Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung der Urlaubsvergütung. Freischichtenmodell
Orientierungssatz
Parallelsache zu BAG Urteil vom 18.11.1988 8 AZR 238/88.
Verfahrensgang
LAG Köln (Entscheidung vom 30.10.1986; Aktenzeichen 8 Sa 540/86) |
ArbG Siegburg (Entscheidung vom 13.03.1986; Aktenzeichen 3 Ca 2000/85) |
Tatbestand
Der Kläger ist bei der Beklagten als gewerblicher Arbeitnehmer beschäftigt.
Auf das Arbeitsverhältnis ist kraft beiderseitiger Organisationszugehörigkeit der Manteltarifvertrag für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens vom 30. April 1980 i. d. F. vom 3. Juli 1984, in Kraft seit 1. April 1985 (MTV), anzuwenden.
In § 2 Nr. 1 MTV ist u. a. bestimmt:
"§ 2
Dauer der regelmäßigen Arbeitszeit/
Ausbildungszeit
1. Die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit ohne
Pausen beträgt 38 1/2 Stunden.
Die individuelle regelmäßige wöchentliche
Arbeitszeit kann zwischen 37 und 40 Stunden
betragen (Vollzeitbeschäftigte).
Die Spanne zwischen 37 und 40 Stunden soll
angemessen ausgefüllt werden. Dabei sind die
betrieblichen Bedürfnisse zu berücksichtigen
(§ 3)."
§ 3 MTV hat folgenden Wortlaut:
"§ 3
Verteilung der regelmäßigen Arbeitszeit/
Ausbildungszeit
1. Die Arbeitszeit im Betrieb wird im Rahmen
des Volumens, das sich aus der für den Betrieb
nach § 2 Nr. 1 Abs. 1 festgelegten Arbeits-
zeit ergibt, durch Betriebsvereinbarung näher
geregelt. Dabei können für Teile des Betriebes,
für einzelne Arbeitnehmer oder für Gruppen von
Arbeitnehmern unterschiedliche wöchentliche
Arbeitszeiten zwischen 37 und 40 Stunden fest-
gelegt werden.
.....
2. Die individuelle regelmäßige wöchentliche
Arbeitszeit kann gleichmäßig oder ungleich-
mäßig auf fünf Werktage in der Woche verteilt
werden. Sie muß im Durchschnitt von zwei
Monaten erreicht werden.
.....
6. Aus Anlaß der Neufestlegung der Arbeitszeit
wird die Auslastung der betrieblichen Anlagen
und Einrichtungen nicht vermindert. Bei einer
Differenz zwischen Betriebsnutzungszeit und
der Arbeitszeit für die einzelnen
Arbeitnehmer kann der Zeitausgleich auch in
Form von freien Tagen erfolgen. Dabei muß
zur Vermeidung von Störungen im Betriebsab-
lauf eine möglichst gleichmäßige Anwesenheit
der Arbeitnehmer gewährleistet sein. Bei der
Festlegung der freien Tage sind die Wünsche
der Arbeitnehmer zu berücksichtigen."
In den §§ 12 und 15 MTV ist bestimmt:
"§ 12
Urlaubsvergütung
1. Bei der Berechnung der Urlaubsvergütung sind
zugrunde zu legen
a) bei den Arbeitern hinsichtlich der Lohnhöhe
150 % des regelmäßigen Arbeitsverdienstes
(Berechnung s. § 15);
b) bei den Angestellten der regelmäßige
Arbeitsverdienst (Berechnung s. § 15) und
eine zusätzliche Urlaubsvergütung, die je
Urlaubstag 2,40 % (50 % von 1/20,83) des
regelmäßigen Arbeitsverdienstes ausmacht;
c) bei den Auszubildenden die regelmäßige
Ausbildungsvergütung sowie eine zusätzliche
Urlaubsvergütung, die je Urlaubstag 2,40 %
(50 % von 1/20,83) der regelmäßigen Ausbil-
dungsvergütung ausmacht.
2. Die Urlaubsvergütung ist auf Wunsch des
Arbeitnehmers/Auszubildenden vor Antritt des
Urlaubs zu zahlen, sofern der Urlaub mindestens
zwei Wochen umfaßt. Statt der Urlaubsvergütung
kann ein entsprechender Abschlag geleistet
werden.
