BMF, Schreiben v. 29.6.1981, IV B 7 - S 2830 - 10/81, BStBl I 1981 S. 504
NachAbschn. 99 Abs. 6 KStR kann das Kreditinstitut, bei dem ein Wertpapierdepot unterhalten wird, für die Ausstellung von Steuerbescheinigungen mangels gegenteiliger Anhaltspunkte davon ausgehen, daß der Depotinhaber der steuerliche Anteilseigner § 20 Abs. 2 Nr. 2 EStG) ist. Ergänzend hierzu gilt nach dem Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder folgendes:
I. Grundsatz
Ist dem Kreditinstitut bekannt, daß der Depotinhaber nicht der steuerliche Anteilseigner ist, darf es – vorbehaltlich der Ausführungen zu III – eine Steuerbescheinigung auf den Namen des Depotinhabers nicht ausstellen § 45 Abs. 1 KStG). Die Steuerbescheinigung ist vielmehr auf den Namen des Anteilseigners auszustellen und nach § 45 Abs. 2 KStG zu kennzeichnen.
Dementsprechend ist der Anteilseigner zur Anrechnung von Körperschaftsteuer nur berechtigt, wenn er dem Finanzamt eine auf seinen Namen lautende Steuerbescheinigung vorlegt.
II. Nießbrauch- und Treuhanddepots
In Fällen der Nießbrauchbestellung und bei Vorliegen eines Treuhandverhältnisses sind folgende Besonderheiten zu beachten:
Hat das Kreditinstitut von der Nießbrauchbestellung oder von dem Treuhandverhältnis Kenntnis, ohne zu wissen, ob der Depotinhaber Anteilseigner ist, ist die Steuerbescheinigung auf den Namen des Depotinhabers auszustellen, jedoch durch den Hinweis „Nießbrauchdepot” bzw. „Treuhanddepot” zu kennzeichnen.
In diesen Fällen hat das Finanzamt zu prüfen, wem die Kapitalerträge steuerlich zuzurechnen sind. Stellt es fest, daß ein anderer als der in der Bescheinigung genannte Depotinhaber Anteilseigner ist, kann es zur Vermeidung unnötiger Verwaltungsarbeit (Zurückweisen der vorgelegten Bescheinigung und Entgegennahme einer berichtigten Bescheinigung) die Anrechnung von Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer bei dem Anteilseigner auf Grund der für den Depotinhaber ausgestellten Steuerbescheinigung vornehmen. Voraussetzung ist jedoch, daß dem für die Besteuerung des Anteilseigners zuständigen Finanzamt die Originalbescheinigung oder eine als solche gekennzeichnete Ersatzbescheinigung (§ 44 Abs. 4, § 45 Abs. 4 KStG) vorgelegt wird; eine Kopie reicht nicht aus.
- Hat das Kreditinstitut von der Nießbrauchbestellung oder von dem Treuhandverhältnis keine Kenntnis, stellt es die Steuerbescheinigung auf den Namen des Depotinhabers aus. Da es in diesen Fällen davon ausgeht, daß der Depotinhaber der steuerliche Anteilseigner ist, wird die Steuerbescheinigung nicht gekennzeichnet. Stellt das Finanzamt fest, daß ein anderer als der Depotinhaber Anteilseigner ist, kann es die Anrechnung von Körperschaftsteuer und die Erstattung von Kapitalertragsteuer entsprechend der Nummer 1 bei dem Anteilseigner vornehmen, ohne eine berichtigte Bescheinigung zu verlangen.
- Die Ausführungen unter Nummer 1 und 2 gelten entsprechend für die Fälle, in denen das Depot als Gemeinschaftsdepot des Nießbrauchbestellers und des Nießbrauchberechtigten geführt wird (sog. Und-Depot).
III. Ander-Depots
Für Rechtsanwälte und Notare sowie für Angehörige der wirtschaftsprüfenden und steuerberatenden Berufe führen die Kreditinstitute sog. Ander-Depots. Einem solchen Depot darf der Depotinhaber nach den Vereinbarungen mit dem Kreditinstitut keine eigenen Vermögenswerte zuführen. Gehören die Vermögenswerte mehreren Anteilseignern, wird in der Regel für jeden von ihnen ein gesondertes Ander-Depot eingerichtet. Dem Kreditinstitut ist hiernach bekannt, daß der Inhaber eines Ander-Depots nicht der steuerliche Anteilseigner ist.
Die Ausstellung der Steuerbescheinigung an den Anteilseigner (vgl. die Ausführungen zu 1.) wäre in diesen Fällen nur möglich, wenn der Anteilseigner den Depotinhaber ermächtigen würde, dem Kreditinstitut seinen Namen mitzuteilen. Eine solche Mitteilung ist aber in den Vereinbarungen zwischen den Kreditinstituten und den Depotinhabern über die Führung von Ander-Depots nicht vorgesehen. Das Kreditinstitut nimmt hiernach keine Kenntnis davon, wer als Dritter gegen den Depotinhaber Rechte geltend machen kann. Gegenüber den Kreditinstituten ist in bezug auf das Ander-Depot allein der Depotinhaber berechtigt und verpflichtet.
Die Mitteilung der Namen der Anteilseigner an das Kreditinstitut würde dem Wesen und der Bedeutung des Ander-Depots (vgl. hierzu Urteil des Bundesgerichtshofs vom 5. 11. 1973 - IV Z R 95/53, BGHZ 11, 37) in einer Weise entgegenstehen, daß dieses Rechtsinstitut in vielen Fällen seinen Sinn verlöre. Dies würde der Zielsetzung des § 45 KStG nicht entsprechen. Mit Rücksicht hierauf bitte ich, die Anrechnung der Körperschaftsteuer und der Kapitalertragsteuer bei der Veranlagung des Anteilseigners nicht zu versagen, wenn
- das Kreditinstitut die Steuerbescheinigung auf den Namen des Depotinhabers ausgestellt und durch den Hinweis „Ander-Depot” gekennzeichnet hat,
- der Anteilseigner dem Finanzamt das Original dieser Steuerbescheinigung zusammen mit einer von dem Depotinhaber übersandten Bestätigun...