Entscheidungsstichwort (Thema)
Zusatzversorgung im Rahmen der Refinanzierung. Zusatzversorgung. Gleichbehandlung;. billigenswerte Differenzierungsgründe;. Zweck der Leistung;. Refinanzierung nach dem Ersatzschulfinanzgesetz;. allgemeine Ordnung;. Begünstigung einzelner Arbeitnehmer;. Vorabentscheidung des EuGH;. mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts
Leitsatz (amtlich)
Ein Arbeitgeber, der eine genehmigte Ersatzschule und ein Internat betreibt, verstößt nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn er die Refinanzierungsmöglichkeiten des Ersatzschulfinanzgesetzes ausschöpft und nur den in der Schule, nicht aber den im Internat beschäftigten Arbeitnehmern eine Zusatzversorgung zusagt.
Orientierungssatz
1. Die Gründe für eine Ungleichbehandlung sind „billigenswert”, wenn sie auf vernünftigen, einleuchtenden Erwägungen beruhen und gegen keine verfassungsrechtlichen oder sonstigen übergeordneten Wertentscheidungen verstoßen.
2. Sachliche Gründe für eine Beschränkung der Zusatzversorgung können sich auch aus wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers ergeben. Die Verknüpfung der Zusatzversorgung mit der im Ersatzschulfinanzgesetz geregelten Refinanzierung stellt eine im Rahmen des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu beachtende Zwecksetzung dar.
3. Das Gebot der Gleichbehandlung setzt voraus, daß der Arbeitgeber nach einem bestimmten generalisierenden Prinzip Leistungen gewährt.
Normenkette
BetrAVG § 1; Ersatzschulfinanzgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen §§ 8-9
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 7. Juni 2000 – 3 Sa 285/00 – wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin ein Versorgungsanspruch gegen den Beklagten zusteht.
Die Klägerin war vom 1. August 1979 bis zum 30. Juni 1999 beim Beklagten beschäftigt. Er betreibt eine genehmigte Ersatzschule und ein Internat. Die Klägerin war in der Küche des Internats tätig, zunächst als Küchenhilfe und seit dem 1. September 1989 als stellvertretende Küchenleiterin. § 3 des Arbeitsvertrages vom 1. September 1989 enthält folgende Vereinbarung zur Entlohnung:
„Frau G. erhält einen monatlichen Festlohn von z.Z. 2.100,00 DM. In diesem Betrag ist eine Zulage für die Tätigkeit als Vertreterin des Küchenchefs in Höhe von 100,00 DM enthalten. Der Lohn wird jährlich der allgemeinen Entwicklung nach Maßgabe des Vinzenz-Pallotti-Kollegs angepaßt…”
Der Arbeitsvertrag enthält keine Verweisung auf den Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT). Der Beklagte versprach der Klägerin keine Altersversorgung und versicherte sie nicht bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL).
Bei der Entlohnung und der Altersversorgung unterscheidet der Beklagte zwischen Schule und Internat. Er vergütet die im Schulbereich tätigen Angestellten nach dem BAT und meldet sie bei der VBL an. Diese Personalkosten einschließlich der Umlagen zur VBL werden durch das Land Nordrhein-Westfalen nach dem Ersatzschulfinanzgesetz (EFG) refinanziert. Dagegen hat der Beklagte die Personalkosten der im Internat tätigen Arbeitnehmer ohne diese Refinanzierungsmöglichkeit im vollen Umfang selbst zu tragen. Er versichert die im Internat beschäftigten Arbeitnehmer grundsätzlich nicht bei der VBL, hatte jedoch die Angestellte S., die vom 1. Februar 1983 bis zum 30. September 1986 im Internat tätig war, bei der VBL angemeldet.
Die Klägerin, die seit dem 1. Juli 1999 Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht, hat die Auffassung vertreten, es verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, daß sie keine Zusatzversorgung nach den Regelungen des Versorgungstarifvertrages und der Satzung der VBL erhalte. Die Tätigkeiten im Schul- und Internatsbereich seien miteinander vergleichbar. Für den Ausschluß der im Internatsbereich beschäftigten Arbeitnehmer aus der Zusatzversorgung gebe es keine sachlichen Gründe. Ebensowenig sei es gerechtfertigt, die Verwaltungstätigkeiten von Frau S. und die Arbeit der Klägerin bei der Zusatzversorgung unterschiedlich zu behandeln.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie ab 1. Juli 1999 eine Altersversorgung zu zahlen, deren Beginn, Dauer und Höhe der Versorgungsrente der VBL entspricht, als wenn der Beklagte die Klägerin dort ab dem 1. August 1979 versichert hätte.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat gemeint, die in der Schule und im Internat beschäftigten Arbeitnehmer seien nicht miteinander zu vergleichen. Jedenfalls ergebe sich aus den Refinanzierungsregelungen des Ersatzschulfinanzgesetzes ein sachlicher Grund für die Beschränkung der Zusatzversorgung auf die im Schulbereich beschäftigten Angestellten.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Der Klägerin steht der geltend gemachte Versorgungsanspruch nicht zu.
