Leitsatz (amtlich)
Eine Kündigungserklärung, die jemandem zugeht, kann diesem nur mit dem Inhalt als zugegangen zugerechnet werden, wie er sie vernünftigerweise verstehen konnte.
Normenkette
BGB § 130 Abs. 1, § 133
Verfahrensgang
LAG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 09.04.1957; Aktenzeichen 1 Sa 253/56) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mainz vom 9. April 1957 – 1 Sa 253/56 – aufgehoben. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der Kläger leitete seit Juli 1950 eine von seinem Schwager G… betriebene Wechselstube in Vogelbach. Ende 1952 übernahm die Beklagte diese Wechselstube. Bei der Übernahme der Wechselstube schloß die Beklagte, die damals unter der Firma I…, Filiale Kaiserslautern, auftrat, mit G… am 30. Juni 1952 folgenden Vertrag:
“I. Herr G… verpflichtet sich, den bei ihm angestellten Herrn Hans O…, wohnhaft in Vogelbach, der I… mit der Maßgabe zur Verfügung zu stellen, daß Herr O… weiterhin Angestellter von Herrn G… bleibt, aber für die I… nach deren Weisungen tätig ist.
II. Herr G… erhält für die Überlassung des Herrn O… zunächst für die Dauer eines Jahres eine Vergütung von DM 650, – monatlich und wird davon DM 550,– monatlich als Bruttogehalt für Herrn O… verwenden. Die Steuern und sozialen Beiträge hinsichtlich des Gehalts von Herrn O… werden durch Herrn G… einbehalten und abgeführt. Die Zahlung der Vergütung erfolgt am Ende jeden Monats. Sollten sich die Leistungen, die Herr G… als Arbeitgeber des Herrn O… zu erbringen hat (Gehalt, Versicherungsbeiträge oder sonstige soziale Leistungen), infolge einer Änderung der derzeit geltenden gesetzlichen Bestimmungen erhöhen, so ist die Bank während der Laufzeit dieses Vertrages verpflichtet, eine entsprechende höhere Vergütung an Herrn G… zu zahlen.
III. Der Vertrag tritt am 1. Juli 1952 in Kraft und läuft bis zum 30. Juni 1953. Von diesem Zeitpunkt ab kann er von beiden Seiten für den Schluß eines Kalenderhalbjahres unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Wochen gekündigt werden.
IV. Die I… ist jederzeit zur fristlosen Kündigung des Vertrages berechtigt, sofern ein wichtiger Grund vorliegt, der sie zur fristlosen Kündigung gegenüber Herrn O… berechtigen würde, wenn dieser von ihr angestellt wäre.
Im Falle einer solchen Kündigung ermäßigt sich die Herrn G… für den laufenden Monat zu zahlende Vergütung entsprechend der Anzahl der Tage, an denen Herr O… in dem betreffenden Monat infolge der Kündigung nicht mehr bei der I… tätig ist.
Für den Fall, daß die I… sich zur fristlosen Kündigung dieses Vertrages wegen eines von Herrn O… gesetzten wichtigen Grundes veranlasst sehen sollte, sollen aus dem der fristlosen Kündigung zugrunde liegenden Anlaß gegenüber Herrn Friedrich G…, Vogelbach, keinerlei Regress- oder sonstige Haftungsansprüche geltend gemacht werden.
Auch sonst hat Herr G… für irgendwelchen Schaden, der der I… aus der Tätigkeit des ihr zur Verfügung gestellten Herrn O… etwa erwachsen sollte, nicht einzustehen.
V. …”
Am 12. November 1954 richtete die Beklagte an G… folgenden Einschreibebrief:
“Sehr geehrter Herr G…,
wir nehmen Bezug auf den am Dienstag, dem 9. ds. Mts. zusammen mit unserem Herrn Direktor R… von der Filiale Ludwigshafen bei Ihnen ausgeführten Besuch, in dessen Verlaufe wir Ihnen davon Kenntnis gaben, daß wir auf die weitere Beschäftigung Ihres Schwagers, des Herrn Hans O… mit Rücksicht auf die Ihnen näher geschilderten gesundheitlichen Gründe künftig verzichten möchten.
