Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristeter Arbeitsvertrag. Tanzgruppenmitglied
Orientierungssatz
1. Der Zweiter Senat des BAG hat bereits in seinem Urteil vom 11.03.1982 2 AZR 233/81 = BAGE 39, 1 dargelegt, aus der sachgerechten Auslegung des § 2 Abs 5 des Normalvertrages Tanz vom 09.06.1980 folge, daß der Arbeitgeber, bevor er eine Nichtverlängerungsmitteilung ausspreche, das Bühnenmitglied nicht nur zu hören, sondern diesem auch die hierfür maßgeblichen Gründe mitzuteilen habe.
2. Vergleiche aber Senatsurteil vom 18.04.1986 7 AZR 114/85.
Normenkette
TVG § 1; BGB §§ 611, 620
Verfahrensgang
LAG Köln (Entscheidung vom 27.03.1985; Aktenzeichen 7 Sa 86/85) |
ArbG Köln (Entscheidung vom 16.10.1984; Aktenzeichen 16 Ca 4216/84) |
Tatbestand
Die Klägerin ist seit dem 15. September 1977 an der Bayerischen Staatsoper, die vom Beklagten betrieben wird, als Ballettänzerin aufgrund von schriftlichen Dienstverträgen, die jeweils für ein Jahr befristet waren, engagiert. Der letzte dieser Dienstverträge war bis zum 31. August 1980 befristet.
Mit Schreiben vom 30. Oktober 1979 hatte der Intendant der Bayerischen Staatsoper der Klägerin mitgeteilt, daß das Vertragsverhältnis nicht über den 31. August 1980 hinaus verlängert werde. Die Klägerin hatte hiergegen Klage zum Bühnenschiedsgericht erhoben, das mit Schiedsspruch vom 15. Dezember 1980 feststellte, daß die Nichtverlängerungsmitteilung des Beklagten vom 31. Oktober 1979 unwirksam sei und deshalb das Arbeitsverhältnis der Klägerin beim Beklagten bis zum 31. August 1980 weiterbestehe; im übrigen wies es die Klage ab. Gegen diesen Schiedsspruch legte nur der Beklagte Berufung ein; sie wurde mit Schiedsspruch des Bühnenoberschiedsgerichts vom 13. April 1981 zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Aufhebungsklage des Beklagten wurde vom Arbeitsgericht mit Urteil vom 11. November 1981 zurückgewiesen. Die Berufung des Beklagten wies das Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 30. Juli 1982 zurück.
Mit Schreiben vom 15. Oktober 1981, das der Klägerin am 19. Oktober 1981 zuging, teilte die Intendanz der Bayerischen Staatsoper der Klägerin folgendes mit:
"Sehr geehrte Frau F,
für den Fall, daß die zuständigen Gerichte höchstrichterlich
entscheiden sollten, daß Ihr Vertragsverhältnis
nicht bereits mit Ablauf des Monats
August 1980 geendet hat, teilt die Intendanz Ihnen
mit, daß das Arbeitsverhältnis spätestens mit Ablauf
des 31. August 1982 endet und daß nicht beabsichtigt
ist, den Arbeitsvertrag über diesen Zeitpunkt
hinaus zu verlängern."
Dieser Nichtverlängerungsmitteilung war am 12. Oktober 1981 ein Gespräch zwischen Prof. S und der Klägerin vorausgegangen. Die Intendanz hatte es zuvor abgelehnt, den Rechtsanwalt der Klägerin zu diesem Gespräch zuzulassen. In diesem Gespräch teilte Prof. S der Klägerin mit, daß beabsichtigt sei, das Arbeitsverhältnis aus künstlerischen Gründen nicht zu verlängern. Der Klägerin wurde Gelegenheit zur Äußerung gegeben.
