Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung: Diplom-Bibliothekarin
Leitsatz (amtlich)
1. Die durch den Erlaß des Ministers für Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 10. März 1971 – I B 4 41-05/1 Nr. 201/71 – vorgesehenen in der Folgezeit nicht tarifvertraglich vereinbarten Eingruppierungsmerkmale der VergGr. IV a BAT für Angestellte in Bibliotheken bestimmen das Arbeitsverhältnis nur, wenn deren Anwendung einzelarbeitsvertraglich vereinbart ist.
2. Eine Rechtsgrundlage für die Anpassung eines nicht mehr für zeitgemäß angesehenen Erlasses ist nicht gegeben.
Leitsatz (redaktionell)
Diplom-Bibliothekarin mit abgeschlossener Fachausbildung für den bibliothekarischen Dienst an öffentlichen Büchereien in der Tätigkeit als fachliche Leiterin der Bibliothek des Instituts für Deutsche Sprache und Literatur der Universität Köln
Normenkette
BAT 1975 §§ 22-23; BAT 1975 Anlage 1 a Teil I VergGr. IV a; ZPO § 233
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 25. Mai 1999 – 9 Sa 44/99 – wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat auch die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin im Hinblick auf den Erlaß des Ministers für Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 10. März 1971 – I B 4 41-05/1 Nr. 201/71 – Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IV a BAT/BL seit dem 15. Januar 1998 hat.
Die am 6. Juni 1951 geborene Klägerin ist seit dem 1. November 1974 als Diplom-Bibliothekarin bei der Universität K beschäftigt. Sie ist die fachliche Leiterin der Bibliothek des Instituts für Deutsche Sprache und Literatur, die aus vier Abteilungen besteht und deren Bibliotheksbestand etwa 150.000 Bände und etwa 260 aktuelle Zeitschriften umfaßt. Ihr sind zwei bis drei Hilfskräfte ständig unmittelbar unterstellt.
Nach § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrages vom 21. November 1974 bestimmt sich das Beschäftigungsverhältnis nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen.
Die Klägerin erhielt zunächst Vergütung nach VergGr. V b BAT/BL. Ab 1977 wird sie nach VergGr. IV b BAT/BL vergütet. Das beklagte Land hält das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. IV b Fallgruppe 10 des Allgemeinen Teils der Anlage 1 a zum BAT/BL für erfüllt.
Die Klägerin hat sich auf den Erlaß des Ministers für Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 10. März 1971 – I B 4 41-05/1 Nr. 201/71 – berufen. Dieser lautet:
„Mit Zustimmung der Tarifgemeinschaft deutscher Länder bin ich vorbehaltlich einer späteren tarifvertraglichen Regelung damit einverstanden, daß die Angestellten des Bibliothekdienstes über die tariflichen Tätigkeitsmerkmale hinaus mit Wirkung vom 1. November 1970 wie folgt eingruppiert werden:
Vergütungsgruppe IV a
Angestellte in wissenschaftlichen Bibliotheken mit abgeschlossener Fachausbildung für den gehobenen Dienst an wissenschaftlichen Bibliotheken (Diplom-Bibliothekare) und entsprechender Tätigkeit,
- denen mindestens 3 Diplom-Bibliothekare oder gleichwertige Fachkräfte mindestens der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 16 oder 17 unterstellt sind, oder
- als fachliche Leiter von Spezialbibliotheken mit einem Buchbestand von mindestens 75.000 Bänden.
Angestellte in Behördenbüchereien mit abgeschlossener Fachausbildung entweder für den gehobenen Dienst an wissenschaftlichen Bibliotheken (Diplom-Bibliothekare) oder für den bibliothekarischen Dienst an öffentlichen Büchereien (Diplom-Bibliothekare) mit entsprechender Tätigkeit,
- denen mindestens 3 Diplom-Bibliothekare oder gleichwertige Fachkräfte mindestens der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 16 oder 17 unterstellt sind, oder
- als fachliche Leiter von Behördenbüchereien mit einem Buchbestand von mindestens 75.000 Bänden.
