Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IVa BAT-KF ab 1. Januar 1999.
1. Der Kläger ist weder nach einem Tätigkeitsmerkmal des AVGP. BAT-KF 2.30 Sozialarbeiter/Sozialpädagogen im Sozialdienst noch nach AVGP. BAT-KF 2.42 Mitarbeiter in Heimen der Gefährdetenhilfe in der VergGr. IVa BAT-KF eingruppiert.
a) Der BAT-KF findet auf Grund der Vereinbarung in § 1 Abs. 4 des Dienstvertrages zwischen dem Kläger und der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 11. Juni 1992 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung.
b) Die Tätigkeit des Klägers entspricht jedoch nicht den Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals der VergGr. IVa AVGP. BAT-KF (vgl. § 22 Abs. 2 BAT-KF). Denn für die Eingruppierung des Klägers sind – worin die Parteien übereinstimmen – die Tätigkeitsmerkmale des AVGP. BAT-KF 2.42 maßgebend, die die Eingruppierung der Mitarbeiter in Heimen der Gefährdetenhilfe regeln. Diese besonderen Tätigkeitsmerkmale gehen gem. Vorbemerkung Nr. 2 zum AVGP. BAT-KF den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen des AVGP. BAT-KF 2.30 Sozialarbeiter/Sozialpädagogen im Sozialdienst vor. Der AVGP. BAT-KF 2.42 enthält kein Tätigkeitsmerkmal in VergGr. IVa, dessen Anforderungen der Kläger erfüllt. Auch dies ist die übereinstimmende Auffassung beider Parteien.
2. Die Regelung der Vergütung für Sozialarbeiter im AVGP. BAT-KF 2.42 Mitarbeiter in Heimen der Gefährdetenhilfe ist wirksam. Sie ist nicht offenbar unbillig iSv. § 319 Abs. 1 Satz 1 BGB. Auch daraus folgt daher nicht der Klageanspruch. Dies hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei erkannt.
a) Der AVGP. BAT-KF enthält, soweit dies für die vom Kläger erstrebte Ersetzungsbestimmung nach § 319 BGB von Bedeutung ist, folgende Bestimmungen:
2.30 Sozialarbeiter/Sozialpädagogen im Sozialdienst(1)
Fallgruppe |
Tätigkeitsmerkmal |
Verg.-Gr. |
1. |
Sozialarbeiter/Sozialpädagogen im Sozialdienst |
V b |
2. |
Mitarbeiter der Fallgruppe 1 nach zweijähriger Bewährung in einer Tätigkeit der Verg.Gr. Vb(2) |
IV b |
3. |
Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit entsprechenden schwierigen Tätigkeiten(3) |
IV b |
4. |
Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit abgeschlossener Zusatzausbildung in einer der Zusatzausbildung entsprechenden Tätigkeit(4) |
IV b |
5. |
Mitarbeiter der Fallgruppen 3 und 4 nach vierjähriger Bewährung in einer dieser Fallgruppen |
IV a |
…
Die Anmerkungen 1, 2 und 4 sind für den Rechtsstreit nicht von Bedeutung. Anmerkung 3 lautet:
3 Schwierige Tätigkeiten sind z. B. die
- die Beratung von Suchtmittel-Abhängigen,
- Beratung von HIV-Infizierten oder an AIDS erkrankten Personen,
- begleitende Fürsorge für Heimbewohner und nachgehende Fürsorge für ehemalige Heimbewohner,
- begleitende Fürsorge für Strafgefangene und nachgehende Fürsorge für ehemalige Strafgefangene,
- Koordinierung von Arbeiten mehrerer Arbeiter mindestens der Verg.Gr. Vb.
