Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung einer tariflichen Befristungsregelung
Orientierungssatz
Parallelsache zu BAG Urteil vom 11.8.1988 2 AZR 95/88.
Verfahrensgang
LAG Schleswig-Holstein (Entscheidung vom 27.10.1987; Aktenzeichen 1 Sa 316/87) |
ArbG Neumünster (Entscheidung vom 19.03.1987; Aktenzeichen 1 Ca 96/87) |
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Befristung.
Der im Jahre 1962 geborene Kläger war aufgrund eines am 4. April 1986 geschlossenen Arbeitsvertrages vom 7. April 1986 an bei der Beklagten, einem Unternehmen der Metallindustrie in Schleswig-Holstein, als Maschinenbeschicker in der Kostenstelle 320 des Unternehmens gegen einen Stundenlohn von 14,45 DM brutto beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde zunächst bis zum 30. September 1986 befristet. Mit Schreiben vom 11. September 1986 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie bestätige die Verlängerung des Arbeitsvertrages bis zum 31. Dezember 1986.
Unter Ziff. 3.1 des Arbeitsvertrages hatten die Parteien die Geltung der "Tarifverträge für die Metallindustrie in Schleswig-Holstein" vereinbart. § 2 Ziff. 6 des Manteltarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer und Angestellten der Metallindustrie in den Ländern Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen und Teilen Niedersachsens vom 31. März 1979 (künftig: MTV 1979) lautet:
"6. Befristetes Arbeitsverhältnis
6.1 Die Befristung eines Arbeitsverhältnisses muß
sachlich begründet sein und darf die Dauer von
6 Monaten nicht überschreiten. Eine einmalige
Verlängerung bis zu 3 Monaten ist zulässig.
Die Bestimmungen des BMTV bleiben hiervon un-
berührt.
6.2 Wird die Beschäftigung über die in Absatz 6.1
genannten Zeiträume fortgesetzt, so wird aus
dem befristeten Arbeitsverhältnis ein Arbeits-
verhältnis auf unbestimmte Zeit.
6.3 Über den Absatz 6.1 hinaus ist eine Befristung
nur zulässig, wenn das Arbeitsverhältnis zur
Durchführung einer bestimmten Arbeit abge-
schlossen wird, die ihrer Natur und der Struktur
des Betriebes entsprechend einmalig ist.
6.4 Die Befristungen bedürfen der Schriftform."
Der MTV 1979 wurde durch den Manteltarifvertrag vom 6. Mai 1987/29. Februar 1988 (künftig: MTV 1987/88) für Teile des Tarifgebietes, u.a. für Schleswig-Holstein, ersetzt. § 2 Ziff. 6 dieses Tarifvertrages stimmt wörtlich mit § 2 Ziff. 6 MTV 1979 überein. In § 17 Ziff. 2.1 MTV 1987/88 ist, soweit hier von Interesse, bestimmt:
"§§ 1, 2 und 11 bis 16 sind mit Wirkung ab
01.04.1979 in Kraft getreten.
Die §§ 1, 2 und 10 bis 16 ersetzen den
gemeinsamen MTV vom 31.03.1979."
Mit seiner am 21. Januar 1987 bei Gericht eingegangenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, sein Arbeitsverhältnis bestehe auf unbestimmte Zeit fort, weil die vereinbarten Befristungen unwirksam seien.
Er hat vorgetragen, nach der Befristungsregelung des MTV 1979, die als günstigere dem Beschäftigungsförderungsgesetz vorgehe, müsse sich der sachliche Grund für die Befristung aus dem Vertrag ergeben. Der Arbeitsvertrag und auch die Verlängerungsvereinbarung enthielten hierzu jedoch nichts. Ihm sei der Befristungsgrund auch nicht auf andere Weise mitgeteilt worden. Es habe aber auch kein sachlicher Grund für die Befristung vorgelegen.
Der Kläger hat beantragt
1. festzustellen, daß zwischen den Parteien
ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht,
2. die Beklagte zu verurteilen, ihn zu unver-
änderten Bedingungen als Maschinenbeschicker
gegen einen Stundenlohn von 14,45 DM brutto
weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, die Befristung sei wirksam vereinbart worden. Nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz habe es für die Befristung keines sachlichen Grundes bedurft. Das Gesetz gehe dem MTV 1979 vor, da dieser Tarifvertrag keine selbständige Regelung enthalte, sondern nur den Inhalt des § 620 Abs. 1 BGB nach der Befristungsrechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wiedergebe.
