Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe der Feiertags-, Krankheits- und Urlaubsvergütung im Freischichtenmodell
Orientierungssatz
Parallelsache zu BAG Urteil vom 14.12.1988 5 AZR 285/87.
Verfahrensgang
LAG Niedersachsen (Entscheidung vom 11.02.1987; Aktenzeichen 7 Sa 577/86) |
ArbG Hannover (Entscheidung vom 25.02.1986; Aktenzeichen 8 Ca 448/85) |
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, in welcher Höhe die Beklagte Vergütung für Feiertage, Urlaubstage und Krankheitstage schuldet.
Die Klägerinnen und Kläger sind gewerbliche Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmer der Beklagten. Auf die Arbeitsverhältnisse der Parteien finden kraft Verbandszugehörigkeit die Bestimmungen des Manteltarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer in der niedersächsischen Metallindustrie vom 18. Juli 1984 (künftig: MTV) Anwendung. Dieser Tarifvertrag ist am 1. April 1985 in Kraft getreten. In § 2 MTV ist über die Dauer der regelmäßigen Arbeitszeit u. a. folgendes bestimmt:
"§ 2
Regelmäßige Arbeitszeit
(1) Die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit ohne Pausen
beträgt 38,5 Stunden.
Die Arbeitszeit im Betrieb wird im Rahmen des Volu-
mens, das sich aus der für den Betrieb festgelegten
wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden im
Durchschnitt der vollzeitbeschäftigten gewerblichen
Arbeitnehmer und Angestellten ergibt, durch Be-
triebsvereinbarung geregelt. Bei der Durchschnitts-
berechnung bleiben Teilzeitbeschäftigte und Ar-
beitnehmer mit Arbeitsbereitschaft gemäß Ziff. (5)
unberücksichtigt. Dabei können für Teile des Be-
triebes, für einzelne Arbeitnehmer oder für Gruppen
von Arbeitnehmern unterschiedliche wöchentliche
Arbeitszeiten festgelegt werden.
Die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeits-
zeit beträgt für Vollzeitbeschäftigte zwischen 37
und 40 Stunden.
Die Spanne zwischen 37 und 40 Stunden soll angemes-
sen ausgefüllt werden, dabei sind die betrieblichen
Bedürfnisse zu berücksichtigen.
Wenn keine andere Regelung getroffen wird, beträgt
für Vollzeitbeschäftigte die regelmäßige tägliche
Arbeitszeit bis zu 8 Stunden.
Der Durchschnitt der tariflichen wöchentlichen Ar-
beitszeit im Betrieb wird dem Betriebsrat monatlich
mitgeteilt. Weicht der Durchschnitt von 38,5 Stun-
den ab, so ist mit dem Betriebsrat eine Anpassung
unverzüglich zu vereinbaren.
(2) Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und die
Pausen werden mit dem Betriebsrat vereinbart.
Die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeits-
zeit kann gleichmäßig oder ungleichmäßig auf 5 Werk-
tage verteilt werden. Eine davon abweichende Ver-
teilung kann nach Maßgabe der betrieblichen Erfor-
dernisse mit dem Betriebsrat vereinbart werden.
Diese wöchentliche Arbeitszeit muß im Durchschnitt
von 2 Monaten erreicht werden.
Ausfallende Arbeitszeit kann mit Zustimmung des
Betriebsrates im Rahmen der Bestimmungen der Ar-
beitszeitordnung zuschlagsfrei vor- oder nachgeholt
werden.
(3) Aus Anlaß der Neufestlegung der Arbeitszeit wird
die Auslastung der betrieblichen Anlagen und Ein-
richtungen nicht vermindert. Bei einer Differenz
zwischen Betriebsnutzungszeit und der Arbeitszeit
für die einzelnen Arbeitnehmer kann der Zeitaus-
gleich auch in Form von freien Tagen erfolgen.
Dabei muß zur Vermeidung von Störungen im Betriebs-
ablauf eine möglichst gleichmäßige Anwesenheit der
Arbeitnehmer gewährleistet sein. Bei der Festlegung
der freien Tage sind die Wünsche der Arbeitnehmer
zu berücksichtigen.
....."