I. Die Klage ist zulässig.
Aus dem Klagevorbringen und insbesondere aus der Verweisung auf das Urteil des Senats vom 25. April 1995(– 3 AZR 446/94 – AP BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 25 = EzA BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 8) ergibt sich, daß der Antrag der Klägerin auf Feststellung eines Verschaffungsanspruchs gerichtet ist. Die Klägerin will erreichen, daß der Beklagte sie – auf welchem Wege auch immer – so stellt, als wäre sie während ihrer gesamten Beschäftigungszeit bei der VBL versichert gewesen.
Dieser Antrag ist iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt(vgl. ua. BAG 7. März 1995 – 3 AZR 282/94 – BAGE 79, 236, 239; 28. Juli 1998 – 3 AZR 100/98 – BAGE 89, 262, 266). Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche besondere Feststellungsinteresse besteht, obwohl der Versorgungsfall bereits eingetreten ist. Prozeßwirtschaftliche Erwägungen sprechen gegen einen Zwang zur Leistungsklage. Bei einer Leistungsklage müßte die geforderte Betriebsrente beziffert werden. Wegen des differenzierten Versorgungssystems der VBL und der zahlreichen Satzungsänderungen ist die Rentenberechnung sehr schwierig und kann nur von besonders geschultem Personal zuverlässig durchgeführt werden. Dieser Aufwand kann beiden Parteien erst dann zugemutet werden, wenn der Verschaffungsanspruch dem Grunde nach fest steht(vgl. ua. BAG 7. März 1995 – 3 AZR 282/94 – BAGE 79, 236, 239 f.; 27. Januar 1998 – 3 AZR 415/96 – AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 45 = EzA BetrAVG § 1 Zusatzversorgung Nr. 7, zu A III 2 der Gründe).
II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Klägerin kann vom Beklagten keine Zusatzversorgung verlangen. Die Regelungen des Versorgungstarifvertrages iVm. § 46 BAT sind nicht nach § 4 Abs. 1 TVG unmittelbar und zwingend anwendbar, weil nicht beide Parteien tarifgebunden sind (§ 3 TVG). Eine einzelvertragliche Versorgungszusage erhielt die Klägerin nicht. Wie die Vorinstanzen richtig erkannt haben, ergibt sich auch aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz keine Versorgungsverpflichtung des Beklagten. Im Recht der betrieblichen Altersversorgung ist zwar der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz eine selbständige Anspruchsgrundlage (§ 1 Abs. 1 Satz 4 BetrAVG), wenn der Verstoß gegen diesen Grundsatz nur durch Zahlung einer Betriebsrente an die ohne sachlichen Grund ausgeschlossenen Arbeitnehmer zu beseitigen ist(vgl. ua. BAG 25. April 1995 – 3 AZR 446/94 – aaO, zu B II 1 der Gründe mwN). Die vom Beklagten getroffene Unterscheidung verletzt aber nicht den Gleichbehandlungsgrundsatz.
1. Ob der Gleichbehandlungsgrundsatz betriebsübergreifend gilt, ist umstritten. Vieles spricht für einen unternehmensbezogenen Anwendungsbereich(vgl. dazu BAG 17. November 1998 – 1 AZR 147/98 – AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 162 = EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 79, zu III 1 der Gründe mwN zum Meinungsstand in Rechtsprechung und Schrifttum). Im vorliegenden Rechtsstreit bedarf es keiner abschließenden Stellungnahme. Ebenso kann offen bleiben, ob die Schule und das Internat als ein Betrieb anzusehen sind. Denn die Beschränkung der Zusatzversorgung auf die in der Schule beschäftigten Arbeitnehmer ist mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz unabhängig von seinem räumlichen Anwendungsbereich zu vereinbaren.
