Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfall von Übergangsgeldansprüchen

 

Orientierungssatz

Bei dem Anspruch auf Gewährung von Übergangsgeld handelt es sich um eine einfache und überschaubare Regelung, soweit es um Voraussetzungen und Tragweite geht. Der Arbeitnehmer kann den Anspruch ohne Hilfe des Arbeitgebers durchsetzen. In einem solchen Fall ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, auf die Bezugsmöglichkeiten des Übergangsgeldes hinzuweisen.

 

Normenkette

BAT §§ 62, 70; BGB § 242

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 30.08.1984; Aktenzeichen 13 Sa 649/84)

ArbG Essen (Entscheidung vom 16.03.1984; Aktenzeichen 2 Ca 692/84)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Anspruch des Klägers auf Übergangsgeld nach den §§ 62 ff. BAT verfallen ist.

Der am 3. Juni 1923 geborene, schwerbehinderte Kläger war als Angestellter bei der Beklagten beschäftigt und während seiner mehr als einjährigen Tätigkeit als Schulhausmeister Vorsitzender der Vertrauensleute der Schulhausmeister. Er nahm an Schulungen der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr, u.a. auch an einem Arbeitsrechtsseminar sowie an örtlichen Tarifverhandlungen zwischen der Beklagten und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr auf seiten der Gewerkschaft teil.

Mit Bescheid vom 13. Januar 1981 wurde dem Kläger rückwirkend ab 1. Oktober 1980 wegen des Leidens, auf dem die Schwerbehinderung beruhte, eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gewährt. Er schied zum 31. Januar 1981 bei der Beklagten aus.

Im Dezember 1980 oder im Januar 1981 wandte sich der Kläger an die zuständige Personalsachbearbeiterin im Personalamt der Beklagten, um die Zahlung von Übergangsgeld geltend zu machen. Diese erklärte ihm, daß er keinen Anspruch auf Übergangsgeld habe und ein schriftlicher Antrag daher auch nicht gestellt zu werden brauche. Der bei der Beklagten verwendete Vordruck, mit dem ein Beschäftigter die Zahlung eines Übergangsgeldes beantragen kann, wurde dem Kläger daher nicht vorgelegt.

Nachdem der Kläger von den Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 13. Juli 1982 und 16. November 1982 zum Übergangsgeld erfuhr, wurde er Ende Juni 1983 bei der Beklagten erneut wegen der Zahlung eines Übergangsgeldes vorstellig. Er erhielt die Auskunft, daß er nicht unter die von der neuen Rechtsprechung Begünstigten falle.

Mit Schreiben vom 18. Oktober 1983 stellte der Kläger einen Antrag auf Zahlung von Übergangsgeld. Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 31. Oktober 1983 und 1. Februar 1984 eine Zahlung ab und berief sich u.a. auf den Ablauf der tariflichen Ausschlußfrist.

Der Kläger hat vorgetragen, sein Anspruch auf Übergangsgeld sei nicht verfallen, da die Berufung der Beklagten auf den Ablauf der Ausschlußfrist gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoße. Er habe wegen der eindeutigen Ablehnung des Anspruchs durch die zuständige Sachbearbeiterin von der schriftlichen Geltendmachung seines Anspruchs abgesehen. Als einfacher Angestellter habe er einer qualifizierten Verwaltung gegenüber gestanden und daher von der Richtigkeit der seinen Anspruch verneinenden Auskunft durch die zuständige Personalsachbearbeiterin ausgehen dürfen und müssen. Die Personalsachbearbeiterin wäre verpflichtet gewesen, ihm zu empfehlen, den Anspruch jedenfalls schriftlich geltend zu machen oder hätte ihm zumindest die Möglichkeit einräumen müssen, entsprechend der bis dahin gehandhabten Praxis das Antragsformular zu bekommen. Auch durch das Nichtvorlegen des Antragsformulars sei er von der schriftlichen Geltendmachung seines Anspruchs abgehalten worden. Da die Beklagte somit den Eindruck erweckt habe, die Ansprüche seien nicht begründet, könne - insbesondere auf dem Hintergrund einer zeitweiligen Rechtsunsicherheit über das Bestehen dieser Ansprüche - vom Arbeitnehmer zumutbarerweise nicht verlangt werden, die Ansprüche innerhalb der tariflichen Ausschlußfrist geltend zu machen.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet

