Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterlassungsanspruch des Betriebsrats nach § 23 Abs 3 BetrVG
Leitsatz (redaktionell)
Nicht nur die Anordnung, sondern auch die Duldung von Überstunden (Entgegennahme und Bezahlung) lösen das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs 1 Nr 3 BetrVG aus, wenn ein kollektiver Tatbestand vorliegt.
Normenkette
BetrVG § 23 Abs. 3; ZPO § 253 Abs. 3 Nr. 2; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
LAG Köln (Entscheidung vom 21.02.1989; Aktenzeichen 8 TaBV 68/88) |
ArbG Köln (Entscheidung vom 18.08.1988; Aktenzeichen 6 BV 99/88) |
Gründe
A. Arbeitgeber und Betriebsrat streiten darüber, ob der Arbeitgeber auch ohne Zustimmung des Betriebsrats Überstunden anordnen bzw. entgegennehmen darf.
Der Arbeitgeber ist ein Unternehmen der Kraftfahrzeugindustrie, dessen Hauptverwaltung in Köln liegt. Die Personalverwaltung erfolgt ebenso von Köln aus wie die technisch-organisatorische und funktionelle Leitung. In München, Hamburg und Köln hat der Arbeitgeber Regionalbüros; in Bremerhaven befindet sich ein Auslieferungsbüro.
Antragsteller ist der für die Hauptverwaltung, für sämtliche Regionalbüros und für das Auslieferungsbüro Bremerhaven gewählte Betriebsrat.
Der Arbeitgeber ist Mitglied des Verbandes des Kraftfahrzeuggewerbes Nordrhein-Westfalen und wendet den Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer im Kraftfahrzeuggewerbe Nordrhein-Westfalen , in Kraft seit dem 1. September 1986, in seinem Unternehmen an. Soweit dieser Tarifvertrag nicht kraft Tarifbindung gilt, wird seine Anwendung in den Arbeitsverträgen vereinbart. In den einzelnen Bereichen des Arbeitgebers wird zum Teil mit festen Arbeitszeiten und im übrigen mit gleitenden Arbeitszeiten gearbeitet. Feste Arbeitszeiten gelten im Ersatzteillager, dem Bereich Telefon und Empfang, den Regionen und im wesentlichen im Kantinenbereich. Zur Regelung der Arbeitszeiten wurden in der Vergangenheit Betriebsvereinbarungen und Regelungsabreden zwischen den Beteiligten geschlossen. Nach Einführung der 38,5-Stunden-Woche durch den am 1. September 1986 in Kraft getretenen Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer im Kfz-Gewerbe NW schlossen die Beteiligten am 26. August 1986 für alle Bereiche des Arbeitgebers eine Betriebsvereinbarung, in der die Arbeitszeit und deren Beginn und Ende im einzelnen festgelegt wurde. In der Folgezeit verhandelten die Beteiligten über den Abschluß einer neuen Betriebsvereinbarung "Arbeitszeitwirtschaft", die bis zur Verkündung der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht zustande gekommen ist. Zur Vorbereitung dieser neuen Betriebsvereinbarung trafen Arbeitgeber und Betriebsrat eine Regelungsabsprache ohne Datum, in der die Rahmenzeit für alle Bereiche, Abteilungen und Standorte auf die Zeit von 7.00 Uhr bis 18.00 Uhr festgelegt wurde. In dieser Regelungsabsprache finden sich ferner besondere Regelungen hinsichtlich von Gleitzeitguthaben/ -schulden . U.a. durfte das Gleitzeitguthaben nicht mehr als acht Stunden betragen. Am 5. Oktober 1989 schlossen Arbeitgeber und Betriebsrat eine neue Betriebsvereinbarung über Arbeitszeitwirtschaft, nach deren Nr. 6.1 Zeitguthaben am Monatsende, die das Ausmaß von 12 Stunden übersteigen, sowie die Beendigung des Arbeitstages später als 18.00 Uhr als ungenehmigte Mehrarbeit behandelt werden. Dies gilt auch in bezug auf die Entgegennahme (stillschweigende Duldung) von Mehrarbeit vorbehaltlich der rechtskräftigen Entscheidung im vorliegenden Verfahren.
Bereits im Jahre 1984 hatte der Betriebsrat gegen den Arbeitgeber vor dem Arbeitsgericht Köln ein Beschlußverfahren mit dem Ziel eingeleitet, dem Arbeitgeber die Anordnung von Überstunden ohne Wahrung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats zu untersagen (- 6 BV 150/84 -). Dieses Verfahren wurde am 3. September 1985 durch einen gerichtlichen Vergleich beendet, in dem sich der Arbeitgeber verpflichtete, den Betriebsrat über beabsichtigte Überstunden rechtzeitig zu informieren und das Mitbestimmungsverfahren einzuhalten, sofern es sich nicht eindeutig nur um Überstunden eines Einzelfalles handelte. Ein Antrag des Betriebsrats vom November 1986 auf Einleitung des Vollstreckungsverfahrens aus diesem Vergleich wurde vom Arbeitsgericht mit Beschluß vom 11. März 1987 mit der Begründung zurückgewiesen, der Vergleich vom 3. September 1985 habe keinen vollstreckungsfähigen Inhalt. In der Folgezeit beanstandete der Betriebsrat weiterhin wiederholt schriftlich die vom Arbeitgeber geübte Überstundenpraxis und verlangte, daß in Zukunft von weiteren Überstundenanordnungen ohne Einholung seiner Zustimmung abgesehen werde. Nach einem Gespräch zwischen Betriebsrat und Geschäftsleitung am 22. April 1988 wies diese den Betriebsrat in einem Schreiben vom 18. Mai 1988 auf zwischenzeitliche Bemühungen zur Arbeitszeitsituation hin und brachte zum Ausdruck, sie benötige noch die Zeit bis zum 30. September 1988, um sich auf normale Verhältnisse im Bereich der Arbeitszeit um- und einzustellen. Der Betriebsrat hielt ein weiteres Abwarten mit Rücksicht auf die nach seiner Auffassung seit 1984 sich ständig wiederholenden Verstöße des Arbeitgebers nicht für zumutbar und beschloß die Einleitung des vorliegenden Beschlußverfahrens.