Wir machen daher der Ordnung halber von unserem in dem mit Ihnen abgeschlossenen Vertrag über die Beschäftigung des Herrn O… durch uns enthaltenen Kündigungsrecht hiermit Gebrauch.
Wir wiederholen auch hier unsere Erklärung, daß wir mit der Leistung des Herrn O… als Kassierer bei unserer Wechselstelle Vogelbach bis zum heutigen Tage sehr zufrieden waren und daß keinerlei irgendwie anders geartete Gründe für unsere Ausführungen vorliegen, als die Ihnen mündlich geschilderten.
Wir wiederholen in diesen Zeilen, daß wir uns selbstverständlich sehr bemühen werden, bei unseren Geschäftsfreunden oder anderen uns zufällig bekannt werdenden Adressen eine Beschäftigung für Herrn O… zu finden, bei der man voraussetzen kann, daß sie seinem Gesundheitszustand zuträglich ist. Im übrigen wollen wir nicht versäumen, Ihnen erneut unseren Dank für die Zurverfügungstellung des Herrn O… auszusprechen.”
Nach dem 31. Dezember 1954 wurde der Kläger in der Wechselstube nicht mehr tätig.
Der Kläger hat zunächst gegen G… Klage erhoben mit dem Antrag festzustellen, daß sein Arbeitsverhältnis mit diesem über den 31. Dezember 1954 hinaus fortbesteht. Diese seine Klage blieb in zwei Instanzen erfolglos. Das Landesarbeitsgericht hat zur Begründung seines Urteils, durch das es die Berufung des Klägers rechtskräftig zurückgewiesen hat, ausgeführt, es könne dahinstehen, ob G… oder die Beklagte Arbeitgeber des Klägers gewesen sei. Ersterenfalls sei das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger von G… gemäß § 66 HGB fristgerecht zum Quartalsende dadurch gekündigt worden, daß G… den Kläger am 12. November 1954 von dem Schreiben der Beklagten an G… unterrichtet habe. Kündigungsschutz nach näherer Maßgabe des KSchG könne der Kläger solchenfalls nicht in Anspruch nehmen, weil in der Wechselstube neben ihm nur noch eine Angestellte beschäftigt gewesen sei und das Kündigungsschutzgesetz daher gemäß § 21 Abs. 1 Satz 2 KSchG nicht zur Anwendung komme. Nehme man dagegen an, die jetzige Beklagte sei Arbeitgeber des Klägers gewesen, so könne der Kläger die begehrte Feststellung gegen G… deshalb nicht erreichen, weil dann zwischen ihm und G… keine arbeitsvertraglichen Beziehungen bestanden hätten.
Nach rechtskräftiger Erledigung des soeben erwähnten Rechtsstreites hat der Kläger von der Beklagten Zahlung seines Gehaltes für das Jahr 1955 im Betrage von 12 × 550,– DM = 6.600,– DM verlangt. Er hat dazu geltend gemacht, durch Eingliederung in den Betrieb der Beklagten sei er in ein unmittelbares Arbeitsverhältnis zu dieser getreten, das von der Beklagten nicht gekündigt worden sei und daher über den 31. Dezember 1954 hinaus fortbestehe. Diese seine Klage ist in den beiden Vorinstanzen ebenfalls erfolglos geblieben.
Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.
Entscheidungsgründe
1. Die Rechtfertigung des Begehrens des Klägers auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 6.600,– DM Gehalt für das Jahr 1955 setzt – was das Landesarbeitsgericht nicht ausdrücklich erörtert hat, wovon es aber möglicherweise ebenfalls ausgeht – voraus, daß der Kläger zu der Beklagten im ganzen Jahr 1955 in einem Arbeitsverhältnis gestanden hat und die Beklagte mit der Annahme der Dienste des Klägers in dieser Zeit in Annahmeverzug geraten ist (§ 615 Satz 1 BGB).
