Entscheidungsstichwort (Thema)
Gehaltserhöhungsanspruch aus betrieblicher Übung
Orientierungssatz
1. Erhält ein Arbeitnehmer jährlich eine Gehaltserhöhung, die mit einem für ihn erkennbaren Vorbehalt der Freiwilligkeit der Gehaltserhöhung vorsehen ist, so muß er damit rechnen, daß nicht nur die Höhe einer eventuellen Gehaltsanhebung, sondern auch die Frage offen ist, ob überhaupt eine Gehaltserhöhung vorgenommen wird.
2. Siehe aber das Urteil des Senats vom 7.9.1985 7 AZR 262/83.
Normenkette
BGB §§ 242, 315
Verfahrensgang
LAG Hamburg (Entscheidung vom 04.02.1983; Aktenzeichen 3 Sa 82/82) |
ArbG Hamburg (Entscheidung vom 04.03.1982; Aktenzeichen 19 Ca 82/81) |
Tatbestand
Die Parteien streiten über das Bestehen einer Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger für die ersten Quartale der Jahre 1981 und 1982 Gehaltserhöhungen zu gewähren.
Der Kläger ist seit 1. April 1969 bei den Beklagten als Jurist beschäftigt und wird außertariflich bezahlt. Sein Gehalt wird von der Beklagten zu 1) zu 60 % und von der Beklagten zu 2) zu 40 % gezahlt. Im schriftlichen Anstellungsvertrag ist eine Regelung über eine jährliche Gehaltserhöhung nicht enthalten. Seit 1. Januar 1970 wurde das Gehalt des Klägers, wie auch bei seinen nach Tätigkeit und Funktion vergleichbaren Kollegen, jährlich zum 1. Januar um unterschiedliche Beträge erhöht, die bis auf zwei Ausnahmen prozentual über dem Satz lagen, den die Tarifvertragsparteien jeweils zum 1. April des Vorjahres ausgehandelt hatten. Die jährlichen Gehaltserhöhungen waren dem Kläger von den Beklagten jeweils schriftlich angekündigt worden. In diesen Schreiben teilten die Beklagten dem Kläger jeweils sinngemäß mit, der Vorstand habe bei der regelmäßigen jährlichen Überprüfung der Gehälter beschlossen, seine Bezüge neu festzusetzen.
Mit Schreiben vom 9. und 26. Januar 1981 teilten die Beklagten dem Kläger sinngemäß mit, ab 1981 werde die Gehaltspolitik für diejenigen Mitarbeiter geändert, die wegen Überschreitens der Bruttogehaltsgrenze von 3.950,-- DM monatlich am 1. April 1980 nicht automatisch eine Gehaltserhöhung erhalten hätten. Dieser Personenkreis solle künftig nicht mehr zum 1. Januar an der Tariferhöhung des Vorjahres teilnehmen, sondern die Zusage erhalten, daß sich zum 1. April 1981 die Gehälter grundsätzlich nach Maßgabe des Tarifergebnisses des laufenden Jahres erhöhen.
Der Kläger, dessen Gehalt ab 1. Januar 1980 um 200,-- DM und ab 1. April 1981 um 250,-- DM erhöht worden war, hat zur Begründung seiner Klage vorgetragen, die Beklagten hätten sein Gehalt seit dem 1. Januar 1970 jeweils zum 1. Januar eines jeden Jahres ohne Vorbehalt angepaßt. Mit dieser Handhabung sei bei ihm der Eindruck des Verpflichtungswillens erweckt worden, so daß eine betriebliche Übung im Rechtssinne vorliege. Das Wort "Überprüfung" in den "Gehaltsbriefen" sei kein Vorbehalt. Es habe nur Bedeutung im Rahmen einer individuellen Anhebung des Gehaltes, die immer gleichzeitig mit der generellen Anhebung erfolgt sei. Es sei nie in Zweifel gezogen worden, daß eine Anpassung zu dem genannten Termin vorzunehmen gewesen sei, lediglich die Höhe sei zu überprüfen gewesen. Dem Grunde nach stehe ihm insoweit ein Anspruch zu.