Fällt ein Zahlungstermin für Lohn, Gehalt oder
Ausbildungsvergütung in die Urlaubszeit, so
sind der Lohn, das Gehalt oder die Ausbildungs-
vergütung auf Wunsch des Arbeitnehmers/Auszu-
bildenden vor Beginn des Urlaubs auszuzahlen.
Statt dessen kann ein entsprechender Abschlag
geleistet werden.
§ 15
Berechnung des Arbeitsverdienstes
1. In allen Fällen, in denen dieser Tarifvertrag
Anspruch auf Zahlung des "regelmäßigen Arbeits-
verdienstes" regelt, wird für die Berechnung
des regelmäßigen Arbeitsverdienstes folgendes
zugrunde gelegt:
a) Gewerbliche Arbeitnehmer
Hinsichtlich der Lohnhöhe der durchschnitt-
liche Stundenverdienst in den letzten drei
abgerechneten Monaten oder in den diesem
Zeitraum annähernd entsprechenden Abrech-
nungszeiträumen vor Beginn des Fortzahlungs-
zeitraums (Gesamtverdienst des Arbeitnehmers
in dem betreffenden Zeitraum einschließlich
aller Zuschläge, jedoch ohne einmalige
Zuwendungen sowie Leistungen, die Aufwen-
dungsersatz darstellen, z.B. Auslösungen,
soweit sie nicht Arbeitsentgelt sind, geteilt
durch die Zahl der bezahlten Arbeitsstunden);
Hinsichtlich der Anzahl der Arbeitsstunden
je Tag, der zu vergüten ist, der Bruchteil,
der sich aus der Verteilung der individuellen
regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit auf
die einzelnen Wochentage nach dem Durchschnitt
der letzten drei abgerechneten Monate ergibt,
bei Urlaub 1/5 der individuellen regelmäßigen
wöchentlichen Arbeitszeit des Arbeitnehmers
nach dem Durchschnitt der letzten drei abge-
rechneten Monate (Gesamtzahl der in dem be-
treffenden Zeitraum geleisteten Stunden
geteilt durch die Zahl der Arbeitstage, die
sich aus der Verteilung der individuellen
regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit
ergeben).
Wenn in den Bezugszeiträumen oder während
des Zeitraums der Fortzahlung des regelmäßigen
Arbeitsverdienstes eine Änderung des Lohn-
abkommens erfolgt ist, so ist für den Fort-
zahlungszeitraum vom Zeitpunkt des Inkraft-
tretens des Lohnabkommens ab der regelmäßige
Arbeitsverdienst auf der veränderten Grund-
lage zu ermitteln.
....."
Beklagte und Betriebsrat haben am 25. März 1985 eine Betriebsvereinbarung geschlossen. Danach ist die Betriebsnutzungsdauer auf 40 Std. wöchentlich und die Arbeitszeit für alle Arbeitnehmer auf 38,5 Std. wöchentlich festgelegt. Die Arbeitnehmer arbeiten arbeitstäglich wie bisher 8 Std. Die Zeitdifferenz zu 38,5 Wochenstunden wird durch freie Tage (Freischichten) ausgeglichen. Für das Jahr 1985 sind sieben Freischichten festgelegt worden. Davon hat der Kläger je eine am 17. Mai und am 7. Juni 1985 erhalten.
Für sieben dem Kläger im Juli 1985 gewährte Urlaubstage legte die Beklagte für die Berechnung der Urlaubsvergütung für die Monate April bis Juni 1985 einen Gesamtverdienst von 10.368,84 DM für anzurechnende 537 Stunden und 65 Arbeitstage unter Einbeziehung der Freischichten vom 17. Mai und 7. Juni 1985 zugrunde und errechnete daraus für jeden Urlaubstag 8,26 zu vergütende Arbeitsstunden.
Mit dieser Berechnung ist der Kläger nicht einverstanden. Er hat die Auffassung vertreten, daß beide Freischichten nicht zu berücksichtigen seien und daher von 63 Arbeitstagen auszugehen sei. Jeder Urlaubstag müsse deswegen mit 8,52 Stunden vergütet werden.
