Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsübergang. Kündigung des Insolvenzverwalters. Voraussetzungen eines (Teil-)Betriebsübergang. Kündigungsschutzklage bei (Teil-)Betriebsübergang. Vollmachtsnachweis
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Betriebsübergang liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger die wirtschaftliche Einheit unter Wahrung von deren Identität fortführt. Dabei richtet es sich nach den Umständen des Einzelfalls, ob ein im wesentlichen unveränderter Fortbestand der organisierten Einheit “Betrieb” beim neuen Inhaber anzunehmen ist; zur Beurteilung heranzuziehen sind insoweit insbesondere die Art des Betriebs, der Übergang der materiellen und immateriellen Betriebsmittel sowie der vorhandenen Organisationsstruktur, der Grad der Ähnlichkeit mit dem bisherigen Betrieb, die Weiterbeschäftigung der Hauptbelegschaft, der Übergang von Kunden- und Lieferantenbeziehungen und die Dauer einer etwaigen Unterbrechung der Betriebstätigkeit. Diese Grundsätze gelten auch beim Übergang eines Betriebsteils für dessen Arbeitnehmer.
2. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach ein Erfolg im Kündigungsschutzprozess nach der punktuellen Streitgegenstandstheorie zum Zeitpunkt der Kündigung ein Arbeitsverhältnis bestanden haben muss, ist auch auf den Fall des (Teil-)Betriebsübergangs anwendbar.
Normenkette
BGB §§ 174, 613a; InsO § 113 Abs. 2, § 22 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 30. Januar 2001 – 13 (10) Sa 1165/00 – aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit mehrerer Kündigungen.
Die Klägerin war jedenfalls seit dem 1. Juni 1998 bei der BCK B GmbH (im folgenden: BCK) als kaufmännische Angestellte zu einem Bruttomonatsverdienst von zuletzt 7.000,00 DM beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis richtete sich nach dem Arbeitsvertrag vom 1. Juni 1998. Nach § 6 Abs. 1 des Vertrages beträgt die Kündigungsfrist sechs Monate zum Halbjahresende.
Das Amtsgericht Köln bestellte den Beklagten durch Beschluß vom 6. Mai 1999 zum vorläufigen lnsolvenzverwalter über das Vermögen der BCK. Durch weiteren Beschluß vom 28. Mai 1999 erlegte es der BCK ein allgemeines Verfügungsverbot auf und übertrug dem beklagten lnsolvenzverwalter die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über deren Vermögen.
Mit Schreiben vom 28. Mai 1999 sprach ein Sozius des Beklagten unter Bezugnahme auf die Bestellung des Beklagten zum vorläufigen lnsolvenzverwalter im Namen des Beklagten die Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin zum 30. Juni 1999 aus. Mit Schreiben vom 1. Juni 1999 widersprach die Prozeßbevollmächtigte der Klägerin der Kündigung und rügte, daß dem Schreiben vom 28. Mai 1999 keinerlei „Legitimation, Vollmacht o. ä.” zum Ausspruch der Kündigung beigefügt gewesen sei. Mit der am 14. Juni 1999 beim Arbeitsgericht Köln eingegangenen, gegen die BCK, vertreten durch deren Geschäftsführer, gerichteten und an diese am 21. Juni 1999 zugestellten Kündigungsschutzklage hat die Klägerin die Unwirksamkeit der Kündigung vom 28. Mai 1999 geltend gemacht.
Durch Beschluß vom 1. Juli 1999 eröffnete das Amtsgericht Köln das Insolvenzverfahren über das Vermögen der BCK (Schuldnerin) und bestellte den Beklagten zum lnsolvenzverwalter.
Am 1. Juli 1999 trat die A K BCK (später A K BCK GmbH) auf Grund Übernahmevertrages vom 21. Juni 1999 in das Mietverhältnis über die Betriebsstätte der Schuldnerin ein und übernahm von ihr Anlagevermögen, Material, Vorräte – soweit nicht mit Rechten Dritter belastet –, den gewerblichen Teil der Belegschaft sowie einige Angestellte. Von der Übernahme ausgenommen waren – so der Beklagte – die Klägerin, zwei weitere kaufmännische Angestellte und zwei Sekretärinnen, von denen eine das Arbeitsverhältnis von sich aus beendet hatte, sowie der Betriebsleiter, der später von der A K BCK wieder eingestellt wurde. Die kaufmännische Verwaltung einschließlich der Finanz- und Lohnbuchhaltung sowie des Bestellwesens erfolgte fortan vom Hauptsitz der A K BCK aus.
Mit Schreiben vom 21. Juli 1999 sprach der Beklagte eine weitere Kündigung des Arbeitsvertrages zum 31. Oktober 1999 aus. Hiergegen hat sich die Klägerin mit der am 29. Juli 1999 beim Arbeitsgericht Köln eingegangenen und wiederum gegen die Schuldnerin gerichteten Klageerweiterung unter Beifügung des Kündigungsschreibens und unter Hinweis auf einen Betriebsübergang und der Rüge fehlender Kündigungsgründe gewandt. Die Klageerweiterung ist dem Beklagten am 3. August 1999 zugestellt worden.
