Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsübergang. Schuhproduktion. Klagefrist bei Kündigung durch den Konkursverwalter. Kündigung
Orientierungssatz
Macht ein Arbeitnehmer geltend, daß die Kündigung durch den Insolvenzverwalter unwirksam ist, so muß er nach § 113 Abs. 2 InsO auch dann innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Klage erheben, wenn er sich auf andere als die in § 1 Abs. 2 und 3 KSchG bezeichneten Gründe (hier: § 613a Abs. 4 BGB) beruft.
Normenkette
BGB § 613a; KSchG §§ 1, 4, 7, 13 Abs. 3; InsO § 113 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 14. Dezember 2000 – 11 Sa 940/99 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung des Beklagten zu 1), die Weiterbeschäftigung des Klägers durch die Beklagte zu 2) sowie den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses infolge eines Betriebsübergangs auf die Beklagte zu 3) und die Wiedereinstellung des Klägers bei der Beklagten zu 3).
Die H… GmbH & Co. KG (Gemeinschuldnerin) war ein Unternehmen mit 167 Mitarbeitern, welches sich mit der Produktion von Schuhen befaßte. Der Beklagte zu 1) ist der Konkursverwalter über das Vermögen der Gemeinschuldnerin. Die Beklagte zu 3) entstand aus einer Verlagerung der H… Shoe Group GmbH mit Sitz in N… – einer Gesellschaft aus dem Konzern der Beklagten zu 2) – und deren Umbenennung in H… GmbH. Diese Gesellschaft wurde am 20. April 1998 in das Handelsregister des Amtsgerichts in Offenbach am Main eingetragen.
Der Kläger war seit 1972 bei der H… GmbH & Co. KG als Stanzer/Schlosser mit einem monatlichen Bruttoverdienst von zuletzt 3.938,00 DM beschäftigt.
Nachdem seit Oktober 1997 Löhne und Gehälter nicht mehr gezahlt werden konnten, wurde auf Antrag der Gemeinschuldnerin mit Beschluß des Amtsgerichts Offenbach am Main vom 11. Dezember 1997 die Sequestration angeordnet und der Beklagte zu 1) zum Sequester bestellt. Mit Schreiben vom 16. Dezember 1997 teilte die Gemeinschuldnerin dem Betriebsrat mit:
“…
Da eine Betriebsfortführung über den 30. Dezember 1997 hinaus derzeit nicht sichergestellt werden kann, ist beabsichtigt, spätestens am 30. Dezember 1997 sämtlichen Mitarbeitern des Unternehmens die Kündigung ihres jeweiligen Arbeitsverhältnisses mit den tarifvertraglichen bzw. gesetzlichen Fristen gemäß § 113 Abs. 1 InsO auszusprechen.
In der Anlage ist eine entsprechende Namensliste mit den Personal- und Sozialdaten aller Mitarbeiter beigefügt. Wir bitten um Ihre Stellungnahme innerhalb der gesetzlich bestimmten Frist.
Gleichzeitig werden Sie aufgefordert mit uns bzw. dem Sequester in Verhandlungen über den Abschluß eines Interessenausgleichs einzutreten. Es wird darauf hingewiesen, daß hierdurch die Fristen des § 113 Abs. 3 BetrVerfG in lauf gesetzt wird.
Die Anhörung gilt vorsorglich auch als Anhörung für den Fall der Konkurseröffnung und anschließenden Kündigung durch den Konkursverwalter. Entsprechendes gilt für die Aufforderung nach § 113 Abs. 3 BetrVerfG.”
Am 23. Dezember 1997 erwarb die Beklagte zu 2), das österreichische Unternehmen H… Shoe Group AG, das Warenzeichen H zum Kaufpreis von 1,2 Mio. DM und das Warenlager zum Kaufpreis von 1,2 Mio. DM sowie die bei den Lohnfertigungsbetrieben in Bosnien und Ungarn befindlichen halbfertigen Schuhe (ca. 35.000 Paar sogenannte Schäfte). Die Beklagte zu 2) teilte dem Beklagten zu 1) am 23. Dezember 1997 schriftlich mit:
“im Zusammenhang mit dem Ihnen heute über Herrn P… übergebenen Angebot halten wir fest, daß wir uns an dieses Angebot nur dann gebunden erachten, wenn Sie gewährleisten können, daß die Dienstverhältnisse sämtlicher Dienstnehmer der Firma H… G.m.b.H. & Co zum 31.03.1998 rechtswirksam gekündigt werden und jene Dienstnehmer, die in Liste Beilage 1 – (vorläufige Namensfestlegung) – aufgezählt sind, zum Zwecke der ordnungsgemäßen Abwicklung bis 31.03.1998 weiterbeschäftigt werden.
Sofern dies nicht gewährleistet ist, können wir unser Angebot nicht aufrecht erhalten und werden von einem Vertragsabschluß Abstand nehmen.”
Am 30. Dezember 1997 wurde über das Vermögen der Gemeinschuldnerin das Konkursverfahren eröffnet und der Beklagte zu 1) zum Konkursverwalter bestellt. Am gleichen Tag wurde zwischen dem Beklagten zu 1) und dem Betriebsrat ein Interessenausgleich mit folgendem Inhalt abgeschlossen:
- “
- Der Betriebsrat wurde umfassend über die Situation des Unternehmens und die konkursauslösenden Faktoren unterrichtet. Insbesondere wurde der Betriebsrat davon in Kenntnis gesetzt, daß eine Fortführung des Betriebes der Fa. H… GmbH & Co. in seinem bisherigen Bestand nicht möglich ist.
- Zwar ist es am 23.12.1997 gelungen, sowohl das Warenzeichen, das Warenlager als auch Teile der Werkzeuge zu verwerten, eine Fortführung des Produktionsbetriebes am Standort Offenbach ist jedoch durch die Übernehmerin nicht beabsichtigt. Der Betrieb soll vielmehr an ausländische Produktionsstandorte verlagert werden. Die Verwaltung des Unternehmens wird durch die Unternehmerin, die Fa. H… Shoe Group AG, T/Österreich selbst übernommen.
