Entscheidungsstichwort (Thema)
Essenmarkenzuschuß und Mitbestimmung des Personalrats
Orientierungssatz
Parallelsache zu BAG Urteil vom 15.1.1987 - 6 AZR 589/84.
Verfahrensgang
LAG Köln (Entscheidung vom 29.10.1985; Aktenzeichen 8/7 Sa 264/85) |
ArbG Köln (Entscheidung vom 15.01.1985; Aktenzeichen 4 Ca 10204/84) |
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Berechtigung des Beklagten, den dem Kläger in Höhe von 1,50 DM arbeitstäglich gezahlten Essenzuschuß ab 1. Januar 1984 um 1,-- DM zu kürzen.
Der Kläger ist zumindest seit dem 1. April 1968 als Sachbearbeiter mit besonders schweren Aufgaben bei dem Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der zwischen dem Beklagten einerseits und der RFFU, dem deutschen Journalistenverband und der DAG andererseits abgeschlossene einheitliche Manteltarifvertrag (eMTV) vom 15. Juli 1976 Anwendung.
Im übrigen gelten nach § 5 des am 24. Januar 1968 abgeschlossenen Arbeitsvertrages die Dienstordnung und Abmachungen, die zwischen dem Deutschlandfunk und dem Personalrat abgeschlossen und durch Aushang bekanntgegeben werden, sowie tarifvertragliche Vereinbarungen als Bestandteil des Vertrages, soweit darin nicht ausdrücklich etwas Abweichendes vereinbart wird. Nach § 7 des Arbeitsvertrages bedürfen Änderungen der schriftlichen Bestätigung durch den Beklagten. Abweichende mündliche Abreden sind nicht getroffen worden.
Der Beklagte unterhält zusammen mit der Deutschen Welle als Gemeinschaftseinrichtung eine Kantine, die von der Deutschen Welle betrieben wird. Er gewährte bis zum 31. Dezember 1983 seinen durchschnittlich mehr als vier Stunden täglich beschäftigten Mitarbeitern, u. a. dem Kläger, einen Essengeldzuschuß von arbeitstäglich 1,50 DM in Form von Essenzuschußmarken, die zum Bezug einer um den Wert der Marke verbilligten Mahlzeit in der Kantine berechtigten. Die Essengeldzuschuß-Gewährung erfolgte aufgrund Ziff. 740/741 eMTV, in der es heißt:
"Essengeldzuschuß
Die Anstalt gewährt den Arbeitnehmern einen
Essengeldzuschuß. Die Richtlinien hierfür
werden im Einvernehmen mit dem Personal-/
Betriebsrat festgelegt."
Die von dem Intendanten des Beklagten zuletzt hierzu erlassenen "Richtlinien über Essenzuschußmarken nach Ziffern 740 ff. eMTV" datieren vom 16. März 1973.
Aufgrund eines Beschlusses der Bundesregierung vom 29. Juni 1983 teilte der Bundesminister des Innern mit Schreiben vom 18. Oktober 1983 dem Beklagten mit, daß ab dem 1. Januar 1984 der Zuschuß zur Gemeinschaftsverpflegung bei den Dienststellen des Bundes in Höhe von 1,-- DM je Arbeitstag entfalle und dies auch für die von ihm institutionell geförderten Zuwendungsempfänger gelte. Zugleich bat er, für eine Änderung bzw. Kündigung der tariflichen Vereinbarungen über die Gewährung von Essengeldzuschüssen Sorge zu tragen sowie darum, die etwa im Entwurf des Wirtschaftsplanes 1984 enthaltenen Ausgabemittel insoweit zu streichen. Am 22. November 1983 beschloß daraufhin der Verwaltungsrat des Beklagten, den Essenzuschuß ab 1. Januar 1984 um 1,-- DM auf 0,50 DM je Arbeitstag zu reduzieren. Mit Schreiben vom 25. November 1983 teilte der Beklagte dies dem Personalrat mit. Zugleich kündigte er die Richtlinien über Essenzuschußmarken vom 16. März 1973 vorsorglich zum 31. Dezember 1983. Dem widersprach der Personalrat mit Schreiben vom 2. Dezember 1983 unter Hinweis auf ein von ihm in Anspruch genommenes Mitbestimmungsrecht.