Bis einschließlich Juni 1999 zahlte der Beklagte die vollständigen Gehälter an die Klägerin aus. Für Juli und August 1999 erteilte er Abrechnungen und überwies die Vergütung bis 26. August 1999.
Mit Fax vom 19. Oktober 1999 sprach der Beklagte eine außerordentliche Kündigung wegen Nichtleistung aus. Gegen diese Kündigung hat die Klägerin wiederum im Wege einer gegen die Schuldnerin gerichteten Klageerweiterung mit einem am 3. November 1999 beim Arbeitsgericht Köln eingegangenen und am 8. November 1999 zugestellten Schriftsatz Klage unter Beifügung des Kündigungsschreibens und unter Hinweis auf den Betriebsübergang, der Rüge der Betriebsratsanhörung und fehlender Kündigungsgründe, erhoben. Sie hat außerdem ihre Klage um die Zahlung der vollen Bruttovergütung für August und September 1999 erweitert.
Die Klägerin macht geltend, die Kündigung vom 28. Mai 1999 sei mangels Vollmachtsvorlage und mangels Kündigungsberechtigung des vorläufigen Insolvenzverwalters unwirksam. Sie meint weiter, zum 1. Juli 1999 sei die Schuldnerin auf die Auffanggesellschaft A K BCK im Wege des Betriebsübergangs übergegangen, sämtliche Betriebsangehörige seien seit dem 1. Juli 1999 Mitarbeiter der A K BCK gewesen. Die Kündigung vom 21. Juli 1999 sei deshalb sozial nicht gerechtfertigt. Die Kündigung vom 19. Oktober 1999 sei unwirksam, weil sie seit dem 1. Juli 1999 auf Grund Betriebsübergangs bei der A K BCK beschäftigt und deshalb nicht verpflichtet gewesen sei, für den Beklagten tätig zu werden. Die Klägerin behauptet, die A K BCK habe den ganz wesentlichen Teil des Overheads übernommen, so die Sachbearbeiterin S, die im Bereich Auftragswesen tätig gewesen sei. Weiter hat sie darauf verwiesen, auch der für Materialdisposition und Materialeinkauf zuständige Mitarbeiter L, der für Kalkulationen, Produktionssteuerung, Auftragsabwicklung und Preisgestaltung zuständige Mitarbeiter B und der für die Qualitätskontrolle und die Betriebsleitung zuständige Mitarbeiter M seien übernommen worden.
Mit einem am 29. November 1999 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat die Klägerin beantragt, das Rubrum auf der Beklagtenseite auf den lnsolvenzverwalter „umzustellen”, wozu der Beklagte bereits zuvor mit am 28. Oktober 1999 eingegangenem Schriftsatz und der gleichzeitigen Erklärung, „er nehme den Rechtsstreit auf”, aufgefordert hatte.
Die Klägerin hat beantragt
- festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung mit Schreiben vom 28. Mai 1999 zum 30. Juni 1999 beendet wurde, sondern über den 30. Juni 1999 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht;
- festzustellen, daß das zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis auch nicht durch die Kündigung mit Schreiben vom 21. Juli 1999 zum 31. Oktober 1999 beendet wurde, sondern über diesen Zeitpunkt hinaus unverändert fortbesteht;
- festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die fristlose Kündigung des Insolvenzverwalters mit Schreiben vom 19. Oktober 1999 beendet wurde, sondern über den Kündigungszeitpunkt hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.
Zusätzlich hat die Klägerin bezifferte Zahlungsanträge bezüglich der restlichen Vergütungen gestellt.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte meint, die Kündigungsschutzklagen seien wegen Versäumung der Frist des § 113 Abs. 2 InsO abzuweisen. Überdies sei das damalige Sozietätsmitglied bei der Kündigung vom 28. Mai 1999 ordnungsgemäßer Vertreter gewesen, denn es sei allgemein bekannt, daß sich Sozien gegenseitig vertreten würden, auch im Insolvenzverfahren. Die Klägerin könne sich nicht auf eine fehlende Vollmacht berufen, denn auch zu Lasten von Sozietäten gelte eine gegenseitige Anscheinsvollmacht der Sozien. Darüber hinaus seien alle Kündigungen auch in der Sache gerechtfertigt. Die Kündigung vom 28. Mai 1999 sei betriebsbedingt erfolgt. Im Kündigungszeitpunkt sei die wirtschaftliche Situation der Schuldnerin desolat gewesen. Die Kündigung vom 21. Juli 1999 sei ebenfalls aus betriebsbedingten Gründen wirksam. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin zu der Schuldnerin sei nicht übergegangen. Die A K BCK GmbH bzw. damals deren Gründerin habe nur die gewerbliche Blechfertigung der Schuldnerin ohne kaufmännischen Overhead übernommen. Der gesamte kaufmännische Bereich und die diesem zugehörigen Arbeitsverhältnisse seien damit von der Betriebsübernahme und deren Rechtsfolgen ausgenommen worden. Die von der Klägerin genannten, mit übernommenen Mitarbeiter gehörten zum produktionsorganisatorischen Bereich, nicht dagegen zum kaufmännischen. Die Kündigung vom 19. Oktober 1999 sei ebenfalls gerechtfertigt, weil die Klägerin mit allen möglichen Ausreden danach getrachtet habe, Gehaltsansprüche zu erhalten, ohne daß sie die entsprechende Gegenleistung erbracht hätte.