- Der Betrieb des Unternehmens der Fa. H… GmbH & Co. wird danach zum 31.12.1997 mit der Maßgabe eingestellt, daß für die Dauer von drei Monaten, d.h. bis zum Ablauf der konkursbedingten Kündigungsfrist am 31. März 1998 folgende Mitarbeiter zum Zwecke der ordnungsgemäßen Abwicklung der Übergabe an die Übernehmerin fortbeschäftigt werden. Hierbei wird dem Betriebsrat ausdrücklich mitgeteilt, daß diese Regelung unter namentlicher Festlegung auf die nachfolgend benannten Arbeitnehmer ausdrückliche Bedingung der Übernehmerin im Sinne der sogenannten conditio sine qua non war, da sie nur hierdurch eine ordnungsgemäße Übergabe der Rechte und der erworbenen Gegenstände gewährleistet sah.
- …
- …
- Sollten sich im Rahmen der weiteren Verwertung des Gesellschaftsvermögens bzw. der Abwicklung des Konkurses Möglichkeiten eröffnen, Betriebsteile auf andere Unternehmungen zu übertragen, werden die Betriebsparteien in Verhandlungen über eine Ergänzung dieses Interessenausgleichs bzw. über die Vereinbarung einer Namensliste der zu übernehmenden Personen eintreten …
- Die gegebene Situation wurde zwischen den Betriebsparteien umfassend beraten, einschließlich der hieraus erwachsenden Auswirkungen. Danach sieht der Betriebsrat insbesondere im Rahmen der vorstehend gemachten Zusagen, keine andere Möglichkeit, als der Betriebsstillegung seine Zustimmung zu erteilen und den beabsichtigten Kündigungsmaßnahmen zuzustimmen.”
Ebenfalls am 30. Dezember 1997 kündigte der Beklagte zu 1) das Arbeitsverhältnis des Klägers ordentlich zum 31. März 1998.
Am 5. März 1998 erwarb die Beklagte zu 2) sowohl Betriebs- und Geschäftsausstattungen zum Preis von 300.000,00 DM netto als auch Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe zum Preis von 250.000,00 DM. Am 6. März 1998 teilte die Beklagte zu 2) dem Beklagten zu 1) ua. mit:
“nachdem seit der Übernahme der Markenrechte und des Warenlagers der Firma H… GmbH & Co. i.K. nunmehr zwei Monate vergangen sind und wir in dieser Zeit im Rahmen unserer Mitwirkung bei den hieraus resultierenden Übernahme- und Abwicklungsarbeiten eine intensive Analyse der Unternehmens- und Geschäftsstruktur vornehmen konnten, stehen für uns Überlegungen im Raum, einige (Teilbetriebs-)Funktionen zur Weiterführung der Marke “H” über den 31.03.1998 hinaus nicht in T…, sondern am Standort Offenbach/Main fortzuführen.
…
Nachdem ein derartiges Denkmodell erstmals Ende Januar entwickelt wurde und wir danach verschiedene Alternativen durchgerechnet haben, aus welchen sich für uns die oben dargestellte Funktionsweiterführung als wirtschaftlich tragfähigste Lösung dargestellt hat, haben wir im Hinblick auf die abzudeckenden Funktionen und die notwendigen Umstrukturierungen auf unsere konzerninternen Abläufe, die im Rahmen der Abwicklung tätigen Mitarbeiter von ihrer Tätigkeitsstruktur und ihren Einsatzmöglichkeiten daraufhin überprüft, ob und wie sie im Rahmen des angedachten Konzepts weiterbeschäftigt werden könnten.
…
Um Ihnen auch Planungsmöglichkeiten im Hinblick auf benötigte Räumlichkeiten zur Umsetzung eines derartigen Konzepts zu geben, dürfen wir Ihnen weiter mitteilen, daß bei uns angedacht ist, den Teilbereich Prototypen- und Musterfertigung im zweiten Obergeschoss des Gebäudes 3 auf dem H-Gelände weiterzuführen; der Rest in Teilen des früheren Verwaltungsbereiches.
…”
Am 12. März 1998 wurde zwischen dem Beklagten zu 1) und dem Betriebsrat eine Ergänzungsvereinbarung zum Interessenausgleich vom 30. Dezember 1997 geschlossen, in welchem eine Namensliste über die weiterzubeschäftigenden Arbeitnehmer enthalten ist. Ziffer 3 des Interessenausgleichs hat folgenden Wortlaut:
“Die genannten Mitarbeiter erhalten seitens des Konkursverwalters eine Mitteilung, daß ihr Arbeitsplatz im Wege eines Teilbetriebsüberganges auf die Firma H… Shoe Group übergeht. Der Konkursverwalter sichert zu, bei der Übernehmerin darauf hinzuwirken, daß diese auch ausdrücklich die Übernahme unter Aufrechterhaltung des sozialen Besitzstandes gegenüber den betroffenen Mitarbeitern bestätigt, wobei allerdings individualrechtliche Abänderungen der bisherigen vertraglichen Gegebenheiten durchaus möglich sind.”
Das ursprünglich vorgesehene Ende der Lohnfertigung zum 31. März 1998 konnte nicht eingehalten werden, nachdem die im Ausland zu fertigenden Teile nicht rechtzeitig geliefert werden konnten. Etwa 10 bis 15 Arbeitnehmer wurden für ca. sechs Wochen von dem Beklagten zu 1) über den 31. März 1998 hinaus weiterbeschäftigt.
Die in der Ergänzungsvereinbarung zum Interessenausgleich vom 12. März 1998 namentlich bezeichneten Arbeitnehmer werden im Betrieb der Beklagten zu 3) beschäftigt. Sie werden in Teilbereichen der Unternehmung der Gemeinschuldnerin tätig, nämlich in den Betriebsbereichen Kollektionsentwicklung und kollektionstechnische Entwicklung bis zur Produktionsreife, Prototypen- und Musterfertigung als Kompetenzzentrum, Marketing und Vertrieb, Betriebsbuchhaltung und Controlling. Darüber hinaus findet am Standort Offenbach keine Schuhproduktion statt. In dem Betrieb werden lediglich die Muster der unter dem Namen “H” vertriebenen Schuhkollektion entwickelt.
Mit seiner Klage wendet sich der Kläger gegen die Kündigung des Beklagten zu 1). Von der Beklagten zu 2) begehrt er – unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Großen Senats vom 27. Februar 1985 – die Weiterbeschäftigung als Schuhfacharbeiter. Ferner verlangt er die Feststellung, daß das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 3) fortbesteht und beansprucht deren Verurteilung zu seiner Wiedereinstellung als Schuhfacharbeiter.