Im vorliegenden Verfahren hat die Klägerin die Auffassung vertreten, ihr Arbeitsverhältnis bestehe über den 31. August 1982 hinaus weiter. Zur Begründung dieser Ansicht hat sie im wesentlichen ausgeführt, die mehrfache Befristung von Arbeitsverhältnissen sei unzulässig, der Ausspruch einer erneuten Nichtverlängerungsmitteilung unter der Bedingung des Ausganges der noch anhängigen Prozesse sei ebenfalls unzulässig. Eine ordnungsgemäße Anhörung habe auch nicht stattgefunden, weil ihr Rechtsanwalt zur Anhörung nicht zugelassen worden sei und ihr konkrete nachvollziehbare Gründe für die Nichtverlängerung nicht genannt worden seien. Überdies hätten die Gründe bereits in der Einladung zu dem Anhörungsgespräch detailliert mitgeteilt werden müssen. Auch habe sie dem Einladungsschreiben zu dem Gespräch am 12. Oktober 1981 nicht entnehmen können, was die Bayerische Staatsoper eigentlich gewollt habe. Das Einladungsschreiben habe lediglich die Bezugnahme auf einen ihr unbekannten Paragraphen eines unbekannten Tarifvertrages (§ 24 Abs. 4 des Normalvertrags Tanz) enthalten.
Mit ihrer beim Bühnenschiedsgericht am 12. März 1982 eingegangenen Klage hat die Klägerin beantragt
festzustellen, daß die Nichtverlängerungsmitteilung
des Beklagten, handelnd durch die Intendanz
der Bayerischen Staatsoper, vom 15. Oktober 1981
unwirksam ist.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Zur Begründung hat er im wesentlichen ausgeführt, das Arbeitsverhältnis sei schon deshalb beendet, weil durch den (im oben dargestellten Vorverfahren ergangenen) rechtskräftig gewordenen Schiedsspruch des Bühnenschiedsgerichts vom 15. Dezember 1980 festgestellt worden sei, daß das Arbeitsverhältnis nur bis zum 31. August 1981 weiterbestanden habe. Selbst wenn dem nicht zu folgen sei, habe das Arbeitsverhältnis jedenfalls durch die zulässige Befristung und die rechtzeitig erfolgte Nichtverlängerungsmitteilung vom 15. Oktober 1981 mit dem 31. August 1982 geendet. Die Anhörung der Klägerin vor Ausspruch dieser Nichtverlängerungsmitteilung sei ordnungsgemäß erfolgt, denn eine detaillierte Darstellung der Gründe habe die Klägerin selbst durch ihr eigenes, von der Sache ablenkendes Dazwischenreden verhindert. Der Generalmusikdirektor Prof. S sei aufgrund der Vereinbarung zwischen ihm und dem Staatsintendanten Prof. E durch Anweisung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus und in seiner Eigenschaft als ständiger Vertreter des damaligen Staatsintendanten legitimiert gewesen, die Anhörung für den Arbeitgeber durchzuführen. Er habe der Klägerin im Anhörungsgespräch mitgeteilt, daß die Bayerische Staatsoper für den Fall, daß die Klägerin im anhängigen Prozeß obsiege, nicht beabsichtige, sie über den 31. August 1982 hinaus zu beschäftigen; hierfür seien rein künstlerische Gründe maßgebend; die persönlichen Leistungen der Klägerin entsprächen nicht den Anforderungen, die die Bayerische Staatsoper stellen müsse. Hierauf habe die Klägerin erwidert, Prof. S könne das überhaupt nicht wissen, denn die Intendanz habe sie mehrere Jahre nicht tanzen lassen. Hierzu habe Prof. S erklärt, daß mangelnde künstlerische Leistung bereits der Grund für die frühere Nichtverlängerungsmitteilung gewesen sei und daß sich hieran nichts geändert habe. Seine weiteren Versuche, die mangelnde künstlerische Leistung der Klägerin detailliert darzulegen, seien über einen knappen Ansatz nicht hinausgekommen, weil die Klägerin ihn ständig unterbrochen habe und immer wieder auf den anhängigen Prozeß zurückgekommen sei. Insgesamt habe das Gespräch mindestens eine halbe bis ca. dreiviertel Stunde gedauert.
