Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsplatzbesichtigung durch den Betriebsrat
Leitsatz (amtlich)
Der Arbeitgeber eines Bewachungsunternehmens kann dem Betriebsrat nicht generell verbieten, das Wachpersonal auf deren Arbeitsplätzen in bewachten Gebäuden oder auf bewachten Grundstücken aufzusuchen. Ein Verbot des bewachten Kunden hat auch der Betriebsrat zu beachten.
Normenkette
BetrVG § 80 Abs. 2, § 2 Abs. 2; ZPO § 308
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Beschluss vom 13.11.1987; Aktenzeichen 2 Ta BV 141/86) |
ArbG Düsseldorf (Beschluss vom 09.10.1986; Aktenzeichen 2 BV 46/86) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers wird der Beschluß des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf – 2 TaBV 141/86 – vom 13. November 1987 aufgehoben.
Die Beschwerde des Arbeitgebers gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Düsseldorf – 2 BV 46/86 – vom 9. Oktober 1986 wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
A. Der Arbeitgeber betreibt in zahlreichen Städten der Bundesrepublik einen Transportdienst für Geld und Wertsachen sowie einen Wach- und Schutzdienst für Personen und Objekte. In verschiedenen Niederlassungen sind örtliche Betriebsräte gewählt worden, die einen Gesambetriebsrat gebildet haben. In seiner Düsseldorfer Niederlassung beschäftigt der Arbeitgeber 10 Angestellte in der Verwaltung und ca. weitere 130 Mitarbeiter im Außendienst, unter anderem zur Bewachung von ca. 350 Vertragsobjekten. Die Sicherung der Objekte erfolgt auf der Grundlage eines Formularvertrages über einen “Sicherungsauftrag”. Die für den Einsatz seines Sicherungspersonals wesentlichen Bestimmungen hat der Arbeitgeber in seinem Vertragsmuster wie folgt formuliert:
§ 1 Sicherungsauftrag
- …
Die Sicherung erfolgt nach einer vom Auftraggeber und dem Auftragnehmer aufgestellten Dienstanweisung, die ein Bestandteil dieses Vertrages ist.
Entsprechende Hinweisschilder werden vom Auftragnehmer kostenlos zur Verfügung gestellt.
Bei Ausfall von Personal durch Urlaub, Krankheit und dergl. ist vom Auftragnehmer umgehend Ersatz zu stellen.
Der Auftragnehmer behält sich vor, soweit nicht anders vereinbart, aus Sicherheitsgründen von Zeit zu Zeit Personal auszutauschen.
§ 2 Dienstvorgesetzte
- Dienstvorgesetzte des Sicherungspersonals ist außer den in der Dienstanweisung § 2 genannten Personen, ein vom Auftragnehmer zu stellender Inspektor, der in fachlichen Fragen der Vertreter des Auftragnehmers ist, die sozialen und wirtschaftlichen Belange des Sicherungspersonals wahrnimmt, dieses kontrolliert und die Kontrolle ins Stundenbuch einträgt.
- Anordnungen über die sachliche Durchführung des Sicherungsdienstes stehen dem Inspektor nur im Rahmen der Dienstanweisung zu.
§ 4 Wachräume
Der Auftraggeber verpflichtet sich, einen geeigneten Raum für das Sicherungspersonal – mit der erforderlichen Beleuchtung, Heizung und Einrichtung – kostenlos zur Verfügung zu stellen.
§ 5 Haus- und Festnahmerecht
Das Sicherungspersonal hat während der Kontrollen das Haus- und Festnahmerecht wie der Auftraggeber.