Auch die Höhe des Betrages ergebe sich aus betrieblicher Übung. Die Gehälter seien mindestens um die Tariflohnerhöhung per 1. April des Vorjahres angepaßt worden. Dies folge auch aus der Ankündigung der Änderung vom 9. Januar 1981, dem Vorstandsbrief vom 26. Januar 1981 und gelegentlichen Äußerungen des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden. Dieser habe anläßlich der jährlichen Abschlußbesprechung gelegentlich die "Gehaltsbriefe" mit der sinngemäßen Bemerkung angekündigt, daß der Vorstand wie in den vergangenen Jahren eine Gehaltsanpassung in Anlehnung an den Tarifprozentsatz des ablaufenden Jahres beschlossen habe. Die Tatsache, daß die Erhöhungsbeträge, in Prozenten ausgedrückt, jährlich schwankend gewesen seien, sei unschädlich. Das Gesetz enthalte in den § 315 BGB und § 287 Abs. 2 ZPO Vorschriften, die im Falle unbestimmter Höhe eines Anspruches Bestimmungsregeln enthielten. Der Kläger meint deshalb, ihm stehe für das erste Quartal 1981 eine monatliche Gehaltserhöhung von 400,-- DM und für das erste Quartal 1982 eine monatliche Gehaltserhöhung von 300,-- DM zu.
Der Anspruch ergebe sich auch aus der Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Die Beklagten hätten die Gehälter der außertariflich gezahlten Angestellten, deren Gehalt zum 31. März 1980 3.950,-- DM brutto betragen habe, zum 1. April 1980 um den Prozentsatz der Tariflohnerhöhung angehoben. Die anderen Mitarbeiter und somit auch er, seien sowohl zum 1. April 1980 als auch zum 1. Januar 1981 nicht berücksichtigt worden. Hierbei spiele keine Rolle, daß er per 1. Januar 1980 ein Gehalt von 5.650,-- DM brutto gehabt habe.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an den Kläger
1.320,-- DM brutto nebst 8 % jährlicher Zinsen
auf den sich aus 780,-- DM brutto ergebenden Net-
tobetrag ab 15. Januar 1981 und auf den sich aus
1.320,-- DM brutto ergebenden Nettobetrag ab
15. Januar 1982 zu zahlen;
2. die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an den Kläger
780,-- DM brutto nebst 8 % jährlicher Zinsen auf
den sich aus 420,-- DM brutto ergebenden Nettobe-
trag ab 15. Januar 1981 und auf den sich aus
780,-- DM brutto ergebenden Nettobetrag ab 15. Ja-
nuar 1982 zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen. Sie haben die Ansicht vertreten, aus den Gehaltserhöhungsschreiben lasse sich nicht auf ihren rechtsgeschäftlichen Willen schließen, mit Wirkung ab 1. Januar eines jeden Jahres das Gehalt um die Tariferhöhungen des Vorjahres zu erhöhen. Im Gegenteil ergebe sich aus diesen Schreiben, daß eine Überprüfung und eine jeweilige Neufestsetzung des Gehalts erfolgt sei, d.h. daß die Gehälter nicht automatisch erhöht, sondern jeweils individuell überprüft worden seien. Diese Überprüfung beinhalte sowohl das "Ob" als auch den Umfang und den Zeitpunkt der Erhöhung. Auch tatsächlich seien die Gehälter des Klägers und die seiner Kollegen jeweils mit unterschiedlichen Prozentsätzen und um unterschiedliche absolute Beträge erhöht worden. Daher fehle es an der vom Kläger behaupteten betrieblichen Übung.
Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz sei ebenfalls nicht gegeben. Die Ausführungen des Klägers berücksichtigten nicht, daß die dem Kläger in der Vergangenheit gewährten Gehaltserhöhungen denjenigen der Tarifangestellten vorausgegangen seien. Zudem erhalte der Kläger ab 1. April 1981 eine Gehaltserhöhung, mit der die Steigerung der Lebenshaltungskosten ausgeglichen werde.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, es sei weder eine entsprechende betriebliche Übung im Rechtssinne entstanden, noch liege ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor.
Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter. Die Beklagten beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet, denn das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
I. Das Zahlungsbegehren des Klägers läßt sich, wie das Landesarbeitsgericht jedenfalls im Ergebnis zutreffend erkannt hat, nicht auf die Rechtsgrundsätze der betrieblichen Übung stützen.
1. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit im wesentlichen ausgeführt, eine betriebliche Übung als Grundlage des Klageanspruchs lasse sich nicht feststellen. Die Beklagten hätten keinen objektiven Tatbestand gesetzt, aus dem auf einen entsprechenden Verpflichtungswillen für die Zukunft geschlossen werden könne. Denn die Annahme eines Bindungswillens für die Zukunft werde durch einen Vorbehalt des Arbeitgebers ausgeschlossen; einen solchen Vorbehalt hätten die Beklagten hinreichend klar und unmißverständlich erklärt, indem sie in ihren jährlichen Gehaltsbriefen jeweils ausdrücklich von einer "Überprüfung" der Gehälter gesprochen hätten. Aufgrund dieses ihm erkennbaren Vorbehalts der Freiwilligkeit der Gehaltserhöhung habe der Kläger damit rechnen müssen, daß jeweils nicht nur die Höhe einer eventuellen Gehaltsanhebung, sondern auch die Frage offen gewesen sei, ob überhaupt eine Gehaltserhöhung vorgenommen werde.
2. Dieser Würdigung schließt sich der Senat im Ergebnis an. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts ist allerdings nicht entscheidend, ob in der von den Beklagten gebrauchten Formulierung "regelmäßige jährliche Überprüfung der Gehälter" ein das Entstehen einer Betriebsübung ausschließender Vorbehalt zu sehen ist. Das sich in Gestalt einer Betriebsübung, d.h. der regelmäßigen Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen darstellende Erklärungsverhalten eines Arbeitgebers ist von einem sonstigen konkludenten Erklärungstatbestand nicht wesensverschieden, sondern lediglich eine besondere Erscheinungsform. Auch seine Auslegung hat deshalb nach den Grundsätzen der Auslegung einer rechtsgeschäftlichen Willenserklärung zu erfolgen; aus der Sicht der betroffenen Arbeitnehmer ist daher nicht nur zu fragen, ob aus dem Verhalten des Arbeitgebers überhaupt auf einen rechtsgeschäftlichen Verpflichtungswillen geschlossen werden durfte, sondern auch, welchen konkreten Inhalt dieser angenommene Verpflichtungswille hatte. Diese Auslegung ergibt, daß es im Entscheidungsfall schon an einem objektiven Erklärungsverhalten der Beklagten fehlt, aus dem der Kläger auf das Vorliegen eines Willens der Beklagten schließen durfte, sich auch für die Zukunft zur Gewährung von Gehaltserhöhungen nach denselben Berechnungsfaktoren und zu denselben Zeitpunkten wie in der Vergangenheit zu verpflichten.
a) Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts besteht der objektive Tatbestand einer betrieblichen Übung in der regelmäßigen Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen, die bei den Betriebsangehörigen den Eindruck einer Gesetzmäßigkeit oder eines Brauchs erwecken. Dieser Übung kommt keine normative Bindungswirkung zu; ihre rechtliche Bedeutung besteht vielmehr darin, daß ihr Inhalt kraft konkludenter einzelvertraglicher Vereinbarung in die einzelnen Arbeitsverhältnisse eingehen und die Arbeitsverträge ergänzen kann. Aus ihr erwachsen mithin vertragliche Ansprüche, sofern und soweit die begünstigten Arbeitnehmer aus ihrer Sicht die tatsächliche Übung dahin verstehen durften, der Arbeitgeber habe sich binden wollen; sein Verhalten ist dann als rechtsgeschäftlich erhebliche, bindende Erklärung zu bewerten (vgl. z.B. Urteile vom 1. März 1972 - 4 AZR 200/71 - AP Nr. 11 zu § 242 BGB Betriebliche Übung; vom 7. September 1982 - 3 AZR 5/80 - BAG 40, 126, 133 = AP Nr. 1 zu § 3 TV Arb Bundespost; vom 10. Oktober 1984 - 5 AZR 302/82 - AP Nr. 39 zu § 611 BGB Ärzte, Gehaltsansprüche).