Unter Überreichung von Arbeitszeiterfassungen und Aufstellungen hat der Betriebsrat Arbeitnehmer bezeichnet, die teilweise in gleitender Arbeitszeit arbeiten und deren Zeitguthaben mehr als 15 Stunden betragen haben, und Arbeitnehmer benannt, die über ihre feste Arbeitszeit hinaus Mehrarbeit geleistet haben, ohne daß die Zustimmung des Betriebsrats eingeholt worden wäre. Dabei hat er Listen und Zusammenstellungen vorgelegt, aus denen hervorgeht, daß Monat für Monat eine Vielzahl von Arbeitnehmern immer wieder in erheblichem Maße Überarbeit leisteten, dabei ergaben sich für eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Arbeitnehmern Überstundenzeiten von 55 und mehr Stunden pro Monat. Dabei belegte der Betriebsrat durch Zusammenstellungen, deren Richtigkeit von dem Arbeitgeber nicht bestritten worden ist, auch, daß trotz der Beanstandungen durch den Betriebsrat immer wieder dieselben Arbeitnehmer Überstunden leisteten, ohne daß der Betriebsrat hierfür seine Zustimmung gegeben hätte. Insgesamt hat der Betriebsrat geltend gemacht, daß der Arbeitgeber seine Mitbestimmungsrechte aus § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG trotz seiner Beanstandungen nicht beachtet habe. Auch in den Fällen, in denen der Arbeitgeber den Betriebsrat um Zustimmung zur Überarbeit gebeten, der Betriebsrat aber ausnahmsweise nicht zugestimmt habe, sei die Überarbeit erfolgt.
Der Betriebsrat hat vor dem Arbeitsgericht beantragt,
1. dem Arbeitgeber aufzugeben, in seinem Betrieb
in der Bachemer Landstraße 2 und den Regionen
die Anordnung von Überstunden zu unterlassen,
ohne die Zustimmung des Betriebsrats dazu
zuvor eingeholt zu haben, sofern nicht eindeu-
tig nur Überstunden eines Einzelfalles beab-
sichtigt sind oder es sich um einen Notfall
handelt;
2. dem Arbeitgeber für jeden Fall der Zuwider-
handlung gegen die Verpflichtung aus Ziffer 1
ein Ordnungsgeld oder Ordnungshaft anzudrohen;
3. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung Ordnungs-
geld oder Ordnungshaft anzudrohen, zu voll-
ziehen an den Geschäftsführern des Arbeit-
gebers, den Herren T , Ta
, H , M ,
Tat und Ts .
Der Arbeitgeber hat beantragt, die Anträge abzuweisen.
Er hat nicht bestritten, daß es Fälle gebe, in denen sich einzelne Mitarbeiter nicht an vorgegebene Arbeitszeiten gehalten und Gleitzeitguthaben von mehr als zehn Stunden aufgebaut hätten. Das bedeute jedoch nicht, daß die in den Zeiterfassungen ausgewiesene Überschreitung der üblichen Arbeitszeit auch mitbestimmungspflichtige Mehrarbeit sei. Der Betriebsrat habe auch nicht konkret vorgetragen, daß Überstunden von ihm angeordnet worden seien. Gerade im Rahmen von Gleitzeitvereinbarungen könne nicht jede Überstunde kontrolliert werden. Bei den in der Antragsschrift aufgelisteten Fällen von mehr als 25 bis 30 Stunden habe es sich zudem meistens um außertarifliche Angestellte gehandelt. Bei der Mitarbeiterin E sei zu berücksichtigen, daß dem Gleitzeitkonto für Juni 1988 ein auf eigenen Wunsch durchgeführtes Wochenendseminar gutgeschrieben worden sei. Bei der Mitarbeiterin W seien zahlreiche Dienstreisen dem Gleitzeitkonto gutgeschrieben worden. Bei der Mitarbeiterin J sei wegen Abwesenheit des Gruppenleiters versehentlich versäumt worden, einen Überstundenantrag zu stellen. Bezüglich der Mitarbeiterin K sei ein Überstundenantrag gestellt, jedoch vom Betriebsrat abgelehnt worden. Erst später sei festgestellt worden, daß die Überstunden ohne entsprechende Anordnung geleistet worden seien.