…”
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie verfüge zwar nicht über eine abgeschlossene Fachausbildung für den gehobenen Dienst an wissenschaftlichen Bibliotheken, wohl aber über eine gleichwertige entsprechende abgeschlossene Fachausbildung für den bibliothekarischen Dienst an öffentlichen Büchereien.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, ihr ab dem 15. Januar 1998 Vergütung nach der VergGr. IV a des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) vom 23. Februar 1961 in Verbindung mit dem Runderlaß des Finanzministeriums vom 10. März 1971 (I B IV 1/05 – 1 Nr. 207 – 71) zu zahlen.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat vorgetragen, die erforderliche Fachausbildung für den gehobenen Dienst an wissenschaftlichen Bibliotheken liege nicht vor. In dem bemühten Erlaß sei – vorbehaltlich einer späteren tarifvertraglichen Regelung – die Eingruppierung Angestellter in wissenschaftlichen Bibliotheken mit abgeschlossener Fachausbildung für den gehobenen Dienst an wissenschaftlichen Bibliotheken (Diplom-Bibliothekare) nach IV a BAT ermöglicht worden. Wenn auf diesem Wege die Fallgruppe 6 der VergGr. IV a erweitert worden sei, ohne eine tarifvertragliche Regelung abzuwarten, so dürfe nicht über eine wiederum erweiternde Auslegung von einer klaren Vorgabe des Erlasses abgesehen werden. Werde die Eingruppierung in eine bestimmte Vergütungsgruppe von einer abgeschlossenen Fachausbildung abhängig gemacht und seien hierbei Angestellte mit gleichwertigen Fähigkeiten ohne die vorgeschriebene Ausbildung nicht einbezogen, so hätten letztere keinen Anspruch auf die entsprechende Vergütung, und zwar auch nicht im Wege sinngemäßer Lückenausfüllung.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Revision gegen sein Urteil hat es zugelassen. Die Klägerin hat mit Fax vom 13. August 1999, am selben Tage beim Bundesarbeitsgericht eingegangen, Revision eingelegt. Mit am Mittwoch, dem 15. September 1999, beim Bundesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 10. September 1999 (Freitag) beantragte die Klägerin, die Frist zur Revisionsbegründung um einen Monat zu verlängern. Der Senat wies mit am 21. September 1999 bei dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin eingegangenen Schreiben vom 16. September 1999 darauf hin, der Schriftsatz vom 10. September 1999 sei am 15. September 1999 beim Bundesarbeitsgericht eingegangen. Am 4. Oktober 1999 ging beim Bundesarbeitsgericht der Schriftsatz der Klägerin vom 22. September 1999 ein, mit dem sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsbegründungsfrist beantragte. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages trägt die Klägerin vor: Wegen der Versäumung der Revisionsbegründungsfrist treffe weder die Klägerin noch den Prozeßbevollmächtigten ein Verschulden. Der Prozeßbevollmächtigte habe den Antrag auf Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist persönlich am 10. September 1999 zur Post aufgegeben, genauer, in den Briefkasten vor dem Grundstück G Straße in B eingeworfen. Der Prozeßbevollmächtigte könne sich deshalb noch so genau an diesen Umstand erinnern, da dies die einzige Postaufgabe an diesem Tag gewesen sei und er sie selbst vorgenommen habe; er habe sich krankheitsbedingt von seiner Lebensgefährtin an diesem Tag von seinem Wohnort zur Kanzlei und zum Briefkasten fahren lassen. Bei einem üblichen Postlaufweg von einem Tag sei mit dem Eintreffen des Antrages bei Gericht am 11. September 1999, spätestens aber am 13. September 1999 zu rechnen gewesen. Aus welchem Grunde der Antrag sein Ziel erst fünf Tage später, also am 15. September 1999 erreicht habe, entziehe sich der Kenntnis des Prozeßbevollmächtigten, auch treffe ihn diesbezüglich kein Verschulden. Zur Glaubhaftmachung hat der Prozeßbevollmächtigte das Vorgetragene eidesstattlich versichert. Am 5. Oktober 1999 ging per Fax die Revisionsbegründungsschrift vom selben Tage beim Bundesarbeitsgericht ein. Die Klägerin verfolgt ihren Klageantrag weiter. Das beklagte Land beantragt, die Revision der Klägerin als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
A. Die Revision ist zulässig. Der Klägerin ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsbegründungsfrist zu gewähren.
