Wann ist die Aufstellung von Dienstplänen rechtzeitig?
Ein Oberarzt und eine Universitätsklinik stritten über die Zahlung von Zuschlägen zu (Ruf-)Bereitschaftsdiensten wegen der verspäteten Aufstellung von Dienstplänen. Der Oberarzt ist verpflichtet, nach Maßgabe des § 10 TV-Ärzte/VKA Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft zu leisten. Gemäß den zum 1. Januar 2020 neu in den Tarifvertrag eingefügten § 10 Abs. 10-12 TV-Ärzte/VKA muss die Lage der Dienste der Ärztinnen und Ärzte in einem Dienstplan geregelt werden, der spätestens einen Monat vor Beginn des jeweiligen Planungszeitraumes aufgestellt wird. Wenn die vorstehende Frist nicht eingehalten wird, erhöht sich die Bewertung des Bereitschaftsdienstes für jeden Dienst des zu planenden Folgemonats um 10 (ab 1. Januar 2023 17,5) Prozentpunkte bzw. wird zusätzlich zum Rufbereitschaftsentgelt ein Zuschlag von 10 (ab 1. Januar 2023 17,5) Prozent des Entgelts gezahlt. Ergeben sich nach der Aufstellung des Dienstplanes Gründe für eine Änderung des Dienstplanes, die in der Person einer Ärztin / eines Arztes begründet sind oder die auf nicht vorhersehbaren Umständen beruhen, kann der Dienstplan – unter Berücksichtigung der Mitbestimmungsrechte – nach Aufstellung geändert werden.
Für die Monate Februar bis September 2020 gab die Beklagte den Beschäftigten die Dienstpläne unter Wahrung der Monatsfrist des § 10 TV-Ärzte/VKA bekannt, ohne dass der Betriebsrat diesen Plänen zuvor zugestimmt hatte oder sie genehmigte. Seine Verweigerung begründete er mit von ihm angenommenen Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz. Die Beklagte leitete kein Einigungsstellenverfahren ein.
Der Kläger leistete 16 von ihm im Einzelnen benannte Bereitschafts- bzw. Rufbereitschaftsdienste entsprechend den für Februar bis September 2020 bekannt gegebenen Dienstplänen. Er klagte nun auf Zahlung der Zuschläge gemäß § 10 Abs. 11 TV-Ärzte/VKA für diese Dienste.
Dienstpläne waren rechtzeitig aufgestellt
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat die Klage des Oberarztes abgewiesen.
Das BAG hat entschieden, dass das Universitätsklinikum die Dienstpläne rechtzeitig i. S. d. § 10 Abs. 11 TV-Ärzte/VKA "aufgestellt" hatte. Dabei könne es dahinstehen, ob die aufgestellten Dienstpläne tatsächlich gegen das Arbeitszeitgesetz verstießen. Auch sei es unerheblich, dass der Betriebsrat den Dienstplänen nicht zugestimmt habe, denn ein Dienstplan ist i. S. d. § 10 Abs. 11 TV-Ärzte/VKA sei nach Auffassung des BAG bereits dann "aufgestellt", wenn der Arbeitgeber in Ausübung seines Direktionsrechts die im Planungszeitraum anfallenden Dienste geplant und den Dienstplan den von ihm betroffenen Beschäftigten bekannt gemacht habe.
Dies ergebe die Auslegung des Tarifvertrags. Zunächst spreche bereits der Tarifwortlaut dafür, dass ein Dienstplan schon "aufgestellt" sei, wenn ihn der Arbeitgeber erarbeitet und gegenüber den betroffenen Arbeitnehmern entsprechend der betrieblichen Gepflogenheiten (z. B. durch Aushang oder Einstellen im Intranet) bekannt gegeben habe, der Dienstplan somit "in der Welt" sei; denn unter dem "Aufstellen" eines Plans werde grundsätzlich seine Ausarbeitung bzw. sein Niederschreiben verstanden, ohne dass bereits darauf abgestellt werde, ob der Plan bestimmten Voraussetzungen genüge.
Zustimmung des Betriebsrats zu Dienstplänen für Aufstellung nicht erforderlich
Außerdem spielt es nach Ansicht des BAG keine Rolle, dass der Betriebsrat den Dienstplänen nicht zugestimmt hatte. Die Regelung in § 10 TV-Ärzte/VKA sei betriebsverfassungs- bzw. personalvertretungsrechtlich "neutral" und betreffe ausschließlich das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
Zweck der Regelung ist zeitliche Planungssicherheit für Ärztinnen und Ärzte
Schließlich bezweckt die Regelung, den Ärztinnen und Ärzten ein bestimmtes Maß an Planungssicherheit im Hinblick auf die zeitliche Lage der von ihnen zu leistenden Dienste zu gewähren. Mit dem Zuschlag soll die verspätete Aufstellung des Dienstplans sanktioniert werden, so dass dieser auf individualrechtlicher Ebene einen finanziellen Ausgleich für die Einbuße der betroffenen Beschäftigten an Planungssicherheit darstelle, nicht aber für einen etwaigen Verstoß gegen die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes oder für die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats oder Personalrats (BAG, Urteil vom 16.3.2023, 6 AZR 130/22).
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