Es sei auch zu berücksichtigen, daß er - wie sich aus dem Schreiben vom 18. Mai 1988 und seinen Aufforderungen an die Hauptabteilungsleiter ergebe, die Arbeitszeit zu reduzieren - mit Nachdruck auf eine Problemlösung in überschaubarem Zeitraum hingearbeitet habe.
Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Hiergegen hat der Arbeitgeber Beschwerde eingelegt.
In der Beschwerdeinstanz hat der Betriebsrat auf Hinweis des Gerichts seine Anträge konkretisiert und hat nunmehr beantragt, die Beschwerde des Arbeitgebers gegen den erstinstanzlichen Beschluß mit folgender Maßgabe zurückzuweisen:
Dem Arbeitgeber wird aufgegeben, in seinem Be-
trieb in der B Landstraße 2 und den Be-
triebsteilen Regionalbüro Köln, Regionalbüro Ham-
burg, Regionalbüro München, Auslieferungsbüro
Bremerhaven die Anordnung von Überstunden zu un-
terlassen bzw. die Entgegennahme von Mehrarbeit
nicht zu dulden, ohne die Zustimmung des Be-
triebsrats dazu zuvor eingeholt zu haben, soweit
es sich um eine Überschreitung folgender Zeiträu-
me handelt:
a) Bei vereinbarter fester Arbeitszeit in der
Hauptverwaltung - ET-Lager - von derzeit mon-
tags bis donnerstags 8.15 Uhr bis 17.00 Uhr
und freitags von 8.15 Uhr bis 14.15 Uhr;
b) bei vereinbarter fester Arbeitszeit in den Re-
gionen Hamburg, Köln und München von derzeit
montags bis donnerstags 8.30 Uhr bis 17.15 Uhr
und freitags von 8.30 Uhr bis 15.45 Uhr;
c) bei vereinbarter fester Arbeitszeit in
Bremerhaven von derzeit 8.00 Uhr bis
16.30 Uhr;
d) bei vereinbarter Gleitzeit, soweit es sich um
die Überschreitung der in den Betriebsverein-
barungen und Regelungsabsprachen festgelegten
Rahmenzeiten handelt;
e) bei vereinbarter fester Arbeitszeit für den
Bereich des sogenannten Operating die dort
derzeit vereinbarte Schichtzeit von 6.00 Uhr
bis 14.12 Uhr und 13.48 Uhr bis 22.00 Uhr.
Dem Arbeitgeber wird für jeden Fall der Zuwider-
handlung gegen die vorstehende Verpflichtung ein
Ordnungsgeld bis zu 20.000,-- DM angedroht, zu
vollstrecken an den Geschäftsführern T
, Ta , H , M
, Tat und Ts .
Der Arbeitgeber hat Bedenken gegen die Zulassung der geänderten Anträge geäußert. Im übrigen vertritt er die Auffassung, das Begehren des Betriebsrats sei unvereinbar mit den tariflichen und betrieblichen Vorschriften, insbesondere § 3 Ziffer 9 MTV für das Kfz-Gewerbe , Ziffer 4.4 der Betriebsvereinbarung vom 23. Dezember 1980 und 3.1 der Regelungsabsprache. Soweit der Betriebsrat im Rahmen der gleitenden Arbeitszeit die Überschreitung von Rahmenzeiten beanstandet, sei zudem nicht vorgetragen, daß außerhalb der Rahmenzeit gearbeitet worden sei. Hinsichtlich des Arbeitnehmers Br sei zu berücksichtigen, daß Wege- und Waschzeiten nach § 3 Ziffer 8 MTV Kfz-Gewerbe keine Arbeitszeiten seien. Im übrigen liege keine Anordnung vor. Dasselbe gelte für die Mitarbeiter M und Bu , die sich als neue Sachgebietsleiter ohne Wissen des Vorgesetzten mit einzelnen betrieblichen Abläufen vertraut gemacht hätten. Herr Kr sei Gruppenleiter, demgegenüber niemand eine Anwesenheit im Unternehmen angeordnet habe. Auch der bei Herrn B aufgetretene Gleitzeitüberhang sei nicht angeordnet worden. Bei Frau S könne nicht festgestellt werden, daß es für die Überschreitung der Rahmenzeit eine kollektive oder arbeitgeberbedingte Ursache gegeben habe. Hinsichtlich der Mitarbeiterin O habe der Betriebsrat zu Unrecht die Zustimmung zu Überstunden verweigert. Eine Anordnung von Überstunden durch Überschreitung von Rahmenzeiten sei nicht erfolgt. Die Vorgesetzten hätten nichts gewußt. Bei den Mitarbeitern A , P , Kru , Am und Be handele es sich um Abteilungsleiter, die ihre Arbeitszeit ohne Überwachung ihres Vorgesetzten selbst einteilen könnten. Nachdem der Betriebsrat diese Fälle mit Schreiben vom 11. Januar 1989 mitgeteilt habe, seien die betreffenden Mitarbeiter zur Einhaltung der Rahmenzeit ermahnt worden.
Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde, mit der der Arbeitgeber seinen ursprünglichen Abweisungsantrag weiterverfolgt, während der Betriebsrat beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
B. Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.
