Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit einer Allgemeinverbindlicherklärung. Gebäudereiniger-Handwerk. Tarifrecht. gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien
Leitsatz (amtlich)
Die Normen des Tarifvertrages über das Prüf- und Beratungsstellenverfahren im Berliner Gebäudereiniger-Handwerk sind von der Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien gemäß § 1 Abs. 1, § 4 Abs. 2 TVG gedeckt und verstoßen weder gegen Grundrechte noch gegen das Rechtsberatungsgesetz.
Orientierungssatz
- Im Rahmen ihrer Regelungsbefugnis gemäß § 1 Abs. 1, § 4 Abs. 2 TVG können die Tarifvertragsparteien Prüf- und Beratungsstellen als gemeinsame Einrichtungen vorsehen, welche durch Beratung der Arbeitnehmer und Geltendmachung ihrer tariflichen Ansprüche gegenüber den Arbeitgebern die Einhaltung der von den Tarifvertragsparteien vereinbarten (allgemeinverbindlichen) Tarifverträge durchsetzen sollen und für die die tarifunterworfenenen Arbeitgeber Beiträge zu leisten haben.
- Der TV-Prüf für das Berliner Gebäudereiniger-Handwerk hält sich innerhalb dieser Regelungsbefugnis und verstößt nicht gegen Art. 9 Abs. 3, Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG.
- Der Tarifvertrag verstößt auch nicht gegen das Rechtsberatungsgesetz, denn die Prüf- und Beratungsstelle ist eine “Stelle” iSd. Art. 1 § 7 RBerG, deren Tätigkeit keiner Erlaubnis bedarf. Dem steht nicht entgegen, dass nicht nur eine Vereinigung iSd. Art. 1 § 7 RBerG die Stelle trägt, sondern dass sie von beiden Tarifvertragsparteien getragen wird. Der Zweck des Rechtsberatungsgesetzes, nämlich der Schutz vor unqualifizierter Rechtsberatung, der Schutz der Rechtspflege und der Erhalt einer funktionsfähigen Anwaltschaft, wird dadurch nicht beeinträchtigt.
- Da der Tarifvertrag insoweit nicht gegen höherrangiges Recht verstößt, konnte er auch für allgemeinverbindlich erklärt werden, wenn die übrigen formellen und materiellen Voraussetzungen einer Allgemeinverbindlicherklärung gemäß § 5 TVG iVm. §§ 4 bis 12 DVO-TVG vorlagen.
- Dem öffentlichen Interesse an der Allgemeinverbindlicherklärung steht nicht entgegen, dass mit dieser die für die Mitglieder der tarifschließenden Vereinigungen erlaubnisfreie Besorgung der Rechtsangelegenheiten auch auf Außenseiter erstreckt wurde.
- Ob die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Ziff. 1 TVG erfüllt sind, dh. ob die tarifgebundenen Arbeitgeber des Berliner Gebäudereiniger-Handwerks nicht weniger als 50 % der unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallenden Arbeitnehmer beschäftigen, konnte der Senat mangels ausreichender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht abschließend entscheiden. Der Rechtsstreit war daher zurückzuverweisen.
Normenkette
Tarifvertrag über das Prüf- und Beratungsstellenverfahren im Berliner Gebäudereiniger-Handwerk vom 15. Februar 2000 (TV-Prüf) § 4; TVG § 1 Abs. 1, § 4 Abs. 2, § 5 Abs. 1; GG Art. 9 Abs. 3, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1; Rechtsberatungsgesetz Art. 1 §§ 1, 3, 7
Verfahrensgang
Tenor
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, gemäß § 4 des allgemeinverbindlichen Tarifvertrages vom 15. Februar 2000 über das Prüf- und Beratungsstellenverfahren im Berliner Gebäudereiniger-Handwerk (fortan: TV-Prüf) an die Klägerin Beiträge für das 4. Quartal des Jahres 2000 zu zahlen. Die Beklagte begehrt mit ihrer Widerklage die Feststellung des Nichtbestehens einer Beitragspflicht.
Die Gebäudereiniger-Innung Berlin und die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt, Landesverband Berlin-Brandenburg, beschlossen mit dem am 1. Mai 2000 in Kraft getretenen TV-Prüf die Errichtung der Klägerin als gemeinsame Einrichtung iSv. § 4 Abs. 2 TVG in der Rechtsform einer GmbH, deren Gesellschafter die Tarifvertragsparteien zu gleichen Teilen sind. Der die Aufgaben der Klägerin regelnde TV-Prüf hat folgenden Wortlaut:
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Geltungsbereich
Räumlicher Geltungsbereich:
Das Gebiet des Landes Berlin
Betrieblicher Geltungsbereich:
Betriebe, die unter den Geltungsbereich des Rahmentarifvertrags für die gewerblichen Arbeitnehmer im Gebäudereinigerhandwerk Berlin in seiner jeweils geltenden Fassung fallen.
Persönlicher Geltungsbereich:
Gewerbliche Arbeitnehmer (Arbeiter), die in einem Arbeitsverhältnis zu einem in Berlin tätigen Gebäudereinigungsunternehmen stehen, ferner Auszubildende, die in einem Ausbildungsverhältnis zu solchen Unternehmen stehen.
§ 2
Prüf- und Beratungsstelle
Die Gebäudereiniger-Innung Berlin und die IG Bau werden als gemeinsame Einrichtung in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung eine Prüf- und Beratungsstelle errichten. Die Satzung hat vorzusehen, daß die Gesellschaft einen Aufsichtsrat hat und daß bei einem Beitritt weiterer Gesellschafter die Parität zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite stets gewahrt bleibt.
§ 3
Aufgaben der Prüf- und Beratungsstelle
Die Prüf- und Beratungsstelle ist eine dem Interesse des Gebäudereinigerhandwerks dienende Einrichtung der Tarifvertragsparteien dieses Gewerbezweiges. Sie hat insbesondere die Aufgabe, durch Beratung und Prüfung sowie durch gerichtliche Geltendmachung auf die Gewährung tariflicher Ansprüche und Einhaltung tariflicher Vorschriften über Einkommen und Arbeitsbedingungen hinzuwirken und hierdurch den Schutz der Arbeitnehmer zu verbessern.
§ 4
Beitragshöhe und -abführung
- Die Arbeitgeber haben zur Aufbringung der Mittel, die für die Erfüllung der in diesem Tarifvertrag festgelegten Aufgaben benötigt werden, einen Beitrag an die Prüf- und Beratungsstelle zu zahlen. Er beträgt 0,15 v.H. der Bemessungsgrundlage der für alle von diesem Tarifvertrag erfaßten Arbeitnehmer gesetzlich abzuführenden Beiträge zur Berufsunfallversicherung
- Der Beitrag wird zum selben Zeitpunkt wie die gesetzlichen Beiträge zur Berufsunfallversicherung fällig.
- Stellt sich nach Ablauf eines Kalenderjahres heraus, daß der Beitrag zu hoch oder zu niedrig ist, um die tariflich festgelegten Aufgaben zu decken, so hat auf Antrag einer der Tarifvertragsparteien für das nächste Kalenderjahr eine entsprechende Änderung zu erfolgen.
- Die Prüf- und Beratungsstelle kann die ihr zustehenden Beitragsansprüche mit Zustimmung der Tarifvertragsparteien nur erlassen, wenn und soweit die Träger der Sozialversicherung gemäß § 76 Abs. 2 Nr. 3 SGB IV sowie die Finanzbehörden gemäß § 227 AO ihre Ansprüche erlassen. Der zur Beitragszahlung Verpflichtete hat nachzuweisen, daß und zu welchem Prozentsatz ihrer Forderungen die Träger der Sozialversicherung sowie die Finanzbehörden sich zu einem Erlaß bereit erklärt haben.
§ 5
Meldung
- Die Arbeitgeber sind verpflichtet, der Prüf- und Beratungsstelle zu melden, welche Beiträge sie zur Berufsunfallversicherung abführen. Die Beitragsmeldung wird zum selben Zeitpunkt wie die Meldung der gesetzlich abzuführenden Beiträge zur Berufsunfallversicherung fällig.
- Die Beitragsmeldung umfaßt Name und Anschrift des Arbeitgebers, seine Betriebsnummer und den fällig gewordenen Beitrag sowie alle zur Ermittlung des Beitrages notwendigen Daten.