sei, dem Kläger das ihm mit der Beendigung

des Arbeitsverhältnisses zum 31. Januar 1981

zustehende Übergangsgeld gemäß den Vorschriften

des Bundesangestelltentarifvertrages zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und vorgetragen, der Anspruch des Klägers sei verfallen. Ihre Berufung auf die Ausschlußfrist verstoße nicht gegen Treu und Glauben. Es bestehe kein Anspruch des Arbeitnehmers, daß der Arbeitgeber ihn über seine tariflichen Rechte informiere und zwecks Wahrung der Ausschlußfrist zur Stellung schriftlicher Anträge bewege. Der Kläger sei kein in arbeits- und tarifrechtlichen Fragen unbedarfter Arbeitnehmer gewesen. Es müsse vielmehr davon ausgegangen werden, daß er auch über die Wirkungen von tariflichen Ausschlußfristen unterrichtet gewesen sei. Hilfsweise werde die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Mit der durch das Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts und die Zurückweisung der Berufung des Klägers.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts und zur Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte könne sich entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht auf die Versäumung der Ausschlußfrist des § 70 BAT berufen und sei daher zur Zahlung von Übergangsgeld gemäß § 62 BAT an den Kläger verpflichtet. Vom Kläger habe nicht verlangt werden können, innerhalb der tariflichen Ausschlußfrist seinen Anspruch geltend zu machen. Der Kläger habe nach seinem unwidersprochenen Vortrag bei der rechtzeitigen mündlichen Geltendmachung seiner Forderung die Auskunft erhalten, daß er keinen Anspruch auf Übergangsgeld habe und ein schriftlicher Antrag daher auch nicht gestellt zu werden brauche. Die Nichtherausgabe des Antragsformulars durch die Personalsachbearbeiterin stelle in Verbindung mit der ablehnenden Auskunft gegenüber dem Antragsteller ein Verhalten dar, das geeignet gewesen sei, von einer weiteren förmlichen Geltendmachung seines Begehrens Abstand zu nehmen. Es sei eine Vorentscheidung über den Anspruch getroffen worden, auf die sich der Kläger mangels einer Möglichkeit zur besseren Unterrichtung habe verlassen müssen. Aufgrund der Auskunft von kompetenter Stelle habe er glauben dürfen, er gehöre nicht zum Kreis der Anspruchsberechtigten und eine weitere Geltendmachung sei zwecklos. Zumindest sei aber der Lauf der Ausschlußfrist bis zur Veröffentlichung der Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 13. Juli 1982 und 16. November 1982 gehemmt gewesen. Aufgrund des Verhaltens der Beklagten sei er jedenfalls im Wege eines Schadenersatzanspruchs wegen Verletzung nachwirkender Fürsorgepflicht so zu stellen, als ob die Ausschlußfrist für die Beantragung des Übergangsgeldes im Zeitpunkt der schriftlichen Geltendmachung nicht abgelaufen gewesen wäre.

II. Diese Auffassung des Landesarbeitsgerichts hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

1. Das Landesarbeitsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, daß dem Kläger grundsätzlich das Übergangsgeld trotz der Gewährung der Erwerbsunfähigkeitsrente zustand, da er nach Lebensalter und Beschäftigungsdauer die tariflichen Voraussetzungen für die Gewährung von Übergangsgeld gem. § 62 Abs. 1 BAT erfüllt hatte.

a) Dem Anspruch des Klägers auf Übergangsgeld stand vorliegend auch § 62 Abs. 4 Unterabs. 2 BAT nicht entgegen, wonach ein Übergangsgeld nicht für den Zeitraum vom Beginn des dritten Monats seit dem Beginn einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung zusteht, wenn das Arbeitsverhältnis vor Beginn der Erwerbsunfähigkeit oder der Berufsunfähigkeit begründet worden war.

