Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesamthafenbetrieb. Begriff der Hafenarbeit
Leitsatz (redaktionell)
Im Bereich des Gesamthafenbetriebes Hamburg führt ein Mischfutterwerk keine Hafenarbeit aus, wenn es die mit Schiffen angelieferten Rohstoffe vor der Weiterverarbeitung selbst entlädt und diese Ladearbeiten im Verhältnis zum Gesamtarbeitsaufwand unwesentlich sind.
Normenkette
GHfBetrG §§ 1-3; ArbGG § 73 Abs. 2
Verfahrensgang
LAG Hamburg (Entscheidung vom 30.09.1987; Aktenzeichen 8 Sa 56/87) |
ArbG Hamburg (Entscheidung vom 14.05.1987; Aktenzeichen 2 Ca 243/86) |
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte ein Hafeneinzelbetrieb im Sinne der Satzung des Gesamthafenbetriebes ist. Davon hängt es ab, ob die Beklagte Beiträge und Umlagen an die Klägerin entrichten muß.
Aufgrund des Gesetzes über die Schaffung eines besonderen Arbeitgebers für Hafenarbeiter (Gesamthafenbetrieb) vom 3. August 1950 (BGBl. I S. 352) haben die Tarifvertragsparteien zur Schaffung eines besonderen Arbeitgebers für Hafenarbeiter in Hamburg am 9. Februar 1951 folgende Vereinbarung abgeschlossen:
".....
§ 2
Der Gesamthafenbetrieb hat die folgenden Aufgaben:
1. Der GHB hat stetige Arbeitsverhältnisse für die
unständig beschäftigten Hafenarbeiter zu schaffen und
insbesondere eine zweckmäßige und gerechte Verteilung
der Gesamthafenarbeiter auf die Arbeitsplätze vorzu-
nehmen.
Er ist berechtigt, zur Erreichnung dieses Zwecks in
organisatorischer Beziehung Vorschriften zu erlassen,
die auch für die Hafeneinzelbetriebe und für die ge-
legentlich am Hafen arbeitenden Betriebe bindend sind.
Insbesondere ist er berechtigt, die Zulassung von Ar-
beitern zur Hafenarbeit zu beschränken und die Ausübung
von Hafenarbeit von dem Besitz einer Hafenkarte abhän-
gig zu machen.
Der GHB hat nähere Bestimmungen darüber zu erlassen und
zu veröffentlichen, welche Betriebe als Hafeneinzelbe-
triebe und welche Arbeiter als Hafenarbeiter gelten.
...
§ 4
Die Erledigung der laufenden Verwaltungsarbeiten, die
durch die in § 2 wahrzunehmenden Aufgaben entstehen,
sowie die Einziehung, Verwaltung und Verwendung der
Beiträge und Umlagen, werden der Gesamthafenbetriebs-
gesellschaft m.b.H. übertragen. Die Gesamthafenbetriebs-
gesellschaft m.b.H. hat die laufenden Verwaltungsauf-
gaben nach den Richtlinien und Anordnungen des Verwal-
tungsausschusses zu führen.
...
§ 5
Sämtliche Hafeneinzelbetriebe und die gelegentlich am
Hafen arbeitenden Betriebe sind verpflichtet, die Ko-
sten, die aus der Verwaltungstätigkeit der Gesamthafen-
betriebsgesellschaft m.b.H. und der Erfüllung der ihr
obliegenden Sozialverpflichtungen entstehen, anteilig
zu tragen. Die Kosten der Gesamthafenbetriebsgesell-
schaft m.b.H. werden mit Beitrags- und Umlageverfahren
aufgebracht. ..."
Die Klägerin ist das Verwaltungsorgan des Gesamthafenbetriebes gemäß § 4 der vorgenannten Vereinbarung und will die Beklagte aufgrund folgender Bestimmung der am 30. April 1969 vom Vorstand beschlossenen Satzung in Anspruch nehmen:
" § 3
Hafenarbeit
(1) Hafenarbeit im Sinne des Gesetzes vom 3.8.1950 ist
die Arbeit in folgenden Hafeneinzelbetrieben:
.....
II. Kaibetriebe und andere Umschlagbetriebe
.....
Darüber hinaus bestimmt der Vorstand, ob eine Arbeit
unter den Begriff der Hafenarbeit fällt.
(2) Die GHBG führt ein Verzeichnis der unter den Gel-
tungsbereich dieser Satzung fallenden Hafeneinzelbe-
triebe."