I. Der Antrag ist zulässig.
1. Die Rechtsbeschwerde geht zutreffend davon aus, daß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO auch auf den Antrag im Beschlußverfahren Anwendung findet (BAGE 44, 226 = AP Nr. 11 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit und BAGE 50, 29 = AP Nr. 18 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung; vgl. auch Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, 1990, § 81 Rz 8 m.w.N.). Bei Anträgen auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Mitbestimmungsrechts muß daher diejenige Maßnahme des Arbeitgebers oder derjenige betriebliche Vorgang, für die bzw. für den ein Mitbestimmungsrecht vom Betriebsrat in Anspruch genommen oder vom Arbeitgeber geleugnet wird, so genau bezeichnet werden, daß mit der Entscheidung über diesen Antrag feststeht, für welche Maßnahme oder welchen Vorgang ein Mitbestimmungsrecht bejaht oder verneint wird (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. statt vieler BAGE 46, 367 = AP Nr. 9 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung).
Bei einem Antrag auf Unterlassung soll die Bestimmtheit des Antrags der gerichtlichen Entscheidung im Erkenntnisverfahren einen vollstreckbaren Inhalt geben und sie als Vollstreckungstitel geeignet machen. Die Bestimmtheit des Tenors im Erkenntnisverfahren ist wegen der strafenden Elemente bei der Erzwingung von Unterlassungen sowohl nach § 890 ZPO wie nach § 23 Abs. 3 BetrVG unverzichtbare Voraussetzung; in beiden Fällen wird dem Schuldner für den Fall der Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsgebot ein Ordnungsgeld angedroht; es entspricht daher rechtsstaatlichen Grundsätzen, daß er auch genau weiß, was er zu unterlassen hat (vgl. dazu von Hoyningen-Huene , Anm. zu BAG AP Nr. 5 zu § 23 BetrVG 1972 und Konzen, Anm. zu EzA § 23 BetrVG 1972 Nr. 10). Auch wenn die Frage, wann bei erneuten Verstößen das Unterlassungsgebot einsetzt, erst im Vollstreckungsverfahren beurteilt wird, muß der Arbeitgeber, der zur Erfüllung seiner betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten angehalten werden soll, vorher wissen, in welchen zukünftigen Fällen er mit der Verhängung eines Ordnungsgeldes rechnen muß.
2. Diesen Anforderungen genügt der Antrag des Betriebsrats. Der Antrag umschreibt konkret die Fälle, in denen der Betriebsrat verlangt, daß die Überschreitung der Arbeitszeit nicht ohne seine Zustimmung erfolgt. In dem Antrag sind die einzelnen Betriebsstätten genannt, für die der Betriebsrat die Unterlassung begehrt. Ebenso berücksichtigt der Antrag die unterschiedlichen festen Arbeitszeiten in den einzelnen Betriebsstätten und außerdem, daß Fallgestaltungen zwischen fester Arbeitszeit und Gleitzeit zu unterscheiden sind. Der Arbeitgeber kann daher dem Antrag genau entnehmen, in welchen Fällen der Betriebsrat verlangt, daß vor der Ableistung von Überstunden seine Zustimmung eingeholt wird. Desweiteren unterscheidet der Betriebsrat in seinem Antrag zwischen ausdrücklicher Anordnung von Überstunden und der Duldung von Mehrarbeit, also ihrer Entgegennahme gegen Bezahlung. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Rechtsbeschwerde in diesem Zusammenhang rügt, ein Unterlassungsantrag dürfe sich nicht in einer Wiederholung einer gesetzlichen Unterlassungsnorm erschöpfen (was richtig ist). Vorliegend hat der Betriebsrat gerade die einzelnen Fallgestaltungen genannt, in denen seines Erachtens ein Mitbestimmungsrecht besteht und deshalb Überstunden nur mit seiner Zustimmung angeordnet werden dürfen. Die Verwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs in einem Antrag macht diesen noch nicht unbestimmt. Der Arbeitgeber hat sich in der langjährigen Auseinandersetzung mit dem Betriebsrat immer auf die Position zurückgezogen, die unstreitig geleistete Überarbeit, die sich aus der Auswertung der Stechkarten ergibt, sei von ihm nicht angeordnet worden, der jeweilige Arbeitnehmer habe die Überstunden freiwillig geleistet, ohne dazu von der Geschäftsleitung oder dem entsprechenden Vorgesetzten aufgefordert worden zu sein. Daher ist es nicht verständlich, wenn nunmehr die Rechtsbeschwerde rügt, die "Duldung/oder Entgegennahme von Mehrarbeit" sei unklar und nicht tatsächlich konkretisiert.
II. Der Antrag ist auch begründet.
1. Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch des Betriebsrats nach § 23 Abs. 3 BetrVG ist, daß der Arbeitgeber gegen das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG grob verstoßen hat. Dies hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen.
a) Nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG hat der Betriebsrat bei der vorübergehenden Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit mitzubestimmen.
Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Anordnung von Überstunden setzt einen kollektiven Tatbestand voraus. Es greift nicht ein bei individuellen Maßnahmen ohne kollektiven Bezug (ständige Rechtsprechung des Senats: BAGE 38, 96 = AP Nr. 6 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; BAGE 41, 200 = AP Nr. 9 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit und BAG Beschluß vom 11. November 1986 - 1 ABR 17/85 - AP Nr. 21 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit m.w.N.). Dabei liegt nach der Rechtsprechung des Senats ein kollektiver Tatbestand immer dann vor, wenn sich eine Regelungsfrage stellt, die kollektive Interessen der Arbeitnehmer berührt. So ist bei einem zusätzlichen Arbeitsbedarf immer die Frage zu regeln, ob und in welchem Umfang zur Abdeckung dieses Arbeitsbedarfs Überstunden geleistet werden sollen oder ob die Neueinstellung eines Arbeitnehmers zweckmäßiger wäre. Weiter ist zu entscheiden, wann und von wem die Überstunden geleistet werden sollen. Diese Regelungsprobleme bestehen unabhängig von der Person und den individuellen Wünschen eines einzelnen Arbeitnehmers. Auf die Zahl der Arbeitnehmer, für die die Mehrarbeit oder Überstunden angeordnet werden, kommt es deshalb nicht an. Die Zahl der betroffenen Arbeitnehmer ist allenfalls ein Indiz dafür, daß ein kollektiver Tatbestand vorliegt.
Auf der anderen Seite endet ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats dort, wo es um die Gestaltung konkreter Arbeitsverhältnisse geht und wo besondere, nur den einzelnen Arbeitnehmer betreffende Umstände die Maßnahmen veranlassen oder inhaltlich bestimmen (Senatsentscheidung vom 11. November 1986, aaO).
aa) Die Auffassung der Rechtsbeschwerde, ein kollektiver Tatbestand bestehe nur, wenn die betriebsübliche Arbeitszeit kollektiv geändert werde, steht im Gegensatz zur ständigen Rechtsprechung des BAG (Beschluß vom 11. November 1986, aaO, mit zahlreichen weiteren Nachweisen) und der einhelligen Meinung im Schrifttum (vgl. statt vieler Wiese, GK-BetrVG , 4. Aufl., § 87 Rz 257 bis 259, m.w.N.). Sie verkennt insofern die Bedeutung des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG. Auch in den Fällen, in denen wegen eines vorübergehenden zusätzlichen Arbeitsanfalls, wegen Expansion des Unternehmens oder wegen einer zu dünnen Personaldecke, immer wieder Mehrarbeit an verschiedenen Stellen anfällt, bleibt zu regeln, ob im Interesse der Belegschaft die Überstunden angeordnet werden sollen oder statt dessen Neueinstellungen vorgenommen werden sollen, zur Not Hilfskräfte einzustellen sind. Desweiteren bleibt zu entscheiden, welche Arbeitnehmer mit den Überstunden beauftragt werden sollen.
bb) Soweit die Rechtsbeschwerde meint, ein kollektiver Tatbestand scheide bei einer Reihe von Arbeitnehmern auch deshalb aus, weil es sich hier um außertarifliche Mitarbeiter handele, übersieht die Rechtsbeschwerde, daß auch außertarifliche Angestellte unter den persönlichen Geltungsbereich des BetrVG fallen und deshalb § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG auf sie ebenso anzuwenden ist wie für alle anderen Mitglieder der Belegschaft. Sinn des Mitbestimmungsrechts ist es auch nicht, erforderlich werdende Überstunden zu vermeiden. Vielmehr ist Sinn des Mitbestimmungsrechts, zum Schutz der Belegschaftsangehörigen dem Betriebsrat ein gleichberechtigtes Mitbestimmungsrecht bei der Regelung der Überstunden zu geben, um sicherzustellen, daß tatsächlich nur erforderlich werdende Überstunden geleistet werden und die Überlastung einzelner Arbeitnehmer nach Möglichkeit zu vermeiden. Den Inhalt der mitbestimmten Regelung bestimmen aber Arbeitgeber und Betriebsrat allein bzw. falls sie sich nicht einigen können, die Einigungsstelle.
b) Auch die Entgegennahme, die Duldung von Überstunden, ist mitbestimmungspflichtig.
