Entscheidungsstichwort (Thema)
Gekürzte Jahressonderzuwendung nach Streikteilnahme
Orientierungssatz
Parallelsache ohne Langtextwiedergabe zu dem Urteil des BAG vom 03.08.1999 1 AZR 735/98, das vollständig dokumentiert ist.
Tenor
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des
Landesarbeitsgerichts München vom 12. März 1999 - 1 Sa 656/98
Li - wird zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Teilnahme an einem Streik den Anspruch auf eine tarifliche Jahressonderzahlung gemindert hat.
Die Beklagte ist ein Unternehmen der Süßwarenindustrie. Sie wendet den Bundesmanteltarifvertrag für die Angestellten, gewerblichen Arbeitnehmer und Auszubildenden der Süßwarenindustrie vom 11. Mai 1994 (MTV) an. In § 13 MTV ist ua. bestimmt:
"I. Jahres-Sonderzuwendung für unbefristet beschäftigte
Arbeitnehmer
1. Arbeitnehmer, die am 1. Dezember eines Kalenderjahres eine ununterbrochene Betriebszugehörigkeit von elf Monaten haben und sich an diesem Tag im ungekündigten Arbeitsverhältnis befinden, erhalten eine Jahres-Sonderzuwendung. beträgt
ab 1. Januar 1998 100 %
des tariflichen Monatsentgelts bzw. der tariflichen
monatlichen Ausbildungsvergütung für Auszubildende.
...
4. Anspruchsberechtigte Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis
im Kalenderjahr kraft Gesetzes oder Vereinbarung oder aus
sonstigen Gründen ruht, erhalten keine Leistung; ruht das
Arbeitsverhältnis im Kalenderjahr teilweise, so erhalten sie
eine anteilige Leistung.
5. Die Berücksichtigung von Fehlzeiten wird durch
Betriebsa) Zeiten, für die dem Beschäftigten ein Anspruch auf
Fortzahlung des Entgelts oder der Ausbildungsvergütung
zusteht (z.B. Urlaub, unverschuldete Krankheit bis zu
sechs Wochen, entschädigungspflichtige
Arbeitsverhinderung iSd. entsprechenden Regelungen
dieses Manteltarifvertrages),
b) Zeiten unverschuldeter Erkrankung über sechs Wochen
hinaus bis zu weiteren 20 Wochen je Krankheitsfall
einschl. Fortsetzungserkrankungen,
c) Zeiten des Bezugs von Mutterschaftsgeld,
d) Zeiten der Arbeitsfreistellung bei Pflege eines
erkrankten Kindes gem. § 45 SGB V.
..."
Die zuvor geltende Fassung des § 13 I Nr. 4 MTV vom 22. August 1989 lautete wie folgt:
"Anspruchsberechtigte Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis im
Kalenderjahr kraft Wehrpflichtgesetz oder Gesetz über den zivilen
Ersatzdienst oder Vereinbarung ruht, erhalten keine Leistung; ruht
das Arbeitsverhältnis im Kalenderjahr teilweise, so erhalten sie
eine anteilige Leistung."
Im Tarifkonflikt um die volle Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall wurde ua. das in L gelegene Werk der Beklagten vom 24. November bis zum 4. Dezember 1996 bestreikt. Der dort beschäftigte Arbeitnehmer S nahm in der genannten Zeit am Streik teil. Für das Unternehmen der Beklagten wurde das Ziel des Arbeitskampfes durch Tarifvertrag der Parteien vom 4. Dezember 1996 erreicht. Ihm wurde eine Protokollnotiz beigefügt, in der es ua. heißt:
"2. Aus Anlaß oder im Zusammenhang mit der Tarifbewegung der
Süßwarenindustrie in der Zeit vom 15.10. bis 7.12.1996 werden
gegenüber den Arbeitnehmern der B KG keine arbeitsrechtlichen
Maßnahmen (Abmahnungen, Kündigungen) ergriffen. Dies gilt
nicht für Straftaten. Bereits veranlaßte Maßnahmen werden
zurückgenommen. Der bei der Streikteilnahme erfolgte
Entgeltabzug bleibt hiervon unberührt. Schadensersatzansprüche
aus Anlaß oder im Zusammenhang mit der Tarifauseinandersetzung
entfallen ebenfalls."
