Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuwendung – Erziehungsurlaub und geringfügige Beschäftigung
Leitsatz (amtlich)
Eine Angestellte, die Anspruch auf eine Zuwendung nach dem Zuwendungs-TV hat, verliert diesen nicht dadurch, daß sie während des Erziehungsurlaubs bei demselben Arbeitgeber ihre bisherige Tätigkeit im Umfange einer geringfügigen Beschäftigung weiterhin ausübt.
Normenkette
BAT § 3 Buchst. n, §§ 22-23; Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973 (Zuwendungs-TV) § 1; Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973 (Zuwendungs-TV) § 2; Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973 (Zuwendungs-TV) § 3
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 11. August 1997 – 9 Sa 226/97 – wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin für das Jahr 1995 eine Zuwendung nach dem Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973 (Zuwendungs-TV) zusteht.
Die Klägerin war als vollzeitbeschäftigte Krankenschwester im städtischen Krankenhaus der Stadt K tätig. Ihr Arbeitsverhältnis ging im Wege des Betriebsübergangs auf die Beklagte über. Diese wandte – ebenso wie ihre Rechtsvorgängerin – die Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) an.
Am 15. Januar 1995 wurde die Klägerin von einem Kind entbunden. Nach Ablauf der Mutterschutzfrist nahm sie zunächst Erziehungsurlaub. Nachdem die Beklagte der Klägerin unter dem 30. Juni 1995 mitgeteilt hatte, daß sie mit dem Einsatz der Klägerin während des Erziehungsurlaubs mit einer monatlichen Arbeitszeit von maximal 25 Stunden einverstanden sei, nahm die Klägerin ihre bisherige Tätigkeit in Form einer solchen Teilzeitbeschäftigung ab 1. Juli 1995 wieder auf. Ihr Verdienst betrug in der Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 1995 monatlich weniger als 580,00 DM.
Mit Schreiben vom 23. November 1995 verlangte die Klägerin von der Beklagten die Zahlung einer ungekürzten Zuwendung für das Jahr 1995. Die Beklagte lehnte die Zahlung ab.
Die Klägerin begehrt die Zahlung einer Zuwendung entsprechend ihrer früheren Vollzeitbeschäftigung in Höhe von 4.305,67 DM. Sie meint, der Zuwendungs-TV sei trotz ihrer geringfügigen Beschäftigung während ihres Erziehungsurlaubs auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 4.305,67 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit dem 15. November 1995 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie ist der Meinung, ein Anspruch auf Zahlung einer tariflichen Zuwendung bestehe nicht. Der BAT und damit auch der Zuwendungs-TV finde auf das nunmehr während des Erziehungsurlaubs der Klägerin bestehende Teilzeitarbeitsverhältnis keine Anwendung. Zwischen den Parteien bestehe ein einheitliches Arbeitsverhältnis, auf das wegen der Geringfügigkeit der Beschäftigung der BAT nach § 3 Buchst. n BAT unanwendbar sei. Selbst wenn der Zuwendungs-TV Anwendung finde, sei eine Zuwendung nicht in der von der Klägerin begehrten Höhe, sondern lediglich gemessen an der aus der Teilzeitbeschäftigung erzielten geringeren Vergütung zu zahlen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt und im Urteil die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter, während die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist nicht begründet.
Die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung einer ungekürzten Zuwendung für das Jahr 1995 gemäß § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1, Abs. 2 Zuwendungs-TV.
I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet. Der Klägerin stehe für das Jahr 1995 ein Anspruch auf Zahlung einer Zuwendung in Höhe von 4.305,67 DM gemäß dem Zuwendungs-TV zu. Zwischen den Parteien bestehe zwar trotz der Teilzeitbeschäftigung der Klägerin während des Erziehungsurlaubes ein einheitliches Arbeitsverhältnis mit modifizierten Hauptleistungspflichten, so daß wegen der Geringfügigkeit dieser Beschäftigung nach dem eindeutigen Wortlaut des § 3 Buchst. n BAT die Anwendbarkeit des BAT und damit auch des Zuwendungs-TV ausgeschlossen sei. Dieser Ausschluß verstoße aber gegen § 2 Abs. 1 BeschFG und sei damit nach §§ 134, 139 BGB nichtig, da die Klägerin wegen ihrer Teilzeitbeschäftigung ohne sachlichen Grund benachteiligt werde.
