Entscheidungsstichwort (Thema)
Dynamisierte Betriebsrente-Einmalzahlungen. Anpassungsregelung einer Versorgungsordnung. Betriebsrentenberechnung. ruhegehalts-fähige Dienstbezüge. Grundgehalt. Einmalzahlungen. Auslegung. Gesamtzusagen. Tarif-verträge. revisionsgerichtliche Überprüfung. revisibles Recht. Betriebliche Altersversorgung. Tarifrecht. Prozeßrecht
Leitsatz (amtlich)
Die Einmalzahlungen in der Versicherungswirtschaft für die Zeit vor Inkrafttreten der prozentualen Gehaltserhöhungen auf Grund der Tarifvereinbarungen vom 4. Juli 1997 und 20. März 1999 waren nach der dem Senat vorliegenden Versorgungsordnung nicht als Änderung der “Bezüge der im aktiven Dienst stehenden Mitarbeiter” anzusehen und führten deshalb zu keiner Neuberechnung der Betriebsrente.
Orientierungssatz
- Die Auslegung der auf einer Gesamtzusage beruhenden Versorgungsordnung unterliegt der uneingeschränkten revisionsgerichtlichen Nachprüfung. Normative Versorgungsbestim-mungen sind revisibles Recht iSd. § 73 Abs. 1 ArbGG.
- Nach dem Regelungszusammenhang der vorliegenden Versorgungsordnung kam es auf die Änderung der ruhegehaltsfähigen Bezüge der im aktiven Dienst stehenden Mitarbeiter an. Ruhegehaltsfähig waren nur “das jeweilige Grundgehalt einschl. Ortszuschlag der Besoldungs- bzw. Vergütungsgruppe, in die der Angestellte bei Eintritt des Versorgungsfalles eingestuft war”. Zu diesen abschließend aufgezählten Vergütungsbestandteilen zählten nicht die auf Grund der Tarifvereinbarungen vom 4. Juli 1997 und 20. März 1999 in der Versicherungswirtschaft erbrachten Einmalzahlungen.
Normenkette
BetrAVG §§ 1, 16; TVG Tarifverträge: Versicherungswirtschaft § 1; Tarifvereinbarungen für die Versicherungswirtschaft vom 4. Juli 1997; Tarifvereinbarungen für die Versicherungswirtschaft vom 20. März 1999; ArbGG § 73; ZPO § 55
Verfahrensgang
Tenor
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob nach der Versorgungsordnung auch tarifliche Einmalzahlungen für die Zeit vor der prozentualen Gehaltserhöhung zu einer Neuberechnung der Betriebsrente führen.
Der Kläger war vom 1. Mai 1967 bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand am 1. Oktober 1993 als Angestellter im Innendienst der beiden Beklagten beschäftigt. Der Versorgungszusage lag das Versorgungswerk der Beklagten für den Innendienst vom 1. Januar 1964 (VW ID 64) zugrunde. Darin war eine auf 75 % der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge begrenzte Gesamtversorgung vorgesehen (vgl. § 3 Nr. 1 Buchst. a letzter Absatz und § 7 VW ID 64). Am 1. Oktober 1975 trat bei dem Beklagten ein Haustarif (HTV 1975) in Kraft. § 6 HTV 1975 bestimmte, daß die “Arbeitnehmer einen Anspruch auf zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung nach Maßgabe des Versorgungswerkes der Provinzial-Feuer- und Lebensversicherungsanstalt der Rheinprovinz haben”. Die Protokollnotiz zu dieser Vereinbarung führte Änderungen des § 3 Nr. 1 VW ID auf, unter anderem die Einfügung eines Satzes 2 im letzten Absatz des Buchstaben a. Seither lautet § 3 Nr. 1 Buchst. a und b VW ID wie folgt:
- “
Gemeinsame Bestimmungen
Das Ruhegeld beträgt nach einer Wartezeit von 10 anrechnungsfähigen Dienstjahren 35 v. H. der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge.
Das Ruhegeld steigt mit jedem weiteren Dienstjahr bis zum vollendeten fünfundzwanzigsten Dienstjahr
um 2 v. H.
und nach einer fünfundzwanzigjährigen Dienstzeit
um 1 v. H.
der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge bis zum Höchstsatz von 75 v. H.