Der Kläger hat mit seiner am 2. Oktober 1985 zugestellten Klage beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 57,59 DM brutto zuzüglich 4 % Zinsen seit dem 2. Oktober 1985 zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Klage hatte in beiden Vorinstanzen Erfolg. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Verfahrensziel weiter. Der Kläger bittet, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I. Die Revision der Beklagten ist nicht begründet.
Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, daß dem Kläger für die Urlaubstage im Juli 1985 57,59 DM als Differenz zu der ihm bereits gezahlten Urlaubsvergütung zustehen.
II. Der Kläger hat im Juli 1985 7 Tage Urlaub i. S. von § 1 MTV erhalten. Nach § 12 Nr. 1 Buchst. a MTV sind bei der Berechnung der Urlaubsvergütung bei den Arbeitern hinsichtlich der Lohnhöhe 150 % des regelmäßigen Arbeitsverdienstes zugrunde zu legen. Der regelmäßige Arbeitsverdienst ist nach § 15 Nr. 1 Buchst. a MTV zu ermitteln aus der Lohnhöhe und der Zahl der Arbeitsstunden je Tag, der zu vergüten ist.
III. Die Lohnhöhe für die dem Kläger gewährten Urlaubstage ist zwischen den Parteien unstreitig. Ebenso besteht kein Streit über die Dauer des Urlaubsanspruchs. Damit bedarf es keiner Stellungnahme zu den Ausführungen von Bengelsdorf (DB 1988, 1161 ff.), der die Auffassung vertritt, bei ungleichmäßiger Verteilung der Arbeitszeit vermindere sich die Dauer des Urlaubs.
IV. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für die Dauer des ihm gewährten Urlaubs eine Vergütung auf der Grundlage von acht Arbeitsstunden je Urlaubstag unter Hinzurechnung der für ihn unstreitig hinzuzurechnenden Stunden zu zahlen und dem Kläger deshalb ein Anspruch auf die von ihm begehrte Differenz zu der von der Beklagten gezahlten Urlaubsvergütung zusteht.
1. Nach § 15 Nr. 1 Buchst. a Abs. 2 MTV richtet sich die zu vergütende Stundenzahl nach der Verteilung der individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage nach dem Durchschnitt der letzten drei abgerechneten Monate.
2. Diese individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit hat für den Kläger in den zu berücksichtigenden Monaten jeweils 40 Stunden betragen.
Die für den Kläger maßgebliche Arbeitszeit und deren Verteilung beruht auf § 2 Nr. 1, § 3 Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 6 MTV sowie der Betriebsvereinbarung vom 25. März 1985. Danach gilt für den Kläger eine tarifliche wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden. Diese Arbeitszeit ist entsprechend der bisher gültigen Arbeitszeitregelung auf täglich acht Stunden und wöchentlich 40 Stunden verteilt. Als Ausgleich für die 38,5 Stunden übersteigende Arbeitszeit sind Freischichten vorgesehen.
Gegen die Rechtswirksamkeit dieser Regelungen bestehen keine Bedenken. Für den Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer in der niedersächsischen Metallindustrie vom 18. Juli 1984 hat der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts durch Beschluß vom 18. August 1987 festgestellt (- 1 ABR 30/86 - AP Nr. 23 zu § 77 BetrVG 1972, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt), daß die Dauer der individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit für Betriebe, Gruppen von Arbeitnehmern oder einzelne Arbeitnehmer durch Betriebsvereinbarung geregelt werden kann, weil die Tarifvertragsparteien ergänzende Betriebsvereinbarungen mit diesem Gegenstand ausdrücklich zugelassen haben. Dieser Auffassung haben sich der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts mit Urteil vom 2. Dezember 1987 (- 5 AZR 602/86 -, zur Veröffentlichung bestimmt) und der erkennende Senat mit Urteil vom 7. Juli 1988 (- 8 AZR 198/88 -, zur Veröffentlichung bestimmt) angeschlossen. Hieran ist auch für den für das Tarifgebiet Nordrhein-Westfalen abgeschlossenen MTV festzuhalten. Gesichtspunkte, die insoweit eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich.