2. Das Landesarbeitsgericht hat dahinstehen lassen, ob der Kläger zu der Beklagten in einem unmittelbaren Arbeitsvertragsverhältnis gestanden habe. Es hat ausgeführt, selbst wenn man davon ausgehe, daß der Kläger zu der Beklagten bis Ende 1954 in einem unmittelbaren Arbeitsverhältnis gestanden habe, sei ein solches durch die Beklagte zum 31. Dezember 1954 dem Kläger gegenüber wirksam gekündigt worden. Es hat eine dahingehende Kündigungserklärung der Beklagten gegenüber dem Kläger in deren Schreiben an G… vom 12. November 1954 gesehen und angenommen, diese Kündigungserklärung der Beklagten wirke gegenüber dem Kläger, weil G… dessen arbeitsrechtlicher Stellvertreter gewesen sei. Auch wenn G… nicht als Stellvertreter des Klägers angesehen werde, wirke das Schreiben der Beklagten vom 12. November 1954 an G… als eine Kündigungserklärung gegenüber dem Kläger jedenfalls deshalb, weil die Beklagte ausweislich des Inhaltes des Schreibens vom 12. November 1954 bewußt damit gerechnet habe, daß es von G… an den Kläger weitergegeben werde, was auch geschehen sei. Die somit dem Kläger gegenüber als geschehen anzunehmende Kündigung eines etwaigen Arbeitsverhältnisses des Klägers mit der Beklagten zum 31. Dezember 1954 sei gemäß § 66 HGB auch fristgerecht erfolgt und auch wirksam, weil der Kläger sie nicht gemäß § 3 KSchG angefochten habe.
3. Diese Auslegung des Schreibens der Beklagten an G… vom 12. November 1954 als eine an den Kläger gerichtete Kündigung eines – vom Landesarbeitsgericht unterstellten – unmittelbaren Arbeitsvertragsverhältnisses des Klägers mit der Beklagten enthält, was das Revisionsgericht als materiellen Rechtsverstoß ohne Rüge des Revisionsklägers prüfen kann, eine Verletzung der §§ 130 Abs. 1, 133 BGB.
Eine Kündigung ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die dem Kündigungsgegner zugegangen sein muß (§ 130 Abs. 1 BGB), das heißt, so in seine Macht gekommen ist, daß seine Kenntnis erwartet werden durfte (vgl. statt aller: Enneccerus-Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 14. Aufl., 1955, Band 1, Halbband 2, § 205 I. 5. S. 897 und § 158 II. A. 1. S. 666 ff. mit weiteren Nachweisen). Eine Kenntnisnahme und damit der Zugang einer empfangsbedürftigen Willenserklärung ist aber nur mit dem Inhalt möglich, der dem Erklärungsempfänger erkennbar ist. Das, was einem Erklärungsempfänger erkennbar sein muß, ist nach den Maßstäben des § 133 BGB zu beurteilen, d. h. es ist darauf abzustellen, wie der Erklärungsempfänger nach der allgemeinen Verkehrssitte und unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben eine ihm zugegangene Erklärung auffassen mußte. Nur eine solche Betrachtung wird dem Verkehrssicherheitsgedanken gerecht, daß eine Erklärung, die jemandem zugeht, diesem nur mit dem Inhalt als zugegangen zugerechnet werden kann, wie er sie vernünftigerweise verstehen konnte (vgl. Enneccerus-Nipperdey, aa0, § 205 I. 5. S. 897 mit weiteren Nachweisen zu Fußnote 22; RGRK Bd. I, 11. Aufl., 1959, § 133 Anm. 7).