II. Der Senat folgt dem Landesarbeitsgericht zwar im Ergebnis, nicht jedoch in der Begründung.
Die Klägerin hat gemäß § 1 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. a, bb, cc Zuwendungs-TV Anspruch auf Zahlung einer Zuwendung, deren Höhe sich nach der Vergütung für die vor Beginn des Erziehungsurlaubes zuletzt ausgeübten Vollzeitbeschäftigung richtet.
1. Der Zuwendungs-TV hat – soweit vorliegend von Bedeutung – folgenden Wortlaut:
„§ 1 Anspruchsvoraussetzungen
(1) Der Angestellte erhält in jedem Kalenderjahr eine Zuwendung, wenn er
am 1. Dezember im Arbeitsverhältnis steht und nicht für den ganzen Monat Dezember ohne Vergütung zur Ausübung einer entgeltlichen Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit beurlaubt ist
und
seit dem 1. Oktober ununterbrochen als Angestellter … im öffentlichen Dienst gestanden hat …
und
- nicht in der Zeit bis einschließlich 31. März des folgenden Kalenderjahres aus seinem Verschulden oder auf eigenen Wunsch ausscheidet.
…
§ 2 Höhe der Zuwendung
(1) Die Zuwendung beträgt – unbeschadet des Absatzes 2–100 v.H. der Urlaubsvergütung nach § 47 Abs. 2 BAT, die dem Angestellten zugestanden hätte, wenn er während des ganzen Monats September Erholungsurlaub gehabt hätte. …
(2) Hat der Angestellte nicht während des ganzen Kalenderjahres Bezüge von demselben Arbeitgeber aus einem Rechtsverhältnis der in § 1 Abs. 1 Nr. 2 genannten Art erhalten, vermindert sich die Zuwendung um ein Zwölftel für jeden Kalendermonat, für den er keine Bezüge erhalten hat.
Die Verminderung unterbleibt für die Kalendermonate,
für die der Angestellte keine Bezüge erhalten hat wegen der
…
- Beschäftigungsverbote nach § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 des Mutterschutzgesetzes,
- Inanspruchnahme des Erziehungsurlaubs nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz bis zur Vollendung des 12. Lebensmonats des Kindes,
…”
§ 3 BAT lautet – soweit hier einschlägig:
„§ 3 Ausnahmen vom Geltungsbereich
Dieser Tarifvertrag gilt nicht für
…
- Angestellte, die im Sinne des § 8 SGB IV – ohne Berücksichtigung des § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB IV – geringfügig beschäftigt oder als Studierende nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 SGB V versicherungsfrei sind oder die nebenberuflich tätig sind,
…”
2. Die Klägerin erfüllt die Anspruchsvoraussetzungen für die Zahlung einer Zuwendung gemäß § 1 Abs. 1 Zuwendungs-TV.
Sie stand am 1. Dezember 1995 als Angestellte im öffentlichen Dienst und war nicht für den ganzen Monat Dezember ohne Vergütung zur Ausübung einer entgeltlichen Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit beurlaubt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Zuwendungs-TV).
Darüber hinaus hatte sie seit dem 1. Oktober 1995 ununterbrochen als Angestellte im öffentlichen Dienst gestanden (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 Zuwendungs-TV) und war nicht bis einschließlich 31. März 1996 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 Zuwendungs-TV).
3. Der Zuwendungs-TV findet zugunsten der Klägerin Anwendung.
a) Wie sich aus der Präambel zum Zuwendungs-TV ergibt, gilt dieser nur für Angestellte, deren Arbeitsverhältnis durch den BAT geregelt ist. Dies ist bei der Klägerin der Fall.