Durch ein an alle Mitarbeiter verteiltes Rundschreiben vom 12. Dezember 1983 teilte der Beklagte mit, er müsse ab 1. Januar 1984 den Wert der Essenzuschußmarke auf 0,50 DM reduzieren. Seitdem erhält auch der Kläger nur noch Essenzuschußmarken im Wert von 0,50 DM pro Arbeitstag.
Der Personalrat des Beklagten leitete mit dem Ziel, festzustellen, daß die Neuregelung des Essengeldzuschusses im Rundschreiben des Beklagten vom 12. Dezember 1983 wegen Verletzung der Mitbestimmungsrechte des Personalrats unwirksam sei, ein Beschlußverfahren vor dem Verwaltungsgericht Köln ein. Dieses wies den Antrag durch Beschluß vom 18. Juni 1984 (PVB 28/83) zurück. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Personalrates wies das Oberverwaltungsgericht Münster durch den inzwischen rechtskräftigen Beschluß vom 11. Dezember 1985 (CB 21/84) zurück.
Mit seiner Klage hat der Kläger zuletzt die Zahlung von 212,-- DM und die Weitergewährung von Essenzuschußmarken im Wert von jeweils 1,50 DM pro Arbeitstag verlangt. Er hat die Auffassung vertreten, der Beklagte habe den zum Inhalt des Arbeitsvertrages gewordenen Zuschuß ohne Zustimmung des Personalrats nicht wirksam kürzen können. Das Mitbestimmungsrecht des Personalrats folge aus § 75 Abs. 3 Ziff. 5 BPersVG, weil die Reduzierung des Zuschusses eine Umwandlung oder Teilauflösung einer Sozialeinrichtung darstelle. Dem Mitbestimmungsrecht stehe nicht entgegen, daß allein die Höhe des Zuschusses in Frage stehe. Im übrigen habe der Essenmarkenzuschuß Entgeltcharakter, so daß ein Mitbestimmungsrecht auch nach § 75 Abs. 3 Ziff. 4 BPersVG bestehe. Darüberhinaus ergebe sich ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats auch aus Ziffer 741 eMTV. Die alte Regelung, die einen Zuschuß in Form einer Essenmarke im Wert von 1,50 DM pro Arbeitstag vorsehe, gelte in Ermangelung einer wirksamen Kürzung daher über den 1. Januar 1984 hinaus weiter. Der von ihm geltend gemachte Anspruch sei auch aufgrund betrieblicher Übung begründet.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an
den Kläger 212,-- DM zu zahlen;
2. den Beklagten zu verurteilen, dem
Kläger Essenzuschußmarken im Werte
von jeweils 1,50 DM arbeitstäglich
zu gewähren.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, er dürfe den Essengeldzuschuß einseitig kürzen. Mitbestimmungsrechte des Personalrates stünden dem nicht entgegen. Das Kantinenwesen werde dadurch nicht berührt. Die Auflösung oder Teilauflösung einer Sozialeinrichtung stehe nicht in Rede, da weder der Kreis der Berechtigten, noch das Verfahren bei der Aushändigung und Einlösung der Essenmarken verändert worden sei, sondern sich allein deren Wert verringert habe. Die darin liegende lohnpolitische Entscheidung unterliege nicht der Mitbestimmung des Personalrats. Auch der einheitliche Manteltarifvertrag sehe ein Mitbestimmungsrecht über die Höhe des Zuschusses nicht vor. Aus einer betrieblichen Übung lasse sich der Anspruch ebenfalls nicht herleiten. Ein einzelvertraglicher Anspruch auf Weitergewährung der Essenzuschußmarken hätte wirksam nur durch eine schriftformbedürftige Nebenabrede begründet werden können.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers blieb ohne Erfolg. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Fortzahlung des ungekürzten Essenzuschusses.
I. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, es bestehe kein einzelvertraglicher Anspruch des Klägers, ebensowenig könne er aus dem Gesichtspunkt einer betrieblichen Übung entsprechende Rechte herleiten. Der Kläger habe nicht darauf vertrauen können, der Beklagte wolle durch den Erlaß der Richtlinien zu Ziff. 740/741 eMTV individualrechtliche Ansprüche begründen, da diese erkennbar an die Tarifnorm anknüpften und allein deren Ausfüllung dienten. Der Kläger könne die Weitergewährung des ungekürzten Zuschusses auch nicht deshalb fordern, weil dessen Kürzung als einseitige Maßnahme ohne Beteiligung des Personalrates unwirksam gewesen sei. Die Richtlinien seien nicht einer Dienstvereinbarung gleichzustellen. Der Personalrat habe auch kein Mitbestimmungsrecht nach § 75 Abs. 3 Ziff. 5 BPersVG, weil nicht die Einrichtung, Verwaltung oder Auflösung einer Sozialeinrichtung in Rede stehe. Die Verwaltung der Kantine werde durch die Herabsetzung des Essenmarkenzuschusses ebensowenig berührt, wie sie damit ganz oder teilweise aufgelöst werde. Die Kürzung des Essenzuschusses unterliege auch nicht als Frage der betrieblichen Lohngestaltung dem Mitbestimmungsrecht des Personalrats nach § 75 Abs. 3 Ziff. 4 BPersVG. Die Essenzuschußmarken seien kein Lohn im Sinne dieser Vorschrift. Dieser umfasse zwar alle vermögenswerten Arbeitgeberleistungen, bei denen die Bemessung nach einen System erfolge. Dazu gehöre nicht der Essenzuschuß, der nur Aufwendungen für die Kosten einer Mittagsmahlzeit aufgrund bestimmter persönlicher Umstände ausgleichen solle.
II. Diese Rechtsausführungen des Landesarbeitsgerichts halten jedenfalls im Ergebnis der revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
1. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, daß der Kläger sein Begehren nicht auf einen einzelvertraglichen Anspruch stützen kann.
a) Nach den mit zulässigen Verfahrensrügen nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts haben die Parteien in dem Arbeitsvertrag nicht die Gewährung des geltend gemachten Essenzuschusses vereinbart. Eine entsprechende Individualabrede trägt der Kläger auch selbst nicht vor.
b) Für sein Verlangen, den Essenzuschuß in der bisherigen Höhe weiterhin zu erhalten, kann sich der Kläger auch nicht auf das Bestehen einer betrieblichen Übung berufen. Eine betriebliche Übung, die keine Rechtsquelle eigener Art mit normativer Wirkung ist, kommt nämlich dann nicht in Betracht, wenn, wie vorliegend, die fragliche Leistung aufgrund Tarifrechts gewährt wird. Bei Bestehen einer bestimmten tarifrechtlichen Regelung ist für eine betriebliche Übung gleichen Inhalts kein Raum (vgl. BAGE 47, 238, 251 f. = AP Nr. 1 zu § 4 TVG Bestimmungsrecht; BAG Urteil vom 14. August 1986 - 6 AZR 427/85 - zur Veröffentlichung vorgesehen). Die Rechtsnormen eines Tarifvertrags gestalten den Inhalt des Arbeitsverhältnisses, werden aber nicht gleichzeitig auch Bestandteil des Arbeitsvertrages (Wiedemann/Stumpf, TVG, 5. Aufl., § 4 Rz 170). Anders ist die Rechtslage nur dann zu beurteilen, wenn eine betriebliche Übung über den Rahmen der tariflichen Regelung hinausgeht. Eine solche Fallgestaltung liegt hier aber nicht vor.