- Auf besondere Anforderung der Prüf- und Beratungsstelle sind Namen und Anschriften der beschäftigten und vom Tarifvertrag erfaßten Arbeitnehmer mitzuteilen und alle zur Prüfung der Gewährung tariflicher Leistungen und Einhaltung tariflicher Vorschriften über Arbeitsbedingungen notwendigen Daten aufgeschlüsselt auf die einzelnen Arbeitnehmer zu melden.
- Meldungen sind auf von der Prüf- und Beratungsstelle zur Verfügung gestellten Formularen oder mittels durch sie genehmigter Medien vorzunehmen.
- Werden im Meldezeitraum keine Arbeitnehmer beschäftigt, so ist Fehlanzeige zu erstatten.
- Meldungen sind zu unterschreiben. Durch die Unterschrift bestätigt der Arbeitgeber die Vollständigkeit und Richtigkeit der Meldung. Erst mit der vollständigen und richtigen Erteilung der Auskünfte, hat der Arbeitgeber seine Verpflichtung zur Meldung erfüllt.
- Wenn ein Arbeitgeber die ihm nach § 5 dieses Tarifvertrags obliegende Meldepflicht nicht erfüllt, kann die Prüf- und Beratungsstelle nach ihrer Wahl den Arbeitgeber auf Auskunft verklagen oder den von ihm zu zahlenden Beitrag schätzen und festsetzen (§ 315 BGB).
§ 6
Verzugszinsen
Befindet sich der Arbeitgeber im Zahlungsverzug, so hat die Prüf- und Beratungsstelle Anspruch auf Verzugszinsen in Höhe des um drei Prozentpunkte erhöhten jeweiligen Basiszinssatzes.
§ 7
Leistungen an Arbeitnehmer, Übergang von Forderungen
- Weist ein Arbeitnehmer der Prüf- und Beratungsstelle nach, daß ihm sein Arbeitgeber nicht die nach Maßgabe des Rahmentarifvertrags für die gewerblichen Arbeitnehmer im Gebäudereinigerhandwerk Berlin und/oder des Lohntarifvertrags für die gewerblichen Arbeitnehmer im Gebäudereinigerhandwerk Berlin zustehenden Leistungen erbracht hat, so zahlt ihm die Prüf- und Beratungsstelle auf Antrag nach Maßgabe der nachfolgenden Absätze den Betrag aus, den der Arbeitgeber ihm vorenthalten hat, jedoch ohne die vom Arbeitnehmer zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung.
- Der Arbeitnehmer muß seinem Antrag den Arbeitsvertrag und die Lohnabrechnungen im Original oder in Fotokopie beifügen. Ferner hat er anzugeben, an welchen Arbeitsstellen und zu welchen Zeiten er im Abrechnungszeitraum tätig war. Lassen die Angaben des Arbeitnehmers nicht erkennen, ob seine Forderung berechtigt ist, kann die Prüf- und Beratungsstelle die Zahlung ablehnen. Gleiches gilt, wenn die vom Arbeitnehmer vorgelegten Unterlagen nicht den Namen (die Firma) und/oder die aktuelle Anschrift des Arbeitgebers erkennen lassen; in diesem Fall kann die Prüf- und Beratungsstelle auf Kosten des Arbeitnehmers weitere Ermittlungen anstellen. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, der Prüf- und Beratungsstelle während eines Rechtsstreits die von ihr für erforderlich gehaltenen Informationen zu übermitteln. Kommt der Arbeitnehmer dieser Verpflichtung nicht nach, so kann die Prüf- und Beratungsstelle ihn für die Zukunft von Leistungen nach Abs. 3 und 4 ausschließen. Gleiches gilt, wenn der Arbeitnehmer wiederholt mit Arbeitgebern die Zahlung eines untertariflichen Entgelts vereinbart.
- Wenn das Arbeitsverhältnis noch besteht, beschränkt sich der Anspruch des Arbeitnehmers gegen die Prüf- und Beratungsstelle auf den Zeitraum der drei letzten der Antragstellung vorausgehenden Monate.
- Wenn das Arbeitsverhältnis bereits beendet ist, beschränkt sich der Anspruch auf den Zeitraum der drei letzten Monate vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Die Prüf- und Beratungsstelle ist berechtigt, die Zahlung abzulehnen, wenn über das Vermögen des Arbeitgebers das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist oder sonstige Anhaltspunkte dafür bestehen, daß Zwangsvollstreckungsversuche vergeblich sein werden.
- Ein Zahlungsanspruch besteht nicht für Zeiträume, für die dem Arbeitnehmer ein Anspruch auf Insolvenzgeld zusteht, oder wenn der Arbeitgeber die Einrede der Verjährung erheben könnte.
- Mit der Auszahlung an den Arbeitnehmer geht die Forderung des Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber für die Zeiträume, für die sie dem Arbeitnehmer Zahlung geleistet hat, in Höhe des Bruttobetrags auf die Prüf- und Beratungsstelle über.
- Die Prüf- und Beratungsstelle kann sich Ansprüche für Zeiträume, für die nach den Absätzen 3 und 4 eine Zahlungspflicht nicht besteht, vom Arbeitnehmer abtreten lassen.
- Die Prüf- und Beratungsstelle ist berechtigt und verpflichtet, die übergegangenen oder ihr abgetretenen Ansprüche gerichtlich durchzusetzen und, soweit erforderlich, die Zwangsvollstreckung zu betreiben.
- Die Verpflichtung zur gerichtlichen Durchsetzung von übergegangenen oder abgetretenen Forderungen besteht nicht, wenn über das Vermögen des Arbeitgebers das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist oder sonstige Anhaltspunkte dafür bestehen, daß Zwangsvollstreckungsversuche vergeblich sein werden. In diesem Fall hat die Prüf- und Beratungsstelle die auf sie übergegangenen oder abgetretenen Forderungen an den Arbeitnehmer rückabzutreten.
- Sofern der Arbeitgeber nicht nachweist, daß er die Lohnsteuer und/oder die vom Arbeitnehmer zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung für den übergegangenen Lohnanspruch ordnungsgemäß abgeführt hat, darf die Prüf- und Beratungsstelle auch insoweit die Zwangsvollstreckung gegen den Arbeitgeber betreiben.
- Die Prüf- und Beratungsstelle ist von ihrer Verpflichtung, die Zwangsvollstreckung zu betreiben, frei, sobald sie drei vergebliche Vollstreckungsversuche unternommen hat. In diesem Fall hat die Prüf- und Beratungsstelle die auf sie übergegangenen oder abgetretenen Forderungen an den Arbeitnehmer rückabzutreten. Soweit die Prüf- und Beratungsstelle die an sie abgetretenen Ansprüche erfolgreich beim Arbeitgeber durchgesetzt hat, kehrt sie den ihr zugeflossenen Betrag an den Arbeitnehmer aus. Sie darf die Vollstreckungskosten, die beim Arbeitgeber nicht beizutreiben waren, abziehen.
§ 8
Unterlassungsverpflichtung und Vertragsstrafe
- Der Arbeitgeber, der seinem Arbeitnehmer nicht die nach Maßgabe des Rahmentarifvertrags für die gewerblichen Arbeitnehmer im Gebäudereinigerhandwerk Berlin und/oder des Lohntarifvertrags für die gewerblichen Arbeitnehmer im Gebäudereinigerhandwerk Berlin zustehenden Leistungen erbracht hat, muß sich auf Verlangen der Prüf- und Beratungsstelle dieser gegenüber verpflichten, es bei Meidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu zahlenden Vertragsstrafe, deren Höhe die Prüf- und Beratungsstelle nach billigem Ermessen bestimmen darf, zu unterlassen, seinen Arbeitnehmern niedrigere als die nach Maßgabe des Rahmentarifvertrags für die gewerblichen Arbeitnehmer im Gebäudereinigerhandwerk Berlin und/oder des Lohntarifvertrags für die gewerblichen Arbeitnehmer im Gebäudereinigerhandwerk Berlin zustehenden Leistungen zu erbringen.