Die Befristung sei aber auch nach der tariflichen Regelung wirksam. Schriftform sei nur für die Befristung selbst, nicht auch für den Befristungsgrund vorgeschrieben.
Es habe aber auch für beide Befristungen ein sachlicher Grund vorgelegen. Sie haben den Kläger als Urlaubsvertretung eingestellt, um zu gewährleisten, daß die zwei Schichten, in denen in diesem Bereich produziert werde, besetzt würden. Für den gesamten Betrieb habe sie 68 Mitarbeiter befristet und darüber hinaus im Jahre 1986 93 Mitarbeiter unbefristet eingestellt. Die Urlaubsvertretung sei erforderlich gewesen. Vom 23. Juni bis 8. August 1986 seien durchschnittlich etwa 50 % der in der Kostenstelle 320 beschäftigten Mitarbeiter in Urlaub gewesen. Ab Mai bis 23. Juni 1986 hätten sich etwa 15 bis 20 %, ab 8. August bis Ende September 1986 durchschnittlich 20 bis 30 % der ständig beschäftigten Mitarbeiter in diesem Bereich in Urlaub befunden. Im September 1986 habe die Kostenstelle 320 im Verhältnis zum Betriebsdurchschnitt einen doppelt so hohen, in den Monaten Oktober bis Dezember 1986 einen nahezu doppelt so hohen Krankenstand aufgewiesen. Außerdem habe sie im Jahre 1986 einen überdurchschnittlichen, um 10 % über Plan liegenden Auftragsbestand zu verzeichnen gehabt. Dieser habe sich Anfang des Jahres 1986 abgezeichnet und in den folgenden Monaten verfestigt. Da sie auf den erhöhten Auftragseingang erst dann durch Neueinstellungen reagiert habe, als abzusehen gewesen sei, daß er weiter anhalten werde, seien entsprechende Rückstände aufgelaufen, die sie ebenfalls habe abarbeiten müssen. Deshalb sei es nicht mehr möglich gewesen, in der Urlaubszeit mit einer reduzierten Belegschaft zu arbeiten. In den letzten vier Monaten des Jahres 1986 habe sich zudem insbesondere in der Kostenstelle 320 noch ein überdurchschnittlicher Krankenstand abgezeichnet, so daß sie mit der verminderten Belegschaft die eingegangenen Lieferverpflichtungen nicht mehr hätte einhalten können. Deshalb habe sie zusätzlich zu ihrer allgemeinen Krankenreserve noch befristet zusätzliche Mitarbeiter einstellen müssen. Sie habe die Rückstände bis zum Jahresende 1986 abbauen können. Ende dieses Jahres habe sich dann abgezeichnet, daß der Auftragseingang unter den Bestand des Jahres gefallen sei, so daß für 1987 eine zu hohe Planung veranschlagt worden sei.
Der Kläger hat den Vortrag der Beklagten zu der Beschäftigungslage in der Kostenstelle 320 sowie zu den Auftragseingängen und Produktionsrückständen bestritten. Durch die Urlaubsgewährung sei kein plötzlicher, unvorhergesehener zusätzlicher Arbeitskräftebedarf entstanden. Die Beklagte habe vielmehr im Verhältnis zum Bedarf zu wenig Personal beschäftigt. Gleiches gelte für den Krankenstand in den Monaten September bis Dezember 1986. Nach ihrem Vortrag habe die Fehlzeitenquote in diesem Zeitraum in der Kostenstelle 320 mehr als 50 % über dem Betriebsdurchschnitt gelegen. Es werde bestritten, daß die Fehlzeitenquote vor und nach diesem Zeitraum wesentlich günstiger gewesen sei. Auch der erhöhte Auftragsbestand vermöge die Befristungen nicht sachlich zu rechtfertigen. Dieser Umstand habe das ganze Jahr 1986 hindurch angehalten und deshalb keinen eine Befristung rechtfertigenden unvorhergesehenen zusätzlichen Arbeitskräftebedarf dargestellt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen.
Das Landesarbeitsgericht hat das arbeitsgerichtliche Urteil abgeändert. Es hat dem Feststellungsantrag stattgegeben, die Beklagte verurteilt, den Kläger zu unveränderten Bedingungen als Maschinenbeschicker gegen einen Stundenlohn von 14,45 DM brutto weiterzubeschäftigen und die weitergehende Leistungsklage abgewiesen.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt:
Es könne dahinstehen, ob die Befristung am Maßstab des Beschäftigungsförderungsgesetzes zu messen sei oder ob insoweit der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der Metallindustrie in Schleswig-Holstein eine vorrangige Regelung enthalte. In beiden Fällen sei die Befristung unwirksam.
Nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz sei die Verlängerung der Befristung bis zum 31. Dezember 1986 unzulässig gewesen. § 1 BeschFG 1985 erlaube nur eine einmalige Befristung bis zur Dauer von 18 Monaten, wenn der Arbeitnehmer neu eingestellt werde, nicht dagegen eine Verlängerung dieser Befristung.
Der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der Metallindustrie in Schleswig-Holstein lasse keine andere Regelung zu. Es könne offen bleiben, ob die von der Beklagten vorgetragenen Tatsachen einen sachlichen Befristungsgrund im Sinne von § 2 Ziff. 6.1 dieses Tarifvertrages darstellten. Die Befristung sei deshalb unwirksam, weil die zulässige Höchstdauer der Befristung überschritten worden sei. Nach § 2 Ziff. 6.1 Satz 1 des Tarifvertrages dürfe die Befristung die Dauer von sechs Monaten nicht überschreiten. Wenn mit der Verlängerungsklausel des Satzes 2 beabsichtigt gewesen wäre, eine Befristung von insgesamt neun Monaten zuzulassen, dann hätte Satz 2 lauten müssen: "Eine einmalige Verlängerung ist unter den gleichen Voraussetzungen bis zu drei Monaten zulässig". Die Verwendung des Begriffes "nicht überschreiten" in Satz 1 bedeute indessen, daß sich die Frist von sechs Monaten auf die gesamte einer Befristung unterliegende Zeit beziehe. Zwar wäre dann zur sachlichen Klarstellung nach den Worten "sechs Monaten" das Wort "insgesamt" einzufügen gewesen. Das Fehlen dieser Klarstellung ändere den Sinn jedoch nicht so, daß damit die Gesamtzeit der Befristung um die in Satz 2 angeführte Dauer verlängert werden könne. Nach § 2 Ziff. 6.2 des Tarifvertrages führe die Überschreitung der zulässigen Befristungsdauer zu einem unbefristeten Arbeitsverhältnis.
II. Diese Würdigung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. In ihrem Arbeitsvertrag vom 7. April 1986 haben die Parteien die Geltung der "Tarifverträge für die Metallindustrie in Schleswig-Holstein" vereinbart. Diese Verweisung bezieht sich nach ihrer weitgehenden Formulierung auf alle nach ihrem fachlichen, räumlichen und zeitlichen Geltungsbereich für das Arbeitsverhältnis in Betracht kommenden Tarifverträge. Ungeklärt ist in den Vorinstanzen geblieben, ob beide Parteien Mitglieder der Parteien des MTV 1979 und des MTV 1987/88 sind und ob bei Vertragsabschluß der MTV 1979, der nach § 17 Ziff. 2 erstmals vom 31. Dezember 1985 kündbar war, fortbestand oder bereits abgelaufen war. Die Beklagte hatte im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren vorgetragen, sie sei Mitglied einer der Parteien dieses Tarifvertrages, der nach dem Stand vom Juli 1984 gemäß dem Arbeitsvertrag auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung gefunden habe. Der Kläger hat es in erster Instanz als zutreffend bezeichnet, daß zwischen den Parteien die Geltung "der Tarifverträge für die Metallindustrie in Schleswig-Holstein" vereinbart worden sei. Auch das Berufungsgericht spricht nur von dem "Manteltarifvertrag für Arbeitnehmer der Metallindustrie in Schleswig-Holstein", ohne näher zu erläutern, ob der MTV 1979 oder der MTV 1987/88 gemeint sei.
Es kann jedoch unterstellt werden, daß bei Vertragsabschluß im April 1986 der MTV 1979 bereits abgelaufen war, deshalb nur noch seine Rechtsnormen gemäß § 4 Abs. 5 TVG bis zum Abschluß des MTV 1987/88 kraft Nachwirkung weitergegolten haben und keine beiderseitige Tarifbindung vorgelegen hat. Nach allgemeinen Grundsätzen kann die Anwendung nachwirkender Vorschriften eines Tarifvertrages auch in Arbeitsverträgen vereinbart werden, die erst im Nachwirkungszeitraum abgeschlossen werden. Dies gilt selbst dann, wenn gesetzliche Zulassungsnormen wie § 13 Abs. 1 Satz 2 BUrlG die einzelvertragliche Übernahme einer von zwingenden gesetzlichen Vorschriften abweichenden tariflichen Regelung gestatten (vgl. BAG Urteil vom 27. Juni 1978 - 6 AZR 59/77 - AP Nr. 12 zu § 13 BUrlG; KR-Hillebrecht, 3. Aufl., § 622 BGB Rz 147). Auch für die rechtliche Beurteilung der Wirksamkeit der Befristung ist unerheblich, ob die tarifliche Befristungsregelung des § 2 Ziff. 6 MTV 1979 kraft Vertrages oder kraft normativer Wirkung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet. Dies gilt, wie nachfolgend auszuführen sein wird, sowohl für die Auslegung der Befristungsregelung als auch für ihr Rangverhältnis zum Beschäftigungsförderungsgesetz.
