Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufungsbegründungsfrist Prozeßrecht
Orientierungssatz
Die Übergangsvorschrift des § 26 Nr. 5 EGZPO gilt auch für das arbeitsgerichtliche Verfahren. Ist die mündliche Verhandlung, auf die das arbeitsgerichtliche Urteil ergeht, vor dem 1. Januar 2002 geschlossen worden, richten sich Beginn und Dauer der Berufsbegründungsfrist mithin nach § 66 Abs. 1 ArbGG in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung.
Normenkette
ArbGG § 66 Abs. 1; EGZPO § 26 Nr. 5
Verfahrensgang
LAG Nürnberg (Beschluss vom 25.04.2002; Aktenzeichen 5 Sa 73/02) |
ArbG Nürnberg (Urteil vom 05.12.2001; Aktenzeichen 15 Ca 5123/01) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 25. April 2002 – 5 Sa 73/02 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Streitwert: unverändert
Gründe
Der Kläger hat sich mit seiner Klage gegen eine Kündigung der Beklagten vom 25. Mai 2001 gewandt. Das Arbeitsgericht hat festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis durch diese Kündigung und durch andere Beendigungstatbestände nicht aufgelöst wird, sondern über den 30. September 2001 hinaus unverändert fortbesteht. Die mündliche Verhandlung vor dem Arbeitsgericht wurde am 5. Dezember 2001 geschlossen. Das erstinstanzliche Urteil wurde der Beklagten am 29. Januar 2002 mit einer Rechtsmittelbelehrung zugestellt, die der bis 31. Dezember 2001 geltenden Fassung des § 66 ArbGG entsprach. Die Berufung der Beklagten vom 31. Januar 2002 ist am 1. Februar 2002 beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten hat die Berufung am 28. März 2002 begründet. Die Beklagte hat geltend gemacht, die Berufungsbegründung sei rechtzeitig erfolgt. Nach der Neufassung des § 66 ArbGG durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses (ZPO-RG) habe die Berufungsbegründungsfrist zwei Monate seit Zustellung des erstinstanzlichen Urteils betragen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen und die Rechtsbeschwerde zugelassen.
Die Rechtsbeschwerde (Revisionsbeschwerde) ist nach § 77 Satz 1 ArbGG zulässig, aber unbegründet.
Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist als unzulässig verworfen. Die Berufungsbegründungsfrist betrug nicht, wie die Beschwerde geltend macht, nach § 66 Abs. 1 ArbGG in der Fassung des ZPO-RG zwei Monate seit Zustellung des erstinstanzlichen Urteils. Es galt vielmehr nach § 66 Abs. 1 ArbGG aF eine Berufungsbegründungsfrist von einem Monat ab Einlegung der Berufung. Diese lief, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat, am 1. März 2002 ab. Die Berufungsbegründung vom 28. März 2002 war danach verspätet.
Nach § 26 EGZPO gelten “für das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001” folgende Übergangsvorschriften:
- …
- Für die Berufung gelten die am 31. Dezember 2001 geltenden Vorschriften weiter, wenn die mündliche Verhandlung, auf die das anzufechtende Urteil ergeht, vor dem 1. Januar 2002 geschlossen worden ist. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.
- …
Diese Übergangsvorschrift gilt auch für die in Art. 30 ZPO-RG geregelten Änderung des § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG hinsichtlich des Beginns und der Dauer der Berufungsbegründungsfrist (GK-ArbGG Vossen § 66 Rn. 4; Holthaus/Koch RdA 2002, 140; Schmidt/Schwab/Wildschütz NZA 2001, 1217, 1227; vgl. Zöller/Gummer ZPO 23. Aufl. § 26 EGZPO Rn. 1; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 60. Aufl. § 26 EG ZPO Rn. 2) .
Der Wortlaut der Übergangsvorschrift ist eindeutig: Art. 3 ZPO-RG regelt nicht etwa nur für die in Art. 2 des Gesetzes aufgeführten Änderungen der Zivilprozeßordnung Übergangsvorschriften und beläßt es bei den zahlreichen Änderungen anderer Gesetze beim Inkrafttreten am 1. Januar 2002 (Art. 53 Nr. 3 ZPO-RG). Die neu eingefügte Übergangsvorschrift des § 26 EGZPO bezieht sich vielmehr ausdrücklich auf das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses und damit auf alle durch das ZPO-RG bewirkten Gesetzesänderungen, soweit die Übergangsvorschriften einschlägig sind. Dies kann auch angesichts des klaren Gesetzeswortlauts nicht – wie die Rechtsbeschwerde meint – deshalb anders gesehen werden, weil die Änderung des Arbeitsgerichtsgesetzes in Art. 30 ZPO-RG, also im Text nach der Übergangsvorschrift geregelt ist.
Etwa noch bestehende Zweifel wären jedenfalls als durch die Gesetzesmaterialien ausgeräumt anzusehen. Nach der Begründung zum Regierungsentwurf (BT-Drucks. 14/4722 S 125 f.) soll der neu eingefügte § 26 EGZPO gewährleisten, daß sich die Gerichte in der Gestaltung des Prozeßablaufs und die Parteien in ihrer Prozeßführung der geänderten Rechtslage anpassen können. Andererseits sollen die Regelungen für die Übergangszeit bewirken, daß die mit der Reform verbundenen Verbesserungen zu einem möglichst frühen Zeitpunkt des Inkrafttretens auch bei den bereits anhängigen Verfahren eintreten. Der einleitende Satzteil der Vorschrift bestimmt, daß die Übergangsvorschriften für “das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses” gelten. Er stellt damit klar, daß die Übergangsvorschriften sich nicht nur auf den engeren Bereich der in Art. 2 vorgesehenen Änderungen der Zivilprozeßordnung, sondern sich auch auf die in den übrigen Artikeln des Gesetzes vorgesehenen Änderungen sowie auf alle Vorschriften des Bundesrechts erstrecken, die durch dieses Gesetz geänderte Vorschriften für entsprechend anwendbar erklären. Durch § 26 Nr. 5 EGZPO soll gewährleistet werden, daß das neue Recht der Berufung erst in Verfahren Anwendung findet, in denen sich Parteien und Gericht darauf schon im ersten Rechtszug einstellen konnten. In den am Jahresende 2001 anhängigen Rechtsstreitigkeiten – dies betrifft ersichtlich nicht nur die vor den ordentlichen Gerichten anhängigen Zivilrechtsstreitigkeiten – sind die neuen Vorschriften über die Berufung nur in den Fällen anzuwenden, in denen die mündliche Verhandlung am 1. Januar 2002 noch nicht geschlossen war (BT-Drucks. 14/4722 aaO).
Über die danach geltende Berufungsbegründungsfrist von einem Monat seit Berufungseinlegung (§ 66 Abs. 1 ArbGG aF) ist der Beschwerdeführer in dem erstinstanzlichen Urteil auch ordnungsgemäß belehrt worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Unterschriften
Rost, Bröhl, Eylert
Fundstellen
NZA 2003, 176 |
EzA-SD 2002, 20 |
NJOZ 2003, 1927 |