Nach § 42 SchwbG a.F. vom 29. April 1974 (BGBl I S. 1006) i.d.F. vom 8. Oktober 1979 (BGBl I S. 1649) durften bei der Bemessung des Arbeitsentgelts und der Dienstbezüge Renten und vergleichbare Leistungen, die wegen einer Behinderung bezogen wurden, nicht berücksichtigt werden. Daraus hat das Bundesarbeitsgericht (BAGE 37, 245, 249 = AP Nr. 2 zu § 42 SchwbG = EzA § 42 SchwbG Nr. 2; BAG Urteil vom 13. Juli 1982 - 3 AZR 576/80 - AP Nr. 3 zu § 42 SchwbG = EzA § 42 SchwbG Nr. 3; erkennender Senat Urteil vom 27. November 1986 - 6 AZR 558/84 - DB 1987, 2049 f., auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt) geschlossen, daß beim Übergangsgeld gem. §§ 62 ff. BAT eine Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente, wenn die Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit auf einem Schwerbehindertenleiden beruht, weder angerechnet werden noch zum Ausschluß oder zur Kürzung des Anspruchs führen darf. Die Vorschrift des § 62 Abs. 4 Unterabs. 2 BAT ist daher im Bereich des Schwerbehindertenrechts nicht anwendbar gewesen (vgl. erkennender Senat, Urteil vom 27. November 1986, aaO).

b) Auch eine Anrechnung nach § 63 Abs. 5 BAT kam nicht in Betracht. Zwar sieht § 63 Abs. 5 BAT die Anrechnung von Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung und laufenden Versorgungsbezügen auf das zu zahlende Übergangsgeld und dessen Auszahlung nur insoweit vor, als es die Summe der anrechenbaren Leistungen für den gleichen Zeitraum übersteigt. Das Bundesarbeitsgericht hat aber die Vorschrift insoweit für rechtsunwirksam gehalten, als sie sich auf das vorgezogene Altersruhegeld von Schwerbehinderten oder Berufsunfähigkeits- oder Erwerbsunfähigkeitsrente bezog, wenn die Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit auf einem Schwerbehindertenleiden beruht (vgl. u.a. BAGE 37, 245, 249 = AP, aaO; BAG Urteil vom 13. Juli 1982 - 3 AZR 576/80 - aaO; BAG Urteil vom 11. Dezember 1985 - 7 AZR 351/84 - nicht veröffentlicht m.w.N.; erkennender Senat, Urteil vom 9. Juli 1987 - 6 AZR 542/84 - nicht veröffentlicht).

c) Daran hat die durch Art. 6 des 2. Haushaltsstrukturgesetzes vom 22. Dezember 1981 (BGBl I S. 1523) erfolgte Neufassung des § 42 SchwbG nichts geändert. Zwar gilt seit dem 1. Januar 1982 das Anrechnungsverbot nicht mehr (vgl. BAGE 40, 355, 358 = AP Nr. 8 zu § 42 SchwbG = EzA § 42 SchwbG Nr. 9; BAGE 46, 245, 248 = AP Nr. 13 zu § 42 SchwbG = EzA § 42 SchwbG Nr. 14; BAG Urteil vom 11. Dezember 1985 - 7 AZR 351/84 -; zuletzt erkennender Senat, Urteile vom 27. November 1986 - 6 AZR 558/84 -, aaO, sowie vom 9. Juli 1987 - 6 AZR 542/84 -). Die neue Regelung gilt aber noch nicht für Angestellte, deren Arbeitsverhältnis vor dem 1. Januar 1982 geendet hat (vgl. BAGE 40, 355, 360 = AP, aaO; BAG Urteil vom 11. Dezember 1985 - 7 AZR 351/84 -; BAG Urteil vom 27. November 1986 - 6 AZR 558/84 -, aaO; BAG Urteil vom 9. Juli 1987 - 6 AZR 542/84 -).

2. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts ist der entstandene Anspruch des Klägers auf Zahlung des Übergangsgeldes aber gem. § 70 BAT verfallen, da er ihn nicht innerhalb der Ausschlußfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht hat.