Das Bühnenschiedsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, die Anhörung der Klägerin sei gemäß § 24 Abs. 4 Normalvertrag Tanz (NVT) ordnungsgemäß durchgeführt worden. Die vom Bundesarbeitsgericht im Urteil vom 11. März 1982 (- 2 AZR 233/81 - BAG 39, 1 = AP Nr. 19 zu § 611 BGB Bühnenengagementsvertrag) gestellten Anforderungen, daß bei der Anhörung konkrete nachvollziehbare Gründe genannt werden müßten, seien schon dadurch erfüllt worden, daß Prof. S erklärt habe, die Gründe seien künstlerischer Art, die Leistungen der Klägerin entsprächen nicht den Anforderungen. Die von Prof. S geplante weitere Detaillierung dieser Gründe durch Hinweis auf mangelndes technisches Niveau, Undiszipliniertheit usw. sei durch dauernde Unterbrechungen der Klägerin verhindert worden. Gemäß § 24 Abs. 4 Satz 4 Normalvertrag Tanz sei die Anhörung entbehrlich, wenn das Tanzgruppenmitglied sie nicht wahrnehme. Dem sei der hier vorliegende Fall gleichzustellen, daß das Mitglied versuche, eine wirksame Anhörung zu verhindern, um damit die Nichtverlängerung zu Fall zu bringen.
Das Bühnenoberschiedsgericht hat durch Schiedsspruch vom 5. Dezember 1983 die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Gegen diesen ihr am 3. Mai 1984 zugestellten Schiedsspruch hat die Klägerin Aufhebungsklage zum Arbeitsgericht Köln erhoben mit den Anträgen,
I. den Schiedsspruch des Bühnenoberschiedsgerichts
Hamburg vom 05.12.1983, Az. O.Sch 31/82, und
den Schiedsspruch des Bühnenschiedsgerichts
München, Reg.Nr. 4/82 vom 13.12.1982, aufzuheben;
II. festzustellen, daß die Nichtverlängerungsmitteilung
vom 15.10.1981 unwirksam ist.
Das Arbeitsgericht hat die Aufhebungsklage abgewiesen; die Berufung der Klägerin ist vom Landesarbeitsgericht zurückgewiesen worden. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre mit der Aufhebungsklage gestellten Anträge weiter. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Aufhebungsklage im Ergebnis zu Recht abgewiesen, denn der Schiedsspruch des Bühnenoberschiedsgerichts beruht nicht auf der Verletzung einer Rechtsnorm (§ 110 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG).
I. 1. Das Landesarbeitsgericht hat die Nichtverlängerungsmitteilung des Beklagten schon deshalb als wirksam angesehen, weil sich aus der einschlägigen Vorschrift des § 24 Abs. 4 Normalvertrag Tanz (NVT) nicht ergebe, daß im Anhörungsverfahren die Gründe für die Nichtverlängerung des Arbeitsvertrages mitzuteilen seien. Es hat hierzu im wesentlichen ausgeführt, die Formulierung in § 24 Abs. 4 NVT, der Arbeitgeber habe das Tanzgruppenmitglied vor Ausspruch der Nichtverlängerungsmitteilung "zu hören", bedeute nur, daß dem Tanzgruppenmitglied der Gegenstand der Anhörung mitzuteilen sei, nicht aber, daß ihm die Gründe für die Nichtverlängerung bekanntzugeben seien. Die Tarifvorschrift sei von den Tarifvertragsparteien inhaltlich unverändert aus § 2 Abs. 5 des Tarifvertrags über die Mitteilungspflicht (TVM) übernommen worden. Aus der Entstehungsgeschichte dieses Tarifvertrages ergebe sich, daß zwar die Arbeitnehmerseite gefordert habe, eine Begründungspflicht für die Nichtverlängerungsmitteilung im Tarifvertrag festzulegen. Dies sei jedoch von der Arbeitgeberseite abgelehnt worden. Es könne nicht Aufgabe der Gerichte für Arbeitssachen sein, eine Forderung, die eine der Tarifvertragsparteien am Verhandlungstisch nicht habe durchsetzen können, im Wege der Rechtsprechung durchzusetzen. Deshalb sei es unerheblich, ob im vorliegenden Falle der Beklagte der Klägerin ausreichend konkrete Gründe für die Nichtverlängerung des Arbeitsvertrages genannt habe.