Nach § 233 ZPO ist einer Partei, die ohne ihr Verschulden verhindert war, eine Notfrist einzuhalten, auf ihren Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Zu den Notfristen gehört auch die Revisionsbegründungsfrist (§ 554 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Diese Frist hat die Klägerin versäumt. Ein Verschulden hieran trifft jedoch weder die Klägerin noch deren Prozeßbevollmächtigten. Das Verschulden eines Prozeßbevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich (§ 85 Abs. 2 ZPO). Zugerechnet wird nur ein Verschulden des Prozeßbevollmächtigten selbst. Ein Verschulden seines Büropersonals ist insofern unerheblich. Der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin hat die ihm obliegenden Sorgfaltspflichten nicht verletzt. Er durfte darauf vertrauen, daß die am frühen Nachmittag des 10. September 1999 zur Post gegebene Sendung mit Antrag auf Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist fristgemäß beim Bundesarbeitsgericht eingehe. Eine Verzögerung oder ein Unterbleiben der Briefbeförderung kann dem Absender nicht angelastet werden, wenn er die Sendung ausreichend adressiert und frankiert hat. Im Verantwortungsbereich des Absenders liegt es nur, das zu befördernde Schriftstück so rechtzeitig zur Post zu geben, daß es nach deren organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen bei normalem Verlauf der Dinge den Empfänger fristgerecht erreicht (Senat 5. Mai 1995 – 4 AZR 258/95 (A) – AP ZPO 1977 § 233 Nr. 39 mwN). Es genügt jedenfalls, die Sendung am Freitag vor dem Fristablauf am nächsten Montag zur Post zu geben. Selbst wenn man unterstellt, daß der Briefkasten am Freitag nicht mehr geleert wurde, durfte sich der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin darauf verlassen, daß der Brief dann jedenfalls am Samstag, dem 11. September 1999 befördert werden würde und fristgerecht am Montag, dem 13. September 1999 beim Revisionsgericht eingehen werde, zumal nichts dafür spricht, daß ein Briefkasten innerhalb des engeren Stadtgebiets von B am Samstag, einem Werktag, nicht geleert wird. Daß die Beförderung eines Briefes zwischen B und Kassel mehr als zwei Beförderungstage – Samstag, Montag – beanspruchen würde, brauchte der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin nicht in seine Überlegungen einzubeziehen, nachdem die Deutsche Post AG stets eine Postlaufzeit von E + 1 (Einwurfstag zuzüglich 1 Tag) bestätigt. Der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin war nicht gehalten, den rechtzeitigen Eingang des Antrages auf Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist beim Bundesarbeitsgericht zu überwachen. Der Prozeßbevollmächtigte ist nicht verpflichtet, am Tage des Fristablaufes beim Gericht telefonisch nachzufragen, ob der Schriftsatz eingegangen ist (Senat aaO mwN).
Die zur Wiedereinsetzung führenden Umstände sind in ausreichendem Umfang glaubhaft gemacht (§ 236 Abs. 2, § 294 ZPO).
Die Klägerin hat die versäumte Revisionsbegründung innerhalb der Antragsfrist nachgeholt. Der Senat hat mit am 21. September 1999 bei dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin eingegangen Schreiben vom 16. September 1999 darauf hingewiesen, der Fristverlängerungsantrag vom 10. September 1999 sei am 15. September 1999 beim Gericht eingegangen. Mit am 5. Oktober 1999 beim Bundesarbeitsgericht eingegangenem Fax vom selben Tage hat die Klägerin ihre Revision begründet, mithin innerhalb der Frist des § 234 ZPO.
B. Die sonach zulässige Revision ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, ab 15. Januar 1998 nach VergGr. IV a BAT/BL vergütet zu werden.