Mit Urteil vom 9. März 2000 hat das Arbeitsgericht festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der Schuldnerin nicht durch die Kündigung des Beklagten vom 28. Mai 1999 zum 30. Juni 1999 aufgelöst worden ist, und die Klage einschließlich der Zahlungsklage im übrigen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Klägerin festgestellt, daß auch die weiteren Kündigungen unwirksam sind und die Zahlungsklage abgewiesen. Die Anschlußberufung des Beklagten bzgl. der Kündigung vom 28. Mai 1999 hat es ebenfalls zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht.
I. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigungen des Beklagten vom 28. Mai 1999, 21. Juli 1999 und 19. Oktober 1999 nicht beendet worden ist. Dabei hat es die Kündigungen vom 21. Juli 1999 und 19. Oktober 1999 auf Grund der wegen eines Betriebsübergangs entfallenen Kündigungsbefugnis des Beklagten für unwirksam erklärt.
1. Diese Begründung hinsichtlich der Kündigungen vom 21. Juli und 19. Oktober 1999 ist rechtsfehlerhaft. Die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sind zur Beurteilung der Frage, ob das Arbeitsverhältnis der Klägerin auf den Erwerber übergegangen ist, nicht ausreichend.
a) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, daß der Beklagte den gesammten Betrieb veräußert habe und das Arbeitsverhältnis der Klägerin damit übergegangen sei. Nicht existenzfähige Teilbereiche hätten von dem Übergang nicht ausgenommen werden können. Dies würde dem Schutzzweck des § 613 a BGB zuwiderlaufen. „Es käme hinzu”, daß nicht der gesamte Verwaltungsbereich von der Übernahme ausgeschlossen worden sei, sondern schon nach der Darlegung des Beklagten nur der kaufmännische Verwaltungsbereich.
b) Dieser Begründung kann so nicht gefolgt werden. Nach § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB tritt ein Erwerber in die Rechte und Pflichten eines Arbeitsverhältnisses ein, wenn ein Betrieb oder Betriebsteil übergeht. Übergangsfähig ist damit auch ein Betriebsteil und nur die jenem Betriebsteil zugeordneten Arbeitsverhältnisse gehen auf den Erwerber über.
Ein Betriebsübergang liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger die wirtschaftliche Einheit unter Wahrung von deren Identität fortführt. Ob ein im wesentlichen unveränderter Fortbestand der organisierten Gesamtheit „Betrieb” bei dem neuen Inhaber anzunehmen ist, richtet sich nach den Umständen des konkreten Falles. Zu den maßgeblichen Tatsachen hierfür zählen insbesondere die Art des betreffenden Betriebs, der Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter sowie deren Wert und Bedeutung, die Übernahme der immateriellen Betriebsmittel und der vorhandenen Organisation, der Grad der Ähnlichkeit mit der Betriebstätigkeit des bisherigen Inhabers, die Weiterbeschäftigung der Hauptbelegschaft, der Übergang von Kundschaft und Lieferantenbeziehungen und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung der Betriebstätigkeit (st. Rspr. des Senats im Anschluß an EuGH 11. März 1997 – Rs C-13/95 – EuGHE I 1997, 1259 (Ayse Süzen); vgl. nur BAG 25. Mai 2000 – 8 AZR 416/99 – BAGE 95, 1 = AP BGB § 613 a Nr. 209, zu II 1 a der Gründe; 26. August 1999 – 8 AZR 827/98 – BAGE 92, 251 = AP BGB § 613 a Nr. 197, zu I 3 a, c der Gründe mwN). Der Übergang eines Betriebsteils steht für dessen Arbeitnehmer dem Betriebsübergang gleich. Auch bei dem Erwerb eines Betriebsteils ist es erforderlich, daß die wirtschaftliche Einheit ihre Identität bewahrt (BAG 26. August 1999 – 8 AZR 718/98 – AP BGB § 613 a Nr. 196 = EzA BGB § 613 a Nr. 185, zu B II 1 der Gründe). Betriebsteile sind Teileinheiten (Teilorganisationen) des Betriebs. Es muß sich um eine selbständige abtrennbare organisatorische Einheit handeln, die innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks einen Teilzweck erfüllt. Das Merkmal des Teilzwecks dient dabei zur Abgrenzung der organisatorischen Einheit. Im Teilbetrieb müssen nicht andersartige Zwecke als im übrigen Betrieb verfolgt werden (BAG26. August 1999 – 8 AZR 718/98 – aaO; 14. Dezember 2000 – 8 AZR 220/00 – nv.; Soergel-Raab BGB 12. Aufl. § 613 a Rn. 20; Staudinger-Richardi/Annuß BGB 13. Bearbeitung § 613 a Rn. 51). Bei übertragenen sächlichen und immateriellen Betriebsmitteln muß es sich um eine organisatorische Untergliederung handeln, mit der innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks ein Teilzweck verfolgt wird, auch wenn es sich nur um eine untergeordnete Hilfsfunktion handelt. § 613 a BGB setzt für den Teilbetriebsübergang voraus, daß die übernommenen Betriebsmittel bereits bei dem früheren Betriebsinhaber die Qualität eines Betriebsteils hatten (Senat 24. April 1997 – 8 AZR 848/94 – NZA 1998, 253, zu II 2 b aa der Gründe; 11. September 1997 – 8 AZR 555/95 – BAGE 86, 271, 277 f. = AP EWG-Richtlinie Nr. 77/187 Nr. 16, zu B 3 b der Gründe; 13. November 1997 – 8 AZR 52/96 – EzA BGB § 613 a Nr. 166, zu B I 2 a der Gründe; 11. Dezember 1997 – 8 AZR 729/96 – BAGE 87, 303, 305 ff. = AP BGB § 613 a Nr. 172, zu B I 2 a der Gründe; 26. August 1999 – 8 AZR 718/98 – aaO; 25. Mai 2000 – 8 AZR 335/99 – nv.).