In ständiger Rechtsprechung hat der Senat entschieden, daß die Bereitschaft des Arbeitnehmers bzw. einer Gruppe von Arbeitnehmern zu einer mitbestimmungspflichtigen Tätigkeit an der Mitbestimmungspflichtigkeit nichts ändert, die Freiwilligkeit also das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht ausschließt (Senatsbeschluß vom 22. Februar 1983, BAGE 42, 11 = AP Nr. 2 zu § 23 BetrVG 1972; BAG Beschluß vom 18. Oktober 1988 - 1 ABR 26/87 - AP Nr. 56 zu § 99 BetrVG 1972 für die Versetzung). Der Betriebsrat hat auch bei Vorliegen eines kollektiven Tatbestandes nicht nur mitzubestimmen, wenn der Arbeitgeber die Überstunden ausdrücklich angeordnet hat, sondern auch, wenn er diese nur duldet, indem er sie entgegennimmt und bezahlt. Der Arbeitgeber ist Herr seines Betriebes. Er kann und muß seinen Betrieb organisieren. Ihm steht es nach § 77 Abs. 1 BetrVG allein zu, die mit dem Betriebsrat geschlossenen Betriebsvereinbarungen durchzuführen. Dementsprechend liegt es auch in seiner Macht und Verantwortung zu entscheiden, ob er Überstunden in seinem Betrieb zuläßt oder nicht. Daher besteht ein Bedürfnis für die Mitbestimmung des Betriebsrats nach Sinn und Zweck des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG nicht nur dann, wenn der Arbeitgeber Überstunden ausdrücklich anordnet, sondern auch, wenn er sie entgegennimmt, sie duldet. Das hat das Bundesarbeitsgericht bereits mehrfach entschieden. Im Beschluß vom 22. Februar 1983 (aaO) hat der Senat ausgeführt, der Arbeitgeber habe gegen die Vorschriften des BetrVG verstoßen, als er die hier strittige Mehrarbeit im Rechenzentrum "anordnete oder entgegennahm, ohne den Betriebsrat zu beteiligen". Auch in den weiteren Ausführungen dieser Entscheidung differenziert der Senat nicht zwischen Anordnung und Entgegennahme, sondern setzt beides gleich, indem er ausführt, die Anordnung einer konkreten Mehrarbeit oder deren Entgegennahme diene im zu entscheidenden Falle auch nicht der Regelung eines mitbestimmungsfreien Einzelfalles. Dem Beschluß des Sechsten Senats vom 18. April 1985 (BAGE 48, 246 = AP Nr. 5 zu § 23 BetrVG 1972) lag ein Fall zugrunde, in dem der Betriebsrat beantragte, dem Arbeitgeber aufzugeben, kollektiv zu leistende Überzeit auf Baustellen nur mit Zustimmung des Betriebsrats anzuordnen oder zu dulden. Der Sechste Senat hat dem Antrag stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, der Arbeitgeber habe zu verschiedenen, aufeinanderfolgenden Zeitpunkten jeweils mehrere Arbeitnehmer zu Überstunden außerhalb ihrer normalen, nach dem Arbeitsvertrag geschuldeten Arbeitsleistungen herangezogen oder deren Mehrarbeit entgegengenommen. Dieser Rechtsprechung haben sich auch die Instanzgerichte angeschlossen (LAG Frankfurt am Main Beschluß vom 1. Dezember 1987 - 5 TaBV 98/87 - LAGE § 23 BetrVG Nr. 13 und Beschluß vom 24. Januar 1989 - 5 TaBV 123/88 - AuR 1990, 164; abweichend nur LAG Schleswig-Holstein Beschluß vom 14. November 1986 - 6 TaBV 12/86 - BB 1987, 901 ohne nähere Begründung und ohne Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BAG).
c) Der Arbeitgeber hat auch zu Unrecht unter Hinweis auf § 3 Ziffer 9 MTV für das Kfz-Gewerbe NW geltend gemacht, Überschreitungen der regelmäßigen Arbeitszeit bis zu einer halben Stunde am Tag seien keine Mehrarbeit. Diese Tarifbestimmung sagt vielmehr ausdrücklich, daß Mehrarbeit die über die festgelegte regelmäßige werktägliche Arbeitszeit hinaus geleistete Arbeit ist. Im Anschluß daran wird nur für Angestellte geregelt, daß nicht regelmäßig wiederkehrende Überschreitungen der regelmäßigen Arbeitszeit von weniger als einer halben Stunde am Tag, bis zu eineinhalb Stunden im Monat, mit dem Monatsgehalt abgegolten sind. Inwiefern der Antrag im Gegensatz zur Betriebsvereinbarung vom 26. August 1986 stehen soll, ist nicht erkennbar und von dem Arbeitgeber auch nicht näher dargelegt.
2. Auch im vorliegenden Falle handelt es sich sowohl bei der Anordnung wie bei der Duldung/Entgegennahme der Überstunden um einen kollektiven Tatbestand. Es geht nicht um die Gestaltung konkreter Arbeitsverhältnisse, wenn infolge einer knappen Personaldecke und dem Anfall von temporär zusätzlicher Arbeit - wie bei der Einführung des TAS-Systems zur Dezentralisierung der Neu-wagen-Disposition - immer wieder Überstunden in erheblichem Umfange anfallen.