Im übrigen konnte der Kläger den ihm erkennbaren Umständen nicht entnehmen, der Beklagte werde den Essenzuschuß in Höhe von 1,50 DM arbeitstäglich als eine von den tariflichen Grundlagen unabhängige Leistung gewähren. Vielmehr mußte er den Umständen entnehmen, daß der Beklagte allein und ausschließlich seiner durch Tarifvertrag begründeten Pflicht zur Gewährung eines Verpflegungszuschusses genügen wollte. Bereits die Überschrift weist aus, daß es sich um "Richtlinien über Essenzuschußmarken nach Ziff. 740 ff. eMTV" handelt. Diese Bezugnahme auf den Tarif- vertrag bereits in der Überschrift macht den Willen des Beklagten hinreichend deutlich, lediglich den Umfang und die Einzelheiten tarifvertraglich begründeter Pflichten zu regeln, nicht aber zusätzliche und von den Tarifgrundlagen unabhängige einzelvertragliche Pflichten zu begründen.
2. Der Kläger kann den von ihm geltend gemachten Anspruch nicht auf Ziffer 740/741 eMTV stützen.
a) Der Tarifvertrag legt lediglich fest, der Beklagte habe den Arbeitnehmern einen Essengeldzuschuß zu gewähren und dafür Richtlinien im Einvernehmen mit dem Personalrat zu erarbeiten. Auch der Vorgänger dieses Tarifvertrages, der Manteltarifvertrag vom 1. Juni 1966, sah in § 35 lediglich die Gewährung eines Zuschusses für Essengutscheine an die Arbeitnehmer durch den Beklagten nach vorgegebenen Richtlinien vor. Die Höhe des vom Beklagten zu zahlenden Zuschusses hingegen legt weder der eine noch der andere Tarifvertrag ausdrücklich fest. Beide enthalten keine Aussage darüber, in welcher Höhe und nach welchen Grundsätzen der Zuschuß zu verteilen ist, sondern behalten dies den aufzustellenden Richtlinien vor. Damit enthält Ziffer 740/741 eMTV eine sogenannte Bestimmungsklausel. Die Tarifvertragsparteien haben die Regelung der Einzelheiten und Modalitäten der Essenzuschußgewährung an die Arbeitnehmer dem Beklagten im Einvernehmen mit dem Personalrat überlassen. Sie haben lediglich den Grundsatz - gleichsam als Rahmen - geregelt. Eine solche Regelung im Tarifvertrag ist in Anbetracht der auch dort grundsätzlich geltenden Vertragsfreiheit rechtlich zulässig (BAG Urteil vom 28. September 1977 - 4 AZR 743/76 - AP Nr. 4 zu § 1 TVG Tarifverträge: Rundfunk, m. w. N.; BAGE 47, 238, 246 aaO). Das gilt auch für die Höhe tariflich bedungener Leistungen. Damit übertragen die Tarifvertragsparteien ihre Rechtsetzungsbefugnis auch nicht teilweise (vgl. BAG aaO). Aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit muß allerdings die Delegation nach Adressat und Umfang hinreichend deutlich sein (BAGE 47, 238, 246 f. aaO). Die in Ausübung des Bestimmungsrechts getroffene Regelung des durch die Tarifvertragsparteien bestimmten Berechtigten ergänzt den Tarifinhalt und schafft damit Normen, die wie Tarifvorschriften wirken und deren rechtliches Schicksal teilen (BAG aaO).
b) Ziffer 740/741 eMTV benennt den Beklagten zwar nicht ausdrücklich als Bestimmungsberechtigten. Da der Tarifvertrag auf Arbeitgeberseite jedoch allein vom Beklagten abgeschlossen worden ist, kommt nur er als Adressat der Bestimmungsklausel in Betracht.