Demnach kann in dem Schreiben der Beklagten vom 12. November 1954 an G… nur dann eine dem Kläger zugegangene Kündigungserklärung gesehen werden, wenn entweder der Kläger selbst, als er von dem Schreiben durch G… Kenntnis erhielt, oder gegebenenfalls sein Stellvertreter das Schreiben nach den gesamten Umständen und unter Berücksichtigung der allgemeinen Verkehrsauffassung und nach Treu und Glauben so verstehen mußte, damit sei ein – vom Landesarbeitsgericht unterstelltes – Arbeitsvertragsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten gekündigt worden. Daß aber der Kläger oder G…, falls dieser Stellvertreter des Klägers für die Entgegennahme von Kündigungen der Beklagten an den Kläger gewesen sein sollte, das Schreiben der Beklagten vom 12. November 1954 an G… nach den gesamten Umständen, nach der allgemeinen Auffassung des Verkehrs sowie nach Treu und Glauben als eine Kündigung eines Arbeitsvertragsverhältnisses zwischen der Beklagten und dem Kläger auffassen mußten, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Das Schreiben vom 12. November 1954 selbst verhält sich nur darüber, daß die Beklagte das von ihr mit G… geschlossene Vertragsverhältnis kündige. Es besagt nichts darüber, daß auch ein davon verschiedenes Vertragsverhältnis zwischen der Beklagten und dem Kläger gekündigt werde und somit eine Doppelkündigung vorliege, nämlich eine solche des Vertrages der Beklagten mit G… und eine solche eines Vertrages der Beklagten mit dem Kläger. Auch die näheren Umstände, aus denen heraus das Schreiben der Beklagten vom 12. November 1954 an G… veranlaßt worden ist, ergeben noch nichts dafür, daß mit ihm auch die Kündigung eines Vertragsverhältnisses zwischen der Beklagten und dem Kläger erstrebt wurde und der Kläger eine solche zweite, von der Kündigung des Vertrages zwischen der Beklagten und G… verschiedene, Kündigung entweder selbst oder durch einen etwaigen Stellvertreter zur Kenntnis nehmen sollte und zur Kenntnis genommen hat. Die Beklagte hat sich ausweislich des mit G… geschlossenen Vertrages vom 30. Juni 1952 auf den Standpunkt gestellt, der Kläger stehe zu ihr in keinem Arbeitsvertragsverhältnis und sie könne sich von der Beschäftigung des Klägers in ihrem Betrieb dadurch lösen, daß sie nur den Vertrag mit G… kündige und daß eine davon verschiedene, zweite Kündigung eines weiteren Vertrages, nämlich eines etwaigen Arbeitsvertragsverhältnisses des Klägers mit der Beklagten nicht erforderlich sei. Dieser Standpunkt der Beklagten war nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts dem Kläger auch bekannt. Von einem solchen Standpunkt der Beklagten geht auch deren Schreiben vom 12. November 1954 an G… aus, in dem die Beklagte – entsprechend ihrem bisherigen Standpunkt – nur von einer Kündigung des “mit Ihnen” geschlossenen Vertrages spricht und damit – zudem noch mittels Einschreibebriefes – nur G…, nicht den Kläger anspricht. Soweit in dem Schreiben vom 12. November 1954 von der Beklagten zum Ausdruck gebracht wird, sie wolle ab 1. Januar 1955 auf die künftigen Dienste des Klägers verzichten, sie sei mit dessen Diensten in der Vergangenheit zufrieden gewesen, und sie werde sich bemühen, ihn anderweit zu empfehlen, und soweit das Landesarbeitsgericht in tatsächlicher Beziehung festgestellt hat, der Kläger habe entsprechend dem Willen der Beklagten alsbald von dem Inhalt des Schreibens vom 12. November Kenntnis bekommen, reicht das für die Annahme, deshalb habe die Beklagte eine Doppelkündigung und damit auch eine Kündigung eines Arbeitsvertragsverhältnisses der Beklagten mit dem Kläger erklären wollen und erklärt, nicht aus. Das sind alles nur Umstände, die erklären, warum die Beklagte das Vertragsverhältnis mit G… gekündigt hat. Bei der Einstellung der Beklagten, der Kläger stehe zu ihr in keinem Arbeitsvertragsverhältnis und sie könne sich von ihm durch Kündigung des Vertrages mit G… lösen, kommt auch dem Umstande, daß der Kläger von dem Schreiben vom 12. November 1954 nach dem Willen der Beklagten erfahren sollte und erfahren hat, keinerlei Bedeutung für die Annahme der Erklärung einer Doppelkündigung durch die Beklagte zu. Denn das waren in den Augen der Beklagten gerade die Folgen, für die sie als ausreichend ansah, wenn sie keine Doppelkündigung, sondern nur eine Kündigung, und zwar eine solche ihres Vertragsverhältnisses mit G… aussprach.