2.42 Mitarbeiter in Heimen der Gefährdetenhilfe(1),(2)
…
Fallgruppe |
Tätigkeitsmerkmal |
Verg.-Gr. |
11. |
Sozialarbeiter/Sozialpädagogen in entsprechender Tätigkeit(3), (9) |
V b |
12. |
Mitarbeiter der Fallgruppe 11 nach zweijähriger Bewährung in einer Tätigkeit der Verg.Gr. Vb(11) |
IV b |
13. |
Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit abgeschlossener zusätzlicher Spezialausbildung in einer der Spezialausbildung entsprechenden Tätigkeit(3),(9),(10) |
IV b |
… |
|
|
16. |
Mitarbeiter der Fallgruppen 13 bis 15 nach vierjähriger Bewährung in einer dieser Fallgruppen |
IV a |
…
Hier von Bedeutung ist lediglich die Anmerkung Ziff. 2, die lautet:
2 Heime der Gefährdetenhilfe sind Heime für Personen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten im Sinne des Bundessozialhilfegesetzes.
b) Der Kläger rügt, die Regelung des AVGP. BAT-KF 2.42 sei insoweit offenbar unbillig iSv. § 319 Abs. 1 Satz 1 BGB, als darin im Unterschied zu AVGP. BAT-KF 2.30 kein Bewährungsaufstieg in VergGr. IVa BAT-KF für Sozialarbeiter mit schwierigen Tätigkeiten vorgesehen sei. Die begleitende Fürsorge für Heimbewohner sei eine schwierige Tätigkeit eines Sozialarbeiters, wie aus AVGP. BAT-KF 2.30 Anmerkung 3 Buchst. c folge.
Dieser Auffassung ist das Landesarbeitsgericht mit Recht nicht gefolgt.
c) Die Regelung der Vergütung der Sozialarbeiter in AVGP. BAT-KF 2.42 – soweit hier von Interesse – ist nicht offenbar unbillig iSv. § 319 Abs. 1 Satz 1 BGB.
aa) Der Kläger rügt nicht, der BAT-KF leide insoweit an einem formellen Mangel.
bb) Er beanstandet lediglich den Inhalt der AVGP. BAT-KF 2.42. Diese Beanstandung ist unbegründet. Dabei kann offenbleiben, ob für die Inhaltskontrolle des BAT-KF, bei dem es sich nicht um einen Tarifvertrag im allgemeinen arbeitsrechtlichen und insbesondere iSd. TVG handelt (Senat 26. Oktober 1994 – 4 AZR 844/93 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Kirchen Nr. 3 mwN), sondern um kirchliche Arbeitsbedingungen, die für Tarifverträge geltenden Maßstäbe anzuwenden sind, wie die Beklagte meint, oder ob der BAT-KF als eine von einem Dritten, der arbeitsrechtlichen Kommission, getroffene Leistungsbestimmung der Billigkeitskontrolle nach § 319 BGB unterliegt, wie das Landesarbeitsgericht in Übereinstimmung mit dem Kläger angenommen hat (vgl. BAG 15. November 2001 – 6 AZR 88/01 – ZTR 2002, 537). Auch dem letzteren strengeren Prüfungsmaßstab hält die hier interessierende Regelung des AGVP. BAT-KF 2.42 stand.
(1) Mangels anderweitiger Bestimmung ist nach § 317 Abs. 1 BGB davon auszugehen, daß die arbeitsrechtliche Kommission ihre Leistungsbestimmung, also die Regelung der Vergütung der Angestellten im AVGP. BAT-KF, nach billigem Ermessen zu treffen hat. Die nach billigem Ermessen zu treffende Entscheidung der arbeitsrechtlichen Kommission ist den Parteien gegenüber nur dann unverbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist (§ 319 Abs. 1 Satz 1 BGB). Offenbar unbillig iSd. genannten Norm ist die Leistungsbestimmung eines Dritten, wenn sie in grober Weise gegen Treu und Glauben verstößt und sich dies bei unbefangener sachkundiger Prüfung sofort aufdrängt (BAG 15. November 2001 – 6 AZR 88/01 – ZTR 2002, 537, 540; BGH 26. April 1991 – V ZR 61/90 – NJW 1991, 2761). Die Beweislast für die offenbare Unbilligkeit trägt die Partei, die sie behauptet (allgemeine Meinung BAG 15. November 2001 – 6 AZR 88/01 – aaO mwN). Erforderlich ist dafür zunächst ein substantiierter und schlüssiger Tatsachenvortrag, aus dem sich die offenbare Unbilligkeit ergibt (BGH 21. September 1983 – VII ZR 233/82 – NJW 1984, 43; Palandt/Heinrichs BGB 61. Aufl. § 319 Rn. 7 mwN).