Wenn diese Voraussetzungen vorliegen, ist es möglich, nur einen Teilbetrieb zu übernehmen und dabei andere Betriebsteile auszunehmen, ohne daß – anders als das Landesarbeitsgericht meint – „der Schutzzweck” des § 613 a BGB verletzt würde. Es kommt nicht darauf an, ob der verbleibende Restbetrieb fortgesetzt werden könnte oder noch lebensfähig ist. Der Betriebsübergang folgt aus der Wahrung der Identität des Betriebs beim Erwerber und nicht aus dem Untergang der früheren Identität des Gesamtbetriebs (BAG 13. November 1997 – 8 AZR 375/96 – BAGE 87, 120 = AP BGB § 613 a Nr. 170, zu II 2 g der Gründe; 24. Februar 2000 – 8 AZR 162/99 – nv.; Erman-Hanau BGB 10. Aufl. § 613 a Rn. 15; Staudinger-Richardi/Annuß aaO § 613 a Rn. 52; ErfK/Preis 2. Aufl. § 613 a BGB Rn. 9). Betriebsteile wie zB ein Verwaltungsbereich gehen damit nur dann über, wenn dessen sächliche oder immaterielle Betriebsmittel übergegangen sind oder der wesentliche Teil des dort nach Zahl und Sachkunde beschäftigten Personals. Eine bloße Wahrnehmung der gleichen Funktion beim Erwerber mit dessen eigenem Personal reicht für den Betriebsübergang nicht aus (Annuß ZInsO 2001, 49, 53; Staudinger-Richardi/Annuß aaO § 613 a Rn. 114).
c) Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, ob es sich bei dem Bereich der kaufmännischen Verwaltung um einen teilbetrieblich organisierten Betriebsteil, dh. um eine selbständig abtrennbare organisatorische Einheit im Betrieb der Schuldnerin handelte, die einen selbständigen Betriebszweck erfüllte.
Zwar verfolgt der Produktionsbereich eines Betriebs einen Teilzweck. Es spricht vorliegend vieles – auch das von der Klägerin vorgelegte Organigramm – dafür, daß es sich bei dem Produktionsbereich und der Verwaltung um eigene Arbeitsorganisationen im Betrieb der Schuldnerin handelte. Der Beklagte unterscheidet aber darüber hinaus den kaufmännischen und den produktionsorganisatorischen Overhead. Diese Frage hat das Landesarbeitsgericht, ausgehend von der seines Erachtens fehlenden Möglichkeit eines Teilbetriebsübergangs nicht aufgeklärt. Der Beklagte hat zudem unter Beweisantritt behauptet, die kaufmännische Verwaltung sei vom ersten Tag an einschließlich Lohn- und Finanzbuchhaltung sowie des Bestellwesens vom Stammsitz des Erwerbers in S aus erfolgt. Lediglich zwei bis dreimal pro Woche sei ein technischer Betriebsleiter erschienen. Der gesamte kaufmännische Bereich sei ausgenommen gewesen. Demgegenüber hat die Klägerin behauptet, der Erwerber habe „den ganz wesentlichen Teil” des Overhead übernommen, und verweist dazu auf die Weiterbeschäftigung des aus seiner Sicht wesentlichen Personals. Sollte das Landesarbeitsgericht eine teilbetriebliche Organisation der kaufmännischen Verwaltung feststellen, ist deshalb festzustellen, ob der Erwerber durch Übernahme wesentlicher Betriebsmittel sächlicher, immaterieller oder personeller Art auch diesen Bereich übernommen hat. Dabei wird das Landesarbeitsgericht auch die Zuordnung der betreffenden Arbeitnehmer zu prüfen haben.
d) Soweit der Beklagte vorträgt, daß allenfalls eine Betriebsteilübertragung stattgefunden habe, und die Klägerin als kaufmännische Angestellte dem übergegangenen Teil nicht zugeordnet gewesen sei, handelt es sich im vorliegenden Prozeß gegen den Beklagten als Betriebsveräußerer – wenn auch nur, soweit Kündigungsgründe fehlen – überdies um der Klägerin günstige Tatsachen, weil damit trotz Vorliegens eines Betriebsübergangs das Arbeitsverhältnis zum Veräußerer fortbestanden hätte. Dies könnte ggf. unter dem Gesichtspunkt des gleichwertigen Parteivorbringens beachtlich sein, wenn sich die Klägerin das zu ihrem Sachvortrag in Widerspruch stehende Vorbringen des Beklagten wenigstens hilfsweise zu eigen macht und ihre Klage (auch) hierauf stützt (BGH in st. Rspr. 23. Juni 1989 – V ZR 125/88 – NJW 1989, 2756 = BGHR ZPO § 138 Abs. 2 gleichwertiges Parteivorbringen 1; 14. Juli 1969 – V ZR 145/66 – MDR 1969, 995; 15. Dezember 1993 – VIII ZR 197/92 – WM 1994, 525; 14. Februar 2000 – II ZR 155/98 – WM 2000, 670).