I. Die Klage ist zulässig. Es handelt sich der Sache nach um eine Eingruppierungsfeststellungsklage, die im öffentlichen Dienst allgemein üblich ist und gegen deren Zulässigkeit nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keine Bedenken bestehen (zB Senat 19. März 1986 – 4 AZR 470/84 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 114).
II. Die danach zulässige Klage ist jedoch nicht begründet. Der Klägerin steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Vergütung nach VergGr. IV a BAT/BL ab 15. Januar 1998 gegen das beklagte Land zu.
1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und die diesen ergänzenden oder ändernden Bestimmungen Anwendung, wobei die Parteien übereinstimmend von der für die Bereiche des Bundes und der Länder (BL) geltenden Fassung ausgehen.
Der Anspruch der Klägerin ist dann begründet, wenn in ihrer Tätigkeit zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals der VergGr. IV a erfüllen (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT). Dies gilt auch für die vom Minister für Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen im Erlaß vom 10. März 1971 verfügte außertarifliche Eingruppierung von Angestellten an wissenschaftlichen Bibliotheken. Ein rechtlicher Gesichtspunkt, nach dem für die Eingruppierung unter die Tätigkeitsmerkmale für Angestellte in wissenschaftlichen Bibliotheken andere Grundsätze als die des § 22 BAT gelten könnten, ist nicht ersichtlich. Das machen die Parteien auch nicht geltend. Es handelt sich vielmehr nur um eine arbeitgeberseitige Ergänzung der Anlage 1 a zum BAT/BL.
2. Es ist unschädlich, daß die Vorinstanzen keine Arbeitsvorgänge gebildet haben. Die Klägerin hat bei keinem denkbaren Zuschnitt der Arbeitsvorgänge einen Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IV a BAT/BL.
3. Ein tariflicher Anspruch auf die von ihr geforderte Vergütung steht der Klägerin nicht zu. Aufgrund der Nr. 1 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen können Diplom-Bibliothekare an wissenschaftlichen Bibliotheken nicht in einer höheren Vergütungsgruppe als IV b eingruppiert sein. Darin stimmen die Parteien überein.
4. Im Ergebnis zu Recht hat das Landesarbeitsgericht entschieden, daß der Anspruch der Klägerin auf Vergütung nach VergGr. IV a BAT/BL auch nicht aus einer vertraglichen Vereinbarung folgt.
a) Ein Anspruch auf Vergütung nach dem Erlaß vom 10. März 1971 besteht nur, wenn die Anwendung dieses Erlasses einzelarbeitsvertraglich vereinbart ist. Das ist nicht der Fall. Der Erlaß ist zwar eine Ergänzung der Anlage 1 a zum BAT/BL. Er ist aber kein Tarifvertrag, wie von § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrages verlangt, sondern eine einseitige Arbeitgeberregelung. Die Klägerin hat zu keinem Zeitpunkt vorgetragen, aufgrund welchen Angebots und aufgrund welcher Annahmeerklärung der Erlaß vom 10. März 1971 Gegenstand des Arbeitsvertrages geworden sein soll.
