Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revisionsbeschwerde
Leitsatz (amtlich)
1. Hat das Landesarbeitsgericht eine Berufung als unzulässig verworfen, so findet eine Revisionsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht nach § 77 ArbGG nur statt, wenn sie vom Landesarbeitsgericht zugelassen worden ist.
2. Die Nichtzulassung der Revisionsbeschwerde in einem Verwerfungsbeschluß des Landesarbeitsgerichts kann nicht mit der Beschwerde nach § 72 a ArbGG angefochten werden (Bestätigung BAG 25. Oktober 1979 – 5 AZB 43/79 – und 8. November 1979 – 3 AZB 40/79 – AP ArbGG 1979 § 77 Nr. 1 und Nr. 2 = EzA ArbGG 1979 § 77 Nr. 1 und Nr. 2).
Normenkette
ArbGG §§ 72a, 77
Verfahrensgang
LAG Rheinland-Pfalz (Zwischenurteil vom 02.05.2000; Aktenzeichen 4 Sa 153/00) |
ArbG Trier (Urteil vom 02.02.2000; Aktenzeichen 4 Ca 1748/99) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der sofortigen Beschwerde in dem Beschluß des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 13. April 2000 – 4 Sa 153/00 – und gegen die Zurückweisung des Antrags auf Zulassung der sofortigen Beschwerde in dem Beschluß vom 2. Mai 2000 – 4 Sa 153/00 – wird als unzulässig verworfen.
Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Streitwert wird auf 5.170,00 DM festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte berechtigt war, dem Kläger eine Abmahnung zu erteilen.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag, die Abmahnung vom 16. September 1999 aus den Personalakten zu entfernen, abgewiesen. Das Urteil des Arbeitsgerichts ist mit Tatbestand und Entscheidungsgründen dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 24. Februar 2000 zugestellt worden. Der Kläger hat bereits vor der Zustellung am 14. Februar 2000 bei dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz die Berufung eingelegt. Am 17. März 2000 hat das Landesarbeitsgericht unter Hinweis auf § 519 b ZPO mitgeteilt, daß innerhalb eines Monats nach Einlegung der Berufung kein die Berufung begründender Schriftsatz eingegangen sei. Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers hat daraufhin am selben Tag per Fax dem Landesarbeitsgericht mitgeteilt:
„Das vollständig abgefaßte Urteil ging hier erst am 24.02.00 ein.
Berufungsbegründung ist in Arbeit!”
Mit Schriftsatz vom 24. März 2000, der am 27. März 2000 beim Landesarbeitsgericht einging, hat er die Berufung begründet. Das Landesarbeitsgericht hat am 27. März 2000 ausführlich darauf hingewiesen, aus welchen Gründen es von einer Nichteinhaltung der Berufungsbegründungsfrist ausgehe. Mit Beschluß vom 13. April 2000 hat das Landesarbeitsgericht die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts als unzulässig verworfen, ohne die Rechtsbeschwerde zuzulassen. Mit weiterem Beschluß vom 2. Mai 2000 hat das Landesarbeitsgericht eine Abänderung seiner Nichtzulassungsentscheidung abgelehnt. Hiergegen wendet sich die Beschwerde des Klägers mit dem Ziel, die sofortige Beschwerde zuzulassen.
II. Die Beschwerde des Klägers hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Erfolg. Die vom Kläger erstrebte Zulassung der sofortigen Beschwerde nach § 519 b Abs. 2 ZPO kommt nicht in Betracht.
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde, die der Kläger „gemäß § 72 a in Verbindung mit § 70 ArbGG erhoben” hat, ist unzulässig. Nach § 77 Satz 1 ArbGG ist die sofortige Beschwerde gegen einen Verwerfungsbeschluß des Landesarbeitsgerichts nach § 519 b ZPO nur zulässig, wenn das Landesarbeitsgericht die sofortige Beschwerde in seinem Beschluß wegen der Bedeutung der Rechtssache zugelassen hat. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt.