Auf ihr Vollzeitarbeitsverhältnis mit der Beklagten als Krankenschwester fand – wie das Landesarbeitsgericht festgestellt hat – der BAT Anwendung. Mit der Inanspruchnahme des Erziehungsurlaubs durch die Klägerin ruhte dieses Arbeitsverhältnis (st. Rechtsprechung; vgl. BAG Urteil vom 24. Mai 1995 – 10 AZR 619/94 – AP Nr. 175 zu § 611 BGB Gratifikation und BAG Urteil vom 10. Februar 1993 – 10 AZR 450/91 – AP Nr. 7 zu § 15 BErzGG).
b) Die Aufnahme der geringfügigen Beschäftigung durch die Klägerin bei der Beklagten mit Wirkung ab 1. Juli 1995 änderte nichts daran, daß auf ihr ruhendes Arbeitsverhältnis nach wie vor der BAT Anwendung findet, mit der Folge, daß sich ihre Ansprüche auf eine Zuwendung auch weiterhin nach dem Zuwendungs-TV bestimmen. Durch die Vereinbarung, die bisherige Tätigkeit im Umfange einer geringfügigen Beschäftigung ab 1. Juli 1995 fortzusetzen, wurde das aufgrund des Erziehungsurlaubs ruhende Arbeitsverhältnis nicht beendet. Dies gilt unabhängig davon, ob die Vereinbarung nur eine Verringerung der früheren wöchentlichen Arbeitszeit (vgl. BAG Urteil vom 23. April 1996 – 9 AZR 696/94 – AP Nr. 7 zu § 17 BErzGG) oder die Begründung eines selbständigen Arbeitsverhältnisses im Umfange einer geringfügigen Beschäftigung beinhaltete.
c) Der Zuwendungs-TV geht davon aus, daß ein Angestellter, dessen Arbeitsverhältnis wegen Erziehungsurlaubs ruht, auch dann dem Geltungsbereich des Zuwendungs-TV unterfällt, wenn er während seines Erziehungsurlaubs eine Tätigkeit bei demselben Arbeitgeber verrichtet, die für sich alleine betrachtet, nicht dem Geltungsbereich des BAT unterfällt.
aa) Dies ergibt die Auslegung des Zuwendungs-TV.
Die Auslegung des normativen Teiles eines Tarifvertrages folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn und Zweck der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Dabei ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mitzuberücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Läßt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien, z.B. die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten und praktisch brauchbaren Regelung führt (BAGE 73, 364 = AP Nr. 144 zu § 1 TVG Auslegung).
bb) Nach diesen Grundsätzen ist die Regelung des § 3 Zuwendungs-TV dahingehend auszulegen, daß die Tarifvertragsparteien davon ausgehen, eine Beschäftigung des Angestellten während des Erziehungsurlaubs, auch wenn diese bei demselben Arbeitgeber ausgeübt wird und für sich alleine betrachtet nicht dem Geltungsbereich des BAT unterfällt, sei für den Anspruch auf eine Zuwendung nach dem Zuwendungs-TV unschädlich.
cc) § 3 des Zuwendungs-TV lautet:
„Anrechnung von Leistungen
Wird auf Grund anderer Bestimmungen oder Verträge oder auf Grund betrieblicher Übung oder aus einem sonstigen Grunde eine Weihnachtszuwendung oder im Zusammenhang mit dem Weihnachtsfest eine entsprechende Leistung gezahlt, so wird diese Leistung auf die Zuwendung nach diesem Tarifvertrag angerechnet. Satz 1 gilt auch für die Zuwendung aus einer Beschäftigung während des Erziehungsurlaubs nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz.”
Die Anrechnungsvorschriften des § 3 Zuwendungs-TV greifen nur dann ein, wenn der Angestellte von demjenigen Arbeitgeber, gegen den ihm Ansprüche nach dem Zuwendungs-TV zustehen, eine weitere Zuwendung erhalten hat (Uttlinger/ Breier/Kiefer/Hoffmann/Pühler, BAT, Stand 1. Oktober 1998, Erläuterungen zu § 3 Zuwendungs-TV; Böhm/Spiertz/Sponer/Steiner, BAT, Stand Dezember 1998, § 3 TV Zuwendung Rz 3; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT, Stand September 1998, § 3 Zuwendungs-TV Erl. 28). Durch § 3 Zuwendungs-TV sollen Doppelleistungen durch denselben Arbeitgeber ausgeschlossen werden.