Nach § 2 Nr. 1, § 3 Nr. 1 MTV ist die Festlegung und Verteilung der Arbeitszeit gestattet, wie sie in der Betriebsvereinbarung geregelt ist. Die im Betrieb der Beklagten getroffene Bestimmung, daß wie bisher je acht Stunden täglich und 40 Stunden wöchentlich gearbeitet wird und als Ausgleich für das Überschreiten der tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit ein Zeitausgleich durch Gewährung von Freischichten erfolgt, ist nach § 3 Nr. 6 MTV möglich. Rechtliche Bedenken gegen die Wirksamkeit der Betriebsvereinbarung sind nicht ersichtlich. Sie sind im übrigen auch von keiner Partei geltend gemacht worden.
Damit war für den Kläger nach dem 1. April 1985 eine tägliche Arbeitszeit von acht Stunden verbindlich. Auch diese mit einem Zeitausgleich für das Überschreiten der tariflichen Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden nach § 2 Nr. 1 Abs. 1 MTV verbundene Arbeitszeit (sog. Freischichtenmodell) ist eine individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit i. S. von § 2 Nr. 1 Abs. 2 MTV (vgl. ebenso Urteil des BAG vom 5. Oktober 1988 - 5 AZR 352/87 -, zu I 2 b der Gründe, zur Veröffentlichung vorgesehen), die auch in die Durchschnittsberechnung nach § 3 Nr. 1 Abs. 2 MTV eingeht (Ziepke, Kommentar zum Tarifvertrag vom 3. Juli 1984 zur Änderung des MTV vom 30. April 1980, § 3 Anm. 36, S. 92).
Individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit i. S. von § 2 Nr. 1 MTV ist daher nicht nur die während einer Woche gleichmäßig oder ungleichmäßig verteilte Arbeitszeit, sondern auch die über einen längeren Zeitraum verteilte Tätigkeit im sogenannten Freischichtenmodell. Maßgeblich als Ausgangspunkt der Berechnung ist damit der auf einen Arbeitstag entfallende Bruchteil der vom Kläger im Abrechnungszeitraum erbrachten Arbeitszeit. Dies sind bei jeweils 40 Stunden pro Arbeitswoche und der Verteilung auf die Wochentage von Montag bis Freitag jeweils acht Stunden.
Daher kann der Auffassung von Ziepke (aaO, § 3 Anm. 36 C 6, S. 105) nicht gefolgt werden, der im Gegensatz zu seinen Ausführungen, daß auch die Tätigkeit im Freischichtenmodell individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ist (aaO, § 3 Anm. 36, S. 92), für § 15 Nr. 1 Buchst. a Abs. 2, 1. Hälfte MTV die Auffassung vertritt, daß bei individueller regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit für einen Fehltag nur 7,7 Stunden zu zahlen seien.
Da vorliegend die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit für den Kläger auf fünf Wochentage verteilt ist, ergibt sich nach der Regelung in § 15 Nr. 1 Buchst. a Abs. 2 MTV keine Änderung, wonach bei Urlaub ein Fünftel der individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit als Bruchteil zugrunde zu legen ist. Ihr kommt im übrigen wegen § 3 Nr. 2 MTV, nach dem die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit gleichmäßig oder ungleichmäßig auf fünf Werktage in der Woche verteilt werden kann, nur ausnahmsweise Bedeutung zu.
3. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung auf den Klammerzusatz in § 15 Nr. 1 Buchst. a Abs. 2 MTV gestützt. Danach ist die Gesamtzahl der in den letzten drei abgerechneten Monaten geleisteten Stunden durch die Zahl der Arbeitstage zu teilen, die sich aus der Verteilung der individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ergeben. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht daraus die für die Ermittlung der Urlaubsvergütung maßgebliche Stundenzahl ebenfalls mit acht Stunden Arbeitszeit berechnet unter Hinzurechnung der unstreitig anzurechnenden Stunden. Die Freischichttage im Mai und Juni 1985 sind in die Berechnung nicht einzubeziehen.
Der Klammerzusatz in § 15 Nr. 1 Buchst. a Abs. 2 MTV ist wie der entsprechende Zusatz in § 15 Nr. 1 Buchst. a Abs. 1 MTV für die Ermittlung der Lohnhöhe eine Anweisung der Tarifvertragsparteien, wie die maßgeblichen Stunden konkret zu berechnen sind. Dabei ist wesentlich, daß es auf die Zahl der geleisteten Stunden im Bezugszeitraum und nicht auf eine nur rechnerisch vorgegebene Größe der Arbeitszeit ankommt (vgl. Urteil des Fünften Senats vom 5. Oktober 1988, aaO).