Die Beklagte zahlte an ihren Mitarbeiter S für das Jahr 1996 eine um 0,383 % je Streiktag, insgesamt um 98,99 DM verringerte Jahressonderzuwendung. Die aus seiner Sicht in dieser Höhe offenstehende Forderung trat S mit Schreiben vom 10. Mai 1997 an die Klägerin ab. Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits trafen unter dem 26. Mai 1997 eine Musterprozeßvereinbarung.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen einer nur anteiligen Zahlung nach § 13 I Nr. 4 MTV seien nicht erfüllt. Während die Tarifnorm voraussetze, daß das Arbeitsverhältnis ruhe, seien bei einem Streik lediglich die Hauptleistungspflichten - nicht aber die Nebenpflichten - suspendiert. Für einen Anspruch in voller Höhe spreche ferner, daß die Tarifvertragsparteien die Gestaltungen des § 13 I Nr. 5 b bis d MTV als bloße "Fehlzeiten" eingeordnet hätten, die den Anspruch nicht reduzieren könnten, obwohl bei ihnen die beiderseitigen Hauptleistungspflichten ebenfalls ruhten. Diesem Verständnis entsprächen Tarifrealität und -geschichte. Bestimmungen über die Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit einem Arbeitskampf fänden sich regelmäßig nicht in "gewöhnlichen" Tarifverträgen, sondern in Übereinkünften, welche die Tarifvertragsparteien anläßlich der Beendigung eines Arbeitskampfes träfen. Die Änderung der aus dem Jahre 1989 stammenden Fassung des § 13 I Nr. 4 MTV durch die Formulierung "kraft Gesetzes oder Vereinbarung oder aus sonstigen Gründen" sei 1994 ausschließlich deshalb erfolgt, weil Unsicherheit darüber bestanden habe, ob das Arbeitsverhältnis im Falle des Erziehungsurlaubs kraft Gesetzes oder Vereinbarung oder aber auf Grund einseitiger Erklärung der oder des Berechtigten ruhe.
Die Klägerin hat weiter die Meinung geäußert, zumindest verstoße die anteilige Kürzung der Jahressonderzahlung gegen das Maßregelungsverbot in Nr. 2 der Protokollnotiz zum Tarifvertrag vom 4. Dezember 1996. Einzige zulässige Folge der Streikteilnahme sei danach, daß insoweit kein Entgelt zu zahlen gewesen sei.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 98,99 DM brutto nebst
4 % Zinsen auf den sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit dem 1.
Januar 1997 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, es gebe keine Grundlage für den behaupteten Anspruch. Das Arbeitsverhältnis habe während des Streiks geruht. Folglich liege ein Fall des § 13 I Nr. 4 MTV vor, der den von ihr vorgenommenen Abzug rechtfertige. Die Tarifvertragsparteien hätten mit den Nrn. 4 und 5 a bis d des § 13 I MTV eine klare Unterscheidung getroffen zwischen Ruhenstatbeständen einerseits und Fehlzeiten andererseits, denen lediglich Zeiten der Arbeitsbefreiung oder Leistungsstörungen zugrunde lägen. In § 13 I Nr. 4 MTV hätten sich die Tarifpartner mit dem nicht näher erläuterten Begriff des "Ruhens" der juristischen Fachsprache bedient. Er könne daher nur in dem allgemein anerkannten Sinne verstanden werden. Hätte die Änderung des § 13 I Nr. 4 MTV im Jahre 1994 allein die Einbeziehung des Erziehungsurlaubs klarstellen sollen, wäre es ein leichtes gewesen, dies durch die Einfügung der Worte "oder Erziehungsurlaub" zum Ausdruck zu bringen.