Der Kläger hat die Rechtsansicht vertreten, daß ein Betriebsübergang auf die Beklagte zu 2) stattgefunden habe. Dies folge aus dem Schreiben der Beklagten zu 2) vom 6. März 1998. Der Annahme eines Betriebsübergangs könne nicht entgegengehalten werden, daß die Beklagte zu 2) die Übernahme des Betriebs unter die “absolute Bedingung” gestellt habe, die Fortführung des Betriebs nur mit bestimmten Arbeitnehmern der Gemeinschuldnerin zu vollziehen. Dies stelle eine Umgehung des § 613a BGB dar. Auch komme in dem abgeschlossenen Interessenausgleich vom 12. März 1998 zum Ausdruck, daß die Beklagte zu 2) nicht nur, wie der Beklagte zu 1) behaupte, einzelne Betriebsteile übernommen habe, sondern den Betrieb mit sämtlichen Betriebsabteilungen. Die Kündigung des Beklagten zu 1) sei auch nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG gerechtfertigt. Aus dem Vortrag des Beklagten zu 1) lasse sich entnehmen, daß er im Dezember 1997 mit anderen Unternehmen Verhandlungen um die Fortführung des Betriebs geführt habe und selbst davon ausgegangen sei, daß der Betrieb nicht stillgelegt werde.
Ferner hat der Kläger die Auffassung vertreten, daß der Betriebsrat zu der Kündigung nicht ordnungsgemäß angehört worden sei. Aus dem Anhörungsschreiben ergebe sich deutlich, daß dem Betriebsrat die einschlägigen tariflichen Kündigungsfristen mitgeteilt worden seien. Der Beklagte zu 1) habe aber sämtliche Kündigungen auf die Kündigungsfrist des § 113 InsO gestützt. Damit sei der Betriebsrat bezüglich der Kündigungsfristen unzutreffend unterrichtet worden. Der Beklagte zu 1) habe auch nicht die einschlägigen tariflichen Kündigungsfristen gewahrt. Auf § 113 InsO könne er sich nicht berufen, da diese Vorschrift gegen Art. 9 Abs. 3 des Grundgesetzes verstoße.
Des weiteren hat der Kläger gemeint, daß ihm ein Anspruch auf Wiedereinstellung gegen die Beklagte zu 3) zustehe, selbst wenn der Betrieb der Gemeinschuldnerin stillgelegt worden wäre. Nach der Fortführung des Betriebs sei eine Sozialauswahl bezüglich der weiterzubeschäftigenden Arbeitnehmer nicht ordnungsgemäß getroffen worden. Ferner hat der Kläger behauptet, daß sein Arbeitsplatz im Betrieb der Beklagten zu 3) nach wie vor vorhanden sei. Es seien nunmehr nur andere, weniger schutzwürdige Arbeitnehmer beschäftigt.
Der Kläger hat beantragt,
- es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis durch die von dem Beklagten zu 1) am 30. Dezember 1997 zum 31. März 1998 ausgesprochene Kündigung nicht aufgelöst worden ist, sondern fortbesteht;
- die Beklagte zu 2) wird verurteilt, den Kläger als Schuharbeiter zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen ab dem 1. April 1998 tatsächlich weiterzubeschäftigen;
- es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers auf die Beklagte zu 3) übergegangen ist;
- es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers zur Beklagten zu 3) zu unveränderten Bedingungen über den 31. März 1998 hinaus fortbesteht;
- die Beklagte zu 3) wird verpflichtet, den Kläger als Schuhfacharbeiter ab dem 1. April 1998 wiedereinzustellen.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte zu 1) hat die Auffassung vertreten, er habe vor Ausspruch der Kündigung den endgültigen Entschluß gefaßt, den Betrieb einzustellen. Nachdem sämtliche bis zur Konkurseröffnung geführten Gespräche mit möglichen Interessenten ergeben hätten, daß diese an einer (Teil-)Übernahme nicht interessiert gewesen seien, sondern nur Interesse am Erwerb von einzelnen Vermögensgegenständen gezeigt hätten, sei der Entschluß, den Betrieb zu schließen, unausweichlich gewesen. Bis zum 31. März 1998 seien die von der Beklagten zu 2) erworbenen halbfertigen Schuhe, soweit sie von den ausländischen Lohnfertigungsunternehmen fertiggestellt gewesen seien, im Offenbacher Betrieb der Gemeinschuldnerin dem abschließenden Finish unterzogen und versandfertig gemacht worden. Die hierbei der Konkursmasse entstehenden Personal- und sonstigen Abwicklungskosten würden bei entsprechender Rechnungstellung von der Beklagten zu 2) beglichen. Eine Betriebsübernahme – auch in Teilbereichen – sei nicht erfolgt. Die Voraussetzungen für eine Betriebsübernahme lägen nicht vor.
Die Beklagte zu 3) hat behauptet, sie habe keine Markenrechte und Warenlager der in Konkurs gefallenen H… GmbH & Co. übernommen. Dies sei vielmehr durch die Beklagte zu 2) erfolgt. In der Folgezeit sei auch das Warenlager abtransportiert worden, um in anderen Produktionsstätten der österreichischen Gesellschaft weiterverarbeitet zu werden. Die Markenrechte befänden sich immer noch im Besitz der österreichischen Aktiengesellschaft und es sei auch nicht beabsichtigt, diese auf die Beklagte zu 3) zu übertragen. Die H… Shoe Group GmbH sei nicht durch den Gesellschafterbeschluß vom 28. Januar 1998 umfirmiert worden, um die Geschäfte der Gemeinschuldnerin fortzuführen. Ursprünglich hätten durch die umfirmierte Gesellschaft die bisher von der H… Shoe Group GmbH betriebenen Geschäfte in der Bundesrepublik Deutschland fortgeführt werden sollen. Erst Ende Februar/Anfang März 1998 habe die Beklagte zu 2) die Entscheidung getroffen, in einem eng begrenzten Teilbereich der bisherigen Unternehmung der Gemeinschuldnerin, nämlich in den Betriebsbereichen Kollektionsentwicklung und kollektionstechnische Entwicklung bis zur Produktionsreife, Prototypen- und Musterfertigung als Kompetenzzentrum, Marketing und Vertrieb, Betriebsbuchhaltung und Controlling tätig zu werden. Daraus folge, daß die Erwerberin der Markenrechte und des Warenlagers, die Beklagte zu 2), am 23. Dezember 1997 keinerlei Interesse an einer Fortführung auch nur von Betriebsteilen in Offenbach gehabt habe.