Zwischen dem Düsseldorfer Niederlassungsleiter und dem Betriebsrat Düsseldorf kam es im Herbst 1985 zu Meinungsverschiedenheiten darüber, ob stets die Einhaltung der tariflichen Vergütungsregelung und die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats beim Personaleinsatz sowie bei der Festlegung der Arbeitszeiten gewahrt worden sind. In seiner Sitzung vom 13. November 1985 beschloß daraufhin der Betriebsrat die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen selbst zu überprüfen und beauftragte zu diesem Zweck den Betriebsratsvorsitzenden und dessen Stellvertreter, die tatsächliche Besetzung der Arbeitsplätze am 14. Dezember 1985 durch sogenannte Wachstellenbesuche – wie bereits in der Vergangenheit mehrfach geschehen – zu kontrollieren. Der Betriebsratsvorsitzende wandte sich zur Durchführung dieses Beschlusses am 14. November 1985 schriftlich an den Niederlassungsleiter. Der Niederlassungsleiter erwiderte daraufhin noch am 15. November 1985:
“… gebe ich Ihnen zur Kenntnisnahme, daß jeglicher Besuch von Betriebsratsmitgliedern auf Wachstellen untersagt wird. … Zuwiderhandlungen werden entsprechend abgemahnt.”
Mit der am 24. April 1986 beim Arbeitsgericht Düsseldorf eingegangenen Antragsschrift hat der Betriebsrat eine gerichtliche Klärung der aufgetretenen Meinungsverschiedenheiten zu erreichen versucht. Da die übrigen Punkte inzwischen durch nachträgliche Regelungen erledigt sind, wird nur noch die Unzulässigkeit des ausnahmslosen Verbotes der Wachstellenbesuche geltend gemacht. Durch das Verbot werde die gesetzliche Überwachungsaufgabe des Betriebsrats behindert. Wegen der zahlreichen Beanstandungsfälle in der Vergangenheit sei eine derartige Überprüfung geboten. Nur bei den für die Firmen D.…-B.… und P.… eingerichteten Wachstellen lägen entgegenstehende Weisungen der Auftraggeber vor. Ansonsten habe kein Auftraggeber einer Besichtigung der Arbeitsplätze der Sicherungskräfte durch den Betriebsrat widersprochen. Vor dem Ausspruch des Verbots seien daher Wachstellenbesuche nach rechtzeitiger Ankündigung von seiten des Betriebsrats regelmäßig in Begleitung des dienstvorgesetzten Inspektors durchgeführt worden. Für ein Verbot der Wachstellenbesuche durch Betriebsratsmitglieder gebe es keinen sachlichen Grund. Die Betriebsratsmitglieder gehörten selbst der höchsten Sicherheitsstufe an.
Der Betriebsrat hat beantragt
festzustellen, daß der Arbeitgeber nicht berechtigt ist, jeglichen Besuch von Betriebsratsmitgliedern auf Wachstellen zu untersagen.
Der Arbeitgeber hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen.
Dem Betriebsrat fehle ohne jede Ausnahme das Recht auf Zugang zu den Wachräumen der von ihm repräsentierten Arbeitnehmer. Dies ergebe sich bereits aus dem Bewachungsvertrag, der mit den Auftraggebern abgeschlossen sei. Nach § 2 dieses Vertrages dürfe nur der dienstvorgesetzte Inspektor das Sicherungspersonal aufsuchen.
- Das Arbeitsgericht hat dem Antrag des Betriebsrats entsprochen. In dem Beschwerdeverfahren hat das Landesarbeitsgericht dem Arbeitgeber aufgegeben, im einzelnen die Kunden aufzuführen, für deren Objekte aus Gründen der Geheimhaltung ein Zugangsverbot bestünde oder mit denen ein Verbot im Einzelfall vertraglich vereinbart worden sei. Nach der Ablehnung des Arbeitgebers, diese Auflage zu erfüllen, hat das Landesarbeitsgericht die Beschwerde mit folgender “Modifikation” zurückgewiesen:
- Der Antragsteller ist grundsätzlich berechtigt, Arbeitnehmer der Antragsgegnerin aus konkretem Anlaß in Ausübung seiner betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben am Arbeitsplatz, auch an Bewachungsobjekten, mit der Maßgabe aufzusuchen, daß der Zeitpunkt vorher mit der Antragsgegnerin abgestimmt wird.