Die den Essenmarkenzuschuß, seine Höhe, den berechtigten Personenkreis und die Einzelheiten regelnden "Richtlinien über Essenzuschußmarken nach Ziffer 740 ff. eMTV" vom 16. März 1973 sind zwar allein durch den Intendanten des Beklagten ohne Mitwirkung des Personalrats erlassen worden. Da die Richtlinien aus dem Jahre 1973 stammen, der ein "Einvernehmen" des Personalrats erfordernde eMTV aber vom 15. Juli 1976 datiert, war das "Einvernehmen des Personalrats" auch nicht erforderlich. Nach § 35 des zuvor gültigen Manteltarifvertrages vom 1. Juni 1966 wurde ein Essenzuschuß nämlich nach "gegebenen Richtlinien" gewährt. Die in Ausübung des Bestimmungsrechts getroffenen Regelungen enden zwar mit dem Auslaufen des Tarifvertrages, der die rechtliche Grundlage ihrer Entstehung geschaffen hat. Sieht der nachfolgende Tarifvertrag keine Bestimmungsklausel mehr vor, ist auch kein Raum mehr für den Fortbestand von Regelungen, die aufgrund einer solchen Klausel entstanden sind, es sei denn, ihr Fortbestand wird einzelvertraglich ausdrücklich vereinbart, wofür vorliegend keine Anhaltspunkte gegeben sind. Behält der nachfolgende Tarifvertrag die Bestimmungsklausel verändert oder unverändert bei, so muß der jeweilige Adressat von seinem Recht zur Leistungsbestimmung erneut Gebrauch machen. Er kann seine Befugnis dabei ausdrücklich oder, was insbesondere bei unveränderter Rechtslage der Fall sein wird, durch schlüssiges Verhalten ausüben (BAGE 47, 238, 247 aaO).
c) Die tarifliche Neuregelung vom 15. Juli1976 hat hinsichtlich der Richtlinien für den Essenzuschuß ein Mitwirkungsrecht des Personalrats in Form des "Einvernehmens" eingeführt. Der Personalrat des Beklagten hat das Einvernehmen nach Inkrafttreten des eMTV 1976 nicht ausdrücklich erklärt. Nachdem der Beklagte die alten Richtlinien jedoch weiterhin jahrelang von dem Personalrat unbeanstandet angewendet hat, ist dessen Einvernehmen zumindest zu unterstellen. Hiervon geht im übrigen auch der Kläger aus. Das mit den Richtlinien vom 16. März 1973 wirksam ausgeübte Bestimmungsrecht ist durch den Beschluß des Verwaltungsrats des Beklagten vom 22. November 1983, den Essenzuschuß ab 1. Januar 1984 auf 0,50 DM je Arbeitstag zu verringern, entsprechend den veränderten Umständen mithin neu ausgeübt worden.
3. Die Konkretisierung von Arbeitsbedingungen aufgrund einer tariflichen Bestimmungsklausel muß die Grundsätze billigen Ermessens (§ 315 Abs. 1 BGB) wahren (vgl. BAGE 47, 238, 249 aaO; Wiedemann/Stumpf, aaO, § 1 Rz 301, jeweils m. w. N.). Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn sie die wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt hat (vgl. BAG Urteil vom 28. September 1977 - 4 AZR 743/76 - aaO; BAGE 47, 238, 249 aaO). Ob der zur Bestimmung der Leistung Berechtigte diese Grundsätze beachtet hat, unterliegt der gerichtlichen Kontrolle (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB). Diese ist in der Revisionsinstanz unbeschränkt nachzuprüfen (BAGE 47, 238, 249 aaO, m. w. N.).