Das Arbeitsgericht hat durch Teilurteil die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision vefolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Die Kündigung ist wirksam. Dem Kläger stehen auch keine Weiterbeschäftigungs- und Wiedereinstellungsansprüche gegen die Beklagten zu 2) und zu 3) zu.
Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, daß die vom Beklagten zu 1) ausgesprochene Kündigung sozial gerechtfertigt sei. Dies ergebe sich bereits aus § 7 KSchG, weil der Kläger die Kündigung nicht gemäß § 4 KSchG innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung mit einer Klage angegriffen habe. Da die Kündigung dem Kläger am 30. Dezember 1997 zugegangen sei, sei die am 21. Januar 1998 zu Protokoll erklärte Klage verspätet.
Die ordentliche Kündigung sei auch nicht aus anderen Gründen iSd. § 13 Abs. 3 KSchG unwirksam, die außerhalb der Drei-Wochen-Frist des § 4 KSchG geltend gemacht werden könnten. So könne nicht angenommen werden, die Kündigung sei “wegen” des Betriebsübergangs ausgesprochen worden und deshalb gemäß § 613a Abs. 4 BGB unwirksam. Ein bevorstehender Betriebsübergang könne nur dann zur Unwirksamkeit der Kündigung gemäß § 613a BGB führen, wenn die den Betriebsübergang ausmachenden Tatsachen im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits feststünden oder zumindest greifbare Formen angenommen hätten. Auf Grund der Beweisaufnahme stehe fest, daß im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung ein Betriebsübergang noch keine greifbaren Formen angenommen habe. Zwar habe die Beklagte zu 2) materielle und immaterielle Betriebsmittel erworben. Sie habe aber ab dem 1. Januar 1998 keine wirtschaftliche Tätigkeit mit eigener Zielsetzung mittels der erworbenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel ausgeführt. Sie habe nicht die vorhandene Organisation genutzt und daher mit den erworbenen materiellen und immateriellen Betriebsmitteln keine betriebliche Tätigkeit entfaltet. Der Beklagte zu 1) habe auch die von ihm zu wahrende Kündigungsfrist eingehalten. § 113 Abs. 1 Satz 2 InsO sei verfassungsgemäß.
Die Kündigung sei auch nicht wegen einer fehlerhaften Betriebsratsanhörung unwirksam. Die Beweisaufnahme habe ergeben, daß am 30. Dezember 1997 unmittelbar vor Ausspruch der Kündigung eine weitere Anhörung des Betriebsrats stattgefunden habe, die im Zusammenhang mit den zeitlich davor liegenden Gesprächen als ordnungsgemäße Beteiligung des Betriebsrats im Sinne des § 102 BetrVG anzusehen sei. Vor der Betriebsratssitzung habe ein Gespräch zwischen dem Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin R…, Rechtsanwalt J…, dem Beklagten zu 1) und dem Betriebsratsvorsitzenden H… stattgefunden, in welchem davon die Rede gewesen sei, daß eine erneute Betriebsratssitzung stattfinden müsse, weil der Betriebsrat zu den Kündigungen angehört und auch noch über den Interessenausgleich gesprochen werden müsse. Die Vertreter der Arbeitgeberseite hätten sowohl das Gespräch über den Interessenausgleich als auch über die Anhörung des Betriebsrats zu den Kündigungen für notwendig befunden. Der jetzige Prozeßbevollmächtigte der Beklagten habe deutlich gemacht, daß noch einmal eine Anhörung des Betriebsrats zu den beabsichtigten Kündigungen erfolgen solle und daß eine Reaktion des Betriebsrats darauf gewünscht sei. Gegen 9.00 Uhr habe dann die Betriebsratssitzung stattgefunden, in welcher der Beklagte zu 1) und Rechtsanwalt J… noch einmal die wirtschaftlichen Gegebenheiten erläutert hätten. Es sei erneut über den Interessenausgleich verhandelt worden, und zwar so, daß er unterschriftsreif vorgelegen habe. Auch sei eine Namensliste aller Arbeitnehmer präsentiert worden. In dieser Sitzung habe der Betriebsrat dann den Beschluß gefaßt, daß er den beabsichtigten Kündigungen zustimme. Nach der Betriebsratssitzung sei dieses Ergebnis der Arbeitgeberseite mitgeteilt worden.
Das Arbeitsverhältnis sei weder auf die Beklagte zu 2) noch auf die Beklagte zu 3) übergegangen; der Kläger könne auch nicht die Wiedereinstellung ab dem 1. April 1998 verlangen. Da die Kündigung des Beklagten zu 1) das Arbeitsverhältnis zum 31. März 1998 beendet habe, habe das Arbeitsverhältnis nicht gemäß § 613a BGB auf die Beklagte zu 3) übergehen können. Wenn überhaupt ein Betrieb übergegangen sein sollte, so sei dies auf die Beklagte zu 3), und erst nach dem Ablauf der Kündigungsfrist durch Aufnahme der betrieblichen Tätigkeit der Beklagten zu 3) erfolgt. Ein Wiedereinstellungsanspruch komme nicht in Betracht. Im Falle des im Insolvenzverfahren vollzogenen Betriebsübergangs bestehe keine Notwendigkeit, einen solchen Fortsetzungsanspruch überhaupt anzuerkennen.
Dem Landesarbeitsgericht ist im Ergebnis zu folgen.
Die Klageanträge sind zum Teil unzulässig, im übrigen unbegründet. Die Kündigung des Beklagten zu 1) vom 30. Dezember 1997 ist schon deshalb nach §§ 4, 7 KSchG rechtswirksam, weil der Kläger die Klagefrist versäumt hat. Da ein Betriebsübergang nicht vorliegt, sind des weiteren die Klageanträge 2 bis 5 unbegründet.
- Die angefochtene Entscheidung ist nicht bereits wegen des absoluten Revisionsgrundes der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Landesarbeitsgerichts (§ 551 Nr. 1 ZPO aF) aufzuheben, denn der Kläger hat diesen Verfahrensmangel in der Revisionsbegründung nicht gemäß § 554 Abs. 3 Nr. 3b ZPO aF gerügt (zB BAG 25. August 1983 – 6 ABR 31/82 – BAGE 43, 258 = AP ZPO § 551 Nr. 11).