Die gemäß § 2 MTV für den Betrieb der Beklagten geltenden Arbeitszeiten wurden durch eine Betriebsvereinbarung vom 29. März 1985 festgelegt. Nach § 2 dieser Betriebsvereinbarung beträgt die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit für alle vollbeschäftigten Arbeitnehmer 38,5 Stunden. Für den Zeitraum vom 1. April 1985 bis zum Beginn der Betriebsferien 1985 war in § 3 eine betriebliche regelmäßige Arbeitszeit von wöchentlich 40 Stunden ohne Pausen vorgesehen, die in Höhe von 8 Stunden an den Werktagen von montags bis freitags erbracht wird. Weiter ist in § 3 bestimmt, daß die Differenz zwischen der Betriebsnutzungszeit und der individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit (1,5 Stunden pro Woche) durch Freischichten ausgeglichen wird. Für die Zeit bis zum Beginn der Betriebsferien sollten die Arbeitnehmer drei Freischichten erhalten, von denen eine Freischicht auf den 17. Mai 1985 festgelegt war. Für die Zeit nach den Betriebsferien bis zum Ende des Jahres 1985 galt eine andere Arbeitszeitregelung.
Für die Klägerinnen und Kläger ist während der Geltung der 40-stündigen Arbeitszeit mit Freischichten in den Monaten April, Mai und Juni 1985 durch Feiertage, Urlaub und Krankheit Arbeit ausgefallen. Die Beklagte hat für die ausgefallene Arbeitszeit die Vergütung für jeden Tag mit 7,7 Stunden gewährt. Die Klägerinnen und Kläger haben die Ansicht vertreten, die Beklagte schulde für jeden Ausfalltag die Vergütung für 8 Arbeitsstunden, weil ohne das jeweilige Ereignis jede Klägerin bzw. jeder Kläger eine Arbeitszeit von 8 Stunden zu leisten gehabt hätte.
Die Zahl der Ausfalltage sowie der Höhe der Vergütungsdifferenz ist zwischen den Parteien unstreitig. Die Unterschiedsbeträge machen für die Klägerinnen und Kläger insgesamt 633,38 DM aus.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, wegen der auf 38,5 Stunden festgelegten individuellen wöchentlichen Arbeitszeit sei sie nur verpflichtet, für die Ausfalltage die Vergütung für jeweils 7,7 Stunden zu zahlen.
Das Arbeitsgericht hat den Klagen stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte weiterhin ihren Antrag auf Abweisung der Klagen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Den Klägerinnen und Klägern stehen die ihnen zugesprochenen Vergütungsdifferenzen zu.
A. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 FeiertagslohnzahlungsG ist für die an den Wochenfeiertagen ausgefallene Arbeitszeit die Vergütung für jeweils 8 Stunden zu zahlen.
I. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 FeiertagslohnzahlungsG ist für die Arbeitszeit, die infolge eines gesetzlichen Feiertages ausfällt, vom Arbeitgeber den Arbeitnehmern der Arbeitsverdienst zu zahlen, den sie ohne den Arbeitsausfall erhalten hätten. Zweck dieser gesetzlichen Regelung ist sicherzustellen, daß der Arbeitnehmer bei einem durch einen Feiertag bedingten Arbeitsausfall keinen Lohnausfall erleidet. Er wird lohnmäßig so gestellt, als ob kein Feiertag gewesen wäre. Das bedeutet, daß der Arbeitnehmer in einer Woche mit einem Feiertag bei gleichbleibender Entlohnung einen Tag weniger arbeitet als in einer Woche ohne Feiertag (BAGE 18, 213, 215 = AP Nr. 20 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG, zu 1 der Gründe). Dabei ist entscheidend allein die für das einzelne Arbeitsverhältnis maßgebende Arbeitszeitregelung, die für den Feiertag gegolten hätte, wenn dieser ein Arbeitstag gewesen wäre. Auf die Möglichkeit, einen Verdienstausfall dadurch zu vermeiden, daß am Feiertag ausgefallene Arbeitszeit vor- oder nachgearbeitet wird, darf der Arbeitnehmer nicht verwiesen werden (BAGE 19, 92, 95 = AP Nr. 21 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG, zu 3 b der Gründe; BAGE 42, 324, 327 = AP Nr. 39 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG, zu I 2 der Gründe m.w.N.). Diesen Gesichtspunkt läßt Buchner (BB 1988, 1245, 1248) außer acht, wenn er meint, dem Feiertagslohnzahlungsgesetz würde dadurch genügt, daß der Arbeitnehmer den Ausgleich für die fehlenden 0,3 Stunden durch entsprechend zeitliches Hinausschieben der Freischicht, d.h. die entsprechende Gelegenheit zu vergüteter Tätigkeit wieder hereinholen könne. Nach der Rechtsprechung ist andererseits erforderlich, daß der Feiertag die alleinige Ursache für den Arbeitsausfall gewesen ist (BAGE 38, 255, 257 = AP Nr. 36 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG, zu 2 der Gründe). Jedoch kann der Arbeitgeber sich der gesetzlichen Verpflichtung aus § 1 FeiertagslohnzahlungsG nicht dadurch entziehen, daß er für den Feiertag von vornherein keine Arbeit einplant (BAG Urteil vom 26. März 1985 - 3 AZR 239/83 - AP Nr. 47 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG, zu I 1 der Gründe).