Zu Unrecht meint die Beklagte, daß zwischen dem Klammerzusatz und dem vorangehenden Satzteil in § 15 Nr. 1 Buchst. a Abs. 1 MTV ein Widerspruch bestehe, weil nach beiden Satzteilen andere Arten der Berechnung vorgesehen seien.
Dies trifft nicht zu. Beide Regelungen verwenden den Begriff individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit. Anhaltspunkte dafür, daß die Tarifvertragsparteien etwa in beiden Satzteilen von § 15 Nr. 1 Buchst. a Abs. 2 MTV diesem Begriff einen jeweils unterschiedlichen Inhalt hätten beilegen wollen, sind nicht ersichtlich, ebenso nicht, daß der Begriff individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit in § 15 Nr. 1 Buchst. a Abs. 2 MTV einen anderen Inhalt haben könnte, als er nach §§ 2, 3 MTV verwendet wird.
Wenn dennoch die Beklagte meint, im ersten Teil von § 15 Nr. 1 Buchst. a Abs. 2 MTV sei nur eine Arbeitszeit von 38,5 Stunden mit dem Begriff individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit gemeint, so ist dies zu eng und steht überdies im Widerspruch zu den Regelungen in § 2 und § 3 MTV.
Es kann auch für die Auslegung von § 15 Nr. 1 Buchst. a MTV nicht darauf ankommen, daß - wie die Beklagte meint - die Tarifvertragsparteien eine Begrenzung der nach § 15 Nr. 1 Buchst. a MTV zu berücksichtigenden Stundenzahl der wöchentlichen Arbeitszeit auf 38,5 Stunden gewollt hätten, da ein solcher Wille aus den Vorschriften des MTV nicht zu erschließen ist. Hierfür hätte es einer besonderen Regelung bedurft. Daran mangelt es.
Soweit die Beklagte unter Hinweis auf Ziepke (Kommentar zum Tarifvertrag vom 5. Mai 1987 zur 2. Änderung des Manteltarifvertrages vom 30. April 1980, § 3 Anm. 65 X B, S. 145) schließlich verlangt, die nach § 3 Nr. 6 MTV zu gewährenden Zeitausgleichstage (freie Tage) als Arbeitstage i. S. des Klammerzusatzes in § 15 Nr. 1 Buchst. a Abs. 2 MTV zu behandeln, um auf eine tägliche Arbeitszeit von 7,7 Stunden zu kommen, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Nach dem Wortlaut von § 15 Nr. 1 Buchst. a Abs. 2 MTV besteht hierfür keinerlei Veranlassung. Inhalt der in dieser Tarifregelung enthaltenen Berechnungsanweisung ist, daß die tatsächlich geleisteten Stunden durch die Zahl der Arbeitstage zu teilen sind, die sich aus der Verteilung der individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ergeben. Dies können nur Tage sein, an denen ein Arbeitnehmer gearbeitet hat. Dem entspricht, daß nach § 3 Nr. 6 MTV die Zeitausgleichstage nicht als freie Arbeitstage, sondern als freie Tage bezeichnet werden. Konsequent ist in Übereinstimmung damit im übrigen in § 11 Nr. 4 MTV für die Bestimmung der Urlaubstage geregelt, daß Arbeitstage alle Kalendertage sind, an denen der Arbeitnehmer in regelmäßiger Arbeitszeit zu arbeiten hat. An freien Tagen hat er nicht zu arbeiten, kann er demzufolge auch nicht von der Arbeit durch Urlaubserteilung freigestellt werden. Die Auffassung der Beklagten bedeutet daher, daß entgegen dem Tarifvertrag für alle Arbeitnehmer ohne Rücksicht auf die Verteilung von deren individueller regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit alle Werktage i. S. von § 3 Nr. 2 MTV zur Bildung des Divisors in § 15 Nr. 1 Buchst. a Abs. 2 MTV herangezogen werden müßten. Die Beklagte übersieht damit, daß ihre Auffassung insgesamt darauf hinausläuft, geleistete Arbeitszeit mit nicht geleisteter Arbeitszeit zu vermengen.