Diesen Anforderungen ist der Beklagte bei der Kürzung des Essenzuschusses gerecht geworden. Als gemeinnützige, durch das Gesetz über die Errichtung von Rundfunkanstalten des Bundesrechtes vom 29. November 1960 (BGBl. I S. 862) geschaffene Anstalt des öffentlichen Rechts hat der Beklagte zwar das Recht der Selbstverwaltung (§ 5 Abs. 2) und ist in seiner Haushaltswirtschaft selbständig (§ 16 Abs. 1). Der Haushalt ist aber nach den Grundsätzen der Sparsamkeit in der Verwaltung aufzustellen. Die Haushaltsmittel sind wirtschaftlich und sparsam zu verwalten (§ 16 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3). Vor allem aber ist zu beachten, daß die Finanzierungslast für den Beklagten überwiegend der Bund trägt, wobei der Bundesminister des Innern die Zuweisungen als Kassenhilfe bewilligt und der Beklagte außerdem eine Finanzhilfe der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (vgl. BT-Drucks. 9/978 S. 169) erhält. In Anbetracht dessen entspricht es billigem Ermessen, wenn der Beklagte das Schreiben des Bundesministers des Innern vom 18. Oktober 1983 mit dem auf einen Beschluß der Bundesregierung fußend die Streichung des Zuschusses zur Gemeinschaftsverpflegung in Höhe von 1,-- DM ab 1. Januar 1984 auch für die institutionell geförderten Zuwendungsempfänger verbindlich angekündigt und in dem um die Streichung entsprechender Ansätze im Haushaltsplanentwurf gebeten wird, zum Anlaß nimmt, diese bisher ungekürzt und unmittelbar an die Beschäftigten weitergegebene Vergünstigung um den nunmehr gekürzten Betrag zu reduzieren.
III. Der Beklagte hat bei der Kürzung des Essenzuschusses auch keine zwingenden Beteiligungsrechte des bei ihm gebildeten Personalrats verletzt.
1. Obwohl das Oberverwaltungsgericht Münster den Antrag des Personalrats des Beklagten festzustellen, dieser habe bei der Kürzung des Essenzuschusses Mitbestimmungsrechte verletzt, rechtskräftig abgelehnt hat, sind die Gerichte für Arbeitssachen befugt, im Individualrechtsstreit selbständig zu prüfen, ob solche Mitbestimmungsrechte bestehen oder nicht.
Zwar sind auch im Beschlußverfahren ergangene, formell rechtskräftige Entscheidungen der materiellen Rechtskraft fähig (BAGE 35, 1, 2 = AP Nr. 2 zu § 80 ArbGG 1979; BAGE 21, 139, 143 ff. = AP Nr. 4 zu § 80 ArbGG 1953; BAGE 27, 113, 118 = AP Nr. 3 zu § 103 BetrVG 1972, jeweils m. w. N.). Die materielle Rechtskraftwirkung solcher Beschlüsse hindert allerdings nur dann grundsätzlich die bereits rechtskräftig entschiedene Frage den Gerichten zur erneuten Entscheidung zu unterbreiten, wenn die an dem Verfahren Beteiligten und der Sachverhalt identisch sind (BAGE 35, 1, 2 aaO; BAGE 20, 280 = AP Nr. 16 zu § 76 BetrVG 1972; BAGE 21, 139 aaO; BAGE 27, 301, 306 = AP Nr. 3 zu § 118 BetrVG 1972; Etzel, Die außerordentliche Kündigung nach dem Betriebsverfassungsgesetz, DB 1973, 1017, 1023; Gumpert, Kündigung und Mitbestimmung, BB 1972, 47, 51; Lepke, Zustimmung des Betriebsrats zu außerordentlichen Kündigungen des Arbeitgebers in besonderen Fällen, BB 1973, 894, 900). Die Parteien des Urteilsverfahrens sollen sich nicht ihnen möglicherweise ungünstige Entscheidungen aus Verfahren entgegenhalten lassen müssen, an denen sie nicht beteiligt waren und auf die sie demnach keinen Einfluß nehmen konnten. Vorliegend waren an dem Beschlußverfahren vor den Verwaltungsgerichten der Personalrat des Beklagten als Antragsteller einerseits und der Intendant als Vertreter des Beklagten andererseits beteiligt, während in dem jetzigen Urteilsverfahren der Kläger, ein Arbeitnehmer des Beklagten, diesen auf Zahlung des Essenzuschusses in Anspruch nimmt. Damit sind aber die Beteiligten beider Verfahren nicht identisch, auch wenn der Kläger Mitglied des Personalrats und damit des Antragstellers des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gewesen sein mag. Die Rechtskraft der Entscheidung in jenem Verfahren schließt demnach infolge der fehlenden und dort auch nicht notwendigen Beteiligung des Klägers eine erneute Entscheidung des Senats über das Bestehen von Mitwirkungsrechten des Personalrats nicht aus.