- Ist dies, insbesondere im öffentlichen Bereich, aus Gründen der Geheimhaltung oder wegen eines generellen Verbots aufgrund vertraglicher Abrede mit dem Dritten (Auftraggeber) nicht möglich, ist dies von der Antragsgegnerin dem Antragsteller nachzuweisen.
Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Arbeitgeber weiterhin die vollständige Abweisung des Antrages des Betriebsrats.
Entscheidungsgründe
B. Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.
I. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts muß schon deshalb aufgehoben werden, weil das Beschwerdegericht sich über die Bindung an den Antrag des Antragstellers hinweggesetzt hat (§ 308 Abs. 1 ZPO).
1. Der aus der Dispositionsmaxime des Zivilprozesses ableitbare und in § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO gesetzlich normierte Grundsatz der Bindung des Gerichts an die Parteianträge ist auch ohne ausdrückliche Verweisung im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren zu beachten (BAGE 47, 218, 221 = AP Nr. 3 zu § 106 BetrVG 1972, zu B I 2 der Gründe; BAGE 44, 226, 234 = AP Nr. 11 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit und Senatsbeschluß vom 20. Dezember 1988 – 1 ABR 63/87 –, zur Veröffentlichung vorgesehen). Im arbeitsgerichtlichen Verfahren ist den Verfahrensbeteiligten eine vergleichbare Dispositionsbefugnis durch § 81, § 83 Abs. 1 Satz 1 und § 83a ArbGG eingeräumt worden (vgl. BAGE 37, 102, 111 = AP Nr. 11 zu § 76 BetrVG 1972, zu B 2 der Gründe).
2. Das Abweichen von den gestellten Sachanträgen ist im dritten Rechtszug von Amts wegen zu beachten (BAGE 23, 146, 148 = AP Nr. 1 zu § 308 ZPO; BGH Urteil vom 25. Januar 1961 – IV ZR 244/60 – LM Nr. 7 zu § 308 ZPO). Spricht das Berufungsgericht quantitativ mehr oder qualitativ etwas anderes zu, als beantragt worden ist, so betrifft dies nicht die vor Erlaß eines Urteils zu beachtenden Verfahrensförmlichkeiten, sondern den Inhalt der zu erlassenden Entscheidung (BGH Urteil vom 25. Januar 1961, aaO).
3. Das Landesarbeitsgericht hat in seinen Entscheidungsgründen zunächst ausgeführt, das Arbeitsgericht habe entsprechend dem gestellten Sachantrag zu Recht die Feststellung getroffen, daß der beteiligte Arbeitgeber nicht berechtigt sei, jeglichen Besuch des Betriebsrats auf Wachstellen zu untersagen. Es hat dann aber ohne nähere Begründung daran angeschlossen, die Entscheidung bedürfe in der Beschwerdeinstanz “einer gewissen Modifizierung”. In seiner “modifizierenden” Entscheidungsformel hat das Landesarbeitsgericht nicht über den negativen Feststellungsantrag des Betriebsrats entschieden, sondern über einen nicht gestellten Antrag auf Feststellung eines positiven Zugangsrechts. Zudem hat das Landesarbeitsgericht weiterhin für das von ihm im Grundsatz festgestellte Zugangsrecht bestimmte Voraussetzungen aufgestellt und dem Arbeitgeber für Ausnahmen von diesem Grundsatz bestimmte Nachweispflichten auferlegt.