- Gibt der Arbeitgeber die geforderte Verpflichtungserklärung nicht innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab, so hat er zusätzlich zu der dem Arbeitnehmer oder auf Grund des Forderungsübergangs nach § 7 der Prüf- und Beratungsstelle geschuldeten Differenz zwischen tatsächlich gezahltem und tarifvertraglich geschuldetem Arbeitsentgelt an die Prüf- und Beratungsstelle eine Vertragsstrafe in gleicher Höhe zu zahlen, mindestens aber DM 400,00. Die Vertragsstrafe verbleibt der Prüf- und Beratungsstelle.
§ 9
Erfüllungsort und Gerichtsstand
Erfüllungsort und Gerichtsstand für Ansprüche der Prüf- und Beratungsstelle gegen Arbeitgeber ist Berlin.
§ 10
Allgemeinverbindlicherklärung
Die Tarifvertragsparteien verpflichten sich, die Allgemeinverbindlicherklärung dieses Tarifvertrages unverzüglich zu beantragen.”
Die Tarifvertragsparteien beantragten mit Schreiben vom 15. März 2000 bei der Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales und Frauen des Landes Berlin, den TV-Prüf für allgemeinverbindlich zu erklären. In der Begründung des Antrages heißt es in den hier interessierenden Teilen:
“Begründung:
Der vorgenannte Tarifvertrag hat das Ziel die jeweils allgemeinverbindlichen Tarifverträge für das Gebäudereiniger-Handwerk Berlin durchzusetzen.
Gesetzliche Voraussetzungen (§ 5 TVG Abs. 1):
Im Bereich des Gebäudereiniger-Handwerks Berlin sind ca. 391 Betriebe in der Handwerksrolle der Handwerkskammer Berlin eingetragen. Hiervon sind 105 (Stand 13. 03. 2000) Handwerksbetriebe Mitglied der Gebäudereiniger-Innung Berlin. Darüber hinaus gibt es noch Betriebe, die die Reinigung nach Hausfrauenart durchführen. Diese Betriebe werden nicht in die Handwerksrolle eingetragen, unterliegen aber aufgrund ihrer Tätigkeit dem Geltungsbereich der Tarifverträge für das Gebäudereiniger-Handwerk Berlin.
Beschäftigtenzahlen:
Die Handwerkskammer Berlin hat aufgrund ihrer Umfrage ermittelt, daß in den Handwerksbetrieben 41.500 Mitarbeiter beschäftigt sind. Wir schätzen, dass in den Nichthandwerksbetrieben ca. 2.600 Mitarbeiter tätig sind. Hiervon sind ca. 69,16 % = 30.500 gewerbliche Mitarbeiter – in den Mitgliedsunternehmen angestellt. (Gesetzliche Voraussetzung 50 %.)
Öffentliches Interesse (§ 5 TVG Abs. 2):
Die Allgemeinverbindlicherklärung liegt auch deshalb im öffentlichen Interesse, da bei fehlender Allgemeinverbindlicherklärung nur die Mitglieder unseres Verbandes zur Zahlung der Beiträge an die Prüf- und Beratungsstelle herangezogen werden können. Die Beitragszahlung wird aber finanziert durch die Absenkung des Rahmentarifvertrages, der bereits für allgemeinverbindlich erklärt wurde. Es kommen keine zusätzlichen Kosten auf die Gebäudereinigungs-Unternehmen zu, da die Absenkung des Rahmentarifvertrages für gewerbliche Arbeitnehmer … eine erhebliche Kostenentlastung für alle Betriebe darstellt …
Würden Sie der Allgemeinverbindlicherklärung nicht zustimmen, bedeutet dies, daß wir unser Ziel, die allgemeinverbindlichen Tarifverträge für alle Arbeitnehmer, die in Berlin in Gebäudereinigungsunternehmen tätig sind, durchzusetzen, nicht erreichen …
Dieses Verfahren soll darüber hinaus dazu beitragen, dass die Arbeitnehmer, ihre berechtigten Forderungen aus den allgemeinverbindlichen Tarifverträgen auch erhalten … Die Tarifvertragsparteien haben sich mit diesem Tarifvertragswerk entschlossen, neue Wege zu gehen. Die Tarifverstöße sind in der Mehrheit bei nichtgebundenen Gebäudereinigungsunternehmen aufgetreten.
Hier entstand ein ruinöser Wettbewerb, der zu Lasten der sich tariftreu verhaltenden Betriebe geht …
Es muss auch berücksichtigt werden, dass in unserem Handwerk zahlreiche ausländische und ungelernte Mitarbeiter beschäftigt werden, die den sozialen Schutz der Allgemeinverbindlicherklärung dringend benötigen; hinzu kommt die hohe Fluktuation in den Betrieben sowie eine erhebliche Anzahl von geringfügig Beschäftigten. Des weiteren bedeutet die Allgemeinverbindlicherklärung einen zusätzlichen Schutz für die in unserem Handwerk beschäftigten Frauen, da hier der Anteil an der Gesamtbeschäftigung sehr hoch ist.
Auch würde das Nichtvorhandensein der Allgemeinverbindlicherklärung dieses Tarifvertrages für die Prüf- und Beratungsstelle in ganz erheblichem Maße die Schwarzarbeit begünstigen. Die nicht verbandsgebundenen Arbeitgeber könnten dann, ohne sich weiter verantworten zu müssen, ihre Mitarbeiter weit unter dem bestehenden Tarifvertrag entlohnen. Darüber hinaus ist anzunehmen, daß die Arbeitnehmer, um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren, noch stärker in die Schwarzarbeit abwandern …”
Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat der Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales und Frauen des Landes Berlin das Recht übertragen, das Verfahren über den Antrag auf Allgemeinverbindlicherklärung durchzuführen. Die Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales und Frauen hat nach erfolgter Anhörung der Beteiligten und Zustimmungsempfehlung des Tarifausschusses in der Ausschusssitzung vom 24. Mai 2000 den TV-Prüf mit Wirkung vom 1. Juli 2000 für allgemeinverbindlich erklärt und dies im Bundesanzeiger bekannt gegeben (BAnz. v. 15. August 2000 Nr. 152, S. 16222). Der Allgemeinverbindlicherklärung hat die Senatsverwaltung hinsichtlich der erforderlichen Beschäftigtenzahl gemäß § 5 Abs. 1 Ziff. 1 TVG zugrunde gelegt, dass im Berliner Gebäudereiniger-Handwerk insgesamt 38.779 gewerbliche Arbeitnehmer einschließlich der Auszubildenden und in den Mitgliedsunternehmen der Gebäudereiniger-Innung 30.500 gewerbliche Arbeitnehmer einschließlich der Auszubildenden beschäftigt wurden. Ausgegangen ist die Senatsverwaltung dabei von Angaben der Handwerkskammer Berlin, wonach im Ergebnis einer Jahresumfrage festgestellt worden sei, dass zum 31. Dezember 1999 in den 391 eingetragenen Betrieben insgesamt 38.470 Beschäftigte tätig gewesen seien. Da es bezüglich dieser Zahl an einer Differenzierung zwischen gewerblichen Arbeitnehmern und Angestellten fehlte, hat die Senatsverwaltung hiervon 391 Betriebsinhaber und weitere 1300 Angestellte subtrahiert. Weiterhin wurden 600 Beschäftigte der BRG GmbH in Abzug gebracht, da für diese Beschäftigten ein spezieller Firmentarifvertrag bestand. Der so ermittelten Gesamtanzahl von ca. 36.179 gewerblichen Arbeitnehmern einschließlich der Auszubildenden in Handwerksbetrieben des Gebäudereiniger-Handwerks hat die Senatsverwaltung auf Grund einer Schätzung der Gebäudereiniger-Innung 2.600 in Nichthandwerksbetrieben tätige Mitarbeiter hinzugerechnet (“Reinigung nach Hausfrauenart”). Ausgehend von den Angaben der Gebäudereiniger-Innung zu den in ihren Mitgliedsunternehmen beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmern in einer Gesamtzahl von 30.500 errechnete die Senatsverwaltung, dass die tarifgebundenen Arbeitgeber des Gebäudereiniger-Handwerks 78,65 % der unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Arbeitnehmer beschäftigten. Im Hinblick auf die faktische Verknüpfung zwischen den bereits allgemeinverbindlichen Regelungen des Rahmen- bzw. Lohntarifvertrages Berlin für das Gebäudereiniger-Handwerk mit dem TV-Prüf bestehe auch ein öffentliches Interesse an der Allgemeinverbindlicherklärung. Mit der Tätigkeit der Prüf- und Beratungsstelle werde das gesetzgeberische Interesse aus §§ 4 Abs. 1 Satz 1, § 5 Abs. 4 TVG nachvollzogen, der durch eine Allgemeinverbindlicherklärung herbeigeführten zwingenden Wirkung von Tarifnormen auch für die Außenseiter Geltung zu verschaffen.