Die Parteien streiten darüber, ob davon auch solche Betriebe erfaßt werden, die nur zur Weiterverarbeitung im eigenen Betrieb angelieferte Rohstoffe mit eigenen Ladevorrichtungen und ihren Arbeitskräften löschen.
Die Beklagte betreibt im Hamburger Hafengebiet ein Mischfutterwerk. Die zur Futterherstellung verwendeten Rohstoffe werden größtenteils mit Schiffen angeliefert und mit Hilfe einer Saugvorrichtung direkt in die Silozellen der Beklagten transportiert.
Im Jahre 1983 wurden von 286.000 Tonnen insgesamt wasserseitig 207.339 Tonnen angeliefert. Im selben Jahr wurden bei der Beklagten 141.133 Arbeitsstunden geleistet, davon entfallen auf die Kostenstellen 8, 9 und 10 (Annahme Sauger 2, Sauger und Kran) insgesamt 9.320 Arbeitsstunden. Da die damit beschäftigten Mitarbeiter jedoch nicht nur zum Löschen der Schiffe eingesetzt werden, sondern auch andere Tätigkeiten ausüben, sind von diesem Arbeitsaufwand für Löscharbeiten nur 70 % anzusetzen, entsprechend 6.524 Arbeitsstunden.
Die Klägerin ist der Auffassung, das Mischfutterwerk der Beklagten sei ein Hafenbetrieb im Sinne der Satzung des Gesamthafenbetriebes, weil sie wasserseitig angelieferte Ware umschlage und deshalb Hafenarbeit leiste. Unerheblich sei, daß in einem Kraftfutterwerk das Be- und Entladen von Schiffen nicht gewerbetypisch sei. Es sei vielmehr ausreichend, daß in einem organisatorisch unselbständigen Betriebsteil der Beklagten Hafenarbeit geleistet werde.
Die Klägerin hat beantragt festzustellen, daß der Betrieb der Beklagten in 2102 Hamburg, P , Hafeneinzelbetrieb im Sinne der Satzung des Gesamthafenbetriebes ist.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und hält den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für gegeben, wie aus § 3 des Gesetzes vom 3. August 1950 (BGBl. I S. 352) unmittelbar hervorgehe. Die sachliche Zuständigkeit der Arbeitsgerichte sei im Streitfall auch nicht aus § 2 Abs. 1 Nr. 5 ArbGG zu entnehmen. Danach gehörten zwar bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen einem Arbeitgeber und gemeinsamen Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vor die Arbeitsgerichte, jedoch sei weder die Klägerin noch die von ihr vertretene nicht rechtsfähige Gesamthafenbetriebsgesellschaft eine solche gemeinsame Einrichtung.
Im übrigen ist sie der Auffassung, daß ihr Betrieb nicht zu den in der Satzung des GHB aufgezählten Umschlagbetrieben gehöre, weil in einem Mischfutterwerk im wesentlichen keine Hafenarbeit geleistet werde.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der Revision strebt die Klägerin die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils an.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
I.1. Das Berufungsgericht hat seine sachliche Zuständigkeit aus § 2 Abs. 1 Nr. 5 ArbGG entnommen. Danach gehören bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitgebern und gemeinsamen Einrichtungen der Tarifvertragsparteien (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 b ArbGG) vor die Arbeitsgerichte, soweit nicht die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist. Es kann in diesem Rechtsstreit dahingestellt bleiben, ob die Klägerin als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien oder nur als Organ einer solchen Einrichtung anzusehen ist oder nicht, denn nach § 73 Abs. 2 ArbGG kann die Revision nicht darauf gestützt werden, die Vorinstanz habe die sachliche Zuständigkeit zu Unrecht angenommen. Das ergibt sich bereits aus dem eindeutigen Gesetzeswortlaut (BAGE 41, 328, 331 = AP Nr. 1 zu § 73 ArbGG 1979). Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn das Landesarbeitsgericht seine sachliche Zuständigkeit verneint hätte (BAGE 32, 187, 188 = AP Nr. 2 zu § 4 TVG Gemeinsame Einrichtungen).
