Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuschuß zum Unterhaltsgeld
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach dem Tarifvertrag über Kündigungsschutz und Qualifizierung bei Umstrukturierungsmaßnahmen (TVKQ) für Sachsen entfällt ein Anspruch des Arbeitnehmers auf einen Zuschuß zum Unterhaltsgeld, wenn betriebliche Sozialplanleistungen vereinbart werden (Bestätigung des BAG Urteils vom 21. April 1993 - 4 AZR 541/92 = BB 1993, 2238.
2. Die Tarifvertragsparteien können im Wege des Firmentarifvertrages von dem TVKQ abweichen und die Ansprüche auf Zuschuß zum Unterhaltsgeld unabhängig von betrieblichen Leistungen aufrechterhalten.
3. Es bestehen keine Bedenken, daß die Betriebspartner diesen Firmentarifvertrag zugleich als Sozialplan auf die Gesamtbelegschaft erstrecken.
Verfahrensgang
Sächsisches LAG (Entscheidung vom 05.11.1992; Aktenzeichen 4 Sa 26/92) |
ArbG Dresden (Entscheidung vom 12.05.1992; Aktenzeichen 4 Ca 803/91) |
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger für die Zeit vom 1. Juli 1991 bis zum 31. März 1992 gegen die Beklagte einen tariflichen Anspruch auf Zuschuß zum Unterhaltsgeld hat.
Zwischen den Parteien bestand ein Arbeitsverhältnis, das durch ordentliche betriebsbedingte Kündigung der Beklagten zum 30. Juni 1991 beendet wurde. Seit dem 26. April 1991 nahm der Kläger an einer Maßnahme der beruflichen Fortbildung/Umschulung in der Fachrichtung Ingenieurtechnologie teil; sie dauerte bis 19. Juni 1992.
Auf das Arbeitsverhältnis fand kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit der Tarifvertrag zwischen dem Verband der sächsischen Metall- und Elektroindustrie e.V. (VSME) und der IG Metall über Kündigungsschutz und Qualifizierung bei Umstrukturierungsmaßnahmen (TVKQ) Anwendung.
Bis zum 30. Juni 1991 hat die Beklagte dem Kläger einen Zuschuß zum Unterhaltsgeld nach § 4 der Anlage 3 TVKQ gezahlt. Seit dem 1. Juli 1991 weigert sie sich, den Zuschuß weiterhin zu zahlen. Bei der Beklagten ist am 20. März 1991 ein "Sozialplan/Tarifvertrag" abgeschlossen worden, aus dem der Kläger eine Abfindung erhalten hat.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe trotz der Regelung in § 5 der Anlage 3 TVKQ Anspruch auf den Zuschuß zum Unterhaltsgeld, weil der Sozialplan/Tarifvertrag in Ziff. 2 festlege, daß allen Beschäftigten die Rechte aus § 4 TVKQ zuständen. Die Beklagte werde durch diese Forderung auch nicht doppelt belastet.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn insgesamt
2.269,53 DM nebst 4 % Zinsen aus 333,08 DM seit
1. August 1991, aus weiteren 333,08 DM seit
1. September 1991, aus weiteren 333,08 DM seit
1. Oktober 1991, aus weiteren 333,08 DM seit
1. November 1991, aus weiteren 333,08 DM seit
1. Dezember 1991, aus weiteren 333,08 DM seit
1. Januar 1992, aus weiteren 90,35 DM seit
1. Februar 1992, aus weiteren 90,35 DM seit
1. März 1992, aus weiteren 90,35 DM seit 1. April
1992 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, der Anspruch des Klägers werde durch § 5 der Anlage 3 TVKQ ausgeschlossen. Dieser Ausschluß werde auch nicht durch die Ziff. 2 und 3 des Sozialplans/Tarifvertrages hinfällig.
Das Arbeitsgericht hat der Klageforderung entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit der Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Der Kläger hat Anspruch auf den geltend gemachten Zuschuß zum Unterhaltsgeld.