§ 3 Satz 2 Zuwendungs-TV stellt ausdrücklich klar, daß diese Anrechnung auch für eine Zuwendung aus einer Beschäftigung während des Erziehungsurlaubs nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz gilt. Dieser Satz 2 ist dem § 3 Zuwendungs-TV durch den 3. Änderungstarifvertrag vom 9. Januar 1987 mit Wirkung vom 1. Januar 1986 angefügt worden. Durch diese Tarifänderung sollten Doppelzahlungen vermieden werden, wenn der Arbeitgeber einem Angestellten aus einer erziehungsgeldunschädlichen Tätigkeit während des Erziehungsurlaubs eine Zuwendung gewährt, obwohl die erziehungsgeldunschädliche Tätigkeit als solche nach der damaligen Rechtslage nicht unter den BAT und damit auch nicht unter den Zuwendungs-TV fiel (Böhm/Spiertz/Sponer/Steiner, aaO, § 3 TV Zuwendung Rz 3 a; Clemens/ Scheuring/Steingen/Wiese, aaO, § 3 Zuwendungs-TV Erl. 28). Der erst ab dem 1. September 1994 aufgehobene § 3 Buchst. q BAT schloß nämlich in seinen bis zu diesem Zeitpunkt geltenden unterschiedlichen Fassungen Angestellte in einer nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz erziehungsgeldunschädlichen Teilzeitbeschäftigung während des Erziehungsurlaubs vom Geltungsbereich des BAT aus.
Daraus folgt der Wille der Tarifvertragsparteien, daß eine anderweitige Beschäftigung während des Erziehungsurlaubs bei demselben Arbeitgeber, wenn diese für sich alleine betrachtet nicht dem BAT unterfällt, nicht den Zuwendungsanspruch aus dem Zuwendungs-TV ausschließen soll. Andernfalls wäre die Einfügung der Anrechnungsvorschrift des § 3 Satz 2 Zuwendungs-TV überflüssig gewesen.
dd) Wenn die Tarifvertragsparteien aber davon ausgegangen sind, daß ein Anspruch auf eine Zuwendung nach dem Zuwendungs-TV auch dann besteht, wenn der Angestellte während seines Erziehungsurlaubs eine nach dem alten § 3 Buchst. q BAT nicht dem BAT unterfallende Teilzeittätigkeit bei demselben Arbeitgeber ausübt, muß dies auch für den Fall gelten, daß der Angestellte während seines Erziehungsurlaubs eine gemäß § 3 Buchst. n BAT nicht dem Geltungsbereich des BAT unterliegende geringfügige Beschäftigung im Sinne des § 8 SGB IV bei demselben Arbeitgeber ausübt. Dafür, daß die Tarifvertragsparteien diese gleichgelagerten Fälle unterschiedlich behandeln wollten, sind weder aus dem Tarifwortlaut noch aus der Tarifgeschichte Anhaltspunkte ersichtlich. Vielmehr spricht der Umstand, daß die Anrechnungsvorschrift des § 3 Satz 2 Zuwendungs-TV auch nach Aufhebung des § 3 Buchst. q BAT beibehalten worden ist, dafür, daß die Tarifvertragsparteien nach wie vor einen Anwendungsbereich für diese Norm gesehen haben, und zwar den, daß der Angestellte während seines Erziehungsurlaubs bei demselben Arbeitgeber in einem nach § 3 Buchst. n BAT nicht dem BAT unterfallenden geringfügigen Beschäftigungsverhältnis steht. Der § 3 Buchst. n BAT ist nämlich von den Tarifvertragsparteien, nachdem er durch den 21. Änderungstarifvertrag zum BAT vom 15. April 1969 gestrichen worden war, durch den 66. Änderungstarifvertrag zum BAT vom 24. April 1991 mit Wirkung vom 1. April 1991 neu eingefügt und in der Folgezeit redaktionell geändert worden. Dafür, daß die nicht erfolgte Änderung des § 3 Satz 2 Zuwendungs-TV nach Aufhebung des § 3 Buchst. q BAT auf einem Redaktionsversehen beruht (so: Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, aaO, § 3 Zuwendungs-TV Erl. 28) und die Tarifvertragsparteien den § 3 Satz 2 Zuwendungs-TV nicht auf den Fall des § 3 Buchst. n BAT erstrecken wollten, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.