Am 28. September 2000 wurde die Klägerin in der Rechtsform einer GmbH gegründet und nahm am 2. Oktober 2000 nahm sie ihre Tätigkeit auf.
Am 19. Februar 2003 hat der Präsident des Amtsgerichts Berlin der Klägerin auf deren Antrag hin die Erlaubnis zur außergerichtlichen Einziehung von Forderungen erteilt. Die Erlaubnisurkunde hat ua. folgenden Wortlaut:
“Erlaubnisurkunde
Der Prüf- und Beratungsstelle für das Gebäudereiniger-Handwerk Berlin GmbH, Lückstraße 72/73, 10317 Berlin, …
wird hiermit gemäß Artikel 1 § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 des Rechtsberatungsgesetzes vom 13. Dezember 1935 … die Erlaubnis zur außergerichtlichen Einziehung von Forderungen in Berlin erteilt.
Die Erlaubnis erstreckt sich nicht auf die Vertretung und Beratung in gerichtlichen und anderen vor Behörden anhängigen Verfahren. Danach wird insbesondere die Einreichung von Anträgen im gerichtlichen Mahn- und Vollstreckungsverfahren … durch diese Erlaubnis nicht gedeckt.”
Die Beklagte unterhält in Berlin einen Betrieb, der überwiegend Leistungen aus dem Berufsbild des Gebäudereiniger-Handwerks erbringt. Sie ist nicht Mitglied der Gebäudereiniger-Innung Berlin. Mit Schreiben vom 4. Januar 2001 verlangte die Klägerin gemäß § 4 TV-Prüf von der Beklagten die Zahlung des Beitrages für das 4. Quartal 2000. Mit Verweis auf die nicht geklärte Frage der Rechtmäßigkeit des TV-Prüf verweigerte die Beklagte trotz dreimaliger Mahnung die Zahlung. Gegen den am 30. April 2001 zugestellten Mahnbescheid hat die Beklagte am 3. Mai 2001 Widerspruch eingelegt.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Allgemeinverbindlicherklärung des TV-Prüf wirksam sei. Weder der Inhalt des TV-Prüf noch das Verfahren zur Erklärung seiner Allgemeinverbindlichkeit verstießen gegen das Rechtsberatungsgesetz (RBerG). Ob eine Erlaubnis nach diesem Gesetz überhaupt erforderlich sei, könne nicht im Laufe des Verfahrens der Allgemeinverbindlicherklärung geklärt und daher auch nicht zu deren Voraussetzung erhoben werden, sondern betreffe allenfalls die konkrete Tätigkeit der Klägerin nach deren Gründung. Der Tarifvertrag selbst setze nur allgemeine Rahmenbedingungen für die Tätigkeit der Klägerin und die Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.
Ein Verstoß der durch den TV-Prüf eröffneten Handlungsmöglichkeiten der Klägerin gegen das Rechtsberatungsgesetz liege schon deshalb nicht vor, weil diese nicht fremde, sondern eigene Rechtsangelegenheiten besorge, wenn sie Beitragsforderungen gem. § 4 TV-Prüf geltend mache. Wenn sie die Aufgaben nach den § 3 und § 7 Abs. 1 und 2 TV-Prüf wahrnehme, beruhe dies auf einem tarifvertraglichen unmittelbaren Leistungsanspruch der Arbeitnehmer gegen die Klägerin. Dessen Prüfung in materieller und rechtlicher Hinsicht stelle ebenfalls eine Besorgung eigener Rechtsangelegenheiten dar. Der Forderungsübergang gem. § 7 Abs. 6 TV-Prüf sei nicht rechtsgeschäftlicher Art nach den Bestimmungen der §§ 398 ff. BGB, sondern erfolge auf tarifvertraglicher Grundlage. Auch dies begründe einen eigenen Anspruch der Klägerin.
Jedenfalls bedürfe die Klägerin als berufsständische Vereinigung nach Art. 1 § 7 RBerG für ihre Tätigkeit keiner Erlaubnis. Der Schutzzweck des Rechtsberatungsgesetzes werde nicht verletzt. Selbst wenn § 7 Abs. 7 TV-Prüf wegen des Außenseiterbezugs gegen das Rechtsberatungsgesetz verstieße, führe dies nicht zur Nichtigkeit der übrigen Bestimmungen des TV-Prüf. Dann erstrecke sich auch die Allgemeinverbindlicherklärung darauf nicht.
Die Allgemeinverbindlicherklärung liege im öffentlichen Interesse. Wegen der Besonderheit des Gebäudereinigergewerbes könnten geordnete Wettbewerbs- und Arbeitsbedingungen nur durch eine vom Gewerbe selbst geschaffene Ordnungsmacht erreicht werden. Nur so könnten erreichte Tarifabschlüsse in der Zukunft garantiert werden. Dies liege im Interesse der Arbeitnehmer wie auch der Arbeitgeber. Die Durchsetzung der ebenfalls für allgemeinverbindlich erklärten Rahmen- und Lohntarifverträge für das Gebäudereiniger-Handwerk erforderten die Erstreckung auf alle Betriebe des Gebäudereinigerhandwerks.
Schließlich seien nicht weniger als 50 % der unter den Geltungsbereich des TV-Prüf fallenden Arbeitnehmer bei Betrieben der Gebäudereiniger-Innung Berlin beschäftigt. Die Ermittlung der Zahlen durch die Senatsverwaltung sei bedenkenfrei. Allerdings sei die angenommene Zahl von 30.500 beschäftigten Arbeitnehmern in den Mitgliedsbetrieben der Gebäudereiniger-Innung Berlin zu hoch. Sie müsse korrigiert werden, weil sich herausgestellt habe, dass die Berufsgenossenschaft auf Grund der von ihr angestellten allgemeinen Erhebungen kaum verlässliche Zahlen habe ermitteln können und auf Nachfrage auch zur Methode der Ermittlung keine Angaben gemacht habe. Im Rahmen einer daraufhin im September 2001 durchgeführten telefonischen Umfrage bei allen Mitgliedern der Gebäudereiniger-Innung, die am 31. Dezember 1999 oder 31. Dezember 2000 Mitglied gewesen seien, hätten die Mitgliedsunternehmen die Auskunft erteilt, dass in 102 Innungsbetrieben zum 31. Dezember 1999 21.100 und zum 31. Dezember 2000 21.600 gewerbliche Arbeitnehmer beschäftigt gewesen seien. Die Zahl der Angestellten habe sich danach im Jahr 1999 auf 901 und im Jahre 2000 auf 951 belaufen. Die Annahme, dass insgesamt 38.470 gewerbliche Arbeitnehmer beschäftigt würden, sei nicht zu beanstanden. Hiervon abzuziehen seien 391 Betriebsinhaber und 1.300 Angestellte. Die übrigen Feststellungen und Schätzungen der Senatsverwaltung seien korrekt. Danach ergebe sich, dass 54,41 % der unter den Geltungsbereich des TV-Prüf fallenden Arbeitnehmer in den Mitgliedsbetrieben der Gebäudereiniger-Innung beschäftigt gewesen seien. Wenn die 2.600 gewerblich beschäftigten Arbeitnehmer in Nichtinnungsbetrieben nicht mitberücksichtigt würden, betrage der prozentuale Anteil sogar 58 %.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 566,24 Euro nebst Zinsen seit dem 23. März 2001 in Höhe des um 3 Prozentpunkte und seit 1. Januar 2002 in Höhe des um 8 Prozentpunkte erhöhten jeweiligen Basiszinssatzes zu zahlen und die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen und widerklagend festzustellen, dass der Klägerin auch der weitere Anspruch auf Entrichtung des Beitrages gemäß § 4 des Tarifvertrages vom 15. Februar 2000 über das Prüf- und Beratungsstellenverfahren im Berliner Gebäudereinigerhandwerk nicht zusteht.