Gegen die Nichtzulassung der Revisionsbeschwerde durch das Landesarbeitsgericht ist kein Rechtsmittel gegeben. Die in § 72 a Abs. 1 ArbGG geregelte Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht entsprechend anwendbar(BAG 25. Oktober 1979 – 5 AZB 43/79 – AP ArbGG 1979 § 77 Nr. 1 = EzA ArbGG 1979 § 77 Nr. 1; 8. November 1979 – 3 AZB 40/79 – AP ArbGG 1979 § 77 Nr. 2 = EzA ArbGG 1979 § 77 Nr. 2). Bei Einführung der Nichtzulassungsbeschwerde durch die Arbeitsgerichtsnovelle vom 21. Mai 1979(BGBl. I, 545) hat der Gesetzgeber die unterschiedlichen Anfechtungsmöglichkeiten bei Urteilen und Beschlüssen nicht vereinheitlicht. Die Anfechtung von Verwerfungsbeschlüssen ist somit allein nach § 77 ArbGG zu beurteilen. Wegen des Ausschlusses jeder Rechtsbehelfsmöglichkeit gegen die Nichtzulassung der Revisionsbeschwerde bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Bundesverfassungsgericht hat die Regelung des § 77 ArbGG als mit Art. 103 Abs. 1 GG vereinbar angesehen(BVerfG 10. August 1978 – 2 BvR 415/78 – AP ArbGG 1953 § 77 Nr. 19).
2. Die Beschwerde ist auch nicht als außerordentlicher Rechtsbehelf wegen „greifbarer Gesetzwidrigkeit” zulässig(vgl. BAG 22. Oktober 1999 – 5 AZB 21/99 – zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Der Beschwerdeführer hat keine Mängel aufgezeigt, nach denen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts als schlechterdings nicht mehr verständig erschiene und daher als offensichtlich unhaltbar angesehen werden müßte.
Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, die einmonatige Frist für die Berufungsbegründung (§ 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG) beginne mit der Einlegung der Berufung (§ 519 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Hier ist die Frist zur Einlegung der Berufung am 14. März 2000 abgelaufen. Der am 27. März 2000 beim Landesarbeitsgericht eingegangene Schriftsatz war verspätet. Zwar kann eine verspätete Berufungsbegründungsschrift als erneute Berufungseinlegung mit gleichzeitiger Berufungsbegründung angesehen werden. Voraussetzung ist jedoch, daß zu diesem Zeitpunkt die Berufungsfrist noch nicht abgelaufen ist, weil das Urteil noch nicht in vollständig abgefaßter Form zugestellt worden ist(vgl. BAG 13. September 1995 – 2 AZR 855/94 – AP ArbGG 1979 § 66 Nr. 12 = EzA ArbGG 1979 § 66 Nr. 22). Diese Voraussetzung ist hier, wie das Landesarbeitsgericht ausgeführt hat, nicht erfüllt. Das arbeitsgerichtliche Urteil ist in vollständig abgefaßter Form am 24. Februar 2000 zugestellt worden. Damit war die Möglichkeit einer erneuten Einlegung der Berufung mit dem 24. März 2000 abgelaufen.
Der auf der Telekopie des Prozeßbevollmächtigten des Klägers vom 17. März 2000 angebrachte handschriftliche Vermerk „Berufungsbegründung ist in Arbeit!” muß nicht als Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist nach § 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG angesehen werden.
III. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seines erfolglosen Beschwerdeverfahrens zu tragen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 25 Abs. 2 GKG.
Unterschriften
Leinemann, Reinecke, Düwell
Fundstellen
Haufe-Index 507969 |
BB 2000, 1632 |
DB 2000, 1471 |
NJW 2000, 2525 |
EWiR 2000, 993 |
FA 2000, 291 |
FA 2001, 84 |
NZA 2000, 844 |
ZIP 2000, 1223 |
AP, 0 |
www.judicialis.de 2000 |