2. Diese Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts wird vom Senat nicht geteilt. Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts hat sich bereits in seinem Urteil vom 11. März 1982 (- 2 AZR 233/81 - BAG 39, 1 = AP Nr. 19 zu § 611 BGB Bühnenengagementsvertrag) gegen diese Auffassung gewandt und dargelegt, aus der sachgerechten Auslegung des § 2 Abs. 5 TVM folge, daß der Arbeitgeber, bevor er eine Nichtverlängerungsmitteilung ausspreche, das Bühnenmitglied nicht nur zu hören, sondern diesem auch die hierfür maßgeblichen Gründe mitzuteilen habe. Dafür spreche der allgemeine und juristische Sprachgebrauch, der unter "zu hören" nicht nur ein stummes, reaktionsloses Abwarten des Anhörenden verstehe. Der Anzuhörende müsse notwendigerweise zuvor Kenntnis vom Sachverhalt haben, d.h. Kenntnis der Gründe für die beabsichtigte Nichtverlängerungsmitteilung, bevor er dazu sachlich Stellung nehmen und seine Gegenargumente vorbringen könne. Zudem hätten die Tarifvertragsparteien einen Begriff verwendet, der in der Rechtsterminologie einen festen Inhalt habe. Obwohl in § 66 BetrVG 1952 nur vorgesehen gewesen sei, den Betriebsrat vor der beabsichtigten Kündigung zu hören, habe doch unstreitig dazugehört, dem Betriebsrat auch die Gründe für diese Maßnahme mitzuteilen. Soweit nunmehr in § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG 1972 ausdrücklich bestimmt sei, daß der Arbeitgeber dem Betriebsrat die Gründe für die Kündigung mitzuteilen habe, stelle dies somit lediglich eine Klarstellung dessen dar, was ohnehin schon längst geltendes Recht gewesen sei. Diesem dem Sinn und Zweck der Tarifvorschrift entsprechenden Auslegungsergebnis, wonach die Anhörung "insbesondere soziale Härten vermeiden helfen und den Intendanten ggf. zum nochmaligen Überdenken seiner Entscheidung veranlassen" solle, stünden weder die Protokollnotiz zum TVM noch die gemeinsamen Niederschriften der Tarifvertragsparteien über die Verhandlungen zur Neufassung des Mitteilungspflichtabkommens entgegen. Ebenso wie sich der Arbeitgeber im Bereich des § 102 BetrVG 1972 nicht auf eine pauschale, schlagwort- oder stichwortartige Bezeichnung der Kündigungsgründe beschränken dürfe, könne sich der Arbeitgeber auch im Rahmen des § 2 Abs. 5 TVM nicht mit dem bloßen Hinweis begnügen, daß die Nichtverlängerung aus künstlerischen oder ähnlichen, die Qualität und die Leistung des Bühnenmitglieds betreffenden Gründen geboten sei. Vielmehr bedürfe es einer auf die Person des betroffenen Mitglieds bezogenen konkreten und nachvollziehbaren Begründung für die beabsichtigte Nichtverlängerung. Etwas anderes könne allenfalls für die in § 2 Abs. 7 TVM ausdrücklich geregelte Nichtverlängerung aus Anlaß des Intendantenwechsels gelten; allerdings bedürfe es dann eines eindeutigen und abschließenden Hinweises auf diesen Tatbestand.
An dieser Auffassung hat der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts in seinen nicht veröffentlichten Urteilen vom 23. Januar 1986 - 2 AZR 111/85 und 2 AZR 243/85 -, in denen er sich mit der oben unter I 1 dargestellten Ansicht des Landesarbeitsgerichts eingehend auseinandergesetzt hat, ausdrücklich festgehalten.
3. Der erkennende Senat sieht keinen Anlaß, von dieser Rechtsprechung des Zweiten Senats abzuweichen.
a) Zwar ist richtig, daß die Gerichte für Arbeitssachen nicht etwas durchsetzen dürfen, was eine der Tarifvertragsparteien bei Verhandlungen nicht hat erreichen können. Die Entstehungsgeschichte des TVM, aus dem § 24 Abs. 4 NVT unverändert übernommen wurde, zeigt jedoch mit der erforderlichen Deutlichkeit nur, daß sich die Arbeitgeberseite dagegen wehrte, für die Nichtverlängerungsmitteilung sei eine materielle, gerichtlich nachprüfbare Begründung nötig. Die Arbeitgeberseite wollte einen Begründungszwang verhindern, weil sie befürchtete, die Nennung von Gründen könne eine gerichtliche Prüfung auslösen, ob die genannten Gründe tatsächlich vorlägen bzw. eine Nichtverlängerung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigten. Nicht hinreichend deutlich wird jedoch, daß sich die Arbeitgeberseite auch dagegen gewehrt hat, dem Arbeitnehmer sei bei der Anhörung die subjektive, für die Arbeitgeberentscheidung ursächlich gewordene Motivation des Arbeitgebers mitzuteilen. Allein die Mitteilung dieser subjektiven, für die Arbeitgeberentscheidung ausschlaggebend gewesenen Erwägungen aber hat der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 11. März 1982 (aaO) gefordert. Eine gerichtliche Nachprüfung, ob die vom Arbeitgeber angenommenen und mitgeteilten Gründe tatsächlich vorliegen und die Nichtverlängerung rechtfertigen, wird damit schon deshalb nicht ermöglicht, weil ein wirksam befristetes Arbeitsverhältnis allein aufgrund der vereinbarten Befristung endet und es daher irgendwelcher Gründe für seine Nichtverlängerung nicht bedarf.