II. Auf der Grundlage der vorstehend wiedergegebenen Rechtsprechung zur Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 1 FeiertagslohnzahlungsG steht den Klägerinnen und Klägern für die 1985 an Wochenfeiertagen ausgefallene Arbeitszeit die Bezahlung für je 8 Stunden zu. Dies ergibt sich im einzelnen aus folgenden Erwägungen:
1. Die Dauer der von den Klägern einzuhaltenden Arbeitszeit ergibt sich aus der Betriebsvereinbarung vom 29. März 1985. Danach galt für sie eine individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden. Zugleich war jedoch festgelegt, daß sie weiterhin von Montag bis Freitag täglich 8 Stunden und wöchentlich 40 Stunden zu arbeiten hatten.
Diese Festlegung der Arbeitszeit konnte durch die Betriebspartner wirksam getroffen werden, weil der Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer in der niedersächsischen Metallindustrie vom 18. Juli 1984 die Festlegung der Arbeitszeit rechtswirksam den Betriebspartnern übertragen hat. Hierzu verweist der Senat auf den Beschluß des Ersten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 18. August 1987 - 1 ABR 30/86 - (AP Nr. 23 zu § 77 BetrVG 1972, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt), dem er sich schon in seinem Urteil vom 2. Dezember 1987 - 5 AZR 602/86 - (DB 1988, 1224 = NZA 1988, 538, auch zur Aufnahme in die Amtliche Sammlung bestimmt) angeschlossen hatte (zustimmend ebenfalls der Achte Senat in dem Urteil vom 7. Juli 1988 - 8 AZR 198/88 - AP Nr. 23 zu § 11 BUrlG, zur Aufnahme in die Amtliche Sammlung bestimmt).
Der Manteltarifvertrag erlaubt die Festlegung der Arbeitszeit so, wie es durch die Betriebsvereinbarung vom 29. März 1985 geschehen ist. Aus § 2 Ziff. 1 in Verb. mit § 2 Ziff. 3 MTV ergibt sich, daß die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit zwischen 37 und 40 Stunden betragen kann, die Auslastung der betrieblichen Anlagen und Einrichtungen aus Anlaß der Neufestsetzung der Arbeitszeit nicht vermindert wird und bei einer Differenz zwischen Betriebsnutzungszeit und der Arbeitszeit für die einzelnen Arbeitnehmer der Zeitausgleich auch in Form von freien Tagen erfolgen kann.
2. Daraus folgt, daß für die Kläger ab dem 1. April 1985 eine tägliche Arbeitszeit von 8 Stunden und eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden verbindlich war. An den Feiertagen in den Monaten April, Mai und Juni 1985 hätten die Klägerinnen und Kläger ebenfalls eine Arbeitszeit von 8 Stunden ableisten müssen. An diesen Tagen haben sie nur deshalb nicht gearbeitet, weil es sich um gesetzliche Wochenfeiertage handelte. Das ist zwischen den Parteien unstreitig. Die Beklagte hat sich deshalb für verpflichtet angesehen, die Vergütung für diese Tage zu zahlen. Sie hat aber zu Unrecht den Lohn nur für 7,7 Stunden gewährt. Die Kläger hätten an den Wochenfeiertagen eine Arbeitszeit von 8 Stunden gehabt. Diese Arbeitszeit ist durch den Feiertag ausgefallen und von der Beklagten zu entgelten.
III. Die Einwände, die die Beklagte gegen eine Bezahlung der Feiertage mit 8 Stunden vorgebracht hat, sind mit der gesetzlichen Regelung über die Lohnzahlung an Feiertagen nicht zu vereinbaren.
1. Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, bei der über die auf den Tag umgerechnete individuelle regelmäßige Arbeitszeit von 7,7 Stunden hinausgehenden Tätigkeit handele es sich um vorgeholte Arbeitszeit. An einem arbeitsfreien gesetzlichen Feiertag könne jedoch keine Arbeitszeit vorgearbeitet werden; deshalb falle am Feiertag nur die Arbeitszeit in Höhe der individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit aus (so Klischan, DB 1987, 331, 332).