…
Die Gesamtrente (Rente aus der Angestellten- und Invalidenversicherung, Rente aus der zusätzlichen Altersversorgung und Leistungen aus dem Versorgungswerk) darf den Höchstsatz von 75 v. H. der zuletzt bezogenen ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge nicht übersteigen. Ändern sich die Bezüge der im aktiven Dienst stehenden Mitarbeiter, so ist die Gesamtrente der Versorgungsempfänger neu zu berechnen.
Ruhegehaltsfähige Bezüge sind:
aa) das jeweilige monatliche Grundgehalt einschl. Ortszuschlag der Besoldungs- bzw. Vergütungsgruppe nach dem Bundesangestelltentarif, in die der Angestellte bei Eintritt des Versorgungsfalles eingestuft war;
…
- Ruhegehaltsfähige Dienstjahre sind …”
Nach dem Überleitungstarifvertrag vom 8. Mai 1978 (ÜTV 1978) galten ab 1. Oktober 1978 bei den Beklagten die bundesweiten Tarifverträge für das private Versicherungsgewerbe. Der ÜTV 1978 enthält folgende Vorschriften zur betrieblichen Altersversorgung:
“IIIa.
Altersversorgung:
Der nach dem HTV bestehende tarifvertragliche Anspruch auf Leistungen aus dem Versorgungswerk der PROVINZIAL in der am 30.9.1978 geltenden Fassung bleibt erhalten.
…
IV.
…
2) Durch diese Überleitungsvereinbarung bleiben – soweit nicht ausdrücklich anderweitig geregelt – die bisherigen Regelungen betreffend zusätzlicher Alters- und Hinterbliebenenversorgung unberührt.”
Die Gehaltsrunden 1997 und 1999 führten zu Einmalzahlungen für die Zeit vor Inkrafttreten der prozentualen Gehaltserhöhungen. In der Tarifvereinbarung vom 4. Juli 1997 wurde der Gehaltstarifvertrag für die Versicherungswirtschaft vom 5. Juni 1996 bis einschließlich 30. November 1997 verlängert. Die Tarifgehälter wurden mit Wirkung vom 1. Dezember 1997 um 2 % erhöht. Mit dem Gehalt für Juli bzw. August 1997 erhielten die Angestellten eine “einmalige zusätzliche Sonderzahlung von DM 300,00”. In der Tarifvereinbarung vom 20. März 1999 wurde der Gehaltstarifvertrag vom 4. Juli 1997 bis einschließlich 31. März 1999 verlängert. Die Tarifgehälter stiegen mit Wirkung zum 1. April 1999 um 3,2 %. Die Angestellten erhielten mit dem Gehalt für April 1999 eine “einmalige zusätzliche Zahlung von DM 350,00”.
Die Beklagten erhöhten die Betriebsrente des Klägers nur entsprechend dem prozentualen Anstieg seines Tarifgehalts. Sie berücksichtigten nicht die tariflichen Einmalzahlungen für 1997 und 1999.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, auch die in den Tarifvereinbarungen vom 4. Juli 1997 und 20. März 1999 vorgeschriebenen Einmalzahlungen zählten zu den Bezügen iSd. § 3 Nr. 1 Buchst. a letzter Absatz Satz 2 VW ID. Nach dieser Anpassungsregelung stünden ihm 75 % der tariflichen Einmalzahlungen zu.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 487,50 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 18. Juli 1999 aus dem sich nach der Versteuerung ergebenden Nettobetrag zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen. Sie haben gemeint, sie hätten ihre Anpassungspflichten voll erfüllt.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgen die Beklagten ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet. Dem Kläger steht der ihm vom Landesarbeitsgericht zugesprochene Anspruch auf höhere Betriebsrente nicht zu. Zu Recht haben die Beklagten bei der Neuberechnung der Betriebsrente die Einmalzahlungen nach Nr. 3 der Tarifvereinbarung vom 4. Juli 1997 und Nr. II der Tarifvereinbarung vom 20. März 1999 nicht berücksichtigt.
Unterschriften
Reinecke, Kremhelmer, Bepler, Kaiser
Die Amtszeit des ehrenamtlichen Richters Arntzen ist abgelaufen.
Reinecke
Fundstellen
DB 2002, 2228 |
ARST 2003, 66 |
NZA 2002, 1348 |
SAE 2002, 299 |
AP, 0 |
EzA-SD 2002, 22 |
EzA |