Leitsatz
Der rückwirkende Ausschluss der Investitionszulage für nachträgliche Herstellungsarbeiten an einem Gebäude oder für die Herstellung eines Gebäudes, soweit im Veräußerungsfall der Erwerber für das Gebäude Sonderabschreibungen in Anspruch nimmt, verstößt nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot, da er nur der Klarstellung dient.
Normenkette
§ 3 Abs. 1 InvZulG 1999
Sachverhalt
Ein Bauträger erwarb im Dezember 1998 ein sanierungsbedürftiges Mehrfamilienhaus, teilte dieses in 10 Eigentumswohnungen auf und veräußerte diese noch im Dezember an verschiedene Erwerber.
Diese zahlten ebenfalls noch im Dezember den vollen Kaufpreis, der zu 80 % auf die Sanierungsarbeiten entfiel, und nahmen für 1998 Sonderabschreibungen vor.
Das FA lehnte den Antrag des Bauträgers auf Investitionszulage 1999 für die in 1999 durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen ab. Der Bauträger machte geltend, der rückwirkende Ausschluss der Investitionszulage verstoße gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot.
Entscheidung
Der BFH sieht in dem rückwirkenden Ausschluss der Zulagenförderung eine gesetzgeberische Klarstellung. Er bestätigte das klageabweisende Urteil des FG und lehnte eine Vorlage an das BVerfG ab.
Hinweis
Mit dem InvZulG 1999 sollten die unterschiedlichen Förderungen – Sonderabschreibungen nach dem FördG und Investitionszulagen nach dem InvZulG 1996 – auf Investitionszulagen konzentriert werden. Um eine Überschneidung zu vermeiden, richtete sich die Förderung der vor dem 1.1.1999 abgeschlossenen Baumaßnahmen nach dem FördG. Nach dem 31.12.1998 abgeschlossene Baumaßnahmen waren grundsätzlich nur unter den Voraussetzungen des InvZulG 1999 begünstigt.
Nach dem InvZulG 1999 waren begünstigte Investitionen u.a. nachträgliche Herstellungsarbeiten an Gebäuden, die vor dem 1.1.1991 fertig gestellt worden sind, sowie die Herstellung neuer Gebäude (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1, 4 InvZulG 1999). Nach § 4 Abs. 1 Satz 4 FördG konnten die Erwerber bereits für Anzahlungen auf Anschaffungskosten, soweit sie auf Modernisierungsmaßnahmen und andere nachträgliche Herstellungsarbeiten entfielen, Sonderabschreibungen in Anspruch nehmen.
Für nach dem 31.12.1998 vom Hersteller bzw. Veräußerer erbrachte Bauleistungen konnte dieser daher Investitionszulage erhalten. Daneben kamen für den Erwerber für vor dem 1.1.1999 geleistete Anzahlungen auf seine Anschaffungskosten Sonderabschreibungen nach dem FördG in Betracht. Nach dem Wortlaut der Regelungen war demnach eine Doppelförderung desselben Aufwands möglich. Die Investitionszulage für nachträgliche Herstellungsarbeiten war nur ausgeschlossen, soweit erhöhte Absetzungen in Anspruch genommen wurden. Nicht ausgeschlossen war die Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen durch die Erwerber für Anzahlungen.
Zur Beseitigung dieser Doppelförderung wurde durch das StBereinG 1999 vom 22.12.1999 rückwirkend ab 1.1.1999 Satz 4 in § 3 InvZulG 1999 eingefügt. Danach ist die Gewährung einer Investitionszulage ausgeschlossen, wenn im Veräußerungsfall der Erwerber für das Gebäude Sonderabschreibungen in Anspruch genommen hat.
Diesem rückwirkenden Ausschluss der Doppelförderung desselben Aufwands durch Investitionszulage beim Hersteller und Sonderabschreibungen beim Erwerber kommt jedoch lediglich klarstellende Wirkung zu. Eine verfassungswidrige Rückwirkung liegt nicht vor.
Sowohl dem FördG und den InvZulG 1996/1999 liegt das Prinzip zugrunde, dass die jeweilige begünstigte Maßnahme nur einmal gefördert werden soll. Die Möglichkeit der Doppelförderung bei Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen auf Anzahlungen durch den Erwerber wurde bei der Ablösung des FördG durch das InvZulG 1999 vom Gesetzgeber offenbar übersehen. Denn es ist kein Grund ersichtlich, aus dem der Gesetzgeber von dem erkennbaren Grundsatz, jede Maßnahme nur einmal zu fördern, hätte abweichen wollen.
Das Gesetz erweist sich daher gemessen an dem ihm zugrunde liegenden Plan als lückenhaft. Die danach zu weit geratene Vorschrift konnte ihrem Zweck entsprechend im Weg der teleologischen Reduktion oder Restriktion vom BFH – ohne Vorlage an das BVerfG – eingeschränkt werden.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 18.5.2006, III R 21/03