Auch die Protokollnotiz zum Tarifvertrag vom 4. Dezember 1996 stütze den Anspruch nicht. Die Minderung der Jahressonderzuwendung sei keine "Maßnahme" iSd. Protokollnotiz. Anders als Abmahnungen, Kündigungen und Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Streik seien sämtliche Fragen des Entgelts nicht eigenständig geregelt worden, wie Nr. 2 Satz 4 der Protokollnotiz zeige.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihren Antrag weiter. Die Beklagte bittet, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß dem Arbeitnehmer S eine Jahressonderzuwendung nach § 13 I Nr. 4 MTV für das Jahr 1996 nur in der um die Dauer der Streikteilnahme anteilig geminderten Höhe zustand. Die Minderung verstieß weder gegen § 612 a BGB noch gegen die in der Protokollnotiz vereinbarte Maßregelungsklausel. Die geltend gemachte weitergehende Forderung konnte deswegen nicht gem. § 398 Abs. 1 Satz 1 BGB an die Klägerin abgetreten werden.
I. Der Anspruch des Arbeitnehmers S auf die tarifliche Jahressonderzahlung ist lediglich in der durch die Beklagte erfüllten Höhe entstanden, also vermindert um die den Streiktagen entsprechenden Anteile (vgl. auch Senatsurteil vom 15. Mai 1964 - 1 AZR 432/63 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 35, zu 2 der Gründe). Das Arbeitsverhältnis zwischen der Beklagten und dem Arbeitnehmer S "ruhte" iSd. § 13 I Nr. 4 MTV während des Streiks.
1. Nach ständiger Rechtsprechung führt die Teilnahme am Streik zum Ruhen der beiderseitigen Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis (vgl. zuletzt etwa Senatsurteil vom 17. Juni 1997 - 1 AZR 674/96 - AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 150 = EzA GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 128; BAG 20. Dezember 1995 - 10 AZR 742/94 - AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 141 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 135). Wenn die Tarifvertragspartner hier nicht auf das "Ruhen der beiderseitigen Hauptpflichten", sondern schlicht darauf abgestellt haben, daß das Arbeitsverhältnis "ruht", besagt das nichts anderes und ist nur eine verkürzte Wiedergabe dieses Tatbestandes (vgl. allgemein zum Begriff des Ruhens BAG 10. Mai 1989 - 6 AZR 660/87 - BAGE 62, 35, 38 f.).
Soweit vereinzelt Bedenken dagegen geäußert worden sind, das Ruhen des Arbeitsverhältnisses und das der Hauptpflichten semantisch gleichzusetzen (Rüthers/Henssler, Anm. zum Senatsurteil vom 4. August 1987 - 1 AZR 488/86 - AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 89, unter 2), überzeugen diese nicht. Gerade auch bei den insoweit angesprochenen Suspendierungen kraft Gesetzes auf Grund des Grundwehr- oder Zivildienstes, die neben dem Erziehungsurlaub Gegenstand der Vorgängerbestimmung des § 13 I Nr. 4 MTV in der Fassung von 1989 waren, entfallen nur die Hauptleistungspflichten. Nebenpflichten, wie beispielsweise die Verschwiegenheitspflicht oder Wettbewerbsverbote, bleiben bestehen (vgl. nur für den Wehrdienst ErfK/Ascheid § 1 ArbPlSchG Rn. 6). Entsprechendes gilt für den Erziehungsurlaub (BAG 10. Mai 1989, aaO, zu B II 1 c der Gründe, zugleich für § 1 AÜG und § 15 Abs. 1 Arbeitssicherstellungsgesetz).
2. Entgegen der Auffassung der Klägerin läßt der systematische Zusammenhang mit den in § 13 I Nr. 5 MTV geregelten Gestaltungen keinen Rückschluß auf einen im Wortlaut der Nr. 4 nicht zum Ausdruck gekommenen Tarifzweck zu, der eine Differenzierung zwischen regelmäßig kürzerfristig und länger andauernden Arbeitsverhinderungen geböte. Die von der Öffnung für die Berücksichtigung von F e h l z e i t e n durch Betriebsvereinbarung ausgenommenen Fälle der Nr. 5 begründen kein Ruhen des Arbeitsverhältnisses.