Die Beklagte begründet ihre Anträge damit, dass der TV-Prüf gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoße und deshalb nicht für allgemeinverbindlich hätte erklärt werden dürfen. Die der Beklagten aus dem TV-Prüf erwachsenden Aufgaben seien fremde Rechtsangelegenheiten iSd. Art. 1 § 1 RBerG. Hierfür habe die Klägerin nicht die erforderliche Erlaubnis. Sie nehme die Aufgaben eines Rechtsanwalts wahr, nämlich die gerichtliche Geltendmachung fremder Lohnforderungen nach vorheriger Prüfung der Erfolgsaussichten anhand des vom Arbeitnehmer vorgelegten Materials. Die Vorabzahlung des Lohns an die Arbeitnehmer ändere daran nichts. Fremd seien die Rechtsangelegenheiten jedenfalls in Bezug auf die Sozialversicherungsanteile des Arbeitslohnes. Die Klägerin sei auch keine berufsständische Vereinigung iSd. § 7 Abs. 1 RBerG. Sie sei weder vereinsrechtlich organisiert, noch habe sie Mitglieder. Sie sei auch keine juristische Person. Schon wegen der bestehenden Interessenkollision der die Klägerin bildenden Stellen sei das Verfolgen identischer Ziele im Sinne einer einheitlichen berufsständischen Vereinigung nicht gegeben. Sie sei wegen der Parität in den Entscheidungsgremien auch entscheidungsunfähig. Die Tätigkeit erstrecke sich nicht allgemein auf die Mitglieder ihrer Gesellschafter, sondern lediglich auf die der Gewerkschaft angehörenden Arbeitnehmer. Die Tätigkeit betreffe außerdem auch Außenseiter.
Eine Teilunwirksamkeit komme nicht in Betracht, da der TV-Prüf ein geschlossenes Gesamtgefüge darstelle. Auch die nunmehr erteilte Inkassoerlaubnis beende den Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz nicht, da der TV-Prüf ex tunc unwirksam gewesen sei. Im Übrigen erstrecke sich die Erlaubnis auch nicht auf die Vertretung und Beratung in gerichtlichen Verfahren. Eine Allgemeinverbindlicherklärung eines gesetzeswidrigen Tarifvertrages liege nicht im öffentlichen Interesse. Die Senatsverwaltung habe insoweit ihren Ermessensspielraum überschritten.
Im Übrigen seien deutlich unter 50 % der Arbeitnehmer in tarifgebundenen Unternehmen beschäftigt. Sowohl die Schätzungsgrundlagen wie auch die Schätzungsmethoden seien fehlerhaft.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter, während die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts war aufzuheben und der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Das Landesarbeitsgericht hat einen Anspruch der Klägerin verneint, da die Allgemeinverbindlicherklärung des TV- Prüf nicht wirksam sei. Sie sei nicht im öffentlichen Interesse geboten gewesen. Der Tarifvertrag eröffne Gestaltungsmöglichkeiten, die mit der Rechtsordnung nicht im Einklang stünden. Ohne Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz habe der Tarifvertrag nicht für allgemeinverbindlich erklärt werden dürfen. Die Behörde habe ihren Ermessensspielraum überschritten. Alle Tatbestände des TV-Prüf setzten eine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz voraus. Die Tätigkeit der Klägerin sei eine fremde Rechtsbesorgung. Die Einziehung der übergegangenen Forderung falle zwar nicht unter Art. 1 § 1 RBerG, sei aber erlaubnispflichtig nach § 1 Abs. 1 der Fünften Verordnung zur Ausführung des Rechtsberatungsgesetzes. Das dem Forderungserwerb der Klägerin zugrunde liegende Rechtsgeschäft bestehe in der Beitrittserklärung des Arbeitnehmers zur Gewerkschaft; § 7 Abs. 6 TV-Prüf könne ohne die rechtsgeschäftlich begründete Mitgliedschaft des Arbeitnehmers nicht greifen.
Die Klägerin sei auch keine berufsständische Vereinigung iSv. Art. 1 § 7 RBerG. Eine Vereinigung von zwei oder mehr berufsständischen oder berufsstandsähnlichen Vereinigungen, die jede für sich zur Wahrnehmung von unterschiedlichen wirtschaftlichen oder sozialen Interessen ihrer Mitglieder gebildet worden seien, sei nicht möglich, ohne Art. 1 § 7 RBerG unzulässig auszudehnen. Es dürfe nur eine Personengruppe vertreten werden.
Dem folgt der Senat nicht. Der TV-Prüf ist wirksam und verstößt insbesondere nicht gegen das Rechtsberatungsgesetz. Seine Allgemeinverbindlicherklärung lag auch im öffentlichen Interesse. Ob die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Ziff. 1 TVG erfüllt sind, kann auf Grund der bisher getroffenen tatsächlichen Feststellungen noch nicht abschließend beurteilt werden.
1. Die sich aus dem TV-Prüf für die Prüf- und Beratungsstelle ergebenden Aufgaben liegen im Rahmen der tariflichen Regelungsbefugnisse gemäß § 1 Abs. 1 TVG bzw. der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen des Art. 9 Abs. 3 GG und können damit Gegenstand einer gemeinsamen Einrichtung gemäß § 4 Abs. 2 TVG sein.
Die tarifvertragliche Regelungsmacht wird durch den in Art. 9 Abs. 3 GG genannten Begriff der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen und das Tarifvertragsgesetz (§ 1 Abs. 1 TVG) begrenzt (vgl. Wiedemann TVG 6. Aufl. Einleitung Rn. 98 ff.; Kempen/Zachert TVG 3. Aufl. Grundlagen Rn. 99). Grundlage der normativen tariflichen Regelungskompetenz für die Bildung einer gemeinsamen Einrichtung der Tarifvertragsparteien ist § 4 Abs. 2 TVG. Danach gelten die Tarifnormen über eine gemeinsame Einrichtung unmittelbar und zwingend auch für die Satzung dieser Einrichtung sowie für die Rechtsbeziehungen zwischen der gemeinsamen Einrichtung und den gem. § 3 TVG tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Diese Rechtsbeziehungen stellen sich als gesetzliche Schuldverhältnisse dar, weil sie nicht auf dem rechtsgeschäftlichen Willen der Parteien der Schuldverhältnisse beruhen, sondern auf den Rechtsnormen eines Tarifvertrages. Mit der Gründung einer gemeinsamen Einrichtung können die Tarifvertragsparteien Zwecke verfolgen, die in den Rahmen ihrer tariflichen Regelungsmacht fallen (BVerfG 15. Juli 1980 – 1 BvR 24/74, 1 BvR 439/79 – BVerfGE 55, 7, 9). Die Formulierung des § 4 Abs. 2 TVG steht im Einklang mit der Tarifautonomie des Art. 9 Abs. 3 GG und gibt den Tarifvertragsparteien die Möglichkeit, die als regelungsbedürftig angesehene Frage autonom und in zeitnaher Anpassung an die wirtschaftlichen Gegebenheiten zu regeln (Kissel ZfA 1985, 39).
Von dem Rechtsinstitut der gemeinsamen Einrichtung ist bisher vor allem im Bereich materieller sozialer Absicherung Gebrauch gemacht worden (zB Sozialkassen des Baugewerbes; vgl. Kempen/Zachert TVG 3. Aufl. § 4 Rn. 140 ff.; Oetker in Wiedemann TVG 6. Aufl. § 1 Rn. 620 ff.). Der Wortlaut des § 4 Abs. 2 TVG, insbesondere die Verwendung des Kürzels “usw.” bei den Klammerbeispielen zeigt aber, dass die Bestimmung entwicklungsoffen ist. Das Recht der gemeinsamen Einrichtung soll nach dem Willen des Gesetzgebers, der keine detaillierte Regelung geschaffen hat, ersichtlich der Gestaltungsfreiheit der Tarifpartner, dem Einfallsreichtum der Planer, der wirtschaftlichen und steuerlichen Ökonomie und den immer wieder auftauchenden Ordnungs- und Regelungsbedürfnissen des Arbeitslebens Raum geben (BAG 29. November 1967 – GS 1/67 – BAGE 20, 175, 197; Oetker in Wiedemann aaO Rn. 621). Einen solchen neuen Weg sind die Tarifvertragsparteien mit dem Abschluss des TV-Prüf gegangen. Sie sind von der branchenspezifischen Bedeutung der allgemeinverbindlichen Rahmen- und Lohntarifverträge im Gebäudereiniger-Handwerk (vgl. Kirsch WSI Mitteilungen 2003, 405) und der Notwendigkeit, einer schwindenden Bindungskraft dieser Tarifverträge Einhalt zu gebieten, ausgegangen. Sie haben deshalb eine gemeinsame Einrichtung geschaffen, deren Zweck es ist, das bisherige Tarifsystem zu erhalten, indem die Einhaltung der allgemeinverbindlichen Tarifverträge überwacht und gesichert werden soll (vgl. Schramm/Seidel WSI Mitteilungen 2003, 86).