Die Klageanträge sind nur zum Teil zulässig.
- Soweit der Kläger die Feststellung beantragt, daß das Arbeitsverhältnis auf die Beklagte zu 3) übergegangen ist (Antrag 3), ist die Klage unzulässig. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage nur auf Feststellung eines Rechtsverhältnisses erhoben werden. Unter einem Rechtsverhältnis ist die aus einem vorgetragenen Sachverhalt abgeleitete rechtliche Beziehung einer Person zu einer anderen Person oder Sache zu verstehen (vgl. BGH 15. Oktober 1956 – III ZR 226/55 – BGHZ 22, 43, 47; BAG 19. Juni 1984 – 1 AZR 361/82 – BAGE 46, 129 = AP TVG § 1 Verhandlungspflicht Nr. 3; Zöller-Greger ZPO 21. Aufl. § 256 Rn. 3 mwN). Elemente eines Rechtsverhältnisses können nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein (BAG 19. September 1985 – 6 AZR 460/83 – BAGE 49, 370 = AP BUrlG § 13 Nr. 21, zu II der Gründe; BGH 3. Mai 1977 – VI ZR 36/74 – BGHZ 68, 331). Bei der vom Kläger mit dem Antrag 3 zur Entscheidung gestellten Frage geht es lediglich um die Feststellung einer Rechtsfolge. Nach Lage der Dinge käme als feststellbares Rechtsverhältnis nur der Bestand des Arbeitsverhältnisses zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 3) in Betracht. Eine dementsprechende Antragsauslegung scheidet aber aus, weil der Kläger einen derartigen Antrag – zu 4 – bereits gestellt hat und somit die Auslegung zu einer – unzulässigen – doppelten Rechtshängigkeit führen würde.
Im übrigen ist die Klage zulässig. Der auf Einstellung als Schuhfacharbeiter gerichtete Klageantrag ist ein zulässiger Leistungsantrag. Er ist auf Abgabe einer Willenserklärung des Arbeitgebers gerichtet, die mit Rechtskraft eines dem Klageantrag stattgebenden Urteils gemäß § 894 Abs. 1 Satz 1 ZPO als abgegeben gilt (vgl. BAG 6. August 1997 – 7 AZR 557/96 – BAGE 86, 194 = AP KSchG 1969 § 1 Wiedereinstellung Nr. 2, zu I der Gründe).
Soweit der Kläger mit dem Klageantrag zu 1 neben dem Kündigungsschutzantrag die Feststellung begehrt, daß das Arbeitsverhältnis fortbesteht, ist dies nicht als allgemeiner Feststellungsantrag neben dem Kündigungsschutzbegehren zu verstehen. Dies folgt aus dem Umstand, daß die Klagebegründung nicht erkennen läßt, ob der Kläger befürchtet, der Konkursverwalter werde weitere Beendigungsgründe geltend machen. Der Zusatz stellt lediglich ein unselbständiges Anhängsel zum Kündigungsschutzantrag dar, da weitere Ausführungen zum Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses mit dem Konkursverwalter in der Klageschrift fehlen (BAG 26. Januar 1995 – 2 AZR 649/94 – BAGE 79, 176 = AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 34; 15. März 2001 – 2 AZR 141/00 – AP KSchG 1969 § 4 Nr. 46 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 61).
Die weiteren nach § 256 Abs. 1 ZPO an die Feststellungsanträge zu stellenden Anforderungen sind erfüllt, weil der Kläger ein rechtliches Interesse an alsbaldiger Feststellung hat, ob und mit welcher Person ein Arbeitsverhältnis besteht.
Im übrigen bestehen gegen die Zulässigkeit der Klage keine Bedenken.
Soweit die Klage nicht bereits unzulässig ist, ist sie unbegründet.
Die Kündigungsschutzklage gegen den Beklagten zu 1) hat keinen Erfolg, die Kündigung ist wirksam und hat das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 31. März 1998 aufgelöst.
- Der Beklagte zu 1) ist passivlegitimiert und zwar unabhängig davon, ob in der Folgezeit ein Betriebsübergang stattgefunden hat oder nicht. Hat der Arbeitnehmer fristgemäß Kündigungsschutzklage erhoben und findet anschließend ein Betriebsübergang statt, so kann der Prozeß gegen den bisherigen Beklagten fortgesetzt werden (BAG 18. März 1999 – 8 AZR 306/98 – AP KSchG 1969 § 4 Nr. 44 = EzA BGB § 613a Nr. 179).
Die Kündigung des Beklagten zu 1) ist bereits wegen Versäumung der dreiwöchigen Klagefrist gemäß §§ 4, 7 KSchG rechtswirksam. Da die Kündigung dem Kläger am 30. Dezember 1997 zuging und die Klage am 21. Januar 1998 zu Protokoll erklärt wurde, ist die Klage verspätet und die Kündigung als sozial gerechtfertigt anzusehen.
Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist die ordentliche Kündigung des Beklagten zu 1) auch nicht aus anderen Gründen iSd. § 13 Abs. 3 KSchG unwirksam, die außerhalb der Drei-Wochen-Frist des § 4 KSchG geltend gemacht werden können. Nach § 113 Abs. 2 Satz 1 InsO muß ein Arbeitnehmer, der geltend machen will, daß die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses durch den Insolvenzverwalter unwirksam ist, auch dann innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Klage beim Arbeitsgericht erheben, wenn er sich für die Unwirksamkeit der Kündigung auf andere als die in § 1 Abs. 2 und 3 KSchG bezeichneten Gründe beruft. Damit kommt es entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht darauf an, ob die Kündigung vom 30. Dezember 1997 wegen eines Betriebsübergangs gemäß § 613a Abs. 4 BGB ausgesprochen wurde oder ob der Betriebsrat ordnungsgemäß nach § 102 BetrVG angehört wurde.
Im übrigen hat das Landesarbeitsgericht allerdings zu Recht angenommen, daß die Kündigung auch nicht gemäß § 613a Abs. 4 BGB wegen eines Betriebsübergangs unwirksam wäre. Es liegt weder ein Betriebs- noch ein Teilbetriebsübergang von der Gemeinschuldnerin auf die Beklagte zu 2) vor.