2. Ist – von diesen Grundsätzen ausgehend – nach Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts kein Übergang des Arbeitsverhältnisses anzunehmen, wird das Landesarbeitsgericht zu prüfen haben, ob für die Kündigungen des Beklagten Gründe vorlagen, was die Klägerin in Abrede gestellt hat. Ist dagegen ein Übergang des Arbeitsverhältnisses zu bejahen, führt dies entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts nicht zur Begründetheit der Klage.
a) Ein Erfolg im Kündigungsschutzprozeß setzt nach der punktuellen Streitgegenstandstheorie voraus, daß zum Zeitpunkt der Kündigung noch oder überhaupt ein Arbeitsverhältnis besteht (BAG 5. Oktober 1995 – 2 AZR 909/94 – BAGE 81, 111 = AP ZPO § 519 Nr. 48; 12. Januar 1977 – 5 AZR 593/75 – AP KSchG 1969 § 4 Nr. 3 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 11). Auch beinhaltet nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die stattgebende rechtskräftige Entscheidung über einen Antrag gemäß § 4 Satz 1 KSchG zugleich die Feststellung, daß noch zum vorgesehenen Auflösungszeitpunkt zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis existiert (13. November 1958 – 2 AZR 573/57 – BAGE 7, 36 = AP KSchG § 3 Nr. 17; 12. Juni 1986 – 2 AZR 426/85 – AP KSchG 1969 § 4 Nr. 17 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 31).
b) Diese Rechtsprechung ist im Falle des Betriebsübergangs ebenfalls anwendbar. Die Kündigung eines Betriebsveräußerers nach Betriebsübergang geht zwar mangels bestehendem Arbeitsverhältnis ins Leere, eine gleichwohl erhobene Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung ist aber unbegründet, denn ein Arbeitsverhältnis besteht – und zwar schon nach dem eigenen Vortrag der gegen den Veräußerer vorgehenden Klägerin – nicht mehr. Fehlt es damit an einer anspruchsbegründenden Voraussetzung, nämlich am Bestand des Arbeitsverhältnisses im Zeitpunkt der Kündigung, kann die Klageabweisung in einem Prozeß gegen den Betriebsveräußerer allein damit begründet werden, es habe kein Arbeitsverhältnis (mehr) bestanden (BAG 18. März 1999 – 8 AZR 306/98 – AP KSchG 1969 § 4 Nr. 44 = EzA BGB § 613 a Nr. 179;LAG Köln 18. März 1994 – 13 Sa 924/93 – NZA 1994, 815; LAG Berlin 28. Oktober 1911 – 9 Sa 51/91 – LAGE BGB § 613 a Nr. 25; Soergel-Raab BGB 12. Aufl. § 613 a Rn. 193; Müller-Glöge NZA 1999, 449, 456; Preis/Steffan DB 1998, 309, 310; KR-Pfeiffer 6. Aufl. § 613 a BGB Rn. 205). Auf eine „Kündigungsbefugnis” des Veräußerers kommt es nicht an. Ist demnach im Streitfall ein Übergang des Arbeitsverhältnisses anzunehmen, so ist die bzgl. der Kündigung vom 21. Juli und 19. Oktober 1999 erhobene Klage aus diesem Grund abzuweisen.
c) Denn der Antrag der Klägerin ist nicht dahingehend auszulegen, daß sie den (Fort)bestand ihres Arbeitsverhältnisses zur Schuldnerin festgestellt sehen will.
Entgegen einer Auffassung in der Rechtsprechung (vgl. LAG Hamm28. Mai 1998 – 8 Sa 2257/97 – NZA-RR 1999, 71) kann nicht im Wege der Auslegung generell davon ausgegangen werden, daß ein Arbeitnehmer mit einer Kündigungsschutzklage gegen den Veräußerer nach Betriebsübergang zwei Ziele verfolgt, nämlich zum einen die Feststellung, daß im Kündigungszeitpunkt kein Arbeitsverhältnis mehr bestanden habe und deshalb keine Kündigungsbefugnis des Veräußerers vorlag und zum anderen, daß die Kündigung sachlich nicht gerechtfertigt sei. Das Landesarbeitsgericht Hamm hat deshalb eine Klage gegen den Betriebsveräußerer, der eine Kündigung nach Betriebsübergang ausgesprochen hat, für möglich gehalten und das erforderliche Feststellungsinteresse iSd. § 256 ZPO mit dem Umstand begründet, daß der Einwand der mangelnden Kündigungsbefugnis, wenn er gegenüber dem Betriebsveräußerer nicht erhoben worden sei, nach Abweisung der Kündigungsschutzklage als unbegründet auch im Verhältnis zum Betriebserwerber als Rechtsnachfolger nicht mehr vorgetragen werden könnte und so ungeprüft verloren gehe. Über den Kündigungsschutzantrag iSd. § 4 KSchG sei in einem solchen Fall nachrangig zu entscheiden.