Nach dieser Rechtsprechung, an der der erkennende Senat festhält, kommt es zwar nicht darauf an, ob der Arbeitgeber tatsächlich einen Verpflichtungswillen hatte. Soweit er den objektiven Tatbestand der Betriebsübung wissentlich herbeigeführt hat, tritt die Bindungswirkung ein, sobald die Arbeitnehmer aus ihr gemäß §§ 133, 157, 242 BGB auf einen Bindungswillen schließen durften. Wie bei einem sonstigen Erklärungsverhalten des Arbeitgebers muß sich jedoch das Vertrauen der Arbeitnehmer, soll es schutzwürdig sein, auch bei der Betriebsübung darauf beziehen, der Arbeitgeber habe einen Verpflichtungswillen bestimmten Inhalts. Entscheidend ist deshalb ebenso wie bei einem sonstigen Erklärungsverhalten des Arbeitgebers allein, wie die Arbeitnehmer den objektiven Tatbestand der Betriebsübung nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen verstehen durften (vgl. z.B. BAG Urteile vom 5. Februar 1971 - 3 AZR 28/70 -, vom 3. August 1982 - 3 AZR 503/79 - und vom 29. November 1983 - 3 AZR 491/81 - AP Nr. 10, 12 und 15 zu § 242 BGB Betriebliche Übung, vom 30. Oktober 1984 - 3 AZR 236/82 - EzA § 242 BGB Betriebliche Übung Nr. 14; Senatsurteil vom 10. April 1985 - 7 AZR 36/83 -, zu 5 der Gründe, zur Veröffentlichung bestimmt).
b) Auf die Übereinstimmungen zwischen diesen in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen der betrieblichen Übung und der vorherrschenden Rechtsgeschäftslehre hat schon der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts in seinem bereits angeführten Urteil vom 30. Oktober 1984 hingewiesen. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es für die Wirksamkeit einer Willenserklärung nicht darauf an, ob der Wille oder auch nur das Bewußtsein des Erklärenden vorlag, eine rechtsgeschäftliche Erklärung abzugeben; entscheidend ist allein, ob der Empfänger das Erklärungsverhalten nach Treu und Glauben und mit Rücksicht auf die Verkehrssitte als Willenserklärung auffassen durfte und ob der Erklärende dies bei der Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können (BGH Urteil vom 7. Juni 1984 - IX ZR 66/83 - BB 1984, 1317).
Damit ist klargestellt, daß für den Eintritt der Bindungswirkung einer betrieblichen Übung keine Unterschiede zur allgemeinen Rechtsgeschäftslehre bestehen. Inwieweit es aufgrund des kollektiven, d.h. auf eine Arbeitnehmergruppe bezogenen Charakters der Betriebsübung Besonderheiten hinsichtlich des Adressatenkreises des Arbeitgeberverhaltens und dementsprechend auch hinsichtlich der Beseitigung der Betriebsübung geben kann (vgl. insoweit Hueck/Fastrich, AR-Blattei, Betriebsübung I E), bedarf hier nicht der Entscheidung. Für den Streitfall ist vielmehr kennzeichnend, daß bei ihm - wie auch in den meisten Fällen der Auslegung eines sonstigen Erklärungsverhaltens - nicht die Frage im Vordergrund steht, ob überhaupt auf einen Verpflichtungswillen des Erklärenden geschlossen werden durfte, sondern welchen konkreten Inhalt dieser angenommene Verpflichtungswille hat. Denn auch im Falle eines aus wiederholter Leistungsgewährung erschlossenen Verpflichtungswillens des Arbeitgebers darf nicht schlechthin angenommen werden, der Arbeitgeber habe sich voraussetzungslos und für alle Zukunft zur Weitergewährung dieser Leistungen verpflichten wollen. Vielmehr ist im Wege der Auslegung des Erklärungsverhaltens beispielsweise zu ermitteln, ob die Erklärungsempfänger davon ausgehen mußten, daß die Leistungen nur unter bestimmten Voraussetzungen, nur für eine bestimmte Zeit oder unter dem Vorbehalt eines Widerrufs erbracht werden sollten (vgl. z.B. das bereits angeführte Urteil des BAG vom 7. September 1982, BAG 40, 126, 133/134).