2. Die Tarifnormen des TV-Prüf verletzen die Arbeitgeber nicht in ihren Grundrechten gemäß Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 GG. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wird grundsätzlich auch die “Unternehmerfreiheit” im Sinne freier Gründung und Führung von Unternehmen durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützt. Dieses Grundrecht ist erst dann verletzt, wenn die Betroffenen in aller Regel und nicht nur in Ausnahmefällen wirtschaftlich nicht mehr in der Lage sind, den gewählten “Beruf” ganz oder teilweise zur Grundlage ihrer unternehmerischen Erwerbstätigkeit zu machen (BVerfG 1. März 1979 – 1 BvR 532/77 ua. – BVerfGE 50, 290, 363 f.). Dazu führen die Bestimmungen des TV-Prüf nicht. Soweit § 4 eine Beitragspflicht der Arbeitgeber statuiert, hat das Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf die Allgemeinverbindlichkeit des Tarifvertrages über die Sozialkassen des Baugewerbes die Auffassung vertreten, dass die Auferlegung solcher Zahlungspflichten nicht das Recht der Arbeitgeber auf freie Berufswahl berührt (BVerfG 15. Juli 1980 – 1 BvR 24/74, 1 BvR 439/79 – BVerfGE 55, 7; 10. September 1991 – 1 BvR 561/89 – AP TVG § 5 Nr. 27). In der Auferlegung von Geldleistungsverpflichtungen hat das Bundesverfassungsgericht auch keinen Verstoß gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG gesehen, soweit die Geldleistungspflichten den Betroffenen nicht übermäßig belasten und seine Vermögensverhältnisse grundlegend beeinträchtigen (BVerfG 9. März 1971 – 2 BvR 326/69 ua. – BVerfGE 30, 250, 271 f. mwN). Das Bundesarbeitsgericht hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen (BAG 28. März 1990 – 4 AZR 536/89 – AP TVG § 5 Nr. 25). Die in § 4 Abs. 1 TV-Prüf festgelegte Beitragshöhe von 0,15 % der Bruttolohnsumme hält diesen von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen stand. Sie ist ihrem Regelungsgehalt nach eindeutig und für die Beitragsverpflichteten nicht ruinös und entspricht damit rechtsstaatlichen Grundsätzen.
3. Der TV-Prüf verstößt nicht gegen das Rechtsberatungsgesetz.
a) Die Klägerin ist keine der in Art. 1 § 3 RBerG genannten Körperschaften, Genossenschaften und sonstigen Personen und Stellen, deren Tätigkeit durch das RBerG nicht berührt wird. Weiterhin ist der Beklagten darin zuzustimmen, dass die am 19. Februar 2003 erteilte Erlaubnis nicht die gesamte durch den TV-Prüf vorgesehene Tätigkeit der Klägerin umfasst. Zweifelhaft ist dagegen, ob die Klägerin überhaupt fremde Rechtsangelegenheiten iSd. Art. 1 § 1 RBerG besorgt, wenn sie die kraft Tarifvertrags übergegangenen Ansprüche der Arbeitnehmer verfolgt und die Ansprüche zuvor prüft (vgl. hierzu BVerwG 16. Juli 2003 – 6 C 27/02 – NJW 2003, 2767, wonach § 1 Abs. 1 der 5. Verordnung zur Ausführung des Rechtsberatungsgesetzes vom 29. März 1938 nicht mehr anzuwenden ist).
b) Jedenfalls bedarf es für die Erfüllung der der Klägerin nach dem TV-Prüf obliegenden Aufgaben keiner Erlaubnis gem. Art. 1 § 1 RBerG, weil die Prüf- und Beratungsstelle ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien eine auf berufsständischer oder ähnlicher Grundlage gebildete Stelle iSv. Art. 1 § 7 RBerG ist. Das ergibt die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebotene verfassungskonforme und teleologische Auslegung des Rechtsberatungsgesetzes (vgl. Kleine-Cosack NJW 2000, 1593; ders. BB 2003, 1737 mwN). Die Auslegung und Anwendung der Normen des Rechtsberatungsgesetzes hat sich daran zu orientieren, ob die dieses Gesetz tragenden Gemeinwohlinteressen die Einbeziehung der Klägerin in den Erlaubnisvorbehalt bzw. deren Herausnahme aus der Erlaubnisfreiheit rechtfertigen. Diese Gemeinwohlfunktion soll danach zum einen dem Schutz vor unqualifizierter Rechtsberatung, zum anderen dem Schutz der Rechtspflege und dem Erhalt einer funktionsfähigen Anwaltschaft dienen. Mit letzterem ist nicht der umfassende Schutz gegen Wettbewerb gemeint, weil der Konkurrenzschutz als solcher kein Gemeinwohlbelang ist (BVerfG 29. Oktober 1997 – 1 BvR 780/87 – BVerfGE 97, 12). Diesen Maßstäben hält die Auslegung des Rechtsberatungsgesetzes durch das Landesarbeitsgericht nicht stand.
aa) Im Gesetz ist weder der Begriff der “Vereinigung” noch derjenige der “Stelle” definiert. Wenn beide gleichzeitig und gleichbedeutend aufgeführt sind, rechtfertigt dies die Annahme, dass mit “Stellen” Institutionen gemeint sind, die rechtlich selbständig und von den “Vereinigungen” juristisch verschieden sind. Derartige Stellen müssen geschaffen worden sein, um eine oder einzelne bestimmte Aufgaben einer auf berufsständischer oder ähnlicher Grundlage errichteten Vereinigung zu erfüllen (Chemnitz/Johnigk RBerG 11. Aufl. Art. 1 § 7 Rn. 684 ff.).
Eine Vereinigung ist der rechtliche Zusammenschluss einer Vielzahl von Personen. Ihr Charakter bestimmt sich nach ihren Grundlagen, nämlich nach der Art ihrer Mitglieder und nach dem Zweck des Zusammenschlusses. Berufsstand ist die Bezeichnung für die Gesamtheit der Angehörigen eines bestimmten Berufes. Berufsständisch ist, was dem Beruf entspricht, dem Berufstand gemäß ist. Eine Vereinigung ist auf berufsständischer Grundlage errichtet, wenn die Mitglieder demselben Berufsstand angehören, wenn der Zweck der Vereinigung darin besteht, die den Berufsstand im ganzen betreffenden Interessen zu verfolgen, und wenn der Vereinigung nach der absoluten und relativen Zahl ihrer Mitglieder in ihrem Bezirk eine gewisse Bedeutung zukommt (BGH 8. November 1993 – II ZR 249/92 – NJW 1995, 516; Chemnitz/Johnigk RBerG 11. Aufl. Art. 1 § 7 Rn. 671).
Dass jede der beiden tarifschließenden Parteien als Gewerkschaft bzw. Arbeitgeberverband eine berufsständische Vereinigung in diesem Sinne ist, ist nicht umstritten. Die Beratung und Durchsetzung arbeitsrechtlicher Ansprüche durch solche Vereinigungen selbst für ihre jeweiligen Mitglieder bzw. durch von ihnen in der Rechtsform einer juristischen Person errichtete Stellen unterfiel von jeher dem Geltungsbereich des Art. 1 § 7 RBerG. Die anlässlich der Gründung der DGB Rechtsschutz GmbH erfolgte Einführung des Art. 1 § 7 Satz 3 RBerG durch Art. 3 des Gesetzes zur Änderung der Bundesrechtsanwaltsordnung vom 31. August 1998 (BGBl. I S. 2600) hatte für letztere nur klarstellende Bedeutung (Chemnitz/Johnigk RBerG 11. Aufl. Art. 1 § 7 Rn. 745).
bb) Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts ist die Klägerin auch eine solche “Stelle” iSd. Art. 1 § 7 RBerG, obwohl nicht nur eine, sondern zwei und dazu noch unterschiedliche Interessen vertretende Vereinigungen den Tarifvertrag abgeschlossen haben, auf Grund dessen sie gegründet wurde.