Aus denselben Erwägungen kann offen bleiben, ob bei Ablauf des MTV 1979 zum Jahresende 1985 und beiderseitiger Tarifbindung die rückwirkende Inkraftsetzung der mit § 2 dieses Tarifvertrages inhaltsgleichen Regelung des § 2 MTV 1987/88 auch noch das im Jahre 1986 begründete Arbeitsverhältnis der Parteien erfassen konnte. Ist die Rückwirkung zulässig, so gilt diese Norm in jedem Falle kraft vertraglicher Vereinbarung, weil dann im Hinblick auf die weitgehende Formulierung der vertraglichen Verweisungsvorschrift der MTV 1987/88 vereinbart ist, soweit er sich Rückwirkung beilegt. Ist die Rückwirkung unzulässig, so gilt, wie ausgeführt, kraft vertraglicher Inbezugnahme § 2 Ziff. 6 MTV 1979.
2. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts erlaubt § 2 Ziff. 6.1 Satz 2 MTV 1979 eine einmalige Verlängerung bis zu drei Monaten auch über den Sechsmonatszeitraum des Satzes 1 hinaus.
a) Bei der Auslegung einer Tarifnorm ist vom Tarifwortlaut auszugehen und darüber hinaus der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien zu berücksichtigen, wie er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Hierbei ist auf den tariflichen Gesamtzusammenhang abzustellen. Verbleiben nach Auswertung von Tarifwortlaut und tariflichem Gesamtzusammenhang noch Zweifel, so kann zur Ermittlung des wirklichen Willens der Tarifvertragsparteien auf weitere Auslegungskriterien wie die Tarifgeschichte, die praktische Tarifübung und die Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrags zurückgegriffen werden (BAGE 46, 308, 313 ff. = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung; Senatsurteil vom 28. April 1988 - 2 AZR 750/87 - EzA § 622 BGB n.F. Nr. 25, zu II 2 b der Gründe). Diese Grundsätze gelten auch für die Auslegung einzelvertraglich in Bezug genommener Tarifnormen (BAGE 8, 91, 96 = AP Nr. 1 zu § 305 BGB, zu III der Gründe; Senatsurteil vom 28. April 1988, aaO, zu II 2 a der Gründe, m.w.N.).
b) Der Wortlaut des § 2 Ziff. 6.1 MTV 1979 läßt sowohl die vom Berufungsgericht wie von der Revision vertretene Auslegung zu.
Satz 1 regelt zunächst zwei Voraussetzungen für die zugelassene Befristung. Sie bindet sie an einen Sachgrund und schreibt eine Dauer von sechs Monaten vor, die nicht überschritten werden darf. Diese Formulierung deutet zunächst auf eine Höchstfrist hin. Der folgende Satz 2 verhält sich allein zur Dauer der Befristung. Er gestattet nur ihre einmalige Verlängerung und begrenzt ihre Dauer auf drei Monate. Daraus folgt, daß der in Satz 1 für die Befristung vorgeschriebene Sachgrund nicht nur für die zunächst vereinbarte Befristung, sondern auch für die nach Satz 2 zulässige Verlängerung gegeben sein muß. Nach dem Wortlaut der gesamten Befristungsregelung darf somit eindeutig zunächst eine Befristung von höchstens sechs Monaten und eine einmalige Verlängerung der Befristung um höchstens drei Monate vereinbart werden. Ferner muß für die zunächst vereinbarte Befristung und ihre Verlängerung ein sachlicher Grund vorliegen.