b) Dem Landesarbeitsgericht mag zuzugeben sein, daß die vom Zweiten Senat zu § 102 Abs. 1 BetrVG gezogene Parallele nicht überzeugt. Denn bei der Anhörung des Arbeitnehmers vor einer Nichtverlängerungsmitteilung geht es weder darum, einem Dritten einen Sachverhalt darzulegen, noch ihm Gründe mitzuteilen, die eine beabsichtigte Entscheidung rechtfertigen sollen, sondern um die Einleitung eines Gesprächs, das auch dem Arbeitnehmer die Darlegung der aus seiner Sicht für eine Vertragsverlängerung sprechenden Gründe ermöglichen soll. Entgegen der Würdigung des Landesarbeitsgerichts erfordert jedoch gerade dieser Zweck des Anhörungsgesprächs, daß der Arbeitgeber jedenfalls auf entsprechende Fragen des Arbeitnehmers bereit ist, die für seine Entscheidung ausschlaggebenden Erwägungen so konkret und für den Arbeitnehmer nachvollziehbar zu nennen, daß der Arbeitnehmer bei der Darlegung seines Standpunktes auf sie eingehen kann. Jedenfalls im Ergebnis schließt sich deshalb der erkennende Senat der dargestellten Rechtsprechung des Zweiten Senats an.
II. Auf der mithin rechtsfehlerhaften Ansicht des Landesarbeitsgerichts beruht jedoch sein Urteil nicht, weil es die Aufhebungsklage im Ergebnis zu Recht als unbegründet angesehen hat. Der Schiedsspruch des Bühnenoberschiedsgerichts ist richtig, weil er bereits von der zutreffenden Rechtsauffassung des Zweiten Senats ausgegangen ist und auf dieser Grundlage rechtsfehlerfrei begründet hat, daß der Beklagte im Anhörungsverfahren seiner Begründungspflicht nachgekommen war.
1. Das Bühnenoberschiedsgericht hat insoweit im wesentlichen ausgeführt, es könne offenbleiben, ob die Gründe, die Prof. S der Klägerin in dem Anhörungsgespräch vom 12. Oktober 1981 genannt habe, ausreichten, d.h. eine konkrete und nachvollziehbare Begründung für die beabsichtigte Nichtverlängerungsmitteilung darstellten. Denn nach dem Ergebnis der vom Bühnenschiedsgericht und vom Bühnenoberschiedsgericht durchgeführten Beweisaufnahme sei davon auszugehen, daß die Klägerin durch ihr eigenes Verhalten Prof. S daran gehindert habe, ihr die Gründe für die beabsichtigte Nichtverlängerungsmitteilung konkreter und in weiteren Einzelheiten mitzuteilen. Aus diesem Grunde müsse sich die Klägerin so behandeln lassen, als wenn sie die Anhörung selbst nicht wahrgenommen habe (§ 24 Abs. 4 NVT).
2. An die dieser Würdigung zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen des Bühnenoberschiedsgerichts sind die Gerichte für Arbeitssachen und damit auch der erkennende Senat in entsprechender Anwendung des § 561 Abs. 2 ZPO gebunden, weil sie in den Tatsacheninstanzen des Aufhebungsverfahrens nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen im Sinne des § 554 Abs. 3 Nr. 3 b ZPO angegriffen wurden und neuer Sachvortrag sowie neue tatsächliche Feststellungen im Aufhebungsverfahren nicht zulässig sind.