Diese Auffassung verkennt jedoch, daß das Feiertagslohnzahlungsgesetz die Vergütungspflicht allein davon abhängig macht, in welchem Umfange am Feiertag Arbeitszeit wegen des Feiertages ausgefallen ist. Insofern läßt sich nur darauf verweisen, daß ohne den Feiertag 8 Stunden gearbeitet worden wäre. Deshalb steht dem Arbeitnehmer auch die Vergütung für die entsprechende Arbeitszeit zu.
2.a) Der Beklagten kann auch insoweit nicht gefolgt werden, wie sie die Ansicht vertritt, bei einer Betrachtung der Jahresarbeitszeit erhielten die Klägerinnen und Kläger, wenn die Feiertage mit 8 Stunden vergütet würden, im Verhältnis zu der für sie geltenden individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit eine zu hohe Entlohnung. Bei der vorgenannten Auffassung wird verkannt, daß das Feiertagslohnzahlungsgesetz eine solche Betrachtungsweise nicht kennt, sondern die Vergütung für die ausgefallene Arbeitszeit allein danach zu bemessen ist, in welchem Umfange der Arbeitnehmer an dem Feiertag hätte tätig werden müssen.
b) Soweit in diesem Zusammenhang weiter darauf verwiesen wird, ein Arbeitnehmer im Freischichtenmodell stehe bei Vergütung der Feiertage mit 8 Stunden besser da als ein Arbeitnehmer, der durchgehend im Umfange der individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden tätig werde, führt das ebenfalls nicht dazu, das Klagebegehren als unbegründet anzusehen. Richtig ist zwar, daß sich Ungleichheiten in der Höhe der Vergütungspflicht zwischen den beiden Arbeitnehmergruppen ergeben können. Diese Ungleichheiten folgen jedoch nicht zwingend aus den Bestimmungen des Feiertagslohnzahlungsgesetzes, sondern beruhen auf der jeweiligen betrieblichen Entscheidung für die nach dem Manteltarifvertrag möglichen und zulässigen Arbeitsverteilungsregelungen. Die unterschiedliche Vergütung der Feiertage ist deshalb verknüpft mit der unterschiedlichen Regelung über die Arbeitszeit und im Verhältnis der Arbeitnehmergruppen zueinander nicht als sachfremd oder willkürlich anzusehen. Soweit der Arbeitgeber dadurch betroffen wird, daß er für die im Freischichtenmodell tätigen Arbeitnehmer mehr an Feiertagsvergütung aufbringen muß als für Arbeitnehmer, die entsprechend der individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit arbeitstäglich 7,7 Stunden beschäftigt sind, kann auch dies nicht als sachwidrig angesehen werden. Denn den entsprechenden betrieblichen Arbeitszeitregelungen braucht ein Arbeitgeber nur zuzustimmen, soweit die Belange des Betriebes und der betroffenen Arbeitnehmer angemessen berücksichtigt sind (vgl. dazu BAG Beschluß vom 13. Oktober 1987 - 1 ABR 10/86 - AP Nr. 24 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit, zu B II 3 c der Gründe, BB 1988, 270, 274, zur Aufnahme in die Amtliche Sammlung bestimmt; ebenso für die Berechnung des Urlaubsentgelts Urteil vom 7. Juli 1988 - 8 AZR 198/88 - AP Nr. 23 zu § 11 BUrlG, auch zur Aufnahme in die Amtliche Sammlung bestimmt).
Soweit der Senat in seiner Entscheidung vom 2. Dezember 1987 - 5 AZR 602/86 - in diesem Zusammenhang erwogen hatte, eine vergütungsmäßige Besserstellung der im Freischichtenmodell arbeitenden Arbeitnehmer ließe sich auch dadurch vermeiden, daß den Arbeitnehmern für die an Feiertagen ausgefallene Arbeitszeit nicht zu vergütende Freizeitgutschriften gewährt würden, hält der Senat daran nicht mehr fest. Aus § 2 Ziff. 3 MTV ergibt sich, daß ein Zeitausgleich nur in Betracht kommt zwischen der festgelegten individuellen Arbeitszeit und der entsprechend der Betriebsnutzungszeit tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung (ebenso BAG Urteil vom 7. Juli 1988 - 8 AZR 198/88 -, aaO; Beschluß vom 18. Oktober 1988 - 1 ABR 34/87 -, zur Veröffentlichung bestimmt).