Dieses Abweichen vom Sachantrag stellt sich als ein Überschreiten des Antrages dar. Das Landesarbeitsgericht hat nämlich nicht – was zulässig gewesen wäre – lediglich einen im Verhältnis zum Verfahrensziel abtrennbaren geringeren Teil (minus) zugesprochen, sondern etwas qualitativ anderes (aliud). Zwischen der “zugesprochenen” positiven Feststellung und der beantragten negativen Feststellung besteht ein qualitativer Unterschied. Die beantragte negative Feststellung der Unzulässigkeit des vom Arbeitgeber ausgesprochenen generellen Verbots muß schon dann getroffen werden, wenn das Verbot zu weit gefaßt ist, weil einzelne Fälle denkbar sind, in denen geduldet werden muß, daß der Betriebsrat zur Durchführung seiner gesetzlichen Aufgaben die Wachstellen aufsucht. Demgegenüber müßte ein Betriebsrat, der die hier getroffene positive Feststellung eines für bestimmte Fallgruppen beschränkten Zugangsrechts erreichen wollte, die konkreten Fallkonstellationen in seinem Antrag genau bezeichnen (vgl. dazu BAGE 34, 75, 80 = AP Nr. 3 zu § 74 BetrVG 1972, zu II 3 der Gründe; BAGE 44, 226, 234 = AP Nr. 11 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; BAGE 52, 160, 166 = AP Nr. 18 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; Senatsbeschluß vom 11. November 1986 – 1 ABR 17/85 – AP Nr. 21 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit).
Eine Heilung dieses Mangels durch rügelose Einlassung entsprechend § 295 Abs. 1 ZPO scheidet aus, da die Heilungswirkung nur die Form des Verfahrens, nicht aber das sachliche Recht betrifft (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 46. Aufl., § 308 Anm. 1 D; Leipold in Stein/Jonas, ZPO, 20. Aufl., § 308 Rz 12).
In Betracht kommt weiterhin eine Heilung in der Weise, daß die Partei, der zuviel oder etwas anderes zugesprochen wurde, in der höheren Instanz die Klage ändert oder durch den Antrag auf Zurückweisung des gegnerischen Rechtsmittels zum
Ausdruck bringt, an dem Nichtbeantragten, aber vom Gericht Zugesprochenen, festhalten zu wollen (RGZ 157, 23, 24). Für das Revisions- oder Rechtsbeschwerdeverfahren scheiden derartige Heilungsmöglichkeiten schon deswegen aus, weil eine Antragserweiterung im dritten Rechtszug unzulässig ist (BAG Urteil vom 18. Dezember 1974 – 5 AZR 66/74 – AP Nr. 30 zu § 615 BGB).
II. Ist der Beschluß des Beschwerdegerichts aufzuheben, so bedarf es doch keiner Zurückverweisung zur anderweiten Verhandlung. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden.
1. Der Antrag des Betriebsrats ist zulässig.
Der Antrag ist bestimmt genug. Der Betriebsrat will gerichtlich feststellen lassen, daß der Arbeitgeber kein Recht hat, dem Betriebsrat alle Wachstellenbesuche zu untersagen, wie der Niederlassungsleiter es am 15. November 1985 getan hat.
Der negative Feststellungsantrag dient der Klärung eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses. Es soll festgestellt werden, ob die vom Arbeitgeber in Anspruch genommene Befugnis zu einer so weitgehenden Untersagung gegenüber dem Betriebsrat besteht.
Der Betriebsrat hat auch ein rechtliches Interesse, das Nichtbestehen dieses Rechts alsbald gerichtlich feststellen zu lassen. Eine einvernehmliche Regelung der vom Betriebsrat als erforderlich erachteten Wachstellenbesuche ist bisher nicht erfolgt. Dem Betriebsrat sind für den Fall der “Zuwiderhandlung” arbeitsrechtliche Konsequenzen, zunächst in Form einer Abmahnung, angedroht worden.