ee) Eine Auslegung, daß durch die Ausübung einer geringfügigen Beschäftigung gem. § 3 Buchst. n BAT während des Erziehungsurlaubs die Anwendung des BAT und auch des Zuwendungs-TV auf das während des Erziehungsurlaubs ruhende Arbeitsverhältnis ausgeschlossen wird, würde im Ergebnis dazu führen, daß Angestellte, die im Erziehungsurlaub eine Teilzeittätigkeit im Umfang einer geringfügigen Beschäftigung ausüben, überhaupt keinen Anspruch auf eine Zuwendung aus dem Hauptarbeitsverhältnis erwerben würden, während dieser Anspruch allen Angestellten erhalten bliebe, die während des Erziehungsurlaubs keinerlei Tätigkeit ausüben. Ein solches Ergebnis ließe sich unter keinem Gesichtspunkt rechtfertigen und kann daher auch von den Tarifvertragsparteien nicht gewollt sein (so zu im wesentlichen gleichlautenden Tarifbestimmungen des Manteltarifvertrages für die Angestellten des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe und des Tarifvertrages über eine Zuwendung für Angestellte des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe: BAG Urteil vom 28. Juni 1995 – 10 AZR 948/94 – AP Nr. 1 zu § 3 h MTAng-LV).
4. Damit unterfällt das Arbeitsverhältnis der Klägerin während der Zeit des Mutterschutzes nach § 3 Abs. 2, § 6 Abs. 1 MuSchG und des ganzen Erziehungsurlaubs dem Geltungsbereich des Zuwendungs-TV, so daß sich ihr Zuwendungsanspruch alleine nach diesem Tarifvertrag bestimmt. Die Höhe der für den Fall der Anwendbarkeit des Zuwendungs-TV der Klägerin nach § 1 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. a, bb, cc Zuwendungs-TV zustehenden Zuwendung für das Jahr 1995 (4.305,67 DM brutto) ist zwischen den Parteien nicht streitig. Sie richtet sich gem. § 2 Abs. 1 Zuwendungs-TV nach der Höhe der Urlaubsvergütung für den Monat September entsprechend der früheren Vollzeitbeschäftigung der Klägerin. Eine Verminderung kommt im Hinblick auf die Mutterschutzfristen (§ 2 Abs. 2 Buchst. a Buchst. bb Zuwendungs-TV) und den Erziehungsurlaub, da das Kind den 12. Lebensmonat noch nicht vollendet hatte (§ 2 Abs. 2 Buchst. a Buchst. cc Zuwendungs-TV) nicht in Betracht.
5. Das Landesarbeitsgericht hat – von den Parteien nicht bestritten – festgestellt, daß die Zuwendung am 15. November 1995 fällig geworden ist. Deshalb hat die Beklagte diese ab dem 15. November 1995 mit 4 % zu verzinsen, §§ 284 Abs. 2 Satz 1, 288 Abs. 1 Satz 1 BGB.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dr. Freitag, Dr. Jobs zugleich für den wegen Urlaubs an der Unterschrift verhinderten Richter Böck, Staedtler, Tirre
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 24.02.1999 durch Susdorf, Reg.-Hauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
BB 1999, 2190 |
DB 1999, 1326 |
NWB 1999, 2352 |
ARST 1999, 225 |
FA 1999, 205 |
NZA 1999, 830 |
ZTR 1999, 373 |
AP, 0 |
PersR 1999, 281 |
RiA 2000, 56 |
ZMV 1999, 149 |
KHuR 1999, 38 |
PflR 2000, 30 |