2. Der Arbeitgeber bestimmt eigenverantwortlich, ob er eine betriebliche Altersversorgung schaffen und welchen Personenkreis er begünstigen will(vgl. ua. BAG 26. April 1988 – 3 AZR 168/86 – BAGE 58, 156, 162). Der Gleichbehandlungsgrundsatz setzt allerdings seiner Entscheidungsfreiheit Grenzen, indem er dem Arbeitgeber eine sachfremde Unterscheidung zwischen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage verbietet(vgl. ua. BAG 25. Februar 1999 – 3 AZR 113/97 – BAGE 91, 73, 75 f.). Hat der Arbeitgeber wie hier eine die Sozialversicherung ergänzende Zusatzversorgung zugesagt, so befinden sich auf Grund des Leistungszwecks alle Arbeitnehmer in einer vergleichbaren Lage. Dies führt jedoch nicht dazu, daß der Beklagte allen von ihm beschäftigten Arbeitnehmern eine Zusatzversorgung gewähren muß. Eine Ungleichbehandlung ist trotz vergleichbarer Lage gerechtfertigt, wenn es für die Abgrenzung der begünstigten und ausgeschlossenen Arbeitnehmergruppen billigenswerte Gründe gibt(vgl. ua. BAG 15. November 1994 – 5 AZR 682/93 – BAGE 78, 272, 275; 17. Februar 1998 – 3 AZR 578/96 – BAGE 88, 32, 34). Billigenswert sind Differenzierungsgründe, die unter Berücksichtigung der Besonderheiten der jeweiligen Leistung auf vernünftigen, einleuchtenden Erwägungen beruhen und gegen keine verfassungsrechtlichen oder sonstigen übergeordneten Wertentscheidungen verstoßen. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall erfüllt.
a) Die Klägerin möchte ausschließlich auf den Versorgungsbedarf der Arbeitnehmer abstellen. Er hängt nicht davon ab, ob die Arbeitnehmer im Internats- oder Schulbereich beschäftigt werden. Trotz gleicher Versorgungsinteressen kann jedoch eine Differenzierung gerechtfertigt sein. Das Betriebsrentenrecht berücksichtigt nicht nur die Belange der Versorgungsempfänger, sondern auch die wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers. Die wirtschaftliche Lage des Unternehmens kann es rechtfertigen, die Betriebsrenten nicht nach § 16 BetrAVG anzupassen. Bei Betriebsrentenzusagen mit Jeweiligkeitsklauseln reichen für Eingriffe in die erdiente Dynamik triftige Gründe aus und für Eingriffe in künftige, noch nicht erdiente Zuwächse auch wirtschaftliche Gründe von erheblich geringerem Gewicht(ständige Rechtsprechung seit BAG 17. April 1985 – 3 AZR 72/83 – BAGE 49, 57, 66 ff.; vgl. ua. 26. August 1997 – 3 AZR 235/96 – BAGE 86, 216, 222). Da wirtschaftliche Gründe sogar Eingriffe in bereits erteilte Versorgungszusagen rechtfertigen können, kommen sie erst recht als sachlicher Grund für die Nichterteilung einer Versorgungszusage in Betracht. Sollen durch den Ausschluß einer bestimmten Arbeitnehmergruppe wirtschaftliche Belastungen vermieden werden, die bei den begünstigten Arbeitnehmern nicht entstehen, so muß allerdings der Ausschlußtatbestand auf diese Belastung zugeschnitten sein. Die von dem Beklagten vorgenommene Unterscheidung genügt dieser Anforderung.
b) Der Beklagte hat bei seinen Versorgungszusagen berücksichtigt, daß er die Versorgungsaufwendungen im Internatsbereich im vollen Umfange finanzieren muß, während im Schulbereich eine Zusatzversorgung nach dem Versorgungstarifvertrag und der Satzung der VBL weitestgehend vom Land Nordrhein-Westfalen refinanziert wird.
aa) Der Beklagte betreibt neben dem Internat eine Ersatzschule. Nach § 8 Abs. 2 und 3 EFG erhält er vom Land Nordrhein-Westfalen nur dann Zuschüsse für seine Ersatzschule, wenn er seinen hauptamtlichen Lehrkräften Dienst- und Versorgungsbezüge in der Höhe gewährt, wie sie Lehrkräfte an vergleichbaren öffentlichen Schulen nach den Beamten-, Besoldungs- und Tarifrecht erhalten. Dies soll die Funktionsfähigkeit eines leistungsfähigen Ersatzschulwesens gewährleisten und ein Vergütungsgefälle zwischen den Lehrkräften an öffentlichen Schulen und Ersatzschulen vermeiden(Amtliche Begründung zu § 8 des Entwurfs des EFG, Landtag NRW 4. Wahlperiode Drucksache Nr. 360). Wenn der Beklagte den Betrieb seiner Ersatzschule nicht gefährden wollte, war er gezwungen, den Lehrkräften eine VBL-Versorgung zu verschaffen.