Bei diesem Verständnis der Befristungsregelung überzeugt die Auslegung des Berufungsgerichts nicht, die von der Überlegung bestimmt ist, daß Satz 2 für die Verlängerung das Erfordernis des sachlichen Grundes nicht wiederholt. Bezieht sich Satz 2 nur auf die Dauer der Befristung, so steht der Wortlaut des Satzes 1 nicht zwingend einer Auslegung entgegen, nach Satz 2 solle jede ursprünglich im Rahmen des nach Satz 1 Zulässigen vereinbarte Befristung und damit auch eine diesen Rahmen ausschöpfende einmal bis zu drei Monaten verlängert werden dürfen. Auszuschließen wäre eine solche Auslegung nur dann, wenn in Satz 1 ein eindeutiger Hinweis enthalten wäre, die Sechsmonatsfrist solle die absolute Höchstfrist darstellen, die Tarifvertragsparteien etwa formuliert hätten, die Befristung dürfe "insgesamt" die Dauer von sechs Monaten nicht überschreiten. Zu Unrecht meint das Berufungsgericht, dies wäre lediglich zur Klarstellung erforderlich gewesen. Andererseits schließt der Wortlaut eine solche einschränkende Auslegung auch nicht aus.
c) Entgegen der Ansicht der Revision ergibt sich die Zulässigkeit einer Verlängerung der Befristung auf maximal neun Monate nicht bereits eindeutig aus dem Gesamtzusammenhang mit der in § 2 Ziff. 6.2 MTV 1979 getroffenen Regelung der Folgen einer Fristüberschreitung. Wenn dort von einer Beschäftigung über die in Ziff. 6.1 genannten Zeiträume die Rede ist, so folgt aus dem Gebrauch des Plurals nicht zwingend, daß eine Verlängerung der Befristung über den in Ziff. 6.1 normierten Sechsmonatszeitraum hinaus zulässig sein müsse.
d) Gegen die Auslegung des Berufungsgerichts spricht bereits entscheidend der erkennbare Sinn und Zweck der tariflichen Befristungsregelung. Nach Ziff. 6.1 Satz 1 kann erstmalig eine Befristungsdauer bis zu sechs Monaten vereinbart werden. Wäre eine Verlängerung nach Satz 2 nur innerhalb dieses zeitlichen Rahmens möglich, so könnte der tarifliche Verlängerungszeitraum nur bei Erstbefristungen bis zu drei Monaten ausgeschöpft werden. Damit erhielte Ziff. 6.1 Satz 2 neben der Beschränkung auf eine nur einmalige Verlängerungsmöglichkeit eine weitere erhebliche Einschränkung des zulässigen Verlängerungszeitraums. Nach ihrem Wortlaut soll sie aber ohne weitere Einschränkung eine Verlängerung der Befristung bis zu drei Monaten eröffnen. Dieser Wertungswiderspruch ist nur zu vermeiden, wenn Ziff. 6.1 Satz 2 als Verlängerungsklausel verstanden wird, deren zeitlicher Rahmen ohne Rücksicht auf die Dauer der nach Satz 1 zulässigen Erstbefristung ausgeschöpft werden und damit zu einer zulässigen Gesamtbefristungsdauer bis zu neun Monaten führen kann.
3. Erlaubt die tarifliche Befristungsregelung somit eine Befristungsdauer bis zu neun Monaten, so konnten vorliegend die Parteien das zunächst vom 7. April bis 30. September 1986 innerhalb des Höchstrahmens des § 2 Ziff. 6.1 Satz 1 MTV 1979 befristete Arbeitsverhältnis gemäß Satz 2 um weitere drei Monate bis 31. Dezember 1986 und damit insgesamt auf die Dauer von acht Monaten und 24 Tagen befristen. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ist das Arbeitsverhältnis der Parteien somit nicht bereits gemäß § 2 Ziff. 6.2 MTV 1979 in ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit übergegangen.
III. Dieser Rechtsfehler führt zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
1. Das angefochtene Urteil kann nicht gemäß § 563 ZPO mit der Begründung bestätigt werden, die zwischen den Parteien vereinbarten Befristungen seien wegen Formmangels unwirksam mit der Folge, daß aus diesem Grunde ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit begründet worden sei und fortbestehe, weil der Kläger nach Ablauf der ersten sechs Monate den allgemeinen Kündigungsschutz des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG erworben und die Beklagte bisher keine Kündigung ausgesprochen habe.
a) Nach § 2 Ziff. 6.4 MTV 1979 bedürfen die Befristungen der Schriftform. Bereits aus dem Wortlaut folgt, daß dieser Formvorschrift konstitutive Wirkung zukommen soll und damit ein gesetzlicher Formzwang im Sinne des § 125 BGB begründet worden ist. Die Formulierung, daß eine bestimmte Willenserklärung oder Vereinbarung der Schriftform bedarf, ist allgemein üblich, wenn ein Formzwang begründet werden soll (vgl. Senatsurteil vom 10. Juni 1988 - 2 AZR 7/88 - EzA § 1 BeschFG 1985 Nr. 5, zu I 3 b aa der Gründe).