a) Gemäß § 110 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG kann auf Aufhebung des Schiedsspruchs geklagt werden, wenn dieser auf der Verletzung einer Rechtsnorm beruht. Wegen der Übereinstimmung dieser Vorschrift mit § 73 Abs. 1 ArbGG (vgl. auch § 549 Abs. 1 ZPO) handelt es sich beim Aufhebungsverfahren des § 110 ArbGG nach allgemeiner Ansicht um ein revisionsähnliches Verfahren. Der Spruch des Bühnenoberschiedsgerichts kann nur auf Rechtsfehler überprüft werden. Dabei sind materielle Rechtsfehler von Amts wegen zu berücksichtigen, während es bei Verfahrensmängeln einer dem Revisionsrecht entsprechenden Verfahrensrüge bedarf (vgl. z.B. BAG 15, 87, 95 ff. = AP Nr. 11 zu § 101 ArbGG 1953, zu II 1 der Gründe; BAG 22, 356 = AP Nr. 1 zu § 110 ArbGG 1953; BAG 39, 1, 6 = AP Nr. 19 zu § 611 BGB Bühnenengagementsvertrag, zu I der Gründe; Grunsky, ArbGG, 4. Aufl., § 110 Rz 3 ff.; Riepenhausen, Das Arbeitsrecht der Bühne, Ergänzungsband 1965, S. 181).
b) Die Tatsachen, die den Verfahrensmangel ergeben sollen, sind jedenfalls in den Tatsacheninstanzen des Aufhebungsverfahrens (Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht) in der durch § 554 Abs. 3 Nr. 3 b ZPO gebotenen Form vorzutragen; dabei sind vor dem Landesarbeitsgericht die Zulassungsbeschränkungen des § 67 Abs. 2 ArbGG zu beachten. Im Revisionsverfahren vor dem Bundesarbeitsgericht können nur noch Verfahrensfehler des Landesarbeitsgerichts gerügt werden.
Darüber hinaus in entsprechender Anwendung des § 554 Abs. 3 Nr. 3 b ZPO zu fordern, daß Verfahrensmängel des Bühnenoberschiedsgerichts schon in der Aufhebungsklageschrift zu rügen seien (vgl. z.B. BAG 22, 356 = AP Nr. 1 zu § 110 ArbGG 1953), hält der Senat für bedenklich. Im Vergleich zu dem durch die Revisions- und Revisionsbegründungsfrist zur Verfügung stehenden Zeitraum ist die zweiwöchige Notfrist des § 110 Abs. 3 Satz 1 ArbGG zur Erhebung der Aufhebungsklage unverhältnismäßig kurz; auch kann von dem Arbeitnehmer, der die Aufhebungsklage ohne Vertretungszwang selbst erheben darf, die Beachtung der Förmlichkeiten des Revisionsrechts wohl kaum gefordert werden. Eine abschließende Stellungnahme des erkennenden Senats zu dieser Frage ist jedoch nicht erforderlich, weil im vorliegenden Rechtsstreit weder vor dem Arbeitsgericht noch vor dem Landesarbeitsgericht durchgreifende Rügen gegen das Verfahren des Bühnenoberschiedsgerichts erhoben worden sind.
Insbesondere die Beweiswürdigung des Tatsachenrichters (hier also des Bühnenoberschiedsgerichts) kann im Revisions- und damit auch im Aufhebungsverfahren des § 110 ArbGG nur daraufhin überprüft werden, ob sie rechtlich möglich ist und ob der Tatsachenrichter Voraussetzungen und Grenzen der richterlichen Überzeugungsbildung gewahrt hat (vgl. z.B. BAG 5, 221, 224 = AP Nr. 6 zu § 4 TVG Übertarifl. Lohn u. Tariflohnerhöhung). Es bedarf daher einer formellen Verfahrensrüge unter genauer Darlegung, aufgrund welcher Tatsachen sich ergibt, daß der Richter gegen § 286 ZPO verstoßen habe oder ihm bei der Beweiswürdigung ein sonstiger Verfahrensfehler unterlaufen sei.
Diesen Anforderungen ist die Aufhebungsklägerin nicht gerecht geworden. Von einer näheren Begründung sieht der Senat gemäß § 565 a ZPO ab.