Die Auffassung der Beklagten ist auch nicht mit dem Hinweis von Ziepke (aaO) begründbar, die an einem tariflichen Ausgleichstag an sich fällig werdende Arbeitsleistung sei bereits durch eine entsprechende Anzahl von Vorholstunden "eingearbeitet" worden. Deshalb müßten Ausgleichstage (potentielle) Arbeitstage sein, die als Arbeitstage in den Divisor einbezogen werden müssen.
Diese Meinung widerspricht den Regelungen in § 2 und in § 3 Nr. 6 MTV. Die von einem im sog. Freischichtenmodell tätigen Arbeitnehmer zu leistenden Arbeitsstunden werden weder "vorgeholt" noch sind sie "an sich" an einem freien Tag fällig. Freie Tage ergeben sich nach § 3 Nr. 6 MTV nur deshalb, um die nach dieser Bestimmung mögliche Betriebsnutzungszeit von 40 Stunden mit der nach dem Tarifvertrag zulässigen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden nach § 2 Nr. 1 MTV in Einklang zu bringen (vgl. dazu die Senatsentscheidung vom 7. Juli 1988, aaO, zu B 3 der Gründe). Arbeitsleistungen sind an Arbeitstagen zu erbringen, an denen keine freien Tage i. S. von § 3 Nr. 6 MTV anfallen, daher werden sie weder vorgeholt, noch sind freie Tage "(potentielle) Arbeitstage", die mit wirklichen Arbeitstagen gleichsetzbar wären.
Besteht zwischen den in § 15 Nr. 1 Buchst. a Abs. 2 MTV enthaltenen Regelungen kein Widerspruch, weil die Regelung vor der Berechnungsanweisung und die Berechnungsanweisung selbst miteinander übereinstimmen, erledigen sich damit Überlegungen der Revision, wie ein vermeintlicher Widerspruch aufzulösen sei.
Das Landesarbeitsgericht ist demgemäß zu Recht jeweils von den vom Kläger geleisteten Arbeitsstunden in den letzten drei abgerechneten Monaten vor Beginn des Urlaubs ausgegangen. Hierzu ist unstreitig, daß dem Kläger in den insgesamt drei Monaten 537 Stunden als Arbeitszeit anzurechnen sind. Wird diese Zahl durch die Zahl der Arbeitstage geteilt, die sich aus der Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit ergeben, nämlich 13 x 5 Arbeitstage abzüglich zwei Freischichttage, so sind 8,52 Arbeitsstunden je Tag zu berücksichtigen, wenn der regelmäßige Arbeitsverdienst, der für die Urlaubsvergütung zugrunde zu legen ist, ermittelt werden muß.
4. Der Beklagten kann auch insoweit nicht gefolgt werden, als sie auf die Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes nach Art. 3 GG hinweist, weil im Einzelfall Arbeitgeber durch die Vergütungspflicht bei Einführung des Freischichtenmodells stärker belastet werden, als wenn sie gleichmäßig die Arbeitszeit auf 38,5 Stunden in der Woche kürzen.
Der erkennende Senat hat bereits in seiner Entscheidung vom 7. Juli 1988 (aaO) dargelegt, daß solche Ungleichheiten nicht willkürlich sind. Sie ergeben sich nicht zwingend aus den Regelungen des MTV, sondern nur im Zusammenhang mit der jeweiligen betrieblichen Entscheidung für die nach dem MTV möglichen und zulässigen Arbeitsverteilungsregelungen. Diese aber braucht ein Arbeitgeber nur zuzugestehen, soweit sie die Belange des Betriebs und der betroffenen Arbeitnehmer angemessen berücksichtigen (arg. § 76 Abs. 5 Satz 3 BetrVG). Es kann nicht als sachwidrig angesehen werden, wenn ein Tarifvertrag Ansprüche von einer betrieblichen Regelung abhängig macht, die diesen rechtlichen Rahmen beachten muß. Dieser Auffassung des erkennenden Senats hat sich der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 5. Oktober 1988, aaO) inzwischen angeschlossen. Es ist kein Grund ersichtlich, von dieser Auffassung abzuweichen.
Michels-Holl Dr. Leinemann Dr. Peifer
Plenge Hannig
Fundstellen