Leitsatz
Ausgleichszahlungen, die ein zum Versorgungsausgleich verpflichteter Ehegatte aufgrund einer Vereinbarung gem. § 1587o BGB an den anderen Ehegatten leistet, um Kürzungen seiner Versorgungsbezüge (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) zu vermeiden, sind sofort als Werbungskosten abziehbar.
Normenkette
§ 9 Abs. 1, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG
Sachverhalt
Der Kläger erzielte im Streitjahr (1996) Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit. Er hatte Anspruch auf eine Altersversorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen. Im Zusammenhang mit der Scheidung von seiner Ehefrau verzichteten die Eheleute auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs. Zum Ausgleich zahlte der Kläger vereinbarungsgemäß 16.500 DM an seine frühere Ehefrau.
Die als Werbungskosten geltend gemachte Ausgleichszahlung ließ das FA unberücksichtigt. Das FG gab der Klage statt. Hiergegen richtet sich die Revision des FA.
Entscheidung
Nach Auffassung des BFH hat das FG die vom Kläger im Zusammenhang mit seiner Ehescheidung an seine Ehefrau geleistete Ausgleichszahlung zu Recht als Werbungskosten steuermindernd berücksichtigt.
Hinweis
1. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind (§ 9 Abs. 1 Satz 2 EStG), auch wenn mit dem Aufwand zusammenhängende Einnahmen noch nicht erzielt werden. Voraussetzung ist ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart, der sich nach der wertenden Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen auslösenden Moments richtet (BFH, Urteil vom 11.1.2005, IX R 15/03, BFH-PR 2005, 247).
Dabei kann es für die Zuordnung der streitigen Zahlungen und damit für die Beurteilung des wirtschaftlichen Zusammenhangs keinen Unterschied machen, ob der Ausgleichsverpflichtete die Minderung seiner Pensionsbezüge (§ 57 ?BeamtVG) vermeidet, indem er sie durch Beitragszahlungen wieder auffüllt (§ 58 BeamtVG) oder ob er sie – wie im Streitfall – durch entsprechende Zahlungen an den Ausgleichsberechtigten aufgrund einer Vereinbarung gem. § 1587o BGB von vornherein abwendet. In beiden Fällen stellt er den ungeschmälerten Zufluss der nachträglichen Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) sicher. Damit stehen Ausgleichszahlungen gleichermaßen wie Wiederauffüllungszahlungen in wirtschaftlichem Zusammenhang mit künftigen Einnahmen des Beamten und sind sofort als (vorab entstandene) Werbungskosten abzuziehen (vgl. Pflüger in Herrmann/Heuer/Raupach, § 19 EStG Anm. 317).
2. Sie wirken sich steuerrechtlich nach § 11 Abs. 2 EStG bereits im Jahr ihrer Zahlung (hier das Streitjahr) aus. Das unterscheidet diese Aufwendungen von Zahlungen zur Begründung einer Rentenanwartschaft, die als Anschaffungskosten i.S.d. § 255 HGB jedenfalls nicht schon bei Zahlung steuerrechtlich zu berücksichtigen sind. Denn die Einkünfte aus § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG müssen bei Bezug voll versteuert werden. Die Norm unterscheidet anders als § 22 EStG nicht zwischen einem Kapital- und einem Zinsanteil. Sie erfasst die Altersbezüge im Zuflusszeitpunkt in vollem Umfang als steuerpflichtige Einnahmen. Deshalb sind im Gegenzug Erwerbsaufwendungen voll als Werbungskosten abziehbar.
Denn selbst dann, wenn ausnahmsweise Aufwendungen anfallen, weil der Beamte einen Betrag leistet, um sich die volle Pension zu sichern, erwirbt er damit keinen Kapitalanteil und deshalb auch keinen ihm steuerrechtlich zuordenbaren Vermögensgegenstand (Wirtschaftsgut). Es kommt weder jetzt noch bei der Auszahlung zu einem bloßen Vermögenstausch; Umschichtungen vollziehen sich vielmehr allein innerhalb des öffentlichen Haushalts (so BVerfG, Urteil in BStBl II 2002, 618). Was der Beamte z.B. im Fall des § 58 BeamtVG an seinen Dienstherrn leistet, fließt ihm nach seiner Pensionierung nicht wieder zurück. Es handelt sich folglich nur um Kosten zur Erhaltung der Einnahmen, mithin um (vorab entstandene) Werbungskosten i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG. Ließe man sie unberücksichtigt, würden sie doppelt besteuert. Denn der Steuerpflichtige wendet aus versteuertem Einkommen etwas auf (die Ausgleichszahlung oder die Wiederauffüllungszahlung), was später voll der Besteuerung unterliegt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 8.3.2006, IX R 107/00