Ein Betriebsübergang iSd. § 613a BGB liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger die wirtschaftliche Einheit unter Wahrung von deren Identität fortführt. Ob ein im wesentlichen unveränderter Fortbestand der organisierten Gesamtheit “Betrieb” bei dem neuen Inhaber anzunehmen ist, richtet sich nach den Umständen des konkreten Falles. Zu den maßgeblichen Tatsachen hierfür zählen insbesondere die Art des betreffenden Betriebs, der Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter sowie deren Wert und Bedeutung, die Übernahme der immateriellen Betriebsmittel und der vorhandenen Organisation, der Grad der Ähnlichkeit mit der Betriebstätigkeit des bisherigen Inhabers, die Weiterbeschäftigung der Hauptbelegschaft, der Übergang von Kundschaft und Lieferantenbeziehungen und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung der Betriebstätigkeit (st. Rspr. des Senats im Anschluß an EuGH 11. März 1997 – Rs C-13/95 – EuGHE I 1997, 1259 [Ayse Süzen]; vgl. nur BAG 25. Mai 2000 – 8 AZR 416/99 – BAGE 95, 1 = AP BGB § 613a Nr. 209, zu II 1a der Gründe; 26. August 1999 – 8 AZR 827/98 – BAGE 92, 251 = AP BGB § 613a Nr. 197, zu I 3a, c der Gründe mwN). Der Übergang eines Betriebsteils steht für dessen Arbeitnehmer dem Betriebsübergang gleich. Auch bei dem Erwerb eines Betriebsteils ist es erforderlich, daß die wirtschaftliche Einheit ihre Identität bewahrt (BAG 26. August 1999 – 8 AZR 718/98 – AP BGB § 613a Nr. 196 = EzA BGB § 613a Nr. 185, zu B I der Gründe). Betriebsteile sind Teileinheiten (Teilorganisationen) des Betriebs. Es muß sich um eine selbständige, abtrennbare organisatorische Einheit handeln, die innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks einen Teilzweck erfüllt. Das Merkmal des Teilzwecks dient dabei zur Abgrenzung der organisatorischen Einheit. Im Teilbetrieb müssen nicht andersartige Zwecke als im übrigen Betrieb verfolgt werden (BAG 26. August 1999 – 8 AZR 718/98 – aaO, zu B II 1 der Gründe; 14. Dezember 2000 – 8 AZR 220/00 – nv.; Soergel/Raab BGB 12. Aufl. § 613a Rn. 20; Staudinger/Richardi/Annuß BGB 13. Bearbeitung § 613a Rn. 51). Bei den übertragenen sächlichen und immateriellen Betriebsmitteln muß es sich um eine organisatorische Untergliederung handeln, mit der innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks ein Teilzweck verfolgt wird, auch wenn es sich nur um eine untergeordnete Hilfsfunktion handelt. § 613a BGB setzt für den Teilbetriebsübergang voraus, daß die übernommenen Betriebsmittel bereits bei dem früheren Betriebsinhaber die Qualität eines Betriebsteils hatten (Senat 24. April 1997 – 8 AZR 848/94 – NZA 1998, 253, zu II 2b aa der Gründe; 11. September 1997 – 8 AZR 555/95 – BAGE 86, 271, 277 f. = AP EWG-Richtlinie Nr. 77/187 Nr. 16, zu B 3b der Gründe; 13. November 1997 – 8 AZR 52/96 – EzA BGB § 613a Nr. 166, zu B I 2a der Gründe; 11. Dezember 1997 – 8 AZR 729/96 – BAGE 87, 303, 305 ff. = AP BGB § 613a Nr. 172, zu B I 2a der Gründe; 26. August 1999 – 8 AZR 718/98 – aaO; 25. Mai 2000 – 8 AZR 335/99 – nv.). Wenn diese Voraussetzungen vorliegen, ist es auch möglich, nur einen Teilbetrieb zu übernehmen und dabei andere Betriebsteile auszunehmen. Es kommt dabei nicht darauf an, ob der verbleibende Restbetrieb fortgesetzt werden könnte oder noch lebensfähig ist. Der Betriebsübergang folgt aus der Wahrung der Identität des Betriebs beim Erwerber und nicht aus dem Untergang der früheren Identität des Gesamtbetriebs (BAG 13. November 1997 – 8 AZR 375/96 – BAGE 87, 120 = AP BGB § 613a Nr. 170, zu II 2g der Gründe; 24. Februar 2000 – 8 AZR 162/99 – nv.; Erman/Hanau BGB 10. Aufl. § 613a Rn. 15; Staudinger/Richardi/Annuß aaO § 613a Rn. 52; ErfK/Preis 2. Aufl. § 613a BGB Rn. 9).
Bei Anwendung dieser Grundsätze war eine Fortführung des Betriebs in Österreich nicht geplant.
Zwar geht die Ähnlichkeit einer betrieblichen Tätigkeit und damit die Identität der wirtschaftlichen Einheit nicht bereits dadurch verloren, daß ein Erwerber einen Betrieb verlegt. Die wirtschaftliche Einheit kann trotz Ortsverlegung gewahrt bleiben, wenn der Erwerber eines Produktionsbetriebs Betriebsmittel verlagert und an einem anderen Ort mit gleicher Arbeitsorganisation und gleichen Betriebsmethoden die Produktion weiterführt. Entscheidend für die Wahrung der wirtschaftlichen Einheit ist, ob die Beklagte zu 2) auch die für die Bewältigung der Schuhproduktion bei der Gemeinschuldnerin gebildete betriebliche Organisation übernehmen sollte oder ob sie die Produktion mittels der bei ihr im Betrieb in Österreich bereits bestehenden Organisation fortführen und die übernommenen Wirtschaftsgüter in die vorhandene Organisation ihrer dortigen Schuhproduktion eingliedern wollte. Demgemäß könnte nur dann von einem geplanten Betriebsübergang ausgegangen werden, wenn die Organisation der übernommenen Produktion in unveränderter Weise – zB als selbständige Betriebsabteilung – in Österreich fortgeführt werden sollte (vgl. BAG 12. Februar 1987 – 2 AZR 247/86 – AP BGB § 613a Nr. 67 = EzA BGB § 613a Nr. 64, zu II 3a der Gründe). Davon kann aber nach der im Interessenausgleich zum Ausdruck gekommenen Planung nicht ausgegangen werden. Die in Ziffer 6 des Interessenausgleichs in Aussicht genommene Veräußerung von Betriebsteilen beinhaltet nämlich, daß der Betrieb als Einheit gerade nicht veräußert wurde. Ferner ergibt sich – zumindest mittelbar – aus Ziffer 2 des Interessenausgleichs auch, daß die übernommenen Wirtschaftsgüter in die bei der Beklagten zu 2) vorhandene betriebliche Organisation eingegliedert werden sollten. In dieser Regelung ist nämlich nicht nur von einer Verlagerung an einen, sondern an mehrere Produktionsstandorte die Rede. Im übrigen behauptet der Kläger selbst nicht, daß der Betrieb der Gemeinschuldnerin in Österreich fortgeführt werden sollte.