b) Dieser Formzwang besteht jedoch nur für die Vereinbarung der Befristung und ihrer Dauer, nicht auch für die Angabe der Gründe für die Befristung.
aa) Nach allgemeinem Sprachgebrauch liegt die Befristung eines Arbeitsverhältnisses vor, wenn der Eintritt des zukünftigen Ereignisses, das sein Ende herbeiführen soll, gewiß ist, mag auch, wie etwa für den Todesfall, der Zeitpunkt des Eintritts ungewiß sein (vgl. Senatsurteil vom 20. Dezember 1984 - 2 AZR 3/84 - AP Nr. 9 zu § 620 BGB Bedingung, zu B I 3 b der Gründe). Der Regelfall ist die kalendermäßige Befristung, die Vereinbarung einer bestimmten Zeit, mit deren Ablauf das Arbeitsverhältnis enden soll (§ 620 Abs. 1 BGB). Das Ende der vorgesehenen Vertragszeit kann dabei nach Tagen, Wochen oder einem anderen begrenzten Kalenderzeitraum festgelegt werden. Nach § 620 Abs. 2 BGB steht der Vereinbarung einer bestimmten Vertragszeit die Bestimmung einer Zeitdauer gleich, die sich aus der Beschaffenheit oder dem Zweck der Dienste ergibt (sog. Zweckbefristung; vgl. BAGE 41, 391, 398 = AP Nr. 14 zu § 15 KSchG 1969, zu B II 1 der Gründe; vgl. ferner KR-Hillebrecht, 3. Aufl., § 620 BGB Rz 50, 51, 58). Von der Vereinbarung der Befristung zu unterscheiden ist der sachliche Grund als materielle Voraussetzung für die Wirksamkeit der Befristungsvereinbarung nach den von der Rechtsprechung (grundlegend BAGE -GS- 10, 65 = AP Nr. 16 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) entwickelten Grundsätzen. Die Anerkennung eines tatsächlich bestehenden sachlichen Grundes hängt bei Zeitbefristungen grundsätzlich nicht davon ab, ob er dem Arbeitnehmer bei Vertragsabschluß mitgeteilt worden ist (vgl. KR-Hillebrecht, aaO, Rz 151).
bb) Vorliegend haben die Tarifvertragsparteien in § 2 Ziff. 6.1 MTV 1979 für die Befristung eines Arbeitsvertrages ebenfalls zwischen der Dauer der Befristung und dem sachlichen Grund hierfür unterschieden. Wenn sie deshalb in der in engem sachlichen Zusammenhang hierzu stehenden Ziff. 6.4 nur "die Befristungen" der Schriftform unterworfen haben, so spricht bereits der Tarifwortlaut dagegen, die Schriftformklausel auch auf die Angabe des sachlichen Grundes für die Befristung zu erstrecken. Gebrauchen die Tarifvertragsparteien Begriffe, die im Rechtsleben einen bestimmten Inhalt haben, so ist anzunehmen, daß sie ihn auch mit diesem Inhalt verwenden wollten.
cc) Aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang ergibt sich nichts Gegenteiliges.
Zu Unrecht meint die Revision, ohne Formzwang auch für die Angabe des Befristungsgrundes hätte die Norm keine eigenständige Bedeutung, weil der Arbeitsvertrag nach § 2 Ziff. 1.2 MTV 1979 jedenfalls für den Regelfall schriftlich zu fixieren sei. Diese Norm bestimmt, daß bei der Einstellung der Arbeitsvertrag schriftlich geschlossen werden soll. Sie ist somit nur eine Soll-Vorschrift und begründet deshalb keinen Formzwang (Senatsurteil vom 10. Juni 1988, aaO, zu I 3 b, aa der Gründe, m.w.N.). Auch wenn nur die Vereinbarung der Befristung einem Formzwang unterworfen werden sollte, mußte dies deshalb, wie in § 2 Ziff. 6.4 MTV 1979 geschehen, ausdrücklich festgelegt werden.
c) Die für die Vereinbarung der Befristung und ihrer Dauer vorgeschriebene tarifliche Schriftform haben die Parteien gewahrt, wie nach dem beiderseitigen Sachvortrag als unstreitig angesehen werden kann.