c) Im Entscheidungsfalle hat der Kläger entsprechend der geänderten Gehaltserhöhungspraxis der Beklagten ab 1. April 1981 eine monatliche Gehaltserhöhung von 250,-- DM erhalten; mit der Klage begehrt er für die ersten drei Monate des Jahres 1981 eine Gehaltserhöhung um monatlich 400,-- DM und für die ersten drei Monate des Jahres 1982 eine Gehaltserhöhung um monatlich 300,-- DM. Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es mithin nicht darauf an, ob die Beklagten verpflichtet waren, dem Kläger überhaupt eine jährliche Gehaltserhöhung zu gewähren. Die Klage kann vielmehr nur begründet sein, wenn der Kläger auf einen Verpflichtungswillen der Beklagten gerade des Inhalts vertrauen durfte, entsprechend ihrer bisherigen Praxis die Gehälter jeweils bereits zum 1. Januar (statt zum 1. April) und in Anlehnung an die (höheren) Tarifsteigerungssätze des Vorjahres zu erhöhen.
Auf einen derartigen Verpflichtungswillen durfte der Kläger, wie bereits das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt hat, aus dem Erklärungsverhalten der Beklagten nicht schließen. Dies gilt selbst dann, wenn man den gesamten Sachvortrag des Klägers als wahr unterstellt, so daß es auf die von der Revision erhobenen Rügen nicht ankommt.
In Übereinstimmung mit der Würdigung des Landesarbeitsgerichts ist mangels abweichender Vereinbarung im Bereich außertariflicher Gehälter regelmäßig davon auszugehen, daß Gehaltserhöhungen jeweils im Wege freier Vereinbarung erfolgen sollen. Der Arbeitgeber muß bei der Frage, ob und ggf. in welcher Höhe er Gehaltserhöhungen vornehmen will, jeweils eine Fülle von auf die gesamtwirtschaftliche Lage, auf die wirtschaftliche Situation und die Gehaltspolitik seines Unternehmens sowie auf das Arbeitsverhältnis des einzelnen Arbeitnehmers bezogenen Gesichtspunkten in Betracht ziehen und gegeneinander abwägen. Diese Abwägung des Arbeitgebers mag über einen längeren Zeitraum hinweg tatsächlich zu jeweils gleichartigen Ergebnissen führen. Allein hieraus dürfen jedoch die Arbeitnehmer mangels abweichender konkreter Anhaltspunkte nicht schließen, der Arbeitgeber habe sich verpflichten wollen, auch in Zukunft stets dieselben Bemessungsfaktoren beizubehalten, also die Gehälter stets in gleicher Weise wie bisher zu erhöhen, und sich dadurch der Möglichkeit begeben wollen, veränderten Umständen in freier Entscheidung Rechnung zu tragen. Insoweit haben hier ähnliche Grundsätze zu gelten wie bei der Frage der Anrechnung von Tariflohnerhöhungen auf übertarifliche Lohnbestandteile (vgl. etwa BAG Urteile vom 4. Juni 1980 - 4 AZR 530/78 - und vom 8. Dezember 1982 - 4 AZR 481/80 - AP Nr. 13 und 15 zu § 4 TVG Übertariflicher Lohn und Tariflohnerhöhung).