Es fehlt somit an hinreichenden tatsächlichen Feststellungen für die Annahme, daß die Beklagte mit dem Schreiben vom 12. November 1954 eine Doppelkündigung erklären wollte und erklärt hat; es fehlt aber auch eine Feststellung des Landesarbeitsgerichts darüber, daß der Kläger oder G… als sein etwaiger Stellvertreter das Schreiben der Beklagten vom 12. November 1954 an G… als eine von der Kündigung des Vertrages vom 30. Juni 1952 verschiedene Kündigung des etwaigen Arbeitsvertragsverhältnisses des Klägers mit der Beklagten hätten auffassen müssen. Demnach konnte das Landesarbeitsgericht nicht schon auf Grund der von ihm in Betracht gezogenen Umstände annehmen, ein etwaiges Arbeitsvertragsverhältnis des Klägers mit der Beklagten sei durch eine Kündigung der Beklagten gegenüber dem Kläger zum 31. Dezember 1954 beendet. Auf diesem Verstoß des Landesarbeitsgerichts gegen §§ 130 Abs. 1, 133 BGB beruht das angefochtene Urteil im Sinne des § 549 Abs. 1 ZPO. Es muß nach den bisher vom Landesarbeitsgericht erörterten Umständen möglich erscheinen, daß das Landesarbeitsgericht bei erneuter erschöpfender Berücksichtigung aller näheren Umstände, unter denen es zu dem Schreiben vom 12. November 1954 gekommen ist, bei dem Ergebnis verbleiben muß, daß mit dem Schreiben vom 12. November 1954 keine Kündigung eines etwaigen Arbeitsvertragsverhältnisses des Klägers mit der Beklagten zum 31. Dezember 1954 geschehen ist. Dann ist es weiter möglich, daß Ansprüche des Klägers aus einem zum 31. Dezember 1954 nicht gekündigten Arbeitsvertragsverhältnis des Klägers mit der Beklagten aus dem Gesichtspunkt des § 615 Satz 1 BGB für das Jahr 1955 bestehen. Da das Revisionsgericht hierüber keine entsprechenden tatsächlichen Feststellungen treffen kann, führt das gemäß §§ 564 Abs. 1, 565 Abs. 1 und Abs. 3 Ziffer 1 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung.
4. Bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung wird das Landesarbeitsgericht auf folgendes zu achten haben.
a) Sollte das Landesarbeitsgericht erneut so verfahren, daß es ein Arbeitsvertragsverhältnis zwischen Kläger und Beklagten unterstellt und lediglich für entscheidend hält, ob die Beklagte ein etwaiges Arbeitsvertragsverhältnis mit dem Kläger jedenfalls zum 31. Dezember 1954 gekündigt habe, so wird es, falls es eine solche Kündigung als geschehen in Betracht ziehen sollte, für deren Wirksamkeit nicht ohne weiteres auf § 3 KSchG abstellen dürfen, wie es das in dem angefochtenen Urteil getan hat. Es wird vorher klarstellen müssen, ob im Hinblick auf § 21 Abs. 1 Satz 2 KSchG es überhaupt auf den Gesichtspunkt der sozialen Rechtfertigung und damit auch auf § 3 KSchG ankommen kann.
b) Sollte das Landesarbeitsgericht eine solche Kündigung nicht feststellen können, so wird es zu erörtern haben, ob der Kläger überhaupt zu der Beklagten in einem Arbeitsvertragsverhältnis gestanden hat. Für die dabei möglicherweise auftauchende Frage, ob zwischen den Parteien ein unmittelbares Arbeitsvertragsverhältnis oder ein sogenanntes “mittelbares Arbeitsverhältnis” bestanden hat und inwieweit bei Vorliegen eines nur “mittelbaren Arbeitsverhältnisses” Gehaltsansprüche des Arbeitnehmers gegen den sogenannten “mittelbaren Arbeitgeber” gegeben sind, wird es aus dem Urteil des Vierten Senates des Bundesarbeitsgerichts vom 8. August 1958 – 4 AZR 173/55 – (BAG 6, 232 ff.) Entscheidendes entnehmen können.
Zu weiteren notwendigen Hinweisen sieht sich der Senat weder in der Lage noch veranlaßt.
Unterschriften
gez. Dr. Müller, Dr. Meier-Scherling, Dr. Stumpf, Siebrecht, Krebs
Fundstellen