Das Gesetz fordert nämlich nicht, dass die Stelle nur durch eine einzige Vereinigung getragen wird. Insbesondere folgt dies nicht aus dem Wortlaut der Norm. Im ursprünglichen Gesetzestext war nur die Rede von “Vereinigungen oder Stellen”. Wenn es in dem im August 1998 eingefügten Satz 3 heißt “Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer Vereinigung oder Stelle stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozeßvertretung der Mitglieder der Vereinigung oder Stelle entsprechend deren Satzung durchführt”, bedeutet dies nicht, dass nur jeweils eine Vereinigung die “Stelle” tragen dürfte. Aus der Verwendung des Singulars ist nicht zu schließen, dass hierhin eine neue Voraussetzung aufgestellt werden sollte, die in den bisherigen Sätzen 1 und 2 der Norm nicht vorhanden war.
Auch aus dem Zweck des Rechtsberatungsgesetzes folgt nicht, dass unter seinen Art. 1 § 7 nur von einer einzigen Vereinigung gebildete Stellen fallen können. Zweck des Gesetzes ist nämlich nicht, die Gegnerfreiheit der koalitionsmäßigen Betätigung iSd. Art. 9 GG zu gewährleisten, gemeinsames Handeln zu verhindern oder einzuschränken, sondern die Allgemeinheit vor unqualifizierter Rechtsberatung zu schützen, damit der Rechtspflege zu dienen und eine funktionsfähige Anwaltschaft zu erhalten. Im Gegenteil würde eine Auslegung, wie sie das Landesarbeitsgericht vorgenommen hat, in das Grundrecht der Tarifvertragsparteien eingreifen, sich zur Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen spezifisch koalitionsmäßig zu betätigen (vgl. BVerfG 1. März 1979 – 1 BvR 532/77 ua. – BVerfGE 50, 290). Ein solcher Eingriff bedürfte einer gesetzlichen Grundlage, die ihrerseits den Anforderungen der Verfassung genügt. Er ist nur zum Schutz eines besonders wichtigen Gemeinschaftsgutes und unter strikter Beachtung der Verhältnismäßigkeit statthaft (BVerfG 29. Oktober 1997 – 1 BvR 780/87 – BVerfGE 97, 12). Der Gesetzgeber hat in Art. 1 § 7 RBerG gerade deutlich gemacht, dass er einen solchen Eingriff in die koalitionsmäßige Betätigung von Verbänden nicht vornehmen will. Steht also die Gründung einer gemeinsamen Einrichtung in der Macht von Tarifvertragsparteien und damit Vereinigungen iSd. Art. 1 § 7 RBerG, so steht es ihnen auch frei, Stellen im Sinne dieser Vorschrift zu bilden, wenn die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind.
cc) Dies ist der Fall. Die in der Rechtsform einer juristischen Person errichtete Klägerin erfüllt das Erfordernis der rechtlichen Selbständigkeit von den sie tragenden Vereinigungen. Durch die gemäß § 4 Abs. 2 TVG für die Klägerin unmittelbar und zwingend geltenden Normen des TV-Prüf ist auch sichergestellt, dass die Klägerin nur in diesem Rahmen tätig werden kann und damit im Rahmen ihres Aufgabenbereiches iSd. Art. 1 § 7 Satz 1 RBerG. Über diese Bindung an den TV-Prüf ist ferner gewährleistet, dass die Klägerin von Vereinigungen iSv. Art. 1 § 7 Satz 1 RBerG, nämlich den Parteien des TV-Prüf, getragen wird, dh. sich in der Regie dieser Vereinigungen befindet, weil dies § 2 TV-Prüf so vorschreibt. Als schuldrechtlicher Vertrag bringt der TV-Prüf die Interessen der Tarifvertragsparteien, mithin der berufsständischen Vereinigungen des Gebäudereiniger-Handwerks zum Ausdruck. Diese sehen in dem Tarifvertrag ein geeignetes Mittel zur Förderung der Interessen ihres Wirtschaftszweiges. Die vom Landesarbeitsgericht und der Beklagten gesehene Gefahr einer Interessenkollision mit negativen Auswirkungen auf die Tätigkeit der Klägerin besteht hier schon deshalb nicht, weil das Zustandekommen des TV-Prüf gerade Ausdruck dessen ist, dass sowohl die Arbeitgeberseite als auch die Arbeitnehmerseite ein gemeinsames Interesse an der Bildung der Prüf- und Beratungsstelle haben und beiderseits zur Tarifvertragstreue verpflichtet sind. Dass die Klägerin nicht mitgliedschaftlich organisiert ist, spielt dabei keine Rolle. Dies ist auch bei einer “Stelle” iSd. Art. 1 § 7 Satz 3 RBerG nicht erforderlich. Die tarifschließende Gewerkschaft hat im Einvernehmen mit dem Arbeitgeberverband die an sich ihr obliegende Verpflichtung zur Gewährung von Rat und Hilfe in Rechtsangelegenheiten im Umfang der Regelungen des TV-Prüf gem. § 4 Abs. 2 TVG auf die Klägerin übertragen.
Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Tätigkeit der Klägerin die Gefahr einer unqualifizierten Rechtsberatung in sich trägt. Im Gegenteil ist zu erwarten, dass die Klägerin als eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien bereits auf Grund ihrer engen Bindung an die tarifschließenden Parteien und ihr spezifisches und eng begrenztes Tätigkeitsgebiet eine Gewähr für die sachkundige Wahrnehmung ihrer Aufgaben bietet. Der Gesetzgeber hat durch Art. 1 § 7 RBerG und § 11 Abs. 1 ArbGG dokumentiert, dass er in der Rechtsberatungstätigkeit der Koalitionen weder eine Gefahr für die Rechtssuchenden noch für das Funktionieren der Rechtspflege gesehen hat. Für gemeinsame Einrichtungen, zu deren Bildung diese Vereinigungen nach § 4 Abs. 2 TVG berechtigt sind, kann nichts anderes gelten. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass von der rechtsberatenden Tätigkeit der Klägerin im Umfang des TV-Prüf eine Gefahr für den Erhalt einer funktionsfähigen Anwaltschaft ausgeht. Auch die Beklagte hat dies nicht behauptet.
4. Die Allgemeinverbindlicherklärung ist nicht deshalb unwirksam, weil ein öffentliches Interesse gem. § 5 Abs. 1 Ziff. 2 TVG fehlt. Insbesondere verstößt sie nicht gegen höherrangiges Recht. Die formellen und materiellen Voraussetzungen einer Allgemeinverbindlicherklärung, wie sie in den § 5 TVG, §§ 4 bis 12 Verordnung zur Durchführung des Tarifvertragsgesetzes (DVO-TVG) idF vom 23. Dezember 1988 (BGBl. I 1989, 76) niedergelegt worden sind, liegen vor, sofern man § 5 Abs. 1 Ziff. 1 TVG zunächst außer Betracht lässt.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Zulässigkeit der Allgemeinverbindlicherklärung im Allgemeinen (BVerfG 24. Mai 1977 – 2 BvL 11/74 – BVerfGE 44, 322) und zur Allgemeinverbindlicherklärung der Normen über Gemeinsame Einrichtungen im Besonderen (BVerfG 15. Juli 1980 – 1 BvR 24/74, 1 BvR 439/79 – BVerfGE 55, 7) sowie der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG 5. Dezember 1958 – 1 AZR 89/57 – BAGE 7, 106; BAG 11. Juni 1975 – 4 AZR 395/74 – BAGE 27, 175; 28. März 1990 – 4 AZR 536/89 – AP TVG § 5 Nr. 25 = EzA TVG § 5 Nr. 10) bestehen an der Verfassungsmäßigkeit dieses Rechtsinstituts keine Zweifel.