In den Jahren seit 1984 haben trotz ständiger Proteste des Betriebsrats ohne dessen vorherige Beteiligung zahlreiche Arbeitnehmer immer wieder Überstunden geleistet, zum Teil aufgrund ausdrücklicher Anordnung, zum Teil wurden diese Überstunden entgegengenommen. Daß es hierbei nicht um eine Gestaltung konkreter Arbeitsverhältnisse ging, die nur einzelne Arbeitnehmer betraf,ergibt sich einmal aus der Zahl der Arbeitnehmer, die von der Überarbeit betroffen waren (bereits nach der Antragsschrift vom 6. Juni 1988 im April 73 Arbeitnehmer, die zwischen sieben und fünfundfünfzig Überstunden geleistet hatten, dies wurde von dem Arbeitgeber nicht bestritten). Daß es sich um einen kollektiven Tatbestand bei den angesprochenen Überstunden handelt, ergibt sich insbesondere aus dem Schreiben der Geschäftsleitung vom 18. Mai 1988 an den Betriebsrat, in dem darauf hingewiesen wurde, daß versucht werde, die gegenwärtige Arbeitszeitsituation zu ändern, daß jedoch noch Zeit bis zum 30. September 1988 benötigt werde, um das Ziel einer normalen Arbeitszeit zu erreichen. Auch nach Anhängigmachung des vorliegenden Verfahrens haben zahlreiche Arbeitnehmer in erheblichem Umfange Überstunden geleistet: So im Juni 1988 die Mitarbeiter E 52,55 Stunden, W 30,36 Stunden, J 33,56 Stunden, K 37,18 Stunden, Sc 38,15 Stunden, L 34,40 Stunden, Sch 25,41 Stunden, von der S 43,04 Stunden und B 30,23 Stunden. Der Betriebsrat belegte auch, daß im wesentlichen immer wieder die gleichen Arbeitnehmer zu Überstunden herangezogen wurden, so Herr Kr im Februar 1988 zu 71,27, im März zu 79,05, im April zu 20,14, im Mai zu 29,12 und im Juni zu 20,39 Stunden, Herr Bä im Februar zu 69,22, im März zu 41,36, im April zu 36,04, im Mai zu 23,09 und im Juni zu 18,49 Stunden, von der S im Februar zu 47,54 Stunden, im März zu 62,16, im April zu 55,04, im Mai zu 51,01 und im Juni zu 43,04 Stunden. Das sind nur einige wenige Beispiele aus den Zusammenstellungen, die der Betriebsrat im vorliegenden Verfahren vorgelegt hat und die vom Arbeitgeber im wesentlichen nicht bestritten worden sind. Der Arbeitgeber bestätigte auch mit Schreiben vom 1. August 1988 dem Betriebsrat, daß die Herren B , Kr , Kö und Ma in den vergangenen Monaten wegen der Entwicklung des endgültigen TAS-Systems Überstunden geleistet hätten. Vor der Ableistung der Überstunden hat der Arbeitgeber den Betriebsrat aber auch in diesem Falle nicht um Zustimmung gebeten, obwohl ihm vorher bekannt war, daß diese Überstunden wegen eines vorübergehenden Mehranfalls von zusätzlicher Arbeit erforderlich wurden. In den seltenen Fällen, in denen der um Zustimmung gebetene Betriebsrat die Zustimmung verweigert hat, wurden die Überstunden dennoch durchgeführt. So war für die Mitarbeiterin K , die im Bereich Arbeitsvorbereitung tätig ist, ein Überstundenantrag gestellt, jedoch vom Betriebsrat abgelehnt worden. Daraus zog der Arbeitgeber aber nicht die Konsequenz, der Mitarbeiterin K mitzuteilen, daß keine Überstunden zu leisten seien. Vielmehr sind die Überstunden von der Mitarbeiterin K ausgeführt worden. Bei der Anhörung vor dem Senat hat der Arbeitgeber eingeräumt, daß es auch heute noch Bereiche gebe, in denen die Arbeitszeitsituation nicht befriedigend gelöst sei.
Der Arbeitgeber hat in seinem Schriftsatz vom 15. August 1988 auch eingeräumt, daß er bei der Mitarbeiterin J wohl versehentlich versäumt habe, einen Überstundenantrag zu stellen. Ebensowenig hat er für die Mitarbeiterin W einen Überstundenantrag gestellt, obwohl er eine Vielzahl von Dienstreisen angeordnet hatte und wußte, daß hierdurch bedingt Überstunden anfielen.
Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß es von vornherein nicht um die Anordnung oder Duldung von einzelnen im konkreten Falle erforderlichen Überstunden ging, sondern - wie von dem Arbeitgeber anerkannt - um eine Zurückführung der Arbeitszeit in den Betriebsstätten des Arbeitgebers auf ein normales Maß und die Beteiligung des Betriebsrats hierbei, war die Entgegennahme und Bezahlung der Überarbeit in einer Vielzahl von Fällen ein kollektiver Tatbestand, der das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats auslöste, worüber der Arbeitgeber sich auch im klaren war, denn er bestritt zunächst gar nicht den unhaltbaren Zustand in der Arbeitszeitsituation und die mehrmalige Übergehung des Betriebsrats, sondern er bat nur um vier weitere Monate Zeit, um das materielle Arbeitszeitproblem zufriedenstellend zu lösen. Daß er in jedem Falle, in dem ein kollektiver Tatbestand vorlag, Überstunden - die er ja auch bezahlte - nur entgegennehmen durfte, wenn der Betriebsrat die Zustimmung hierzu erteilt hatte, war ihm wohl nicht hinreichend klar.
3. Auch die übrigen Voraussetzungen für einen Anspruch nach § 23 Abs. 3 BetrVG liegen vor.
a) Nach § 23 Abs. 3 BetrVG kann der Betriebsrat bei groben Verstößen des Arbeitgebers gegen seine Verpflichtung aus diesem Gesetz beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, eine Handlung zu unterlassen.