(2) Von offenbarer Unbilligkeit der Vergütungsregelung des AVGP. BAT-KF 2.42 Fallgr. 11 bis 13 und 16 ist hier nicht auszugehen.
Mit den Ausführungen des Klägers zur tariflichen Bewertung von Mischtätigkeiten, die dazu führe, daß – so der Kläger sinngemäß – der Sozialarbeiter mit einer solchen, wenn die stationäre Arbeit “zu mehr als 50 %” ausgeübt werde, nach AVGP. BAT-KF 2.42 eingruppiert sei, während er unter AVGP. BAT-KF 2.30 falle, wenn sie “zu weniger als 50 %” ausgeübt werde, ist die offenbare Unbilligkeit der Vergütungsregelung des AVGP. BAT-KF 2.42 nicht begründet. Die dargestellte Eingruppierung ist in der Systematik (§ 22 BAT-KF) angelegt und betrifft alle Mischtätigkeiten von Angestellten nach dem BAT-KF, enthält also keine Benachteiligung von Sozialarbeitern in Heimen der Gefährdetenhilfe.
Auch mit dem Hinweis des Klägers in der Revision, die Betreuung von Heimbewohnern durch den – ambulanten – Sozialdienst sei vom BAT-KF als “schwierige Tätigkeit” eines Sozialarbeiters anerkannt (AVGP. BAT-KF 2.30 Fallgr. 3 Anmerkung 3), ist kein Umstand aufgezeigt, der die offenbare Unbilligkeit der im Vergleich dazu niedrigeren Vergütung von Sozialarbeitern nach dem AVGP. BAT-KF 2.42 belegt. Denn es fehlt an substantiiertem Sachvorbringen des Klägers, aus dem folgt, daß die Vergütung der Sozialarbeiter im AVGP. BAT-KF 2.42 in grober Weise gegen Treu und Glauben verstößt und sich dies bei unbefangener sachkundiger Prüfung sofort aufdrängt.
Die Beklagte hat die höhere Bezahlung der Sozialarbeiter im Sozialdienst nach AVGP. BAT-KF 2.30 ua. damit begründet, diese seien bei ihrer Tätigkeit grundsätzlich auf sich allein gestellt. Sie wüßten im Prinzip nie, wer mit welchem Anliegen und welcher Problemkonstellation täglich auf sie zukomme. Durch die Unaufschiebbarkeit der Hilfeleistung müßten die Sozialarbeiter im ambulanten Sozialdienst oft unter erheblichem Zeitdruck Entscheidungen treffen und Maßnahmen veranlassen. Im Unterschied dazu sei der Sozialarbeiter in einem Heim der Gefährdetenhilfe in ein Team von Kollegen eingebettet, mit denen er sich austauschen könne, und werde durch die begleitenden Fachdienste unterstützt. Das Unterstützungssetting beziehe sich grundsätzlich auf den überschaubaren, baulichen Bereich einer Wohneinrichtung oder weniger dezentraler Wohnungen. Es bestehe grundsätzlich eine gewisse Aufschiebbarkeit zahlreicher Hilfeleistungen, weil sich die Gesamthilfe häufig über mehrere Jahre erstrecke. Außerdem sei durch ein Bezugspersonensystem (Zuständigkeit einzelner Sozialarbeiter für eine größere Gruppe von Hilfeempfängern bei gleichzeitigem Schichtdienst) konkrete einzelfallbezogene Hilfe im Regelfall zeitlich wesentlich besser planbar. In diesem Arbeitsumfeld seien Entscheidungen ohne den immensen Druck zu treffen, die existentielle Lebensgrundlage im Einzelfall sichern zu müssen. Diese sei mit der Aufnahme in eine Heimeinrichtung per se gewährleistet.