2. Die Beklagte kann sich zur Rechtfertigung der Befristungen nicht auf das BeschFG 1985 stützen, weil die tarifliche Befristungsregelung als die für den Arbeitnehmer günstigere der gesetzlichen Regelung vorgeht.
a) Der MTV 1979 enthält eine eigenständige Befristungsregelung und keine nur deklaratorische Wiedergabe des § 620 Abs. 1 BGB. Dies ergibt sich aus der für die Befristung vorgeschriebenen Höchstdauer und dem Erfordernis eines Sachgrundes auch in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses und damit vor Einsetzen des gesetzlichen Kündigungsschutzes nach § 1 Abs. 2 KSchG.
b) Solche tariflichen Befristungsregelungen gehen der gesetzlichen Befristungsregelung des Art. 1 § 1 BeschFG 1985 vor (BAG Urteil vom 25. September 1987 - 7 AZR 315/86 - AP Nr. 1 zu § 1 BeschFG 1985, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt). Diese gesetzliche Regelung kann zugunsten des Arbeitnehmers auch einzelvertraglich in der Weise abbedungen werden, daß es - trotz Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen des Art. 1 § 1 BeschFG 1985 - für die Wirksamkeit einer arbeitsvertraglichen Befristung eines sachlichen Grundes bedarf (BAG Urteil vom 24. Februar 1988 - 7 AZR 454/87 - AP Nr. 3 zu § 1 BeschFG 1985). Deshalb geht auch die einzelvertragliche Vereinbarung einer gegenüber der Befristungsregelung des BeschFG 1985 günstigeren tariflichen Befristungsregelung dem Gesetz vor.
3. Das Berufungsgericht muß deshalb dem Vortrag der Beklagten zum Vorliegen eines sachlichen Grundes nachgehen.
a) Hierbei ist auf die Anfang September 1986 getroffene Vereinbarung der zweiten Befristung für die Monate Oktober bis Dezember 1986 abzustellen. Nach der nunmehr ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAGE 49, 73; 51, 319 = AP Nr. 97 und 103 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) ist bei mehreren aneinandergereihten befristeten Arbeitsverträgen im Rahmen der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle grundsätzlich nur die Befristung des letzten Arbeitsvertrages auf ihre sachliche Rechtfertigung hin zu überprüfen; ob die vorausgegangenen Verträge wirksam waren, ist grundsätzlich unerheblich.
b) Darlegungs- und beweispflichtig für das Vorliegen eines sachlichen Grundes für die zweite Befristung des Arbeitsvertrages ist die Beklagte. Dies folgt bereits daraus, daß nach der hier anzuwendenden tariflichen Regelung der sachliche Grund Wirksamkeitsvoraussetzung für jede, selbst die erstmalige Befristung des Arbeitsvertrages ist. Schon deshalb ist kein Raum für die Anwendung der im Rahmen der allgemeinen Befristungskontrolle aufgestellten Grundsätze (BAGE 10, 65, 73 = AP, aaO, zu C 4 der Gründe; BAGE 37, 283, 293 = AP Nr. 64 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu B I 4 der Gründe), der Arbeitnehmer trage die Darlegungs- und Beweislast für das Nichtvorliegen eines sachlichen Befristungsgrundes und könne sich nur je nach Lage des Falles, etwa bei mehrfachen Befristungen, auf den Beweis des ersten Anscheins für das Fehlen eines sachlichen Grundes berufen.
c) Die Beklagte hat vorgetragen, sie habe den Kläger als Urlaubsvertretung eingestellt. In der Haupturlaubszeit (23. Juni bis 8. August 1986) seien durchschnittlich etwa 50 %, zuvor ab Mai 1986 15 bis 20 % und danach bis Ende September 1986 20 bis 30 % der in der Kostenstelle 320 ständig beschäftigten Mitarbeiter in Urlaub gewesen. Im September 1986 habe diese Kostenstelle im Verhältnis zum Betriebsdurchschnitt einen doppelt so hohen, in den Monaten Oktober bis Dezember 1986 einen nahezu doppelt so hohen Krankenstand aufgewiesen. Außerdem habe sie im Jahre 1986 einen unvorhergesehenen, um 10 % über Plan liegenden Auftragsbestand zu verzeichnen gehabt. Dieser habe sich Anfang des Jahres 1986 abgezeichnet und in den folgenden Monaten verfestigt. Da sie auf den erhöhten Auftragseingang erst dann durch Neueinstellung reagiert habe, als abzusehen gewesen sei, daß er weiter anhalten werde, seien entsprechende Rückstände aufgelaufen, die sie ebenfalls habe abarbeiten müssen. Sie hätte deshalb mit der so erheblich verminderten Belegschaft die eingegangenen Lieferverpflichtungen nicht mehr einhalten können. Sie habe die Rückstände bis zum Jahresende 1986 abbauen können. Aufgrund ihrer vierteljährlich in Zusammenarbeit mit dem Außendienst im Jahre 1986 durchgeführten Ermittlungen habe sie für das Jahr 1987 nicht mehr mit dem gleichen Auftragseingang rechnen können.