3. Auf der Grundlage der den Senat mithin bindenden tatsächlichen Feststellungen des Bühnenoberschiedsgerichts, die Klägerin habe durch ihr Verhalten eine nähere Darlegung der Gründe für die Nichtverlängerung verhindert, ist auch die Würdigung des Bühnenoberschiedsgerichts rechtsfehlerfrei, die Klägerin müsse sich so behandeln lassen, als habe sie die Anhörung selbst nicht wahrgenommen. Gemäß § 24 Abs. 4 Unterabs. 3 Satz 1 NVT ist in diesem Falle die Anhörung nicht Wirksamkeitsvoraussetzung der Nichtverlängerungsmitteilung. Nach dem Zweck der Vorschrift soll es nicht in der Macht des Tanzgruppenmitglieds liegen, durch sein Verhalten eine Nichtverlängerung seines Engagements zu verhindern.
III. Ein Mangel des durchgeführten Anhörungsverfahrens läge deshalb nur vor, wenn der Ansicht der Klägerin zu folgen wäre, daß die Mitteilung der Gründe nicht - wie nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts - erst im Anhörungstermin, sondern schon vorher - insbesondere im Einladungsschreiben zum Anhörungstermin oder innerhalb einer bestimmten Frist vor dem Anhörungstermin - zu erfolgen hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall.
Die Klägerin hat zwar eine Reihe von Gesichtspunkten angeführt, aus denen es zweckmäßig sein könnte, den Arbeitnehmer bereits einige Zeit vor dem Anhörungsgespräch über die Gründe der beabsichtigten Nichtverlängerung des Arbeitsverhältnisses zu unterrichten. Insbesondere für die Ausübung seines in § 24 Abs. 4 Unterabs. 1 NVT vorgesehenen Wahlrechts, die Anhörung auch des Tanzgruppensprechers oder eines Gewerkschaftsvertreters zu verlangen, kann die Kenntnis wichtig sein, ob die Nichtverlängerung etwa auf künstlerische oder auf verhaltensbedingte Gründe gestützt wird.
Eine derartige Verpflichtung des Arbeitgebers läßt sich jedoch aus § 24 Abs. 4 NVT bzw. § 2 Abs. 5 TVM nicht herleiten. Beide Vorschriften sehen lediglich vor, daß der Arbeitgeber das Tanzgruppenmitglied zu "hören" hat. Ein formalisiertes Verfahren ist dafür nicht vorgeschrieben; insbesondere bedarf es keiner formellen Einladung zum Anhörungsgespräch. Mit der Auslegung, der Arbeitgeber habe dem Tanzgruppenmitglied bei der Anhörung seine Motive für die beabsichtigte Nichtverlängerung zu nennen, ist die Rechtsprechung bereits bis an die äußerste Grenze der Auslegungsmöglichkeiten des Wortes "hören" gegangen. Für eine noch weitergehende Auslegung in dem Sinne, die Erwägungen des Arbeitgebers seien sogar noch eine bestimmte Zeit vor der Durchführung des Anhörungsgesprächs bekanntzugeben, enthält der Tarifvertrag keinerlei Anhaltspunkte.
Für eine weitergehende Auslegung fehlt es auch an einem praktischen Bedürfnis. Erwägt das Bühnenmitglied, die Anhörung des Tanzgruppensprechers oder eines Gewerkschaftsvertreters zu verlangen und erscheint ihm für die insoweit zu treffende Wahl bereits die Kenntnis der Gründe wichtig, so mag es schon vor dem Anhörungstermin nach den Gründen der Nichtverlängerung fragen. Es liegt dann im eigenen Interesse des Arbeitgebers, diesem Verlangen so rechtzeitig Rechnung zu tragen, daß die Anhörung auch des Sprechers bzw. des Vertreters noch innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 24 Abs. 4 Unterabs. 2 NVT erfolgen kann. Aus ähnlichen Erwägungen kann auch der Arbeitgeber, der die Gründe erst im Anhörungstermin nennen will, gehalten sein, das Anhörungsgespräch so frühzeitig durchzuführen, daß er auch im Falle eines - unverzüglich nach Mitteilung der Gründe zu stellenden - Verlangens des Bühnenmitglieds, den Sprecher bzw. Vertreter zu hören, dessen Anhörung noch fristgerecht durchführen kann. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin eine solche Anhörung aber gar nicht verlangt.
