Die Vergleichsrechnung ist auch für Auslandskinder durchzuführen, wenn der Steuerpflichtige für sie einen Anspruch auf einen Kinderfreibetrag/Bedarfsfreibetrag hat.
Der Steuerminderung aus dem Abzug der Freibeträge für Kinder wird der Anspruch auf die vergleichbare ausländische Leistung für Kinder gegenübergestellt.
Die Berücksichtigung der vergleichbaren ausländischen Leistung erfolgt unabhängig davon, wer anspruchsberechtigt ist, beim Steuerpflichtigen.
Die Vergleichsrechnung ist stets bezogen auf den gesamten Veranlagungszeitraum durchzuführen. D. h., auch in den Fällen, in denen zwar für den ganzen Veranlagungszeitraum Anspruch auf den Kinderfreibetrag, jedoch nicht für alle Monate Anspruch auf die ausländische Familienleistung bestand, ist die Vergleichsrechnung VZ-bezogen vorzunehmen.
Zur Umrechnung der ausländischen Familienleistungen außerhalb des EUR-Währungsbereichs in EUR hat der EuGH wie folgt entschieden:
Maßgebend ist der amtliche Wechselkurs, der am Tag der Zahlung der Familienleistungen durch den Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der anspruchsberechtigte Arbeitnehmer eine unselbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, gilt. Sollte nach dem Ergebnis der Vergleichsrechnung der Abzug des Kinderfreibetrags/Bedarfsfreibetrags günstiger sein, ist der Anspruch auf vergleichbare ausländische Leistung der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen.
Nur der für den entsprechenden Zeitraum, für den auch ein Kinderfreibetrag/Bedarfsfreibetrag abgezogen wird, bestehende Anspruch auf ausländische Leistung ist der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen. Gleichgültig für die Hinzurechnung beim Steuerpflichtigen ist, wer Anspruch auf die ausländische Leistung hat.
Besteht nach ausländischem Recht ein höherer Kindergeldanspruch als das inländische Kindergeld ausmachen würde, so erfolgt die Hinzurechnung höchstens mit dem inländischen Kindergeldsatz.
Ab 2018 wird Kindergeld rückwirkend nur noch für 6 Monate nach Eingang des Antrags ausgezahlt. Für Anträge ab 19.7.2019 gilt dies gem. § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG. Das nach § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG nicht ausgezahlte Kindergeld wird bei der Vergleichsrechnung nicht berücksichtigt und im Fall des Abzugs der Freibeträge für Kinder auch nicht der tariflichen Einkommensteuer hinzugerechnet.
Zur Frage, ob § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG n. F. u. a. einer Kindergeldauszahlung entgegensteht, waren beim BFH mehrere Revisionensverfahren anhängig. In einem Verfahren hat der BFH bereits entschieden und keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit von § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG geäußert.
Soweit für Kinder, die ihren Wohnsitz in einem anderen EU-/EWR-Staat, in der Schweiz oder in einem Vertragsstaat haben, konkurrierende Kindergeldansprüche bestehen, gelten die Ausschlussregelungen von § 65 Abs. 1 EStG nicht. Die EG- bzw. EWG-Verordnung sowie die zwischenstaatlichen Abkommen (Sozialabkommen) gehen als übernationale Vereinbarungen den Bestimmungen des EStG vor.
Soweit im anderen EU-/EWR-Staat oder im jeweiligen Vertragsstaat als Wohnland des Kindes
- Anspruch auf eine kindergeldähnliche Familienleistung besteht
und gleichzeitig für denselben Zeitraum
- die Anspruchsvoraussetzungen für inländisches Kindergeld erfüllt sind,
werden die Doppelansprüche durch die Vorrangregelungen beseitigt.
In der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 und der Durchführungsverordnung (EWG) Nr. 574/72 (DVO) sowie in der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 (Anwendung ab 1.5.2010) und in den einzelnen zwischenstaatlichen Abkommen über Soziale Sicherheit sind entsprechende Kollisionsnormen, d. h. Vorrang- und Ruheregelungen, enthalten, sodass letztlich nur einmal Kindergeld für dasselbe Kind für denselben Zeitraum gezahlt wird.
Der EuGH hat die maßgebenden Grundsätze zum Vorrang im Urteil v. 22.10.2015 (Rechtssache Trapkowski) entschieden. Der BFH hat in seinen Urteilen diese Grundsätze angewandt.