Zwar bestimmt § 3 Satz 3 des Gesetzes über die Schaffung eines besonderen Arbeitgebers für Hafenarbeiter (Gesamthafenbetrieb) vom 3. August 1950 - BGBl. I S. 352), daß für Streitigkeiten zwischen Unternehmern und dem Gesamthafenbetrieb über die von ihm festgesetzten Beiträge und Umlagen der ordentliche Rechtsweg zulässig ist. Das Landesarbeitsgericht entnimmt seine sachliche Zuständigkeit dagegen aus § 2 Abs. 1 Nr. 5 ArbGG, weil die Klägerin nach seiner Auffassung als Organ einer gemeinsamen Einrichtung der Tarifvertragsparteien anzusehen ist. Das ist nach § 73 Abs. 2 ArbGG in der Revisionsinstanz nicht zu prüfen. Diese Vorschrift ist durch die Vereinfachungsnovelle vom 3. Dezember 1976 (BGBl. I S. 3281) neu gefaßt und dadurch ergänzt worden, daß die Revision weder auf die unrichtige Annahme der örtlichen Zuständigkeit noch darauf gestützt werden kann, daß die Zuständigkeit eines ordentlichen Gerichts begründet sei.
Es wäre von Amts wegen in der Revisionsinstanz nur zu untersuchen, ob der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gegeben ist. Das kommt hier nicht in Betracht, weil § 3 Satz 3 des Gesetzes vom 3. August 1950 durch die Zuweisung der Rechtsstreitigkeiten an die ordentlichen Gerichte klarstellt, daß der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet ist. Darüber hinaus folgt das aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes, wonach mit der Zulässigkeit des ordentlichen Rechtswegs zum Ausdruck gebracht werden sollte, "daß dies auch gelten soll, falls wegen des in § 1 Abs. 2 vorgesehenen Zwangszusammenschlusses angenommen werden sollte, daß die von dem Hafenbetrieb erhobenen Beiträge und Umlagen öffentlich rechtlichen Charakter haben" (BT-Drucks. I Nr. 632, S. 5).
2. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß die Klägerin als rechtsfähige Organgesellschaft (Gesamthafenbetriebsgesellschaft mbH) für ein nicht rechtsfähiges Gebilde (Gesamthafenbetrieb) klagebefugt ist. Das ergibt sich unmittelbar aus § 4 Abs. 1 der "Vereinbarung über die Schaffung eines besonderen Arbeitgebers für Hafenarbeiter in Hamburg (Gesamthafenbetrieb)" zwischen den Tarifvertragsparteien vom 9. Februar 1951, wonach die Klägerin die laufenden Verwaltungsarbeiten ausführt. Dazu gehört auch die Aufgabe, für die Einziehung der Beiträge und Umlagen zu sorgen. Das schließt die Klagebefugnis für die hier erhobene Feststellungsklage ein, mit der geklärt werden soll, ob die Beklagte als Hafenbetrieb im Sinne der Satzung des Gesamthafenbetriebes anzusehen ist mit der Folge, daß sie gegenüber der Klägerin beitragspflichtig ist. Dazu bedarf es nicht der Rechtsfähigkeit des Gesamthafenbetriebs.
Nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes vom 3. August 1950 bestimmt der Gesamthafenbetrieb über seine Rechtsform und seine Organe. Demnach ist es ihm selbst überlassen, ob er eine vom Gesetz angebotene Rechtsform annehmen will oder ob er die Geschäftsführung - wie hier - einer rechtsfähigen Organgesellschaft überträgt. Davon ist die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bisher schon ausgegangen (BAGE 11, 82, 83 = AP Nr. 2 zu § 1 GesamthafenbetriebsG).
II. Das Landesarbeitsgericht sieht die Beklagte zu Recht nicht als Hafeneinzelbetrieb im Sinne der Satzung des Gesamthafenbetriebes an.
1. Zu diesem Ergebnis kommt die Vorinstanz durch Auslegung der "Satzung" unter Berücksichtigung der vorher geltenden Verwaltungsordnung aus dem Jahre 1960.
Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt: Diese Regelung sei so zu verstehen, daß nur Umschlagbetriebe erfaßt werden, deren Betriebszweck auf die Ausführung dieser Arbeiten gerichtet sei. Dagegen seien Produktionsbetriebe, die wasserseitig mit Rohstoffen zur Weiterverarbeitung beliefert werden und diese entladen, nicht als Umschlagbetriebe anzusehen. Zwar enthalte § 3 Abs. 1 Satz 2 der Satzung des Gesamthafenbetriebes folgende Bestimmung: "Darüber hinaus bestimmt der Vorstand, ob eine Arbeit unter den Begriff der Hafenarbeit fällt", jedoch habe er die Beklagte nicht dadurch zum Hafenbetrieb machen können, daß er beschlossen habe, sie in das Verzeichnis der Hafenbetriebe nach § 3 Abs. 2 der Satzung aufzunehmen. Wegen der weitreichenden Wirkung einer solchen Vorstandsentscheidung - nämlich Heranziehung zu Beiträgen und Umlagen - könne der Vorstand nur abstrakte Merkmale aufstellen und müsse diese Regelung nach vorheriger Genehmigung durch die Behörde veröffentlichen. Abgesehen davon, daß der Vorstand keine abstrakten Merkmale aufgestellt, sondern durch eine Einzelfallentscheidung versucht habe, die Beklagte als Hafenbetrieb zu erfassen, fehle es an der Genehmigung durch die Behörde und an einer Veröffentlichung des erweiterten Zuständigkeitskatalogs.
2. Die Klägerin hat demgegenüber geltend gemacht, nach § 3 der Satzung sei die Beklagte als Hafenbetrieb anzusehen, denn diese Satzungsbestimmung unterscheide zwischen "Kaibetrieben" einerseits und "anderen Umschlagbetrieben" andererseits, wobei mit dem Begriff "Kaibetriebe" solche Betriebe gemeint seien, die nur Umschlagarbeiten ausführten, während unter "anderen Umschlagbetrieben" auch solche Betriebe zu verstehen seien, deren Betriebszweck nicht nur auf den Umschlag gerichtet sei. Es komme nicht darauf an, daß ein Betrieb nur Waren umschlage, sondern es genüge für eine Mitgliedschaft im Gesamthafenbetrieb, daß er überhaupt Hafenarbeit verrichte.
3. Die Angriffe der Revision gegen die Auslegung der "Satzung" des Gesamthafenbetriebes durch die Vorinstanz gehen fehl.
a) Die von der Klägerin bekämpfte Auslegung der "Satzung" durch das Landesarbeitsgericht ist in der Revisionsinstanz nicht nur dahin nachzuprüfen, ob Denkgesetze, allgemeine Erfahrungssätze oder anerkannte Auslegungsregeln verletzt sind. Das Revisionsgericht hat die "Satzung" vielmehr selbständig auszulegen. Das gilt jedenfalls dann, wenn sie sich nicht auf interne körperschaftsrechtliche Regelungen zu den Mitgliedern beschränkt, sondern Außenwirkung hat (BAGE 12, 104, 106, 107 = AP Nr. 1 zu § 611 BGB Faktisches Arbeitsverhältnis). Diese Voraussetzungen sind erfüllt, denn einerseits enthält die "Satzung" weitreichende Regelungen zur Gestaltung der Arbeitsverhältnisse der Gesamthafenarbeiter (§§ 4 - 18) und gleicht damit eher einer tariflichen Regelung (Wiebel, RdA 1953, 291, 294). Außerdem kann sich die Regelung des § 3 des Gesetzes vom 3. August 1950 auf Nichtmitglieder erstrecken - die also nicht an der körperschaftlichen Verfassung des Gesamthafenbetriebes beteiligt sind - und verpflichtet sie dann zu Leistungen (Beiträge, Umlagen).
b) Die Parteien streiten in Wirklichkeit gar nicht über die Auslegung von Satzungsrecht, sondern über den Begriff der Hafenarbeit, der schon durch das Gesetz vom 3. August 1950 vorgegeben ist und überörtlich für alle See- und Binnenhäfen der Bundesrepublik gilt und damit Rechtsnormcharakter hat.
Der Begriff der Hafenarbeit wird vom Gesetzgeber schon für die Bildung eines Gesamthafenbetriebes vorausgesetzt, denn nach § 1 Abs. 1 des Gesetzes vom 3. August 1950 ist ein Gesamthafenbetrieb nur zur Regelung stetiger Arbeitsverhältnisse der Gesamthafenarbeiter zu bilden. Hieran anknüpfend bestimmt § 2 Abs. 1 letzter Satz des vorgenannten Gesetzes, daß der Gesamthafenbetrieb "den Begriff der Hafenarbeit im Sinne des § 1 Abs. 1 bindend festzusetzen" habe. Insoweit sind die Tarifvertragsparteien als Vertragspartner der Vereinbarung zur Schaffung eines Gesamthafenbetriebes bereits an diese gesetzlichen Vorgaben gebunden und können keine Beschäftigungsverhältnisse als Hafenarbeit bezeichnen, die nicht unter den Begriff der Hafenarbeit einzuordnen sind.
