Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewährung einer außertariflichen Zulage
Normenkette
BGB §§ 242, 276
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 27. Mai 1999 – 9 Sa 755/98 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der Kläger fordert Gewährung einer außertariflichen Zulage.
Die Parteien schlossen am 2. August 1994 einen bis zum 31. Juli 1996 befristeten Arbeitsvertrag über eine Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Juristischen Fakultät der Universität L. Es wurden Vergütung nach VergGr. II a BAT-O und die Geltung des BAT-O vereinbart. In § 5 des Arbeitsvertrags heißt es unter der Überschrift Nebenabreden: „entfällt”. Bei seiner Einstellung wurde dem Kläger erklärt, ihm werde eine außertarifliche Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen der Vergütung der VergGr. II a BAT und der VergGr. II a BAT-O gezahlt werden. Die Gewährung außertariflicher Zulagen an Bewerber aus den alten Bundesländern war beim Beklagten durch Erlasse des Staatsministeriums der Finanzen (SMF) geregelt. Im Fall des Klägers teilte das Staatsministerium der Finanzen dem Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst am 17. August 1994 mit:
„Im Rahmen der geltenden tariflichen Bestimmungen wird der Gewährung einer außertariflichen Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der Vergütungsgruppe II a BAT-Ost und der Vergütungsgruppe II a BAT-West ab 01.08.1994 befristet bis 31.07.1997 im zulässigen Umfang zugestimmt.
Die Zustimmung wird unter dem Vorbehalt erteilt, daß die entsprechende Stelle im Stellenplan verfügbar ist und die Voraussetzungen für eine tarifgerechte Eingruppierung gegeben sind.”
Am 3. Juni 1996 vereinbarten die Parteien die Weiterbeschäftigung des Klägers bis zum 31. Juli 1999. Der Kläger erhielt bis einschließlich Juli 1997 eine Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrags zur VergGr. II a BAT. Die Zulage betrug zuletzt 1.000,86 DM brutto monatlich.
Vor Abschluß des Vertrags vom 3. Juni 1996 wurde dem Kläger von der Personalsachbearbeiterin mitgeteilt, daß ein Antrag auf weitere Zustimmung zur Zahlung einer Zulage noch nicht gestellt werden müsse, notwendig werde dies erst kurz vor Auslaufen der vom SMF gesetzten Frist am 31. Juli 1997.
Mit seiner dem Beklagten am 10. September 1997 zugestellten Klage begehrt der Kläger Zahlung der Zulage für die Zeit vom 1. August 1997 bis 31. März 1998. Er hat geltend gemacht, der Zahlungsanspruch ergebe sich bereits aufgrund der Erlasse des SMF. Zudem werde er gegenüber Herrn M., Frau S. und Frau H. sachwidrig ungleich behandelt, weil diese über den 31. Juli 1997 hinaus die in Rede stehende Zulage erhalten hätten. Des weiteren habe der Beklagte mit der von der Personalsachbearbeiterin erteilten Auskunft seine Fürsorgepflicht verletzt. Im Falle einer Antragstellung vor dem 1. Juli 1996 hätte er weiterhin Anspruch auf die begehrte Zulage gehabt.
Der Kläger hat beantragt,
- den Beklagten zu verurteilen, an ihn 1.000,86 DM brutto zzgl. 4 % Zinsen aus dem Nettobetrag seit 10. September 1997 zu zahlen,
- festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet sei, an ihn von September 1997 bis März 1998 monatlich den Unterschiedsbetrag zwischen der Vergütung, die ihm nach dem BAT-Ost zusteht und der Vergütung, die ihm zustehen würde, wenn auf das Arbeitsverhältnis der BAT-West anzuwenden wäre, zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat vorgetragen, Herr M. erhalte keine Zulage. Frau S. sei zum Zeitpunkt ihrer Einstellung am 1. März 1995 die Zulage für die Dauer von drei Jahren zugesagt worden. Da ihr Arbeitsverhältnis vor Ablauf dieser Zeit am 31. Dezember 1997 geendet habe, sei ihr bis zu diesem Zeitpunkt die Zulage gewährt worden. Frau H. sei die Zulage in ihrem zweiten befristeten Arbeitsverhältnis vom 1. April 1996 bis 31. März 1998 gewährt worden, weil dies in dem Arbeitsvertrag ausdrücklich vereinbart gewesen sei. Am 1. April 1998 sei sie zur Beamtin ernannt worden. Eine Zulage zu der im Beitrittsgebiet üblichen Besoldung werde ihr nicht mehr gewährt.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit seiner Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, für die Zeit von August 1997 bis März 1998 eine Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen der Vergütung nach BAT-O und derjenigen nach BAT zu erhalten.