a) Der Ablauf tariflicher Ausschlußfristen ist von Amts wegen zu beachten (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, vgl. u.a. Urteil vom 27. Februar 1968 - 1 AZR 369/67 - AP Nr. 2 zu § 37 BAT; BAGE 23, 83, 89 = AP Nr. 2 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer; Urteil vom 12. Juli 1972 - 1 AZR 445/71 - AP Nr. 51 zu § 4 TVG Ausschlußfristen; Urteil vom 8. März 1976 - 5 AZR 361/75 - AP Nr. 4 zu § 496 ZPO = EzA § 4 TVG Ausschlußfristen Nr. 26 sowie aus jüngster Zeit die Senatsurteile vom 18. Dezember 1986 - 6 AZR 36/85 - nicht veröffentlicht, m.w.N. aus dem Schrifttum; vom 25. Juni 1987 - 6 AZR 506/84 - zur Veröffentlichung auch in der Amtlichen Sammlung bestimmt; vom 9. Juli 1987 - 6 AZR 542/84 -), ohne daß sich eine Partei darauf zu berufen braucht. Ihr Ablauf bewirkt das Erlöschen des Rechts (vgl. BAG Urteil vom 5. November 1963 - 5 AZR 136/63 - AP Nr. 1 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag; Senatsurteile vom 18. Dezember 1986 - 6 AZR 36/85 - und vom 9. Juli 1987 - 6 AZR 542/84 -).

b) Die schriftliche Geltendmachung des Anspruchs innerhalb der Ausschlußfrist war im Streitfalle auch nicht entbehrlich. Der Hinweis auf den Ablauf der tarifvertraglichen Verfallfrist ohne formwirksame Geltendmachung stellt sich nicht als unzulässige, gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßende Rechtsausübung dar.

aa) Die Äußerung der Personalsachbearbeiterin, der Kläger habe keinen Anspruch auf Übergangsgeld und es bedürfe deshalb auch keines schriftlichen Antrages, war zwar rechtlich unzutreffend. Eine objektiv unzutreffende Rechtsauskunft des anderen Vertragsteils hindert aber nicht den Verfall von Ansprüchen. Die Ungewißheit des Gläubigers über Umfang und Grenzen seiner Forderung steht der Geltendmachung nicht entgegen, da er bei besserer Rechtskenntnis die Forderung erheben und notfalls auch einklagen kann (vgl. BAG Urteil vom 13. Dezember 1983 - 3 AZR 264/80 - nicht veröffentlicht; BAG Urteil vom 18. Dezember 1986 - 6 AZR 13/85 - nicht veröffentlicht). Zum Zeitpunkt der Auskunft durch die Personalsachbearbeiterin der Beklagten im Dezember 1980/Januar 1981 lagen die die Rechtslage klärenden Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahre 1982 noch nicht vor. Wenn daher die Beklagte in einer höchstrichterlich noch ungeklärten Rechtsfrage einen sich später als irrig erweisenden Rechtsstandpunkt einnahm, ändert dies nichts daran, daß es Sache des Klägers gewesen wäre, darauf bedacht zu sein, sich selbst, unabhängig von der Beklagten, ein Urteil über die Berechtigung seiner Ansprüche zu bilden. Der Kläger kann nicht ohne weiteres darauf vertrauen, daß ein für ihn ungünstiger Rechtsstandpunkt des Arbeitgebers auch zutreffend ist. Wenn er gleichwohl der ihm nicht günstigen Rechtsansicht seines Vertragspartners glaubt und es unterläßt, den Anspruch rechtzeitig und formgerecht geltend zu machen, ist das sein Risiko und kann nicht zu Lasten der Beklagten gehen (vgl. BAGE 17, 248, 255 = AP Nr. 5 zu § 1 TVG Tarifverträge: BAVAV; erkennender Senat Urteil vom 18. Dezember 1986 - 6 AZR 13/85 -).