Die Vereinbarung vom 9. Februar 1951 zwischen den Tarifvertragsparteien zur Errichtung eines Gesamthafenbetriebes in Hamburg enthält wiederum in § 2 Nr. 1 Abs. 3 dieser Vereinbarung die Ermächtigung für den Gesamthafenbetrieb, "nähere Bestimmungen darüber zu veröffentlichen, welche Betriebe als Hafeneinzelbetriebe und welche Arbeiter als Hafenarbeiter gelten". Die hierzu erlassene "Satzung" der Klägerin ist somit eingebunden in das gesamte Regelungswerk der Tarifpartner.
Wegen dieses stufenförmigen Rangverhältnisses muß die jeweils rangniedere Rechtsquelle der Regelungsbefugnis in der jeweils ranghöheren Rechtsquelle entsprechen.
c) Der Rechtsnormcharakter und die zwingende Wirkung der gesamten Regelung zur Gestaltung der Arbeitsverhältnisse der Hafenarbeiter sind einem Tarifvertrag zumindest vergleichbar, denn die Tarifvertragsparteien sind in schriftlicher Form durch Bundesgesetz zu dieser normativen Regelung ermächtigt. Außerdem erstrecken sie sich - einem Tarifvertrag vergleichbar (§ 4 Abs. 1 TVG) - auf alle vom Gesamthafenbetriebsgesetz vom 3. August 1950 erfaßten Arbeitsrechtsbeziehungen.
d) Diese Zusammenhänge erlauben es, die Auslegungsgrundsätze heranzuziehen, die für die Abgrenzung des Geltungsbereichs eines Tarifvertrages von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entwickelt worden sind. Bei Mischbetrieben kommt es für die Tarifgeltung entscheidend darauf an, mit welchen Aufgaben die Arbeitnehmer des Betriebes überwiegend beschäftigt werden. Wirtschaftliche Gesichtspunkte sowie handels- und gewerberechtliche Kriterien sind grundsätzlich unbeachtlich; sie können lediglich ergänzend und zur Bestätigung mit herangezogen werden (vgl. zuletzt BAG Urteil vom 25. November 1987 - 4 AZR 361/87 - AP Nr. 18 zu § 1 TVG Tarifverträge: Einzelhandel, im Anschluß an BAGE 25, 188, 193 = AP Nr. 13 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau sowie BAG Urteil vom 17. Februar 1971 - 4 AZR 71/70 - AP Nr. 9 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau und BAGE 25, 313 = AP Nr. 14 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau, m.w.N.). Danach ist im Streitfall entscheidend darauf abzustellen, ob die überwiegende Arbeitszeit der Arbeitnehmer der Beklagten für typische Aufgaben eines Hafenbetriebes beansprucht wird (vgl. BAG, aaO). Nach den nicht streitigen Ausführungen der Beklagten wurden bei ihr im Jahre 1983 insgesamt 141.133 Arbeitsstunden geleistet. Davon entfielen auf die Kostenstellen 8, 9 und 10 (Annahme Sauger 2, Sauger und Kran) nur 9.320 Arbeitsstunden. Da die zu diesen Kostenstellen geführten Mitarbeiter nicht nur zum Löschen der wasserseitig angelieferten Rohstoffe eingesetzt wurden, sondern auch andere Tätigkeiten ausübten, sind von dem Arbeitsaufwand für Löscharbeiten nach dem unstreitigen Vorbringen der Beklagten nur 70 % anzusetzen, entsprechend 6.524 Arbeitsstunden. Das sind aber nur etwa 4,6 % der insgesamt geleisteten 141.133 Arbeitsstunden.
Dieser geringfügige Anteil von Schiffsentladungsarbeiten reicht nicht aus, um die Beklagte als Hafenbetrieb im Sinne der "Satzung" des Gesamthafenbetriebes einzustufen, zumal da die mit diesen Arbeiten betrauten Mitarbeiter auch keine organisatorisch selbständige Betriebsabteilung der Beklagten bilden.
Dr. Thomas Dr. Gehring Dr. Olderog
Polcyn Liebsch
Fundstellen
BAGE 60, 292-299 (LT1) |
BAGE, 292 |
BR/Meuer GHB § 1, 14-12-88, 5 AZR 809/87 (LT1) |
NZA 1989, 565-567 (LT1) |
RdA 1989, 135 |
AP § 1 GesamthafenbetriebsG (LT1), Nr 4 |
EzAÜG, Nr 311 (LT1) |