Bei den übrigen Mitarbeitern im Schulbereich, denen die Klägerin gleichgestellt werden möchte, bestand keine derartige gesetzliche Verpflichtung. Dies ergibt sich aus dem unterschiedlichen Wortlaut des § 8 Abs. 2 EFG („muß vergleichbar sein”) und § 8 Abs. 3 EFG („sind in der Höhe zu veranschlagen”) einerseits sowie des § 9 EFG („dürfen veranschlagt werden”) andererseits. Das Fehlen einer Verpflichtung ändert aber nichts daran, daß auch die Ausgaben für die Zusatzversorgung des sonstigen Schulpersonals vom Land Nordrhein-Westfalen refinanziert werden.
bb) Das Land Nordrhein-Westfalen bemißt die Höhe der Zuschüsse nach dem Haushaltsfehlbetrag der Ersatzschule (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EFG). Der in der Jahresrechnung nachgewiesene Haushaltsfehlbetrag ist nach Abzug der Eigenleistung des Schulträgers zu zahlen (§ 5 Abs. 1 Satz 3 EFG). Der Schulträger hat als Eigenleistung 15 vH der fortdauernden Ausgaben der Ersatzschule aufzubringen (§ 6 Abs. 1 EFG). Auf die Eigenleistung sind die Bereitstellung der Schulräume mit 7 vH und der Schuleinrichtung mit 2 vH der Ausgaben der Ersatzschule anzurechnen, wenn hierfür Miet- oder Pachtzinsen oder ähnliche Vergütungen nicht in den Haushaltsplänen veranschlagt sind (§ 6 Abs. 2 EFG). Die Eigenleistung kann auf Antrag des Schulträgers durch die obere Schulaufsichtsbehörde bis auf 2 vH der Ausgaben herabgesetzt werden, wenn dem Schulträger unter Berücksichtigung seiner sonstigen Einkünfte und Verpflichtungen eine höhere Eigenleistung nicht zuzumuten ist. Das Landesarbeitsgericht hat keine Feststellungen zu der vom Beklagten aufzubringenden Eigenleistung getroffen. Das war auch nicht erforderlich. Die Refinanzierung hatte in jedem Fall eine entscheidende wirtschaftliche Bedeutung.
cc) Die Zuschüsse des Landes Nordrhein-Westfalen sind zweckgebunden für den Betrieb der Ersatzschule zu verwenden (§§ 1 und 2 EFG). Sie stehen nicht für den Internatsbereich zur Verfügung. Die gesamten Versorgungsaufwendungen für die im Internatsbereich beschäftigten Arbeitnehmer muß der Beklagte aus eigenen Mitteln bestreiten. Es ist nicht sachfremd, sondern nachvollziehbar und einleuchtend, daß der Beklagte diese finanzielle Belastung und die sich daraus ergebenden Risiken für seine wirtschaftliche Lage nicht übernehmen wollte.
c) Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, daß es für die Beurteilung der Differenzierungsgründe auf den Zweck der Leistung ankommt(vgl. ua. BAG 20. Juli 1993 – 3 AZR 52/93 – BAGE 73, 343, 347; 17. Februar 1998 – 3 AZR 578/96 – BAGE 88, 32, 35 mwN). Mit Leistungen der betrieblichen Altersversorgung kann der Arbeitgeber unterschiedliche Zwecke verfolgen(vgl. ua. BAG 9. Dezember 1997 – 3 AZR 661/96 – AP BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 40 = EzA BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 16, zu B II 2 a der Gründe; 17. Februar 1998 – 3 AZR 783/96 – BAGE 88, 23, 25). Einen abschließenden Katalog zulässiger Zwecke gibt es nicht. Die maßgeblichen Zwecke sind auf Grund der Besonderheiten der jeweiligen Versorgungsleistungen zu ermitteln und zu bewerten. Im vorliegenden Fall wollte der Arbeitgeber die Refinanzierungsmöglichkeiten ausschöpfen und nur insoweit Versorgungsleistungen gewähren, als sie für ihn bei einer wirtschaftlichen Betrachtung weitgehend kostenneutrale „durchlaufende Posten” darstellen und nur in geringem Umfang Eigenmittel binden. Eine derartige Verknüpfung mit einer Fremdfinanzierung stellt eine im Rahmen des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu beachtende Zwecksetzung dar.
3. Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist auch nicht dadurch verletzt, daß der Beklagte der Angestellten S., nicht aber den übrigen im Internatsbereich beschäftigten Arbeitnehmern eine Zusatzversorgung zusagte. Nur die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer ist verboten. Die Begünstigung einzelner Arbeitnehmer ist dagegen zulässig(vgl. ua. BAG 3. April 1957 – 4 AZR 644/54 – AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 4, zu II der Gründe; 12. November 1991 – 3 AZR 489/90 – AP BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 17 = EzA BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 1, zu 3 a und b der Gründe). Das Gebot der Gleichbehandlung greift erst dann ein, wenn der Arbeitgeber nach einem bestimmten generalisierenden Prinzip Leistungen gewährt(vgl. BAG 28. Juli 1992 – 3 AZR 173/92 – BAGE 71, 29, 37 mwN).
III. Im Revisionsverfahren hat die Klägerin hilfsweise beantragt, dem Europäischen Gerichtshof nach Art. 234 Abs. 3 EG (früher Art. 177 EG-Vertrag) die Frage vorzulegen, ob finanzielle Erwägungen eines Arbeitgebers eine Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern rechtfertigen können und damit eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ausschließen. Für eine Anrufung des Europäischen Gerichtshofs besteht jedoch kein Anlaß. Nach Art. 234 Abs. 3 EG ist ein einzelstaatliches Gericht, dessen Entscheidungen nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, zur Anrufung des Europäischen Gerichtshofs verpflichtet, wenn die Auslegung von Gemeinschaftsrecht entscheidungserheblich ist. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Das Gemeinschaftsrecht enthält keine dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz entsprechende Bestimmung. Es gibt auch keinen Anhaltspunkt dafür, daß der Beklagte das Gebot gleichen Entgelts für Männer und Frauen (Art. 141 EG, früher Art. 119 EG-Vertrag) verletzt hat. Eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts liegt nicht vor, weil die Unterscheidung des Beklagten nicht an das Geschlecht anknüpft. Eine für Männer und Frauen in gleicher Weise geltende Regelung enthält nur dann eine verbotene mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts, wenn sie erheblich mehr Angehörige des einen als des anderen Geschlechts nachteilig trifft und nicht durch objektive Faktoren gerechtfertigt ist, die nichts mit der Diskriminierung auf Grund des Geschlechts zu tun haben(vgl. ua. EuGH 13. Mai 1986 – Rs 170/84 – EuGHE 1986, 1607 ff. [Bilka]; 4. Juni 1992 – Rs C-360/90 – EuGHE I 1992, 3589 [Bötel]; BAG 23. Februar 1994 – 4 AZR 219/93 – BAGE 76, 44, 51 mwN). Die Klägerin hat zum zahlenmäßigen Verhältnis der Geschlechter in den Vergleichsgruppen nichts vorgetragen. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer Diskriminierung trägt grundsätzlich der Arbeitnehmer, der daraus Ansprüche ableiten will. Eine Umkehr der Beweislast kommt nur dann in Betracht, wenn Arbeitnehmer dem ersten Anschein nach diskriminiert sind(EuGH 27. Oktober 1993 – Rs C-127/92 – EuGHE I 1993, 5535, zu Nr. 14 der Gründe; 31. Mai 1995 – Rs C-400/93 – EuGHE I 1995, 1275 [Dansk Industri], zu Nr. 24 der Gründe). Einen derartigen Sachverhalt hat die Klägerin nicht dargelegt.
Unterschriften
Reinecke, Kremhelmer, Bepler, Furchtbar, Goebel
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 19.06.2001 durch Schiege, Urkundsbeasmter der Geschäftsstelle
Fundstellen
BAGE, 90 |
DB 2002, 436 |
ARST 2002, 119 |
FA 2002, 89 |
NZA 2002, 557 |
SAE 2002, 115 |
ZTR 2002, 189 |
AP, 0 |
EzA-SD 2002, 13 |
EzA |
PersR 2003, 1 |
AUR 2002, 76 |