2. Das Landesarbeitsgericht ist in seinen Entscheidungsgründen zu Recht davon ausgegangen, daß der Arbeitgeber nicht – wie am 15. November 1985 geschehen – undifferenziert dem Betriebsrat das Aufsuchen der Arbeitsplätze der Belegschaftsmitglieder, die als Sicherungskräfte für den Objektschutz eingesetzt sind, untersagen darf. Da sich der beteiligte Arbeitgeber gegenüber dem Betriebsrat eines so umfassenden Untersagungsrechts rühmt, muß für die Begründetheit des negativen Feststellungsantrages des Betriebsrats genügen, daß zumindest in bestimmten Fällen der Arbeitgeber durch sein ausnahmsloses Verbot den Betriebsrat an der Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben hindert.
a) Das Landesarbeitsgericht hat im Grundsatz ein Zugangsrecht des Betriebsrats zu den Arbeitsplätzen der Belegschaftsangehörigen anerkannt, wenn ein konkreter Anlaß besteht und der Zeitpunkt vorher mit dem Arbeitgeber abgestimmt ist. Zur Begründung hat es darauf verwiesen, daß der Betriebrat ansonsten seine Überwachungsaufgabe insbesondere nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG nicht wahrnehmen könne. Diese Auffassung widerspricht nicht der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, nach der § 80 Abs. 2 und Abs. 3 BetrVG keine abschließende Regelung in dem Sinne enthalten, daß sich der Betriebsrat die notwendigen Informationen für seine Tätigkeit nur im Wege der Unterrichtung durch den Arbeitgeber oder durch Hinzuziehung von Sachverständigen beschaffen dürfe. Vielmehr hat der Senat anerkannt, daß insbesondere zur Erfüllung der Überwachungsaufgaben nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ein eigenes, von der Zustimmung des Arbeitgebers unabhängiges Zugangsrecht des Betriebsrats zum Arbeitsplatz der Belegschaftsangehörigen in Betracht kommt (BAG Urteil vom 17. Januar 1989 – 1 AZR 805/87 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen, mit Nachweisen und Bezugnahme auf die ältere Rechtsprechung des Sechsten Senats zum inhaltsgleichen Überwachungsrecht der Jugendvertretung nach § 70 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG).
Die vom Landesarbeitsgericht aufgestellten weitergehenden Voraussetzungen für die Ausübung dieses Zugangsrechts sind hier erfüllt. Der Betriebsrat hat in der Antragsschrift eine Reihe von Beanstandungen vorgebracht, die auch aus der Sicht eines verständigen Betrachters Anlaß zur eigenständigen Überprüfung der Wachstellenbesetzung geben. Der Betriebsrat hat zudem diese Überprüfungsaktion ordnungsgemäß beschlossen und sich mit einem zeitlichen Vorlauf von einem Monat bei dem Arbeitgeber um eine Abstimmung bemüht.
b) Die Rechtsbeschwerde macht geltend, daß das Zugangsrecht des Betriebsrats “ausnahmslos auf die Arbeitsplätze im Betrieb des Arbeitgebers” bezogen sei. Sie will damit zum Ausdruck bringen, die Kompetenz eines Betriebsrats erstrecke sich nur auf das Betriebsgelände seines Arbeitgebers. Dem liegt eine Verkennung des Betriebsbegriffes zugrunde. Der Betriebsbegriff des BetrVG geht von “der organisatorischen Einheit, innerhalb derer ein Arbeitgeber mit seinen Arbeitnehmern bestimmte, arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt” (ständige Rechtsprechung, zuletzt BAGE 53, 119, 127 = AP Nr. 7 zu § 1 BetrVG 1972, zu II 3 der Gründe, m.w.N.) aus und ist daher nicht auf die räumliche Einheit einer Betriebsstätte begrenzt. Richtigerweise muß der gesamte Bereich der Niederlassung Düsseldorf, die eine eigene organisatorische Leitung in Form des Niederlassungsleiters und des ihm zugeordneten Verwaltungsstabes besitzt, unter Einschluß aller Wachstellen als ein Betrieb aufgefaßt werden.