Der Wirksamkeit der Kündigung stünden auch betriebsverfassungsrechtliche Gründe nicht entgegen. Nach § 102 Abs. 1 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. Dabei steht die nicht ordnungsgemäße Anhörung der unterbliebenen Anhörung gleich. Die Unterrichtung muß nicht denselben Anforderungen genügen wie die Darlegung des Arbeitgebers im Kündigungsschutzprozeß. Nach dem Grundsatz der “subjektiven Determinierung” hat der Arbeitgeber den aus seiner Sicht maßgeblichen Kündigungssachverhalt mitzuteilen (BAG 24. Februar 2000 – 8 AZR 167/99 – AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 47 = EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 104, zu I 1 der Gründe; 22. März 2001 – 8 AZR 565/00 – AP GG Art. 101 Nr. 59 = EzA GG Art. 101 Nr. 5, zu B II 9 der Gründe). Dem wird die Anhörung am 30. Dezember 1997 gerecht.
- Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat am 30. Dezember 1997 vor Ausspruch der Kündigung eine weitere Anhörung des Betriebsrats stattgefunden. Diese Tatsachenfeststellung ist für den Senat gemäß § 561 ZPO aF mangels einer formellen Verfahrensrüge des Klägers nach § 554 Abs. 3 Nr. 3b ZPO aF bindend. Das bloße Bestreiten des Klägers in der Revisionsbegründungsschrift ist unerheblich.
- Soweit der Kläger ferner meint, der Arbeitgeber habe zu keinem Zeitpunkt das Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG eingeleitet, ist dies unzutreffend. Ein Anhörungsverfahren wird dann wirksam eingeleitet, wenn der Arbeitgeber einen Kündigungsentschluß faßt und diesen gegenüber dem Betriebsrat eindeutig zu erkennen gibt sowie seine Mitteilungspflichten gegenüber dem Betriebsrat erfüllt (KR-Etzel 6. Aufl. § 102 BetrVG Rn. 53, 53a). Dabei kann die Kündigungsmitteilung nicht nur durch eine ausdrückliche Erklärung erfolgen, sondern sie kann sich auch auf Grund der Begleitumstände ergeben. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts konnten ab dem 30. Dezember 1997 keine Mißverständnisse darüber bestehen, daß der Beklagte zu 1) Kündigungen auszusprechen beabsichtigte. Zwar mag die Initiative zur erneuten Anhörung des Betriebsrats anläßlich des Gesprächs zwischen dem Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin, Rechtsanwalt J…, dem Beklagten zu 1) und dem Betriebsratsvorsitzenden von Rechtsanwalt J… ausgegangen sein. Seine Äußerungen, daß noch einmal eine Anhörung des Betriebsrats zu den beabsichtigten Kündigungen erfolgen solle und daß eine Reaktion des Betriebsrats darauf gewünscht sei, erfolgten jedoch in Anwesenheit des Beklagten zu 1). Wenn er seinerzeit keine Kündigungsabsicht gehabt hätte, wäre zu erwarten gewesen, daß er dem Ansinnen von Rechtsanwalt J… widerspricht. Dem war aber nicht so. Vielmehr hat der Beklagte zu 1) in der anschließenden Betriebsratssitzung gemeinsam mit Rechtsanwalt J… dem Betriebsrat nochmals die wirtschaftlichen Gegebenheiten erläutert. Der Betriebsrat hat auch auf Grund der geschilderten Umstände die Vorgehensweise des Beklagten zu 1) als Einleitung eines Anhörungsverfahrens aufgefaßt. Er hat nämlich nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts in der Sitzung den Beschluß gefaßt, daß er den beabsichtigten Kündigungen zustimme.
- Entgegen der Auffassung des Klägers hat der Beklagte zu 1) seine Mitteilungspflichten nach § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG nicht dadurch verletzt, daß er den Betriebsrat nicht zu den Vorkommnissen angehört hat, die sich nach Ausspruch der Kündigung ereignet haben. Sie gehören aus Sicht des Beklagten zu 1) nicht zum maßgeblichen Kündigungssachverhalt. Dieser ist dem Betriebsrat vom Beklagten zu 1) unterbreitet worden. Die dementsprechende Annahme des Landesarbeitsgerichts, daß die am 30. Dezember 1997 unmittelbar vor Ausspruch der Kündigung erfolgte weitere Anhörung des Betriebsrats im Zusammenhang mit den zeitlich davor liegenden Gesprächen als ordnungsgemäße Beteiligung des Betriebsrats im Sinne des § 102 BetrVG anzusehen sei, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Auch der Kläger hat insoweit keine Fehler aufzuzeigen vermocht.