b) Das Verfahren der hier zu beurteilenden Allgemeinverbindlicherklärung begegnet keinen Bedenken. Der zuständige Bundesminister für Arbeit hat von seinem Recht Gebrauch gemacht, das Recht zur Allgemeinverbindlicherklärung der obersten Arbeitsbehörde des Landes Berlin zu übertragen (§ 5 Abs. 6 TVG). Diese hat vor Erteilung der Allgemeinverbindlicherklärung den am Ausgang des Verfahrens interessierten Beteiligten Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme sowie zur Äußerung in einer mündlichen und öffentlichen Anhörung gegeben (§ 6 DVO-TVG). Die Allgemeinverbindlicherklärung ist auch im Einvernehmen mit dem Tarifausschuss und auf Antrag beider Tarifvertragsparteien erfolgt (§ 5 Abs. 1 TVG). Auch die Veröffentlichung der Allgemeinverbindlicherklärung im Bundesanzeiger liegt vor.
c) Die Senatsverwaltung hat die Grenzen des ihr zustehenden normativen Ermessens nicht überschritten, als sie annahm, dass die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Ziff. 2 TVG erfüllt sind. Die Allgemeinverbindlicherklärung setzt danach voraus, dass sie “im öffentlichen Interesse geboten erscheint”. Die gesetzliche Vorschrift eröffnet damit der zuständigen Behörde einen außerordentlich weiten Beurteilungsspielraum. Eine gerichtliche Überprüfung kommt deshalb nur insoweit in Betracht, als der Behörde wesentliche Fehler vorzuwerfen sind. Dies folgt zum einen daraus, dass nach dem Gesetzeswortlaut ein öffentliches Interesse nur “geboten erscheinen” muss. Zum anderen bietet die verfahrensmäßige Absicherung der Interessenabwägung eine ausreichende Gewähr dafür, dass die für die Allgemeinverbindlicherklärung zuständige Behörde ihren kraft Gesetzes weiten Beurteilungsspielraum sachgemäß nutzt. Diese Entscheidung haben die Gerichte für Arbeitssachen nur dann von Amts wegen zu überprüfen, wenn der Parteivortrag oder auch von den Parteien nicht vorgetragene augenfällige Umstände dazu Veranlassung geben, dh. wenn konkrete Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Entscheidung vorliegen (BAG 22. September 1993 – 10 AZR 371/92 – BAGE 74, 226, 232 mwN).
Aus dem Parteivorbringen ergeben sich solche Anhaltspunkte nicht. Die Senatsverwaltung hat – wie unter Ziffer 2 dargestellt – einen wirksamen und gesetzeskonformen TV-Prüf für allgemeinverbindlich erklärt. Mit dieser Entscheidung hat die Behörde des Weiteren der generell außerordentlich hohen Bedeutung allgemeinverbindlicher Tarifverträge im Gebäudereiniger-Handwerk Rechnung getragen. So war das Gebäudereiniger-Handwerk in den letzten Jahren die einzige Branche, für die eine zunehmende Bedeutung der Allgemeinverbindlichkeit festgestellt werden konnte. Nur in dieser Wirtschaftsgruppe gab es im Ergebnis eines Vergleichs zum 1. Januar 2002 mehr allgemeinverbindliche Tarifverträge als 1991. Zum 1. Januar 2002 galten für 0,9 Mio. Beschäftigte allgemeinverbindliche Lohn-, Gehalts- oder Entgelttarifverträge, das sind 4,3 % aller 21,3 Mio. sozialversicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmer, die insgesamt im Geltungsbereich von Einkommenstarifverträgen zum Stichtag 31. Dezember 2001 gearbeitet haben. Diese Beschäftigten konzentrieren sich mit 53 % auf die Wirtschaftsgruppe Reinigung/Körperpflege. Unter den in dieser Wirtschaftsgruppe beschäftigten 480.500 Arbeitnehmern wiederum hat das Gebäudereiniger-Handwerk mit 315.300 Beschäftigten mit Abstand das größte Gewicht (Kirsch WSI Mitteilungen 2003, 405). Vor diesem Hintergrund kann nicht festgestellt werden, dass die Entscheidung der Senatsverwaltung, ein öffentliches Interesse an der Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrages zu bejahen, der der Durchsetzung eben dieser bereits allgemeinverbindlichen Lohn- und Rahmentarifverträge des Gebäudereiniger-Handwerks dient, schlechthin unvertretbar oder unverhältnismäßig ist.
d) Das öffentliche Interesse ist auch nicht deshalb zu verneinen, weil durch die Allgemeinverbindlicherklärung die – wie oben dargelegt – erlaubnisfreie Besorgung der Rechtsangelegenheiten der Mitglieder der tarifschließenden Gewerkschaft auf Außenseiter erstreckt wird. Der Zweck des Rechtsberatungsgesetzes, insbesondere der Zweck des Art. 1 § 7 RBerG steht dem nicht entgegen. Durch die Allgemeinverbindlicherklärung wird die Rechtsnorm auf die nicht organisierten Arbeitnehmer und Arbeitgeber erstreckt (§ 5 Abs. 4 TVG). Wenn die “bisher nicht tarifgebundenen” Arbeitgeber und Arbeitnehmer nach der Allgemeinverbindlicherklärung vom Tarifvertrag erfasst werden, wirken die Normen des Tarifvertrages auf diese nunmehr normunterworfenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht anders als auf die tarifgebundenen unmittelbar und zwingend (Däubler/Lakies TVG § 5 Rn. 164). Wenn durch die Allgemeinverbindlicherklärung die Außenseiter den “Mitgliedern” iSd. Art. 1 § 7 RBerG gleichgestellt werden, würde dies dem öffentlichen Interesse nur dann widersprechen, wenn Sinn und Zweck des Rechtsberatungsgesetzes dies verböten. Da aber eine unqualifizierte Rechtsberatung auch gegenüber den Außenseitern nicht zu befürchten ist, die Rechtspflege durch die Tätigkeit der Klägerin auch bezüglich der Außenseiter nicht leidet und eine funktionsfähige Anwaltschaft auch erhalten bleibt, wenn Außenseiter die Rechte und Pflichten aus dem TV-Prüf wahrnehmen, kann auch aus diesem Grund ein öffentliches Interesse nicht verneint werden.
5. Das Landesarbeitsgericht hat – von seinem Standpunkt aus konsequent – nicht geprüft, ob die tarifgebundenen Arbeitgeber nicht weniger als 50 % der unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallenden Arbeitnehmer beschäftigen. Dies wird es nachzuholen haben. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, da das zugrundeliegende Zahlenmaterial sich gerade nach dem eigenen Vortrag der Klägerin geändert hat und zum Teil hinsichtlich der absoluten Zahlen als auch hinsichtlich der Schätzgrundlagen bestritten worden ist. Im Rahmen der von Amts wegen durchzuführenden Prüfung der erforderlichen Anzahl der Beschäftigten wird zu berücksichtigen sein, dass eine exakte Feststellung nahezu unmöglich ist und deshalb eine sorgfältige Schätzung ausreicht (BAG 11. Juni 1975 – 4 AZR 395/74 – BAGE 27, 175; 28. März 1990 – 4 AZR 536/89 – AP TVG § 5 Nr. 25 = EzA TVG § 5 Nr. 10, jeweils mwN). Erforderlich ist aber eine Ausschöpfung aller greifbaren Erkenntnismittel und eine möglichst genaue Auswertung des verwertbaren statistischen Materials. In Betracht kommt Datenmaterial des statistischen Bundesamtes, der statistischen Landesämter, der Bundesanstalt für Arbeit, der Berufsgenossenschaften, der Krankenkassen, der Handwerks- und Industrie- und Handelskammern, der Innungen, der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände (vgl. Däubler/Lakies TVG § 5 Rn. 89). Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass die Arbeitsämter über aktuellere Zahlenangaben zur Anzahl der im Gebäudereinigerhandwerk beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer verfügten. Dem wird das Landesarbeitsgericht nachzugehen haben. Es wird sich auch damit auseinanderzusetzen haben, ob die Annahme schlüssig ist, dass 600 Mitarbeiter der BRG B GmbH nicht mitzuzählen seien.
- Das Landesarbeitsgericht hat auch über die in der Revisionsinstanz entstandenen Kosten mitzuentscheiden.
Unterschriften
Dr. Freitag, Fischermeier, Marquardt, Frese, Ließ
Fundstellen
BAGE 2005, 155 |
BB 2004, 1396 |
DB 2004, 712 |
EBE/BAG 2004, 1 |
ARST 2004, 46 |
FA 2004, 28 |
FA 2004, 287 |
AP, 0 |
EzA-SD 2003, 4 |
EzA |
BAGReport 2004, 311 |
GuS 2003, 56 |