Für die Gegenstände der Nr. 5 a macht dies auch die Revision nicht geltend. Ihnen ist schon nach dem Wortlaut der Bestimmung - beispielhaft angeführt sind Urlaub, unverschuldete Krankheit bis zu sechs Wochen und entschädigungspflichtige Arbeitsverhinderung nach § 9 MTV - gemeinsam, daß sie die Hauptpflicht des Arbeitgebers, die Arbeitsvergütung zu zahlen, unberührt lassen oder im Falle der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit durch die Entgeltfortzahlungspflicht fortsetzen.
Nr. 5 b erfaßt die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit von der siebten bis zur zwanzigsten Woche, die den Arbeitnehmer wegen seines Unvermögens, die absolute Fixschuld der Arbeitsleistung zu erbringen, gem. § 275 Abs. 1 und 2 BGB von seiner Arbeitspflicht befreit (vgl. etwa ErfK/Dörner § 3 EntgeltfortzG Rn. 6). Die Vergütungspflicht des Arbeitgebers entfällt nach § 323 Abs. 1 BGB, an ihre Stelle tritt unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 2 EntgeltfortzG ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung (ErfK/Dörner § 3 EntgeltfortzG Rn. 7). Es handelt sich somit um die Leistungsstörung der Unmöglichkeit, die nur eintreten kann, weil die Hauptleistungspflichten nicht ruhen.
Auch der in Nr. 5 d genannte § 45 (Abs. 3 Satz 1) SGB V begründet bei Pflege eines erkrankten Kindes nur einen Anspruch auf unbezahlte Freistellung. Es liegt keine Suspendierung vor, wird der Vergütungsausfall doch durch die Gewährung von Krankengeld nach § 44 SGB V ausgeglichen, soweit keine vorrangige Pflicht zur Fortzahlung des Entgelts nach arbeitsrechtlichen Vorschriften besteht (vgl. etwa Staudinger/Oetker BGB 13. Aufl. (1997) § 616 Rn. 59).
Selbst wenn man zugunsten der Revision davon ausginge, daß die Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis während der Zeiten des Bezugs von Mutterschaftsgeld (§ 13 I Nr. 5 c MTV) in den Schutzfristen der §§ 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 Satz 1 sowie 2 MuSchG vor und nach der Geburt ruhen (so ErfK/Schlachter § 6 MuSchG Rn. 7 und 10; anders aber BAG 10. Mai 1989 - 6 AZR 660/87 - BAGE 62, 35, 39 ), wäre dies für die Auslegung des § 13 I Nr. 4 MTV ohne Bedeutung. Im Hinblick auf die abweichende Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (aaO) ist nämlich anzunehmen, daß die Tarifvertragsparteien diese Zeiten nicht für Ruhenstatbestände hielten, die mit denen der Nr. 4 vergleichbar wären. Auch Nr. 5 c beeinträchtigt daher nicht die klare Trennung zwischen Ruhen einerseits (Nr. 4) und bloßer Arbeitsverhinderung andererseits (Nr. 5).
3. Während des Arbeitskampfes ruhte das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers S jedenfalls aus "sonstigen Gründen" iSd. § 13 I Nr. 4 MTV.
a) Im Unterschied zu der früheren Fassung des Tarifvertrages sind die Ruhenstatbestände des § 13 I Nr. 4 MTV nicht auf Wehr- und Zivildienst sowie Erziehungsurlaub beschränkt. Er erfaßt nach dem jetzigen Wortlaut jegliches Ruhen "kraft Gesetzes" oder "Vereinbarung" oder "aus sonstigen Gründen". Ob die Neufassung der Tarifnorm im Jahr 1994 allein auf rechtliche Unsicherheiten der Tarifpartner über die Art der Suspendierung während des Erziehungsurlaubs zurückgeht, wie die Klägerin behauptet, das Landesarbeitsgericht aber nicht festgestellt hat, ist nicht entscheidungserheblich. Mit dem neu aufgenommenen Begriff des Ruhens "aus sonstigen Gründen" wurde nach Wortlaut und erkennbarem Sinn der Erklärung jedenfalls ein Auffangtatbestand geschaffen, der jegliche Suspendierung, die nicht bereits "kraft Gesetzes" oder "Vereinbarung" eintritt, erfaßt. Es besteht demzufolge kein Raum dafür, einen ggf. abweichenden wirklichen Willen der seinerzeit handelnden Tarifvertragsparteien zu berücksichtigen, der im geänderten Wortlaut nicht zum Ausdruck kommt (vgl. BAG 21. Juli 1993 - 4 AZR 468/92 - BAGE 73, 364, 368 f.).