b) Das Landesarbeitsgericht hat die Anwendbarkeit des Erlasses unterstellt und einen Anspruch der Klägerin auf Vergütung nach VergGr. IV a BAT/BL deswegen verneint, weil die Klägerin zwar an einer wissenschaftlichen Bibliothek beschäftigt ist, aber nicht über eine abgeschlossene Fachausbildung für den gehobenen Dienst an wissenschaftlichen Bibliotheken verfügt. Dem ist zu folgen. Der zuständige Minister durfte außertariflich subjektive Anforderungen für die Bezahlung nach einer höheren Vergütungsgruppe verfügen, ein Anforderungsprofil nach seinen Vorstellungen verlangen, zumal es dafür sachliche Gründe gab. Das Berufsbild des Diplom-Bibliothekars/der Diplom-Bibliothekarin (FH) (gehobener Dienst an wissenschaftlichen Bibliotheken) und das Berufsbild des Diplom-Bibliothekars/der Diplom-Bibliothekarin an öffentlichen Bibliotheken unterschieden sich. Dementsprechend waren die Studiengänge zum/zur Diplom-Bibliothekar/Diplom-Bibliothekarin an wissenschaftlichen Bibliotheken und zum/zur Diplom-Bibliothekar/in an öffentlichen Bibliotheken unterschiedlich (Nafzger-Glöser Diplom-Bibliothekar/-in (FH) Diplom-Bibliothekar/-in (gehobener Dienst an wissenschaftlichen Bibliotheken) Blätter zur Berufskunde 2-X B 30 7. Aufl. S 7 ff., 20, 48 ff.; Umlauf Diplom-Bibliothekar/-in an öffentlichen Bibliotheken Blätter zur Berufskunde 2-X B 31 8. Aufl. S 7 ff., 23, 28 f., 34 f.). Dann durfte der Minister außertariflich verfügen, daß Vergütung nach VergGr. IV a BAT/BL nur der Diplom-Bibliothekar an wissenschaftlichen Bibliotheken erhält, der über eine abgeschlossene Ausbildung für den gehobenen Dienst an wissenschaftlichen Bibliotheken verfügt. Diplom-Bibliothekare an öffentlichen Bibliotheken, die an wissenschaftlichen Bibliotheken arbeiten, brauchte er nicht gleichzustellen. Er brauchte auch nicht den „sonstigen Angestellten”, also einen Angestellten, der aufgrund gleichwertiger Kenntnisse und seiner Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausübt, einzuführen.
Nun ist allerdings richtig, daß sich Tätigkeits- und Aufgabenfelder im gesamten Bibliothekswesen vor allem wegen der technologischen Veränderungen durch die Nutzung derselben Arbeitsmethoden bei der Informationsvermittlung, -beschaffung und -erschließung einander annähern (Nafzger-Glöser aaO S 7 f.). Das hat dazu geführt, daß in der letzten Zeit immer mehr integrierte (Grund)Studiengänge mit der Möglichkeit zur Spezialisierung im Hauptstudium entwickelt wurden. Neben den traditionell eigenständigen Studiengängen zum Diplom-Bibliothekar/zur Diplom-Bibliothekarin an wissenschaftlichen Bibliotheken oder zur Diplom-Bibliothekarin/zum Diplom-Bibliothekar an öffentlichen Bibliotheken sind nun unterschiedlich integrierte Studiengänge entstanden (Nafzger-Glöser aaO S 19 f.). Die Klägerin hat zutreffend darauf hingewiesen, daß die Fachhochschule Köln im Wintersemester 1998/99 die Differenzierung zwischen den Ausbildungen für den Dienst an öffentlichen Bibliotheken, an Behördenbibliotheken und an wissenschaftlichen Bibliotheken aufgegeben hat und einen einheitlichen Studiengang des Informationswirtes geschaffen hat. Das führt nicht zu einer entsprechenden Auslegung oder Anpassung des Erlasses, wie die Klägerin meint. Dafür ist eine Rechtsgrundlage nicht gegeben. Den Arbeitsgerichten ist es verwehrt, Tarifverträge zu aktualisieren (vgl. Senat 22. April 1998 – 4 AZR 20/97 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 240). Das gilt erst recht für arbeitgeberseitig verfügte außertarifliche Tätigkeitsmerkmale. Es ist Sache des zuständigen Ministers, seinen Erlaß anzupassen. Selbst wenn er das im Hinblick auf den einheitlichen Studiengang tun sollte, ist für die Klägerin nichts gewonnen. Sie hat den einheitlichen Studiengang nicht absolviert. Die Gruppenbildung im Erlaß war in Ordnung. Die Entwicklung der Ausbildung mag sie überholt haben. Zu einer Begünstigung von „Altfällen” führt das ohnehin nicht.
5. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt. Danach ist es dem Arbeitgeber verwehrt, einzelne Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern ohne sachlichen Grund von allgemein begünstigenden Regelungen im Arbeitsverhältnis auszuschließen und schlechter zu stellen. Dieser Grundsatz gebietet, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln. Er ist dann verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache sich ergebender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund für eine Differenzierung nicht finden läßt (Senat 25. September 1996 – 4 AZR 214/95 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 219, zu II 5 1 der Gründe mwN).
Zwar hat bei der Festlegung der Vergütung der Grundsatz der Vertragsfreiheit Vorrang vor dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Dies gilt aber nur für individuell vereinbarte Arbeitsentgelte. Dagegen beansprucht der Gleichbehandlungsgrundsatz nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts uneingeschränkt Geltung, wenn der Arbeitgeber Leistungen nach einem erkennbaren und generalisierenden Prinzip festlegt (Senat 25. September 1996 – 4 AZR 214/95 – aaO).
a) Wegen der eigenständigen Studiengänge zum Diplom-Bibliothekar/zur Diplom-Bibliothekarin an wissenschaftlichen Bibliotheken und zum Diplom-Bibliothekar/zur Diplom-Bibliothekarin an öffentlichen Bibliotheken durfte der Minister die außertarifliche Vergütung VergGr. IV a für die Diplom-Bibliothekare an wissenschaftlichen Bibliotheken denjenigen Diplom-Bibliothekaren vorbehalten, die eine abgeschlossene Fachausbildung für den gehobenen Dienst an wissenschaftlichen Bibliotheken aufweisen. Damit hat er den unterschiedlichen Gegebenheiten Rechnung getragen. Daß diese Unterschiede zunehmend durch Schaffung eines einheitlichen Studienganges eingeebnet werden, kann allenfalls dazu führen, daß der Erlaß obsolet wird – es gibt keine Diplom-Bibliothekare mit abgeschlossener Fachausbildung für den gehobenen Dienst an wissenschaftlichen Bibliotheken mehr –. Die Klägerin kann daraus mit Erfolg keine Rechte für sich ableiten: Sie weist weder die im Erlaß vorausgesetzte Ausbildung auf noch eine solche, in die die bisher geforderte zunehmend aufgeht.
b) Daß das beklagte Land entgegen dem Wortlaut des Erlasses seines Ministers Diplom-Bibliothekare/Diplom-Bibliothekarinnen an wissenschaftlichen Bibliotheken ohne abgeschlossene Ausbildung für den gehobenen Dienst an wissenschaftlichen Bibliotheken Vergütung nach VergGr. IV a BAT/BL gezahlt hat und zahlt, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Sie hat lediglich darauf hingewiesen, Diplom-Bibliothekare ohne die im Erlaß geforderte persönliche Voraussetzung arbeiteten erfolgreich an wissenschaftlichen Bibliotheken. Darauf kommt es indessen nicht an, wie ausgeführt.
6. Soweit die Revision auf Art. 3 Abs. 1 GG rekurriert, gilt das Gesagte entsprechend: Es verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wenn der Arbeitgeber subjektive Anforderungen für eine Tätigkeit und damit für die Bezahlung nach einer bestimmten Vergütungsgruppe aufstellt (vgl. Senat 25. Juni 1986 – 4 AZR 206/85 – BAGE 52, 242). Auf die Tätigkeit allein braucht er nicht abzustellen. Darauf, ob auch Angestellte mit anderer Ausbildung mit derselben Tätigkeit beschäftigt werden, kommt es jedenfalls solange nicht an, als diese Mitarbeiter anders – niedriger – bezahlt werden. Daß solche Mitarbeiter überhaupt beschäftigt werden, kann arbeitsmarktpolitische Gründe haben oder gehabt haben. Aus Art. 3 Abs. 1 GG kann auch nicht mit Erfolg ein Anspruch auf Anpassung einer einseitig ergangenen außertariflichen Eingruppierungsregelung hergeleitet werden, die als nicht mehr zeitgemäß angesehen wird.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Schliemann, Wolter, Friedrich, Gotsche, Pfeil
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 09.08.2000 durch Freitag, Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
ZTR 2001, 130 |
AP, 0 |
NZA-RR 2001, 502 |
PersR 2001, 97 |