d) Nach diesem Vorbringen kommt als sachlicher Grund für die zweite Befristung des Arbeitsvertrages des Klägers nur der Abbau von Rückständen in Betracht.
aa) Auf Krankheitsvertretung kann sich die Beklagte für diese Befristung nicht berufen. Die Vertretung als Befristungsgrund setzt in jedem Falle voraus, daß durch zeitweiligen Ausfall eines oder mehrerer Mitarbeiter ein vorübergehender Beschäftigungsbedarf entstanden ist und der Arbeitnehmer wegen dieses Bedarfs befristet eingestellt wird (vgl. BAGE 49, 73 = AP, aaO; BAGE 55, 104, 111 f. = AP Nr. 112 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II 2 der Gründe). Bei der befristeten Weiterbeschäftigung des Klägers ab Oktober 1986 müßte es sich demgemäß um die Deckung eines Arbeitskräftebedarfs handeln, der ohne den krankheitsbedingten Ausfall von Arbeitskräften gar nicht entstanden wäre; nur dann könnte von einer (Weiter-)Beschäftigung zur Vertretung gesprochen werden. Nach dem Vortrag der Beklagten war aber der durch die aufgelaufenen Produktionsrückstände bedingte erhöhte Bedarf an Arbeitskräften in jedem Falle für die auf drei Monate bis zum Jahresende 1986 befristete Weiterbeschäftigung des Klägers mitbestimmend und damit der Vertretungsfall (Krankheit von Mitarbeitern) nicht allein ursächlich.
bb) Dagegen kann sich die Beklagte auf den Abbau von Rückständen zur Rechtfertigung der zweiten Befristung des Arbeitsvertrages berufen. Ein vorübergehender, von vornherein zeitlich begrenzter Mehrbedarf an Arbeitskräften ist geeignet, einen sachlichen Grund für eine Befristung abzugeben (KR-Hillebrecht, aaO, § 620 BGB Rz 166, 178 ff.). Einen solchen Befristungsgrund macht die Beklagte geltend. Ihr bisheriger Sachvortrag läßt sich dahin zusammenfassen, daß durch den im Jahre 1986 zunächst anhaltenden erhöhten Auftragseingang und die krankheitsbedingten Ausfälle von Arbeitnehmern in der Kostenstelle des Klägers Produktionsrückstände aufgetreten waren, die bis Jahresende 1986 zur Erfüllung der dem Kunden gegenüber bestehenden Lieferverpflichtungen abgebaut werden mußten, und daß nach den vierteljährlich im Unternehmen angestellten Bedarfsprognosen für 1987 nicht mehr mit Aufträgen solchen Umfangs zu rechnen war. Lagen diese Umstände bei Vereinbarung der zweiten Befristung Anfang September 1986 als dem für die Rechtfertigung der Befristung maßgebenden Zeitpunkt vor, so bestand damals lediglich ein vorübergehender Mehrbedarf an Arbeitskräften.
In dem erneuten Berufungsverfahren wird das Berufungsgericht der Beklagten Gelegenheit geben müssen, dieses Vorbringen noch näher zu erläutern und insbesondere darzulegen, welches Auftragsvolumen in der Kostenstelle des Klägers mit den etatmäßigen Arbeitskräften zu bewältigen ist und nach dem Erkenntnisstand der Beklagten Anfang September 1986 tatsächlich noch in den Monaten Oktober bis Dezember 1986 aufzuarbeiten war. Ferner wird die Beklagte noch vorzutragen haben, aufgrund welcher Umstände nach der letzten vor Vereinbarung der zweiten Befristung erstellten Bedarfsprognose für das Jahr 1987 mit einem Auftragsrückgang zu rechnen war, der jedenfalls in der Kostenstelle des Klägers keine zusätzlichen Arbeitskräfte mehr erforderte.
Hillebrecht Triebfürst Dr. Weller
Timpe Wisskirchen
Fundstellen