A. Die Klage ist nach wie vor zulässig. Insbesondere fehlt es nicht deshalb an dem nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresse, weil der Kläger seine Ansprüche zwischenzeitlich für den gesamten Anspruchszeitraum auf eine Leistungsklage hätte umstellen können. Die Parteien streiten allein über den Anspruchsgrund, so daß vom beklagten Freistaat zu erwarten ist, daß er bei Feststellung seiner Leistungspflicht dieser nachkommen wird (vgl. nur BAG 30. September 1998 – 5 AZR 18/98 – AP BeschFG 1985 § 2 Nr. 70).
B. Die Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung der begehrten Zulage.
I. Der Kläger hat keinen vertraglichen Anspruch.
1. Arbeitsvertraglich ist eine solche Leistung nicht ausdrücklich versprochen worden. Vielmehr ist die Vergütung nach VergGr. II a BAT-O unter Ausschluß einer Nebenabrede vereinbart worden.
2. Der Anspruch folgt auch nicht aus einer betrieblichen Übung.
a) Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Entscheidend für die Entstehung eines Anspruchs ist nicht der Verpflichtungswille, sondern wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) verstehen mußte. Will der Arbeitgeber verhindern, daß aus der Stetigkeit seines Verhaltens eine in die Zukunft wirkende Bindung entsteht, muß er einen entsprechenden Vorbehalt erklären. In welcher Form dies geschieht, ist nicht entscheidend; erforderlich ist jedoch, daß der Vorbehalt klar und unmißverständlich kundgetan wird (st. Rspr. vgl. zB BAG 16. September 1998 – 5 AZR 598/97 – AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 54).
b) Die Klärung der Frage, ob aus einem wiederholten tatsächlichen Verhalten des Arbeitgebers eine betriebliche Übung und damit ein Anspruch des Arbeitnehmers auf zukünftige Gewährung der Leistung erwächst, ist in erster Linie eine tatrichterliche Aufgabe. Das Revisionsgericht kann insoweit nur überprüfen, ob der angenommene Erklärungswert des tatsächlichen Verhaltens den Auslegungsregelungen der §§ 133, 157 BGB entspricht und mit den Gesetzen der Logik und den allgemeinen Erfahrungssätzen vereinbar ist und ob das Berufungsgericht alle wesentlichen Umstände des Falles berücksichtigt hat. Zu beurteilen ist, ob das Landesarbeitsgericht anhand der von ihm festgestellten Umstände des Einzelfalles (§ 561 Abs. 2 ZPO) zu einem zutreffenden Auslegungsergebnis gelangt ist (vgl. BAG aaO).
c) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, daß mit der Zulagengewährung der besonderen Situation in der Aufbauphase der sächsischen Verwaltung zu Beginn der 90er Jahre Rechnung getragen wurde. Dies ergibt sich sowohl aus der Begründung als auch dem Regelungsinhalt der Erlasse. Diese besonderen Umstände sowie die Tatsache, daß grundsätzlich nur für einen befristeten Zeitraum der Zulagengewährung zugestimmt wurde, schließen es aus, das Verhalten des Beklagten so zu deuten, daß die Zulage auf Dauer oder auch nur über den Zeitraum der Bewilligung hinaus gewährt werden sollte.
d) Der Anspruch des Klägers besteht auch dann nicht, wenn der Inhalt des Erlasses des SMF vom 5. Juli 1996 als betriebliche Übung gewertet wird, denn der Kläger verfügt nicht über die darin geforderte Berufserfahrung von fünf Jahren Dauer.