IV. Entgegen den Ausführungen der Revision ist der Schiedsspruch des Bühnenoberschiedsgerichts auch nicht deshalb rechtsfehlerhaft, weil schon die Befristung des Arbeitsverhältnisses überhaupt rechtsunwirksam gewesen wäre. Denn die Befristung der Arbeitsverhältnisse von Tanzgruppenmitgliedern ist zulässig.
Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts hat in seinem Urteil vom 21. Mai 1981 (- 2 AZR 1117/78 - BAG 35, 309 = AP Nr. 15 zu § 611 BGB Bühnenengagementsvertrag) die Befristung der Arbeitsverhältnisse der unter den Tarifvertrag "Normalvertrag Solo" fallenden künstlerischen Bühnenmitglieder für zulässig erklärt, weil sie einem jahrzehntelangen Bühnenbrauch entspreche, der nach wie vor durch sachliche Gründe im Sinne der Rechtsprechung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts (BAG 10, 65 = AP Nr. 16 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) gerechtfertigt sei. Diese Würdigung trifft entgegen den Ausführungen der Revision auch für den Bereich des NVT zu.
1. Die Befristung der Arbeitsverhältnisse der Tanzgruppenmitglieder entspricht ebenfalls jahrzehntelangem Bühnenbrauch; die Tarifvertragsparteien des NVT gehen von ihr übereinstimmend aus. Gemäß § 2 Abs. 1 NVT ist mit dem Tanzgruppenmitglied ein Arbeitsvertrag nach dem Muster der Anlage 1 abzuschließen; dieses Arbeitsvertragsmuster sieht die Befristung für eine oder mehrere Spielzeiten vor. Dies zeigt, daß auch die Tarifvertragsparteien den befristeten Arbeitsvertrag bei Tanzgruppenmitgliedern als die Regel ansehen.
2. Entgegen den Rechtsausführungen der Revision kommt den sachlichen Gründen, aus denen der Zweite Senat in seinem angeführten Urteil die Zulässigkeit befristeter Arbeitsverhältnisse bei Solisten herleitet, bei Tanzgruppenmitgliedern das gleiche Gewicht zu. Das individuelle körperliche Erscheinungsbild und die tänzerische Ausdruckskraft jedes einzelnen Mitglieds sind für den Gesamteindruck, den die Tanzgruppe bietet, von entscheidender Bedeutung, weil meistens jedes Mitglied auf der Bühne sichtbar ist und häufig sogar in ständigem Wechsel in den Vordergrund tritt. Insbesondere besteht das vom Zweiten Senat betonte Interesse auch der Arbeitnehmer an der Erhaltung der Freizügigkeit des Engagementswechsels gerade auch bei Tanzgruppenmitgliedern. Der diesbezügliche Einwand der Revision, dem Freizügigkeitsinteresse des Bühnenkünstlers sei durch eine Kündigungsmöglichkeit ausreichend Rechnung zu tragen, verengt den Blick in unzulässiger Weise auf den einzelnen, möglicherweise an einem Engagementswechsel nicht interessierten Arbeitnehmer. Die durch die Befristung ermöglichte leichtere Auswechslung des ganzen Ensembles oder einzelner Ensemblemitglieder liegt vor allem deshalb auch im Interesse der Gesamtheit der Bühnenkünstler, weil ihre Chancen zum beruflichen und künstlerischen Fortkommen entscheidend davon abhängen, daß jeweils an anderen Bühnen durch das Auslaufen der Arbeitsverträge in häufigem Wechsel Stellen frei werden.
V. Auch aus den weiteren Ausführungen der Revision ergibt sich kein Anhalt für eine Fehlerhaftigkeit der Entscheidung des Bühnenoberschiedsgerichts; die Revision bringt keine neuen Gesichtspunkte vor, mit denen sich die Vorinstanzen nicht bereits zutreffend auseinandergesetzt hätten. Insbesondere auch zur Meinung der Revision, der Beklagte habe der Klägerin die Zuziehung eines Rechtsanwalts zum Anhörungsgespräch nicht verweigern dürfen, schließt sich der Senat der ausführlichen Würdigung der Vorinstanzen an, die auch unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des vorliegenden Falles ein Recht der Klägerin auf Zuziehung eines Rechtsanwalts zum Anhörungsgespräch zutreffend verneint haben.
Dr. Seidensticker Dr. Becker Dr. Steckhan
Stappert Schmalz
Fundstellen