Diesem Vorbringen der Beklagten ist der Kläger nicht substantiiert unter Beweisantritt entgegengetreten. Am konkretesten ist noch seine Einlassung, auch die Sozialarbeiter des – ambulanten – Sozialdienstes hätten die Möglichkeit, kollegialen Rat einzuholen, Beratung durch begleitende Dienste abzurufen oder mit psychologischen Beratungsstellen sowie Neurologen zu kooperieren. Dabei verkennt der Kläger, daß der im – ambulanten – Sozialdienst tätige Sozialarbeiter auch bei Ausschöpfung dieser Möglichkeiten in weit größerem Maße auf sich gestellt ist als der in einem Heim der Gefährdetenhilfe eingesetzte Sozialarbeiter. Dieser ist in die Arbeit des fachlichen Betreuungsteams der Einrichtung, das – jedenfalls bei der Beklagten – aus Mitarbeitern verschiedener Berufe besteht, eingebunden. Aufgabe des Teams ist es, den Sozialarbeiter bei seiner Tätigkeit zu unterstützen und mit ihm Erkenntnisse und Entscheidungen zu erarbeiten, für die, wenn das Team Entscheidungsträger ist, dieses auch die Verantwortung trägt. Diese organisatorische Einbindung des Sozialarbeiters in das fachliche Betreuungsteam im S… ist in der für den Kläger maßgebenden Stellenbeschreibung – dort unter Ziff. IX – sehr deutlich dargestellt. Danach nimmt der Sozialarbeiter an den Dienst- und Teambesprechungen, nach Absprache an Fallgesprächen, internen und externen Arbeitsgruppen und Gremien teil. Er arbeitet im Kleinteam nach Arbeitsschwerpunkt/Leistungstyp. Die verbindliche Zusammenarbeit mit der trägerinternen medizinisch-ärztlichen Versorgung, der psychologischen Beratung sowie der Arbeitsberatung ist für ihn obligatorisch.
Angesichts dieser Unterschiede in Aufgaben und Tätigkeiten der Arbeit von Sozialarbeitern im “ambulanten Sozialdienst” einerseits und in Heimen der Gefährdetenhilfe andererseits drängt sich bei unbefangener sachkundiger Betrachtung nicht sofort auf, die höhere Bezahlung der Sozialarbeiter im – ambulanten – Sozialdienst verstoße in grober Weise gegen Treu und Glauben iSv. § 319 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dies hat auch das Landesarbeitsgericht mit Recht angenommen.
Soweit der Kläger im Berufungsverfahren die Auffassung vertreten hat, soziale Arbeit mit Heimbewohnern sei “besonders schwierige Sozialarbeit”, die Arbeit mit dem Klientel der Gefährdetenhilfe, welches durchgängig suchtmittelabhängig sei, sei keineswegs dadurch erleichtert, daß sie in Heimen stattfinde, fehlt es bereits an einem einer Beweisaufnahme zugänglichen Tatsachenvortrag. Zu Recht ist das Landesarbeitsgericht dem Antrag des Klägers, zu diesem Vorbringen ein Sachverständigengutachten einzuholen, nicht gefolgt.
Schließlich fehlt auch Tatsachenvortrag des Klägers, aus dem die Richtigkeit seiner Wertung nachvollzogen werden kann, die Tätigkeit eines Sozialarbeiters in einem Heim der Gefährdetenhilfe müsse wegen ihrer Intensität ebenso bewertet werden wie die durch besondere Vielgestaltigkeit gekennzeichnete eines Sozialarbeiters im ambulanten Sozialdienst. Dabei blendet der Kläger zudem wieder die Unterschiede zwischen der Arbeit eines Sozialarbeiters in einem Team und eines solchen, der auf sich allein gestellt ist, aus.
3. Aus den vorstehenden Ausführungen folgt zugleich, daß die Regelung des AVGP. BAT-KF 2.42 nicht den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, wie das Landesarbeitsgericht ebenfalls zutreffend erkannt hat. Angesichts der dargestellten Unterschiede zwischen der Tätigkeit der Sozialarbeiter im – ambulanten – Sozialdienst einerseits und in Heimen der Gefährdetenhilfe andererseits erscheint deren unterschiedliche Vergütung, wie der AVGP. BAT-KF sie vorsieht, vertretbar.