b) Deshalb ist es auch bedeutungslos, daß es nicht der gewöhnlichen Tarifübung entsprechen mag, die Folgen eines Arbeitskampfes gewissermaßen vorsorglich und ohne Anlaß der Beendigung eines konkreten Arbeitskampfes zu regeln (in diesem Sinne BAG 20. Dezember 1995 - 10 AZR 742/94 - AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 141 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 135, zu II 4 der Gründe). Da der Wortlaut eindeutig ist, ist die praktische Tarifübung nicht ergänzend für die Auslegung heranzuziehen (vgl. BAG 21. Juli 1993, aaO).
II. Die danach einschlägige Kürzungsbestimmung des § 13 I Nr. 4 MTV verstößt nicht gegen § 612 a BGB. Nach dieser Vorschrift darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder Maßnahme nicht deshalb benachteiligen, weil der Arbeitnehmer zulässigerweise seine Rechte ausübt, wozu auch die Teilnahme an einem Streik gehört. Die Tarifvertragsparteien können allgemein bestimmen, in welchem Umfang eine tarifliche Sonderzahlung durch Zeiten ohne tatsächliche Arbeitsleistung ausgeschlossen oder gemindert werden soll (BAG 20. Dezember 1995, aaO, zu II 2 c der Gründe; vgl. auch Löwisch/Krauß AR-Blattei SD 170.3.1 Rn. 71). Da § 13 I Nr. 4 MTV alle Ruhenstatbestände betrifft, handelt es sich um eine solche allgemeine Regelung.
III. Die Klägerin kann einen Anspruch auch nicht aus Nr. 2 der Protokollnotiz zum Tarifvertrag vom 4. Dezember 1996 herleiten.
Die hier eingetretene Minderung des Anspruchs auf die Jahressonderzahlung führt nicht zu einer nach der Protokollnotiz untersagten Maßregelung. Unter einer solchen ist jede unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmer zu verstehen, die auf die Teilnahme am Arbeitskampf abstellt, sofern diese Unterscheidung nicht schon durch die Rechtsordnung selbst vorgegeben ist (vgl. nur Senatsurteil vom 17. Juni 1997 - 1 AZR 674/96 - AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 150 = EzA GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 128, zu II 1 der Gründe). Die Minderung des Anspruchs auf die Jahressonderzuwendung vollzieht aber allein die von § 13 I Nr. 4 MTV vorgegebene Ordnung und stellt keine arbeitsrechtliche Maßnahme iSd. Satzes 1 der Nr. 2 der Protokollnotiz dar. Sie ist die Folge daraus, daß der Streik die Hauptpflichten suspendierte und die Tarifnorm für den Anspruch den bloßen Bestand eines ruhenden Arbeitsverhältnisses nicht ausreichen läßt (vgl. zu der umgekehrten Gestaltung des Erfordernisses des bloß rechtlichen Bestandes BAG 20. Dezember 1995, aaO, zu II 2 und 5 der Gründe). Die Frage, ob die in der Klammer genannten Abmahnungen und Kündigungen den Begriff der arbeitsrechtlichen Maßnahme abschließend oder nur beispielhaft ausfüllen, kann deswegen unerörtert bleiben.
Um den Anspruch in voller Höhe entgegen dem Ausschlußgrund des § 13 I Nr. 4 MTV aufrecht zu erhalten, den Vergütungsverlust also auszuschließen, hätte es einer ausdrücklichen Vereinbarung in dem Maßregelungsverbot bedurft (vgl. schon Senatsurteil 15. Mai 1964 - 1 AZR 432/63 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 35, zu 4 der Gründe; für die Kürzung von Entgelt im engeren Sinne Senatsurteil 17. Juni 1997 - 1 AZR 674/96 -, aaO, zu II 2 der Gründe). Diese wurde hier nicht getroffen.
Wißmann
Bepler Rost Metz
Bolt
Fundstellen