Ein allgemeiner Feststellungsantrag nach § 256 ZPO kann aber ohne zusätzliche Anhaltspunkte einer bloßen Kündigungsschutzklage nicht generell entnommen werden. Bei unklarer Sach- und Rechtslage muß grundsätzlich ausdrücklich auf Feststellung des ungekündigt bestehenden Arbeitsverhältnisses und lediglich hilfsweise mit dem Kündigungsschutzantrag gegen den Veräußerer geklagt werden (vgl. Müller-Glöge NZA 1999, 449, 456). Es ist auch unerheblich, daß der Einwand der mangelnden Kündigungsbefugnis nicht gegenüber dem Veräußerer erhoben werden kann, denn im Verhältnis zu diesem nützt dem Arbeitnehmer eine solche Feststellung nichts und im Verhältnis zum Erwerber gilt bei einer Kündigung und entsprechender Klage nach Betriebsübergang nach den §§ 265, 325 ZPO keine Rechtskrafterstreckung.
Besondere Anhaltspunkte für die Annahme einer allgemeinen Feststellungsklage neben dem Kündigungsschutzantrag gegen den Veräußerer sind im Streitfall nicht gegeben. Die Klägerin hat zwar auch beantragt, festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis fortbesteht. Damit hat sie jedoch keine allgemeine Feststellungsklage auf den Bestand eines Arbeitsverhältnisses gegen den Beklagten erhoben. Dies ergibt die Auslegung. Bei der Bestimmung des Streitgegenstandes einer Klage kommt es auf den gestellten Antrag und/oder darauf an, was die Klägerin erkennbar gewollt hat (vgl. BAG 13. März 1997 – 2 AZR 512/96 – BAGE 85, 262 = AP KSchG 1969 § 4 Nr. 38). Der von der Klägerin im Antrag gewählte Zusatz „sondern … fortbesteht” stellt lediglich ein unselbständiges Anhängsel zum Kündigungsschutzantrag dar, da jegliche weitere Ausführungen zum (Fort)bestand eines Arbeitsverhältnisses mit dem Schuldner/Insolvenzverwalter in der Klageschrift fehlen (vgl. BAG 15. März 2001 – 2 AZR 141/00 – AP KSchG 1969 § 4 Nr. 46 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 61; 26. Januar 1995 – 2 AZR 649/94 – BAGE 79, 176 = AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 34). Die Erklärung, daß die Klägerin zum Übergang des Arbeitsverhältnisses eine andere Auffassung vertritt als der Beklagte und eine rechtliche Klärung geboten sei, läßt ebenfalls keinen ausreichenden Hinweis darauf zu, daß die Klägerin neben dem Kündigungsschutzantrag als gesonderten Streitgegenstand den Bestand des Arbeitsverhältnisses zu dem Veräußerer geklärt haben wollte. Es ist nämlich möglich, daß die Klägerin insoweit nur auf § 613 a Abs. 4 BGB verweisen wollte. Auch der Umstand, daß sich die Klägerin bereits in der Klageschrift auf sonstige Unwirksamkeitsgründe der streitigen Kündigung berufen hat, rechtfertigt keine andere Beurteilung eines Antrags nach § 256 ZPO. Diese werden im Rahmen der Kündigungsschutzanträge mitgeprüft. Die ausdrückliche Klagebegründung, nach der die Klägerin von einem Übergang des Arbeitsverhältnisses zum 1. Juli 1999 ausgeht, spricht schließlich gerade dagegen, daß sie in Wahrheit einen (Fort)bestand des Arbeitsverhältnisses zum Beklagten annimmt und diesen gesondert festgestellt haben will. Diese Begründung der Klägerin könnte nämlich allenfalls für ihr Interesse herhalten, festzustellen, daß kein Arbeitsverhältnis mehr mit dem Beklagten besteht. Eine derartige Feststellungsklage wäre als sog. negative Feststellungsklage zwar nach § 256 ZPO möglich. Die Klägerin hat jedoch, wie sich aus dem Antrag ergibt, keine negative, sondern eine positive Feststellungsklage erhoben. Da sich Feststellungsantrag und Kündigungsschutzantrag zudem ausschließen und nur in einem Haupt- und Hilfsverhältnis stehen könnten, ist von einem allgemeinen Feststellungsantrag nicht auszugehen.
II. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 563 ZPO aF).
1. a) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend festgestellt, daß die Kündigung vom 28. Mai 1999, die vom vorläufigen Insolvenzverwalter nur mit der vertraglichen Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Halbjahresende ausgesprochen werden konnte, unwirksam ist. Die Kündigungsbefugnis des Schuldners geht mit Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters mit Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf diesen über (Berscheid ZInsO 1998, 9, 11; KR-Weigand 6. Aufl. §§ 113, 120 ff. InsO Rn. 5; Kittner/Däubler/Zwanziger KSchR 5. Aufl. § 113 InsO Rn. 54). Kündigungsbefugt war damit nur noch der Beklagte.