- Der Beklagte zu 1) hätte auch die von ihm zu wahrende Kündigungsfrist eingehalten. § 113 Abs. 1 Satz 2 InsO ist verfassungsgemäß (vgl. BAG 16. Juni 1999 – 4 AZR 191/98 – BAGE 92, 41 = AP InsO § 113 Nr. 3). Insbesondere verstößt § 113 Abs. 1 Satz 2 InsO nicht – wie der Kläger meint – gegen Art. 9 Abs. 3 GG. Zwar greift § 113 Abs. 1 InsO in bestehende Tarifverträge ein. Zu einem derartigen Eingriff ist der Gesetzgeber aber jedenfalls dann befugt, wenn er auf eine verfassungsrechtliche Fundierung eines legislatorisch umgesetzten Gemeinwohlbelangs verweisen kann. So liegt es hier. Der Gesetzgeber hat die sozialen Belange der Beschäftigten als einer Gruppe der Insolvenzgläubiger mit den Interessen der – anderen – Insolvenzgläubiger abgewogen. Das Entstehen von Masseschulden sollte begrenzt werden, da der Insolvenzverwalter in der Regel keinen Beschäftigungsbedarf mehr hat und zu Lasten der anderen Gläubiger Ansprüche ohne Gegenleistung entstünden. Diese Interessen der Konkurs-/Insolvenzgläubiger, die durch § 113 Abs. 1 InsO gegen eine übermäßige Aushöhlung der Insolvenzmasse geschützt werden sollen, haben Verfassungsrang. Die Forderungen der Gläubiger stellen als Eigentum im Sinne des Art. 14 GG rechtlich geschützte Rechtsgüter dar. Dem entspricht es, daß das durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Unternehmenseigentum als Grundrechtsposition anerkannt ist (so BAG 16. Juni 1999 – 4 AZR 191/98 – aaO, zu II 2a der Gründe).
- Da ein Betriebsübergang auf die Beklagte zu 2) nicht vorliegt, sondern das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die Kündigung des Beklagten zu 1) zum 31. März 1998 aufgelöst worden ist (so. B III 1b und c), ist der gegen die Beklagte zu 2) gerichtete Antrag des Klägers auf Weiterbeschäftigung (Antrag 2) unbegründet.
Der Antrag des Klägers auf Feststellung, daß das Arbeitsverhältnis zu der Beklagten zu 3) zu unveränderten Bedingungen über den 31. März 1998 hinaus fortbesteht (Antrag 4) hat keinen Erfolg.
Da das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die wirksame Kündigung des Beklagten zu 1) vom 30. Dezember 1997 am 31. März 1998 aufgelöst wurde, kann der Kläger nicht die Feststellung verlangen, daß sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 3) zu unveränderten Bedingungen über den 31. März 1998 hinaus fortbesteht. Das Landesarbeitsgericht hat für den Senat bindend festgestellt (§ 561 ZPO aF), daß die Beklagte zu 3) ihre betriebliche Tätigkeit erst nach dem 30. April 1998 aufgenommen hat.
Der Kläger hat gegen die Beklagte zu 3) auch keinen Anspruch auf Wiedereinstellung (Antrag zu 5).
Ein Wiedereinstellungsanspruch setzt einen Betriebs- oder Teilbetriebsübergang voraus (BAG 13. November 1997 – 8 AZR 295/95 – BAGE 87, 115 = AP BGB § 613a Nr. 169; 10. Dezember 1998 – 8 AZR 324/97 – BAGE 90, 260 = AP BGB § 613a Nr. 185).
Der nach den allgemeinen zivilprozessualen Regeln insoweit die Darlegungs- und Beweislast tragende Kläger hat die anspruchsbegründenden Tatsachen für einen Betriebsübergang auf die Beklagte zu 3) jedoch nicht schlüssig vorgetragen.
Sein Hinweis, daß sein Arbeitsplatz bei der Beklagten zu 3) noch vorhanden sei, genügt nicht. Allein die Möglichkeit, daß bestimmte Arbeitnehmer ihre Tätigkeit unverändert auch beim Betriebserwerber erbringen können, wahrt die Identität der Einheit nicht. Eine wirtschaftliche Einheit darf nämlich nicht nur als bloße Tätigkeit verstanden werden (BAG 22. Mai 1997 – 8 AZR 101/96 – BAGE 86, 20 = AP BGB § 613a Nr. 154, zu B II 2c aa der Gründe).
Der Annahme eines Übergangs des gesamten Betriebs der Gemeinschuldnerin auf die Beklagte zu 3) steht entgegen, daß jene die Geschäftstätigkeit nicht weitergeführt hat. Die Beklagte zu 3) verrichtet keine ähnliche, sondern eine im wesentlichen andere betriebliche Tätigkeit als die Gemeinschuldnerin. Diese produzierte Schuhe in großen Mengen für den allgemeinen Markt. Davon unterscheiden sich das angebotene Produkt, dessen Herstellung sowie die Kundschaft der Beklagten zu 3) wesentlich. Sie entwickelt lediglich Schuhkollektionen bis zur Produktionsreife und fertigt Muster sowie Prototypen. Dementsprechend findet auch keine Massenfertigung, sondern eine mehr handwerklich ausgerichtete Einzelfertigung statt. Die Kundschaft der Beklagten zu 3) ist auch nicht der allgemeine Markt, sondern die Beklagte zu 2). Inwieweit Betriebsmittel der Gemeinschuldnerin auf die Beklagte zu 3) übergegangen sind, spielt angesichts des veränderten Betriebszwecks keine Rolle.
Rechtlich ohne Belang ist ferner, inwieweit die nunmehr von der Beklagten zu 3) verrichtete betriebliche Tätigkeit bei der Gemeinschuldnerin im Rahmen einer abtrennbaren organisatorischen Einheit, also einem Betriebsteil, erledigt wurde. Denn der Übergang eines Arbeitsverhältnisses setzt voraus, daß der Arbeitnehmer dem übertragenen Betriebsteil angehört. Nicht ausreichend ist, wenn er ohne ihm anzugehören, lediglich Tätigkeiten für den übertragenen Betriebsteil verrichtet hat (BAG 11. September 1997 – 8 AZR 555/95 – BAGE 86, 271 = AP EWG-Richtlinie Nr. 77/187 Nr. 16, zu B 3a der Gründe; 21. Januar 1999 – 8 AZR 298/98 – nv., zu II 1b aa der Gründe). Der Kläger behauptet aber nur, auch für die Modellfertigung Schuhe angefertigt zu haben, nicht jedoch, einem entsprechenden Betriebsteil organisatorisch angehört zu haben.
Es kann deshalb letztlich dahinstehen, ob und wann ein Wiedereinstellungsanspruch im Rahmen eines im Insolvenzverfahren stattfindenden Betriebsübergangs gegeben ist.
- Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Unterschriften
Hauck, Dr. Wittek, Laux, Hennecke
Der ehrenamtliche Richter Binder ist wegen Urlaub an der Unterschrift verhindert.
Hauck
Fundstellen
DB 2002, 2601 |
NWB 2003, 21 |
ZAP 2002, 1406 |
AP, 0 |
BAGReport 2003, 112 |
SPA 2003, 7 |