Ohne Rechtsfehler hat das Landesarbeitsgericht angenommen, der Arbeitgeber habe grob gegen seine betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten verstoßen. Hierbei ist das Beschwerdegericht zutreffend davon ausgegangen, daß es auf ein Verschulden des Arbeitgebers nicht ankommt (Senatsbeschluß vom 8. August 1989 - 1 ABR 65/88 - AP Nr. 15 zu § 87 BetrVG 1972 Ordnung des Betriebes und Senatsbeschluß vom 14. November 1989 - 1 ABR 87/88 - AP Nr. 76 zu § 99 BetrVG 1972, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Einmal wird hier der Arbeitgeber nämlich nicht als Einzelperson, sondern als Organ der Betriebsverfassung angesprochen und insoweit gilt das gleiche wie bei der Auflösung des Betriebsrats (Senatsbeschluß vom 8. August 1989 - 1 ABR 63/88 - AP Nr. 18 zu § 95 BetrVG 1972, zu B III der Gründe; im Ergebnis ebenso Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 23 Rz 72; Gnade/Kehrmann/Schneider/Blanke, BetrVG, 2. Aufl., § 23 Rz 44; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, 16. Aufl., § 23 Rz 48). Dieses Ergebnis ergibt sich außerdem aus der Überlegung, daß das arbeitsgerichtliche Erkenntnisverfahren auf ein zukünftiges Verhalten des Arbeitgebers, nicht aber auf Sanktionen gegen ihn gerichtet ist. Deshalb hat der grobe Verstoß gegen Verpflichtungen aus diesem Gesetz für das Verfahren eine ähnliche Bedeutung wie bei den negatorischen Klagen die in den materiell-rechtlichen Vorschriften bezeichnete Wiederholungsgefahr und wie bei einer Klage auf künftige Leistungen die Besorgnis der nicht rechtzeitigen Erfüllung. Er stellt also eine Rechtsschutzvoraussetzung dar. Die Pflichten, gegen die verstoßen wurde, müssen sich zwar auf das Verhalten des Arbeitgebers beziehen, das Gegenstand des Beschlußverfahrens ist. Bei dieser Betrachtungsweise kommt es nur darauf an, ob der Verstoß objektiv so erheblich war, daß unter Berücksichtigung des Gebots zur vertrauensvollen Zusammenarbeit die Anrufung des Arbeitsgerichts durch den Betriebsrat gerechtfertigt erscheint.
b) Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Falle gegeben. Der Arbeitgeber hat seit Jahren Überstunden mit einem kollektiven Bezug angeordnet, ohne die Zustimmung des Betriebsrats abzuwarten. Hierbei hat er zum Teil den Betriebsrat überhaupt nicht gefragt, zum anderen Teil den Betriebsrat um Zustimmung gebeten, aber bei Verweigerung der Zustimmung dann die Überarbeit durchführen lassen. In ganz erheblichem Ausmaße hat der Arbeitgeber Monat für Monat von einer Vielzahl von Arbeitnehmern Überstunden entgegengenommen und diese bezahlt, die entweder auf vorübergehenden zusätzlichen Aufgaben beruhten oder darauf, daß den Arbeitnehmern über längere Zeit eine Arbeitsmenge zugewiesen wurde, die sie nicht in der betriebsüblichen Arbeitszeit erbringen konnten.
Die Rechtslage war auch geklärt. Der Erste und der Sechste Senat haben in den angeführten Entscheidungen vom 22. Februar 1983 und 18. April 1985 (BAGE 42, 11 und 48, 246 = AP Nr. 2 und 5 zu § 23 BetrVG 1972) entschieden, daß auch die Entgegennahme, die Duldung von Überarbeit bei Vorliegen eines kollektiven Tatbestandes das Mitbestimmungsrecht auslöst. Der Hinweis der Rechtsbeschwerde auf die einzige gegenläufige Entscheidung des LAG Schleswig-Holstein vom 14. November 1986 (- 6 TaBV 12/86 - BB 1987, 901) macht die Rechtsfrage nicht zu einer ungeklärten. Dies gilt im besonderen Maße deshalb, weil das LAG Schleswig-Holstein sich mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht auseinandergesetzt, sondern die Rechtssätze in den angezogenen BAG-Beschlüssen offenbar übersehen hat.
Hat der Arbeitgeber also in einer Vielzahl von Fällen durch Anordnung und Duldung von Überstunden das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG verletzt und liegt hierin ein grober Verstoß gegen die betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten des Arbeitgebers nach § 23 Abs. 3 BetrVG, so hat das Landesarbeitsgericht dem Antrag des Betriebsrats zu Recht stattgegeben. Die Rechtsbeschwerde hat zwar Recht, wenn sie darauf verweist, daß ein Anspruch nach § 23 Abs. 3 BetrVG eine Wiederholungsgefahr voraussetzt. Diese wird jedoch indiziert durch die Vielzahl der Verstöße in der Vergangenheit.
Dementsprechend war die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Dr. Kissel Matthes Dr. Weller
Gnade Dr. Münzer
Fundstellen
BB 1991, 548 |
BB 1991, 548-549 (LT1) |
DB 1991, 706-707 (LT1) |
BetrVG EnnR BetrVG § 87 Abs 1, Nr 3 (2) (LT1) |
NZA 1991, 382-385 (LT1) |
RdA 1991, 126 |
AP § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit (LT1), Nr 41 |
EzA § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit, Nr 40 (LT1) |
JuS 1991, 785 |
JuS 1991, 785 (ST1, LT2) |
VersR 1991, 570 (L) |