, sind sofort als Werbungskosten abziehbar (Ergänzung zum BFH-Urteil vom 8.3.2006, IX R 107/00).
2. Werden die Abfindungszahlungen fremdfinanziert, kann der Beamte die dadurch entstehenden Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit absetzen.
Normenkette
§ 9 Abs. 1 Sätze 1 und 2, Satz 3 Nr. 1, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG
Sachverhalt
Der Kläger ist Soldat. Seine Ehe wurde im Oktober 1996 (Streitjahr) rechtskräftig geschieden, nachdem die Eheleute bereits seit April 1995 getrennt gelebt hatten. Mehr als ein Jahr vor der Stellung des Scheidungsantrags, nämlich am 19.4.1995, hatten sie in einer notariell beurkundeten Vereinbarung für den Fall der Scheidung jeglichen Versorgungsausgleich ausgeschlossen. Als Gegenleistung hatte sich der Kläger gegenüber seiner Ehefrau zur Zahlung von 30.000 DM verpflichtet, und zwar fällig innerhalb von dreizehn Monaten nach dem Tag der Ausreise der Ehefrau in die USA.
In seiner ESt-Erklärung für das Streitjahr machte der Kläger diese Zahlung und damit zusammenhängende Schuldzinsen als vorab entstandene Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geltend, weil diese Aufwendungen der Erhaltung ungeschmälerter künftiger Versorgungsbezüge gedient hätten. Dem folgte das FA nur in Bezug auf die Schuldzinsen.
Im Verlauf des anschließenden Klageverfahrens änderte das FA den ESt-Bescheid für das Streitjahr in Gestalt der Einspruchsentscheidung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO, indem es die Zinsen ebenfalls nicht mehr als Werbungskosten berücksichtigte. Den geänderten Bescheid machte der Kläger gem. § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens. Die Klage blieb erfolglos. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers.
Entscheidung
Der BFH hat das FG-Urteil aufgehoben und der Klage stattgegeben, weil die Ausgleichszahlung und die Zinsen als Aufwand zur Erzielung von Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit den Werbungskosten im Rahmen dieser Einkunftsart zuzurechnen seien.
Hinweis
1. Werbungskosten i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind (§ 9 Abs. 1 Satz 2 EStG), auch wenn mit dem Aufwand zusammenhängende Einnahmen noch nicht erzielt werden. Voraussetzung für die Berücksichtigung solcher vorab entstandener Werbungskosten ist ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart, der sich nach der wertenden Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen auslösenden Moments richtet (BFH, Urteil vom 11.1.2005, IX R 15/03, BFH-PR 2005, 247). Nach diesen Maßstäben hat der erkennende Senat in seiner Entscheidung in der Sache IX R 107/00 vom heutigen Tag, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, Ausgleichszahlungen, die ein zum Versorgungsausgleich verpflichteter Ehegatte aufgrund einer Vereinbarung gem. § 1587o BGB an den anderen Ehegatten leistet, um Kürzungen seiner Versorgungsbezüge (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) zu vermeiden, ebenso wie Auffüllungszahlungen nach § 58 BeamtVG als sofort abziehbare Werbungskosten beurteilt.
2. Entsprechendes muss auch für Ausgleichszahlungen gelten, die – wie hier – auf Grundlage einer Vereinbarung nach § 1408 Abs. 2 BGB als Gegenleistung für einen Verzicht auf den Versorgungsausgleich an den früheren Ehegatten gezahlt werden. Denn auch hier wendet der Ehegatte etwas auf, um die Kürzung seiner künftigen Versorgungsbezüge zu verhindern. Es macht keinen Unterschied, dass die Vereinbarung nach § 1408 Abs. 2 BGB nicht im Zusammenhang mit einer Scheidung getroffen wird, weil sie ebenso wie eine Vereinbarung nach § 1587o BGB auf eine Sicherung der Versorgungsansprüche gerichtet ist.
3. Auch die im Zusammenhang mit der Finanzierung der Ausgleichszahlung entstandenen Schuldzinsen sind gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG als Werbungskosten abziehbar. Der wirtschaftliche Zusammenhang mit den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit ergibt sich schon deshalb, weil der Kläger mit der Ausgleichszahlung Werbungskosten fremdfinanziert hatte.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 8.3.2006, IX R 78/01