2. Der Beklagte hat keine Mitbestimmungsrechte des Personalrats nach § 75 Abs. 3 Ziff. 5 oder Ziff. 4 BPersVG verletzt.
a) Nach § 75 Abs. 3 Ziff. 5 BPersVG hat der Personalrat, soweit keine gesetzliche oder tarifliche Regelung besteht, mitzubestimmen über die Einrichtung, Verwaltung und Auflösung von Sozialeinrichtungen ohne Rücksicht auf deren Rechtsform. Die Tatsache, daß die Kantine von dem Beklagten als Gemeinschaftseinrichtung mit der Deutschen Welle unterhalten wird, steht damit einem Mitbestimmungsrecht des Personalrats des Beklagten nicht entgegen. Soweit mehrere Dienststellen eine gemeinsame Sozialeinrichtung schaffen, sind die Personalvertretungen aller beteiligten Dienststellen zu beteiligen (Fischer/Goeres, in Fürst, GKÖD, Bd. V, Personalvertretungsrecht des Bundes und der Länder, K § 75 Rz 90). Kantinen- oder Werksküchen sind Sozialeinrichtungen im Sinne dieser Vorschrift (BAGE 15, 136, 139 = AP Nr. 6 zu § 56 BetrVG Wohlfahrtseinrichtungen; Dietz/Richardi, BPersVG, 2. Aufl., § 75 Rz 329; Grabendorff/Windscheidt/Ilbertz/Widmaier, BPersVG mit Wahlordnung, 6. Aufl., § 75 Rz 121). Gleichwohl besteht hier kein Mitbestimmungsrecht des Personalrats nach § 75 Abs. 3 Ziff. 5 BPersVG, weil der Beklagte durch die Kürzung des Essenzuschusses auf 0,50 DM ab 1. Januar 1984 keine Sozialeinrichtung im Sinne der Vorschrift - auch nicht teilweise - aufgelöst hat. Das Bestehen einer Sozialeinrichtung setzt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nämlich ein zweckgebundenes Sondervermögen voraus, das der Verwaltung bedarf (vgl. zuletzt BAG Urteil vom 9. Juli 1985 - 1 AZR 631/80 - AP Nr. 16 zu § 75 BPersVG, m. w. N.). Deshalb liegt keine Sozialeinrichtung vor, wenn Sozialleistungen nach allgemeinen Richtlinien aus laufenden Betriebsmitteln gewährt werden (BAGE 34, 297, 302 f. = AP Nr. 5 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung, m. w. N.; Dietz/Richardi, aaO, § 75 Rz 327; Galperin/Löwisch, BetrVG, 6. Aufl., § 87 Rz 171 ff.).
Die Kürzung des Essenmarkenzuschusses durch den Beklagten berührt nicht den Bestand der Kantine, auch wenn dies dort zu Umsatzeinbußen geführt haben mag. Der Beklagte hat die Zuschüsse auch nicht an die Kantine, sondern an die einzelnen Berechtigten durch Abgabe verbilligter Essenmarken erbracht. Diese Essenmarken sind daher keine "Sozialeinrichtungen" im Sinne von § 75 Abs. 3 Ziff. 5 BPersVG. Weder deren Ausgabe noch deren Verwaltung erfolgt in einer eigenständigen Organisation aus zu diesem Zweck abgesonderten Mitteln des Beklagten. Vielmehr werden die erforderlichen Aufwendungen nach dem unstreitigen Sachvortrag beider Parteien aus den allgemeinen Haushaltsmitteln des Beklagten bestritten.
b) Durch die mit dem Rundschreiben vom 12. Dezember 1983 verfügte Kürzung des Essenmarkenzuschusses hat der Beklagte auch keine zwingenden Mitbestimmungsrechte des Personalrats nach § 75 Abs. 3 Ziff. 4 BPersVG verletzt. Danach hat der Personalrat mitzubestimmen über Fragen der Lohngestaltung innerhalb der Dienststelle, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen, die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden und deren Änderung, sowie Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren.