II. Es besteht kein Anspruch nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Der Kläger ist seitens des Beklagten nicht ohne sachlichen Grund ungleich behandelt worden.
1. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet sowohl die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage als auch die sachfremde Differenzierung zwischen Arbeitnehmern in einer bestimmten Ordnung. Sachfremd ist eine Differenzierung, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt, wenn also für eine am Gleichheitsgedanken orientierte Betrachtungsweise die Regelung als willkürlich anzusehen ist Im Bereich der Vergütung gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz zwar nur eingeschränkt, weil der Grundsatz der Vertragsfreiheit Vorrang hat. Anders ist dies jedoch, wenn der Arbeitgeber Leistungen nach einem erkennbar generalisierenden Prinzip auf Grund einer abstrakten Regelung gewährt. Von einer solchen Regelung darf er Arbeitnehmer nur aus sachlichen Gründen ausschließen (st. Rspr.; vgl. BAG 21. Juni 2000 – 5 AZR 806/98 – zur Veröffentlichung vorgesehen).
2. Eine sachwidrige Ungleichbehandlung des Klägers gegenüber den von ihm in den Vorinstanzen benannten Beschäftigten liegt nicht vor.
Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, daß Herr M. nach dem 31. Juli 1997 keine Zulage mehr erhalten hat. Auch Frau S. ist nicht anders als der Kläger behandelt worden. Sie erhielt die Zulage nicht länger als drei Jahre gerechnet vom Beginn des Arbeitsverhältnisses.
Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist mit Frau H. für die Zeit vom 1. April 1996 bis 31. März 1998 eine ausdrückliche Vereinbarung über die Gewährung der Zulage getroffen worden. Daß der Beklagte damit nach einer bestimmten Regel verfahren sei, haben das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt und der Kläger nicht dargelegt.
III. Der Kläger kann die begehrte Zulage nicht als Schadensersatz wegen Verschuldens bei Vertragsschluß oder positiver Vertragsverletzung verlangen.
1. Soweit der Kläger geltend macht, man habe ihm zu Unrecht mitgeteilt, es sei im Zusammenhang mit dem Abschluß des zweiten Arbeitsvertrages kein erneuter Antrag erforderlich, ist mit dem Landesarbeitsgericht eine Pflichtverletzung des Beklagten zu verneinen. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des zweiten Arbeitsvertrags galten noch die Erlasse von 1992 und 1994. Danach war im Hinblick auf die bis zum 31. Juli 1997 erteilte Zustimmung zur Zahlung der Zulage kein erneuter Antrag erforderlich. Die Auskunft bzw. das Verhalten der Universität, die zu diesem Zeitpunkt keinen Antrag stellte, entsprach mithin der Erlaßlage.
2. Soweit der Kläger sich in der Revisionsinstanz auf den Erlaß vom 14. Februar 1996 und den fehlenden Hinweis seitens des Beklagten auf die sich daraus ergebende Absicht, die Grundsätze der Zulagengewährung zu verändern, bezieht, gilt im Ergebnis nichts anderes. Es ist nicht ersichtlich, daß der in Rede stehende Schaden ausgeblieben wäre, wenn der Kläger auf die zu erwartende Verschlechterung bei der Zulagengewährung hingewiesen worden wäre. Bejaht werden könnte die erforderliche Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden nur dann, wenn bei Erfüllung der Hinweispflicht der Kläger die Zulage erhalten hätte. Davon ist aber nach dem Vorbringen des Klägers nicht auszugehen. In den Tatsacheninstanzen hat der Kläger zu seiner möglichen Reaktion nichts vorgetragen. Sein diesbezüglicher Sachvortrag in der Revisionsbegründung unterliegt gem. § 561 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht der Beurteilung durch das Revisionsgericht.
Unterschriften
Griebeling, Müller-Glöge, Kreft, Reinders, Dombrowsky
Fundstellen