TEXTbb) Auch die Nichtvorlage des Antragsformulars durch die Personalsachbearbeiterin der Beklagten führt zu keiner anderen Bewertung. Abgesehen davon, daß die Nichtaushändigung eines Antragsformulars in unmittelbarem Zusammenhang mit der erteilten Rechtsauskunft steht und damit letztlich nur dessen zwangsläufige Folge darstellt, trifft den öffentlichen Arbeitgeber auch nicht die allgemeine Fürsorgepflicht, seine Arbeitnehmer über etwaige Ansprüche zu belehren, wenn darüber rechtlich verschiedene Ansichten möglich sind (BAGE 8, 279, 284 = AP Nr. 25 zu § 256 ZPO; BAG Urteil vom 16. November 1982 - 3 AZR 454/80 - AP Nr. 6 zu § 42 SchwbG; BAG Urteil vom 21. August 1984 - 3 AZR 459/80 - nicht veröffentlicht; erkennender Senat Urteil vom 18. Dezember 1986 - 6 AZR 13/85 - nicht veröffentlicht). Dies gilt zumindest dann, wenn es um Ansprüche geht, die bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzuwickeln waren. Einen Anspruch auf Übergangsgeld kann der Arbeitnehmer auch ohne Hilfe des Arbeitgebers durchsetzen. Insoweit gilt der allgemeine Grundsatz, daß jedermann sich über seine Rechte und Befugnisse Gewißheit verschaffen muß. Dem Arbeitgeber kann nicht zugemutet werden, in umfassender Weise die Interessen des Arbeitnehmers zu wahren (BAG Urteil vom 31. Juli 1984 - 3 AZR 205/84 - unveröffentlicht). Insofern gehörte es auch nicht zu den Verpflichtungen der Beklagten, den Kläger auf eine schriftliche Geltendmachung hinzuweisen oder ihn durch Vorlage des Antragsformulars darin zu unterstützen, obwohl sie die Auffassung vertrat, daß überhaupt kein Anspruch bestand. In der Nichtvorlage des Antragsformulars kann weder eine Verletzung von Pflichten und Obliegenheiten aus dem Arbeitsverhältnis noch ein "Abhalten" von einer fristgerechten Geltendmachung der Ansprüche gesehen werden. Auch im öffentlichen Dienst gilt im Zusammenhang mit Ansprüchen auf Übergangsgeld als allgemeiner Grundsatz, daß jedermann sich über seine Rechte und Befugnisse Gewißheit verschaffen muß. Die Berufung auf eine Ausschlußfrist kann deshalb nur ausnahmsweise in besonders krassen Fällen rechtsmißbräuchlich sein (vgl. BAG Urteil vom 16. August 1983 - 3 AZR 206/82 - AP Nr. 131 zu § 1 TVG Auslegung). Eine andere Bewertung würde dem Sinn und Zweck einer tariflichen Ausschlußfrist zuwiderlaufen. Mit tariflichen Ausschlußfristen wird der Zweck verfolgt, die Ansprüche einer möglichst schnellen endgültigen Erledigung zuzuführen. Sinn und Zweck der Forderung nach einer schriftlichen Geltendmachung bestehen darin, dem Schuldner den behaupteten Anspruch so deutlich zu machen, daß er sich über Inhalt und Umfang klar werden kann (vgl. BAG Urteil vom 4. Februar 1981 - 4 AZR 948/78 - AP Nr. 8 zu § 70 BAT). Für den möglichen Schuldner soll möglichst bald Gewißheit eintreten, auf welche Ansprüche er sich einzurichten hat (vgl. erkennender Senat Urteil vom 18. Dezember 1986 - 6 AZR 13/85 -). Dieser Zweck würde in sein Gegenteil verkehrt, wenn gefordert würde, daß der mögliche Schuldner bei einer nicht formgerechten Geltendmachung erst dann Gewißheit erlangen kann, wenn er seinen möglichen Gläubiger im Widerspruch zu seiner eigenen Rechtsauffassung zu einer formgerechten Geltendmachung aufgefordert hat, mithin ein Tätigwerden des Schuldners statt des Gläubigers erforderlich wäre.

cc) Ein Rechtsmißbrauch kann auch nicht aus anderen Gründen angenommen werden. Die Beklagte hat zu keinem Zeitpunkt den Eindruck erweckt, als wolle sie auch ohne Einhaltung der schriftlichen Geltendmachung erfüllen oder von der Einhaltung der schriftlichen Geltendmachung überhaupt absehen (vgl. dazu u.a. BAG Urteil vom 16. August 1983 - 3 AZR 206/82 - aaO; sowie Senatsurteile vom 18. Dezember 1986 - 6 AZR 36/85 - sowie vom 9. Juli 1987 - 6 AZR 542/84 -).

dd) Das Verhalten der Beklagten nach Bekanntwerden der Urteile des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahre 1982 ist rechtlich im Hinblick auf die Ausschlußfrist nicht relevant, da entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ihr Ablauf nicht bis zu diesem Zeitpunkt gehemmt war, sondern der Anspruch des Klägers schon vorher erloschen war.

3. Da der Anspruch des Klägers erloschen ist wegen Ablaufs der Ausschlußfrist, kann ebenfalls die Frage dahingestellt bleiben, ob der Anspruch des Klägers gem. § 196 BGB zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits verjährt war und die Einrede der Verjährung durchgreift.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

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Fundstellen

Dokument-Index HI440881

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