Der Kläger durfte deshalb aus dem Verhalten der Beklagten in der Vergangenheit nicht schließen, die Beklagten hätten sich verpflichten wollen, ihm auch in Zukunft stets zum 1. Januar eines jeden Jahres eine Gehaltserhöhung auf der Grundlage der Tarifentwicklung des jeweiligen Vorjahres anzubieten. Eine dahingehende bindende Betriebsübung ist nicht entstanden.
II. Der Zahlungsanspruch des Klägers ist auch nicht aus anderen rechtlichen Gesichtspunkten begründet.
1. Auf eine einzelvertragliche Vereinbarung kann sich der Kläger nicht stützen. Die Zusage der Beklagten im Schreiben vom 26. Januar 1981 bezieht sich nur auf die Gehaltserhöhung, die dem Kläger zum 1. April 1981 tatsächlich gewährt worden ist, nicht aber auf die vom Kläger verlangten höheren Gehaltssteigerungen. In Bezug auf diese hat der Kläger nicht vorgetragen, die Beklagten hätten gerade ihm gegenüber besondere Zusagen gemacht oder gerade ihm gegenüber ein besonderes Erklärungsverhalten gezeigt. Soweit sich der Kläger auf das allen Arbeitnehmern oder jedenfalls der Gruppe der außertariflichen Angestellten erkennbare Verhalten der Beklagten beruft, ist wegen der aufgezeigten Identität mit den Entstehungsvoraussetzungen einer bindenden Betriebsübung auch das Zustandekommen einer einzelvertraglichen Vereinbarung zu verneinen.
2. Auf den Gleichbehandlungsgrundsatz kann sich der Kläger nicht berufen. Er hat nicht vorgetragen, die Beklagten gewährten auch noch nach dem 1. Januar 1981 Arbeitnehmern mit einem Bruttogehalt von mehr als 3.950,-- DM monatlich Gehaltserhöhungen nach Maßgabe der von ihm dargelegten früheren betrieblichen Praxis. Soweit der Kläger vorträgt, die Beklagten hätten die Gehälter der Angestellten, deren Gehalt zum 1. März 1980 3.950,-- DM brutto betragen habe, zum 1. April 1980 um den Prozentsatz der Tariflohnerhöhung angehoben, die anderen Mitarbeiter und somit auch er seien sowohl zum 1. April 1980 als auch zum 1. Januar 1981 nicht berücksichtigt worden, vermag dieses eine Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht zu begründen. Der Kläger ist nicht generell von einer Gehaltserhöhung ausgeschlossen worden. Zum 1. Januar 1980 hat er eine Gehaltserhöhung von monatlich 200,-- DM erhalten. Zum 1. April 1981 wurde sein Gehalt wiederum um 250,-- DM erhöht. Den Beklagten ist nicht verwehrt, gegenüber ihren besser verdienenden Führungskräften und damit gegenüber dem Kläger eine andere Gehaltspolitik zu verfolgen, als gegenüber den Arbeitnehmern mit einem Einkommen von monatlich unter 3.950,-- DM. Dafür, daß diese Grenzziehung willkürlich oder aus sachfremden Erwägungen erfolgt sei, hat der Kläger nichts vorgetragen.
3. Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht auch nicht der Auffassung des Klägers gefolgt, die Beklagten hätten über die Frage der Gehaltserhöhung nach billigem Ermessen im Sinne des § 315 BGB zu entscheiden. Die Anwendung des § 315 BGB setzt voraus, daß eine vertragliche Leistung nicht im Vertrag geregelt, sondern nach dem Vertrag einseitig durch eine Vertragspartei zu bestimmen ist; erst dann greift die gesetzliche Vermutung ein, daß diese Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen zu erfolgen hat. Im Streitfalle waren jedoch die Gehälter im Arbeitsvertrag und im Anschluß an jede erfolgte Gehaltserhöhung jeweils fest vereinbart. Eine Verpflichtung der Beklagten, davon abweichend zu späteren Zeitpunkten einseitig höhere Gehälter festzusetzen, bestand - wie oben dargestellt - nicht.
Dr. Seidensticker Roeper Dr. Steckhan
Dr. Scholz Schmalz
Fundstellen