c) Ebenfalls besteht nicht der von der Rechtsbeschwerde geltend gemachte Kompetenzkonflikt zwischen dem antragstellenden Betriebsrat und den Betriebsräten der Betriebe, deren Betriebsstätten vom beteiligten Arbeitgeber bewacht werden. Die zur Bewachung eingesetzten und vom antragstellenden Betriebsrat repräsentierten Arbeitnehmer gehören nicht zur Belegschaft der bewachten Firmen. Der Antragsteller hat auch keine Beteiligungsrechte geltend gemacht, die mit einer eventuellen Eingliederung des Wachpersonals in den bewachten “Betrieb” zusammenhängen. Anlaß für die Wachstellenbesuche sind vielmehr Fragen der Einhaltung von Bestimmungen, die für den Betrieb gelten, den der antragstellende Betriebsrat repräsentiert.
d) Soweit der Arbeitgeber geltend macht, § 2 des mit den Auftragnehmern abgeschlossenen Bewachungsvertrages gestatte lediglich dem dienstvorgesetzen Inspektor einen Zugang zu den Arbeitsplätzen des Wachpersonals in den bewachten Objekten und schließe damit ein Zugangsrecht des Betriebsrates aus, vermag dies das ausgesprochene Verbot nicht zu begründen. Es erscheint schon fraglich, ob der vertraglichen Regelung überhaupt ein solches Verbot entnommen werden kann. Darauf kommt es jedoch nicht an. Über Rechte des Betriebsrates können der Arbeitgeber und die Auftraggeber nicht durch einen Vertrag disponieren.
Eine davon zu unterscheidende Frage ist es, ob der jeweilige Auftraggeber aufgrund seines Hausrechtes Betriebsratsmitgliedern den Zugang zu den bewachten Gebäuden oder das Betreten des bewachten Geländes untersagen kann. Soweit ein solches Verbot ausgesprochen ist, hat der Betriebsrat dieses zu beachten. Das Betriebsverfassungsgesetz begründet keine Rechte des Betriebsrates gegenüber Kunden des Arbeitgebers. Es ist daher Sache des Betriebsrates, gegebenenfalls eine Genehmigung des Auftraggebers zu erwirken. Ob der Arbeitgeber den Betriebsrat dabei zu unterstützen hat, wie das Landesarbeitsgericht meint, ist vorliegend nicht zu entscheiden.
e) Die Besonderheiten einzelner Bewachungsobjekte können dem Aufsuchen des Bewachungspersonals durch den Betriebsrat während der Dienstzeit entgegenstehen. Die vertragsgemäße Erfüllung der übernommenen Bewachungspflichten kann durch Besuche des Betriebsrates während der Dienstzeit behindert oder gar unmöglich gemacht werden. In solchen Fällen kann das Recht des Betriebsrates, sich selbst über die Arbeitsbedingungen an diesen Arbeitsplätzen zu unterrichten und die Einhaltung der zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Vorschriften durch solche Arbeitsplatzbesichtigungen zu überwachen, entfallen. Ob das der Fall ist, ist eine Frage des jeweiligen Einzelfalles.
Die Möglichkeit, daß das Recht des Betriebsrates, Arbeitsplätze der Arbeitnehmer aufzusuchen, im Einzelfalle entfällt, rechtfertigt jedoch nicht das generelle Verbot solcher Arbeitsplatzbesuche durch den Arbeitgeber.
Damit erweist sich die Entscheidung des Arbeitsgerichts als zutreffend. Der Beschluß des Landesarbeitsgerichts war daher aufzuheben und die Beschwerde des Arbeitgebers gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts in vollem Umfange zurückzuweisen.
Unterschriften
Dr. Kissel, Matthes, Dr. Weller, Kehrmann, Dr. Münzer
Fundstellen
Haufe-Index 872056 |
BAGE, 100 |
RdA 1989, 380 |