Die in § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG geregelten mitbestimmungspflichtigen Fragen der Lohngestaltung innerhalb der Dienststelle beziehen zwar, ebenso wie die entsprechende Vorschrift des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, alle vermögenswerten Arbeitgeberleistungen ein, bei denen die Bemessung nach einem System erfolgt (Dietz/Richardi, aaO, § 75 Rz 289). Beide Vorschriften erfassen alle Formen der Vergütung aus Anlaß des Arbeitsverhältnisses (BAGE 32, 350, 362 = AP Nr. 3 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung; BAG Urteil vom 9. Juli 1985 - 1 AZR 631/80 - AP Nr. 16 zu § 75 BPersVG = DB 1986, 230). Sie stellen ein umfassendes Mitbestimmungsrecht des Personalrats sicher (vgl. dazu auch BAGE 27, 194, 200 ff. = AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Altersversorgung; BAGE 34, 297, 301 = AP Nr. 5 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung; BAGE 36, 385, 390 = AP Nr. 109 zu § 76 BetrVG 1972; BAG Beschluß vom 30. März 1982 - 1 ABR 55/80 - AP Nr. 10 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung). Auch die Ausgabe von Essenzuschußmarken unterfällt damit grundsätzlich dem Mitbestimmungsrecht des Personalrats, selbst wenn diese Marken zweckgebunden, nur in der gemeinsamen Kantine verwertbar sein mögen und leistungsunabhängig gewährt werden. Vorliegend hat die Beklagte jedoch lediglich den mitbestimmungsfreien Dotierungsrahmen (BAGE 25, 93, 98 = AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Werkmietwohnungen; BAG Beschluß vom 3. Juni 1975 - 1 ABR 118/73 - AP Nr. 3 zu § 87 BetrVG 1972 Werkmietwohnungen, m. w. N.; OVG Münster Beschluß vom 27. Januar 1981 - CB 3/80 - in Weiß, Personalvertretungsrecht, Entscheidungssammlung zum BPersVG, § 75 RNr. 52) geändert, ohne im übrigen zugleich das Verteilungs- und Bemessungssystem zu verändern. Weder der Kreis der Bezugsberechtigten noch die sonstigen Faktoren, die für den Bezug der bezuschußten Essenmarken wesentlich sind, haben sich verändert, sondern nur und ausschließlich deren Wert, dessen Bestimmung als den Dotierungsrahmen betreffend, ausschließlich dem Beklagten obliegt. Sowohl der von dem Beklagten durch die Ausgabe bezuschußter Essenmarken begünstigte Personenkreis, als auch die Modalitäten des Bezugsrechts bleiben unverändert. Auch die denkbare Wahl eines anderen Verteilungsmaßstabes begründet noch kein Mitbestimmungsrecht. Die beabsichtigte Veränderung des Verteilungsmaßstabes durch den Beklagten kann zwar grundsätzlich ein Mitbestimmungsrecht begründen; soweit und solange der Beklagte aber keine Veränderung des berechtigten Personenkreises beabsichtigt, wird jedenfalls ein Mitbestimmungsrecht nicht ausgelöst. Auch der Personalrat des Beklagten hat hier gerade keine andere Verteilung der verringerten Mittel vorgeschlagen, sondern allein die Höhe des Dotierungsrahmens angegriffen. Die vom Beklagten einseitig vorgenommene Reduzierung des Essenzuschusses ist daher nicht wegen Verstoßes gegen zwingende Mitbestimmungsrechte unwirksam.
IV. Nach alledem war somit die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 Abs.1 ZPO zurückzuweisen.
Dr. Röhsler Schneider
zugleich für den
in Urlaub befindlichen
Richter Dörner
Fürbeth Dr. Walz
Fundstellen