Die Kündigung ist aber wegen Fehlens einer Legitimationsurkunde nach § 174 BGB unwirksam. Die Kündigung vom 28. Mai 1999 wurde im Namen des Beklagten ausgesprochen, doch war dem Kündigungsschreiben keine vom Beklagten ausgestellte Vollmacht beigefügt und die Klägerin hat die Kündigung deshalb mit Schreiben vom 1. Juni 1999 unverzüglich zurückgewiesen. Eine Kündigung ist als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung nach § 174 Satz 1 BGB unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung durch die Klägerin ist entgegen der Rechtsansicht des Beklagten im Streitfall nicht nach § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Ein solcher Ausschluß kommt in Betracht, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hat. Ausdrücklich hat der Beklagte die Klägerin von der Vollmachtserteilung an seinen Sozius nicht informiert. Ob bei Rechtsanwälten, die unter einem gemeinsamen Briefkopf als Sozietät auftreten, allgemein von einer gegenseitigen Bevollmächtigung für den Ausspruch einseitiger Willenserklärungen ausgegangen werden kann, kann hier dahinstehen. Im Streitfall hat sich der Beklagte als Insolvenzverwalter von einem Sozius vertreten lassen. Als Insolvenzverwalter ist der Beklagte und nicht die Kanzlei bestellt worden. In einem solchen Fall muß bei Abgabe einseitiger Willenserklärungen genauso, wie wenn ein Rechtsanwalt eine sonstige Partei vertritt, eine Vollmachtsurkunde beigefügt werden.
b) Der Beklagte ist für die Feststellung der Unwirksamkeit dieser Kündigung vom 28. Mai 1999 auch passiv legitimiert. Dies gilt auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis der Klägerin von einem am 1. Juli 1999 erfolgten Betriebsübergang erfaßt sein sollte. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der Arbeitgeber (bzw. der Insolvenzverwalter über das Vermögen des Arbeitgebers), der das Arbeitsverhältnis vor einem Betriebsübergang gekündigt hat, für die gerichtliche Klärung der Sozialwidrigkeit der Kündigung auch noch nach dem Betriebsübergang passiv legitimiert. Durch den Betriebsübergang während des Laufs der Kündigungsfrist geht zwar das Arbeitsverhältnis auf den neuen Inhaber des Betriebs über (§ 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB). Der bisherige Arbeitgeber scheidet aus dem Arbeitsverhältnis aus, Arbeitgeberpflichten entstehen künftig für ihn nicht mehr. Der Übernehmer wird neuer Arbeitgeber mit allen Rechten und Pflichten aus dem bisherigen Arbeitsverhältnis. Es handelt sich um eine gesetzlich vorgesehene Beendigung des Arbeitsverhältnisses, verbunden mit dessen gesetzlichem Übergang auf den neuen Betriebsinhaber. Hat der Arbeitnehmer aber rechtzeitig eine Klage gegen die Kündigung erhoben und findet anschließend noch während des Laufs der Kündigungsfrist ein Betriebsübergang statt, so kann der Prozeß gegen den bisherigen Beklagten fortgesetzt werden. Auf den Betriebsübergang während des Prozesses finden dann die §§ 265, 325 ZPO entsprechende Anwendung (BAG 20. März 1997 – 8 AZR 769/95 – BAGE 85, 330 = AP KSchG 1969 § 9 Nr. 30; 18. März 1999 – 8 AZR 306/98 – AP KSchG 1969 § 4 Nr. 44 = EzA BGB § 613 a Nr. 179).
c) Hinsichtlich der Kündigung vom 28. Mai 1999 war jedoch eine abschließende Entscheidung durch den Senat nicht möglich, da hiermit auch der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zur Schuldnerin bis zur Kündigung vom 21. Juli 1999 festgestellt worden wäre. Diese Feststellung kann jedoch nur getroffen werden, wenn das Landesarbeitsgericht den Übergang des Arbeitsverhältnisses der Klägerin im Wege des Betriebsübergangs verneint. Liegt nämlich ein Betriebsübergang vor, könnte das Arbeitsverhältnis allenfalls bis zu einem früheren Zeitpunkt fortbestanden haben.
2. a) Hinsichtlich der ordentlichen Kündigung vom 21. Juli 1999 und der außerordentlichen Kündigung vom 19. Oktober 1999 hat das Landesarbeitsgericht zu den Kündigungsgründen keine Feststellungen getroffen. Eine klageabweisende Sachentscheidung durch das Bundesarbeitsgericht ist – auch bei Verneinung eines Übergangs des Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber – nicht bereits deshalb möglich (§ 565 Abs. 2 ZPO aF), weil die Klägerin die Klagefrist nach § 113 Abs. 2 InsO versäumt hätte. Nach § 113 Abs. 2 InsO muß ein Arbeitnehmer, der die Unwirksamkeit einer Kündigung durch den Insolvenzverwalter geltend machen will, innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung beim Arbeitsgericht Klage erheben und alle Unwirksamkeitsgründe rügen. Die Klägerin hat nicht erst mit Schriftsatz vom 29. November 1999, als sie die Umstellung des Rubrums beantragte, Klage gegen den Beklagten erhoben, sondern schon jeweils binnen drei Wochen nach Ausspruch der Kündigung. Die Rüge fehlender Kündigungsgründe ist deshalb fristgerecht erhoben worden.
b) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und des Bundesarbeitsgerichts ist der Insolvenzverwalter wie der Konkursverwalter nach früherem Recht Partei kraft Amtes (BGH 2. September 1999 – VII ZA 3/99 – NZI 1999, 450; 21. Mai 1999 – 2 StR 366/98 – ZInsO 1999, 410; 7. Juli 1993 – IV ZR 190/92 – BGHZ 123, 132; BAG GS 13. Dezember 1978 – GS 1/77 – BAGE 31, 176 = AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 6; 20. November 1997 – 2 AZR 52/97 – AP ArbGG 1979 § 11 Prozeßvertreter Nr. 15 = EzA ArbGG 1979 § 11 Nr. 14; 17. Januar 2002 – 2 AZR 57/01 – zVv.). Bei dem Schuldner, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, handelt es sich um eine andere Partei als den Insolvenzverwalter. Eine Klage gegen den Schuldner wahrt somit keine Frist (BAG 17. Januar 2002 – 2 AZR 57/01 – zVv.;Zwanziger Das Arbeitsrecht der Insolvenzordnung § 113 InsO Rn. 43).
c) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, daß sich im Streitfall die Klage und die Klageerweiterungen von Anfang an gegen den Beklagten richteten. In der Klageschrift, die sich zunächst gegen die Kündigung vom 28. Mai 1999 richtete, hat die Klägerin zwar die Schuldnerin als Beklagte bezeichnet. Die weiteren Kündigungen hat die Klägerin im Wege der Klageerweiterung ebenfalls gegen die Schuldnerin angegriffen. Die Klägerin hat diesen Klageerweiterungen jedoch die jeweiligen Kündigungsschreiben beigefügt. In diesen Kündigungsschreiben hat der Beklagte jeweils in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter gekündigt. Im Klageantrag gegen die Kündigung vom 19. Oktober 1999 hat die Klägerin sogar ausdrücklich den Insolvenzverwalter als Kündigenden genannt. Für die Parteistellung im Prozeß ist nicht allein die formelle Bezeichnung der Partei in der Klageschrift maßgeblich. Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts hat im Urteil vom 15. März 2001 (– 2 AZR 141/00 – AP KSchG 1969 § 4 Nr. 46 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 61) ausgeführt, daß dann eine Berichtigung des Rubrums möglich ist, wenn die Klägerin im Rubrum der Klageschrift irrtümlich nicht den Arbeitgeber, sondern dessen Bevollmächtigten als Beklagten benannt hat und aus dem der Klageschrift beigefügten Kündigungsschreiben folgt, wer als beklagte Partei gemeint ist. Ergibt sich aus der Klageschrift in Verbindung mit den beigefügten Anlagen eindeutig, wer richtiger Beklagter sein soll, so gilt der richtige Beklagte als verklagt. Diese Rechtsprechung ist nach dem Urteil des Zweiten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 17. Januar 2002 (– 2 AZR 57/01 – zVv.) auch auf das Verhältnis Insolvenzverwalter/Schuldner übertragbar. Diesen Ausführungen folgt auch der erkennende Senat. Dementsprechend konnte vorliegend im Wege der Rubrumsberichtigung der Beklagte als Insolvenzverwalter aufgenommen werden, denn aus den beigefügten Kündigungsschreiben ergibt sich, daß der Beklagte als Insolvenzverwalter gekündigt hat. Die Klägerin hat hierauf auch in den Klageschriften hingewiesen. Vorliegend kommt hinzu, daß der Beklagte mit Schriftsatz vom 28. Oktober 1999, also selbst und erst nach der Klageerweiterung die „Umstellung” angeregt und erklärt hat, er nehme den Rechtsstreit auf. Dh. der Beklagte ist selbst davon ausgegangen, daß er von Anfang an der richtige Beklagte sein sollte. Eine Versäumung von Fristen und das Erfordernis eines Parteiwechsels ist bis zu diesem Zeitpunkt von ihm niemals gerügt worden. Demgemäß hat die Klägerin die Klageerweiterungen gegen die Kündigungen vom 21. Juli und 19. Oktober 1999 rechtzeitig erhoben, wobei sie jeweils die Anhörung des Betriebsrats sowie das Fehlen von Kündigungsgründen gerügt und auf den Betriebsübergang verwiesen hat.
Das Landesarbeitsgericht wird, wenn das Arbeitsverhältnis nicht auf die Erwerberin übergegangen ist, auch zu entscheiden haben, ob das Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht durch eine weitere, vierte Kündigung des Beklagten vom 22. Oktober 1999 beendet worden ist. Auf diese Kündigung hat der Beklagte in dem Anschlußberufungsschriftsatz hingewiesen.
III. Das Landesarbeitsgericht wird auch über die Kosten der Revision zu entscheiden haben.
Unterschriften
Hauck, Dr. Wittek, Laux, Brückmann, Heydenreich
Fundstellen
Haufe-Index 1134509 |
EWiR 2003, 1073 |
ZInsO 2002, 1198 |