Rz. 61
Die Europäische Kommission hat den Entwurf einer Richtlinie für eine "Gemeinsame konsolidierte körperschaftsteuerliche Bemessungsgrundlage" vorgelegt (GKKB RLE). Die Realisierung dieses Großprojekts wird noch Jahre in Anspruch nehmen.
Rz. 62
Die Richtlinie löst sich vom deutschen Konzept des Bestandsvergleichs und knüpft an die GuV an. Bei einer formalen Betrachtung setzt der Richtlinienvorschlag keine Bilanz und keine doppelte Buchführung voraus. In der Sache wird der Steuerpflichtige auf die doppelte Buchführung nicht verzichten können, da verschiedene GuV-Positionen in einer Bilanz nachgehalten werden müssen (Rückstellung, Restbuchwerte für die Abschreibung), und eine Bilanz ein geeignetes Instrument ist, eine doppelte Erfassung bzw. doppelte Nichterfassung von Aufwand und Ertrag zu verhindern. Behält der Steuerpflichtige das System der doppelten Buchführung für die Ermittlung der GKKB bei, bleibt es dabei, dass Korrekturen außerhalb der doppelten Buchführung, also außerbilanzielle Korrekturen, zu berücksichtigen sind.
Rz. 63
Die Grundformel zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage lautet:
"Die Steuerbemessungsgrundlage errechnet sich aus den Erträgen abzüglich steuerfreier Erträge, abziehbarer Aufwendungen und sonstiger abziehbarer Posten.", Art. 10 GKKB RLE.
Dies zeigt, dass die klassische Kürzung von steuerfreien Erträgen und die Hinzurechnung von nicht abziehbaren Aufwendungen auch in einer GKKB Bestand hat. In Art. 11 GKKB RLE werden folgende steuerfreie Erträge aufgeführt:
- vereinnahmte Gewinnausschüttungen;
- Erlöse aus der Veräußerung von Beteiligungen;
- Einkünfte einer Betriebsstätte in einem Drittland;
- bestimmte Subventionen, die unmittelbar mit dem Erwerb, der Herstellung oder der Verbesserung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens zusammenhängen;
- Erlöse aus der Veräußerung von bestimmten Sammelposten.
Rz. 64
Die in der Richtline aufgeführten nicht abziehbaren Aufwendungen korrespondieren regelmäßig mit bereits bestehenden Abzugsverboten im deutschen Steuerrecht. Im Einzelnen nennt Art. 14 GKKB RLE folgende Positionen:
- Gewinnausschüttungen und Rückzahlungen von Eigen- oder Fremdkapital;
- die Einstellung einbehaltener Gewinne in eine Rücklage, die Bestandteil des Eigenkapitals der Gesellschaft ist;
- 50 % der Bewirtungs- und Repräsentationskosten;
- Körperschaftsteuer und bestimmte andere Steuern;
- Bestechungsgelder;
- Geldbußen oder Geldstrafen, die wegen Nichteinhaltung einer gesetzlichen Vorschrift an eine Behörde zu zahlen sind;
- Kosten, die einer Gesellschaft bei der Erzielung von steuerfreien Einkünften entstanden sind; solche Kosten werden pauschal auf 5 % dieser Einkünfte festgesetzt, sofern der Steuerpflichtige nicht nachweist, dass ihm niedrigere Kosten entstanden sind;
- Geldgeschenke und Spenden, es sei denn, sie sind zugunsten gemeinnütziger Einrichtungen;
- grundsätzlich Kosten im Zusammenhang mit dem Erwerb, der Herstellung oder der Verbesserung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, mit Ausnahme von Ausgaben für Forschung und Entwicklung.
Rz. 65
Verschiedene Vorschriften betreffen die Korrekturen im Verhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter. Die Geschäfte mit dem Gesellschafter, Verwandten des Gesellschafters und verbundenen Personen müssen zum Marktpreis erfolgen. Auf der Grundlage dieser Regelungen wird und muss sich ein europaweit einheitliches Verständnis der "verdeckten Einlage" und der "verdeckten Gewinnausschüttung" entwickeln.
Schließlich berücksichtigt die GKKB RLE das Problem der sog. Controlled Foreign Corporations bzw. der Hinzurechnungsbesteuerung, vgl. Art 82, 83 GKKB RLE.
Eine einheitliche konsolidierte körperschaftsteuerliche Bemessungsgrundlage verlangt nicht nur die Vereinheitlichung der steuerbilanziellen Regeln, sondern auch der "außerbilanziellen Korrekturen" in allen Mitgliedstaaten. Mit der Verwirklichung einer GKKB werden die Staaten einen Großteil ihrer steuerpolitischen Souveränität aufgeben. Es bleibt abzuwarten, wann und ob dieses Projekt realisiert wird.