B.I. Für den Anspruch auf Lohnfortzahlung für Tage der Arbeitsunfähigkeit in den Monaten April, Mai und Juni 1985 ist zwischen den Parteien unstreitig, daß die Anspruchsvoraussetzungen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 LohnFG gegeben sind. Die Höhe des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts bestimmt sich gemäß § 2 Abs. 3 LohnFG nach § 7 Abschnitt I Ziff. 1 und 2 MTV. Hierbei besteht wiederum keine Meinungsverschiedenheit zwischen den Parteien über den zugrunde zu legenden Stundenverdienst. Nach § 7 Abschnitt I Ziff. 2 Abs. 1 MTV ist bei regelmäßiger Arbeitszeit für jeden Tag der Arbeitsunfähigkeit die Stundenzahl zugrunde zu legen, die der Arbeitnehmer bei Arbeitsfähigkeit hätte arbeiten müssen. Von dieser Bestimmung ist vorliegend auszugehen, weil die Klägerinnen und Kläger, abgesehen von den Freischichten, eine regelmäßige Arbeitszeit von 40 Wochenstunden bzw. 8 Stunden täglich gehabt hätten. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist danach für die Tage der Arbeitsunfähigkeit eine Arbeitszeit von 8 Stunden zugrunde zu legen.
II.1. Gegenüber den Einwendungen der Beklagten gelten auch hier die vorstehend zu A III niedergelegten Ausführungen.
2. Weiter ist auf folgendes hinzuweisen: Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 LohnFG hat der Arbeiter, der durch Krankheit arbeitsunfähig ist, einen unabdingbaren Anspruch auf Fortzahlung seines Lohnes für die Dauer von sechs Wochen. Dadurch soll der Arbeiter wirtschaftlich abgesichert werden. Sein bisheriger, aus der Berufstätigkeit herrührender Lebensstandard soll nicht beeinträchtigt werden. Zweck der gesetzlichen Regelung ist es, den kranken Arbeiter wirtschaftlich so zu stellen wie den gesunden Arbeiter, der im fraglichen Zeitraum tatsächlich gearbeitet hat (vgl. BAGE 39, 67 = AP Nr. 12 zu § 611 BGB Anwesenheitsprämie). Die Arbeitstage, die bei Arbeitsunfähigkeit nur mit 7,7 Stunden vergütet würden, könnten in bezug auf die Differenz zu der Vergütung für 8 Stunden nur ausgeglichen werden, wenn hierfür Freischichttage ganz oder teilweise in Anspruch genommen werden. Das führte aber dazu, daß dem Arbeitnehmer die wirtschaftliche Sicherung an den Tagen, an denen er arbeitsunfähig ist, nicht in vollem Umfange zukommt. Er könnte seinen Verdienst nur aufrechterhalten, wenn er von den ihm zustehenden Freischichten Teile zur Arbeit benutzt. Das widerspräche den Grundsätzen über die Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle, wie sie auch durch die hier anzuwendende tarifliche Vorschrift verwirklicht werden sollen, indem die ausfallende Arbeitszeit vergütet wird.
C. Auch die Urlaubstage sind mit 8 Stunden je Tag zu bezahlen. Die Anspruchsgrundlage hierfür bildet § 19 Ziff. 2 MTV. Nach dieser Vorschrift ist bei regelmäßiger Arbeitszeit für den Urlaubstag die Stundenzahl zugrunde zu legen, die der Arbeitnehmer während seines Urlaubs an diesem Tag hätte arbeiten müssen. Damit ist für die Bestimmung der Vergütung von der Arbeitszeit auszugehen, die von den Klägerinnen und Klägern ohne die Urlaubserteilung zu erbringen wäre. Diese Arbeitszeit hätte für die Kläger jeweils 8 Stunden für jeden als Urlaubstag gewährten Arbeitstag betragen. Es ist nicht ersichtlich, daß gegenüber der vor dem Urlaub geschuldeten Arbeitsleistung sich für die Dauer des Urlaubs eine Änderung ergeben könnte.
Im übrigen folgt der Senat hinsichtlich des Anspruchs auf die Vergütungsdifferenz für die Urlaubstage in vollem Umfange der Entscheidung des Achten Senats vom 7. Juli 1988 - 8 AZR 198/88 - (AP Nr. 23 zu § 11 BUrlG).
Dr. Thomas Dr. Gehring Dr. Olderog
Polcyn Liebsch
Fundstellen