I.1. Für Ansprüche auf Zuschuß zum Unterhaltsgeld enthält der kraft beiderseitiger Tarifbindung auf das Arbeitsverhältnis anwendbare TVKQ (Anlage 3) folgende Bestimmungen:
§ 1
Besonderer Kündigungsschutz bei betriebsbeding-
ten Kündigungen
1. Für einen Arbeitnehmer, der bei Inkrafttreten
dieses Tarifvertrages in einem ungekündigten
Arbeitsverhältnis steht, kann eine Kündigung
dieses Arbeitsverhältnisses, wenn sie durch
dringende betriebliche Erfordernisse bedingt
ist, die seiner Weiterbeschäftigung im Betrieb
entgegenstehen (§ 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG), frü-
hestens zum 30.06.1991 wirksam werden. ...
§ 4
Zuschuß zum Unterhaltsgeld und Kurzarbeitergeld
1. Der Arbeitnehmer erhält für die Zeit, in der
für ihn der besondere Kündigungsschutz nach
§ 1 gilt und er entweder Unterhaltsgeld nach
§ 44 Abs. 2 AFG oder Kurzarbeitergeld bezieht,
einen Zuschuß zu diesen Leistungen.
2. Der Zuschuß zum Unterhaltsgeld ist so zu be-
messen, ...
4. Arbeitnehmer, die am 30.06.1991 an einer noch
nicht abgeschlossenen Maßnahme der beruflichen
Fortbildung oder Umschulung gemäß §§ 41 ff.
AFG teilnehmen, erhalten für die über diesen
Zeitpunkt hinausreichende restliche Zeit der
geförderten Maßnahme, längstens bis
31.03.1992, den in § 4 Ziff. 2 bezeichneten
Zuschuß zum Unterhaltsgeld weiter. ...
§ 5
Ausschluß von Doppelbelastungen
Die vorstehenden Regelungen in den §§ 1, 3 und 4
stellen einen Ausgleich bzw. die Milderung wirt-
schaftlicher Nachteile im Sinne des § 112 BetrVG
dar, die dem Arbeitnehmer entstehen können.
Alle Rechte und Ansprüche aus diesem Abkommen
entfallen, wenn betrieblich eine andere Regelung
über den Ausgleich oder die Milderung wirtschaft-
licher Nachteile getroffen wird**). Bereits er-
brachte betriebliche Leistungen sind in diesem
Falle zurückzugewähren.
**)Hiermit soll eine zusätzliche Belastung des
Arbeitgebers über die tariflichen Regelungen hin-
aus ausgeschlossen werden.
2.a) Der zwischen dem Betriebsrat und der IG Metall auf der einen Seite, der Beklagten auf der anderen Seite abgeschlossene Sozialplan/Tarifvertrag vom 20. März 1991 enthält folgende Regelungen:
1. Geltungsbereich
Die Vereinbarung gilt
- räumlich für die Standorte Klotzsche, Reick
und Zschieren sowie betriebliche Sozialein-
richtungen
- persönlich für alle Mitarbeiter, die unter den
Geltungsbereich des BetrVG fallen, am 1. März
1991 bei der E GmbH beschäftigt waren
und deren Arbeitsverhältnis auf Grund des In-
teressenausgleichs vom 20. März 1991 endet.
Außerdem erhalten AN, die nach dem 1. Juli 1990
in den Vorruhestand gegangen sind, Leistungen aus
diesem Sozialplan.
2. Tarifliche Regelungen
Die Parteien sind sich darin einig, daß ausnahms-
los allen Beschäftigten der E GmbH die
Rechte aus dem Verhandlungsergebnis zwischen dem
Verband der Sächsischen Metall- und Elektroindu-
strie e.V. (VSME) und der IG Metall vom 18. Juli
1990 Anl. 3, §§ 1, 3 und 4 zustehen.
3. Sozialplanvolumen
Über das zur Sicherung der Ansprüche aus Pkt. 2.
notwendige Finanzvolumen hinaus stellt das Unter-
nehmen für die Erfüllung der in nachfolgendem So-
zialplan geregelten Ansprüche den von Umstruktu-
rierungsmaßnahmen bzw. der Betriebsstillegung be-
troffenen Arbeitnehmern, eine Summe von
26 Mio. DM
zur Verfügung.
4. Sockelbeträge
Folgende Sockelbeträge werden zur Verfügung ge-
stellt:
Schwerbehinderte 1500 DM
Alleinerziehende pro
unterhaltspfl. Kind 500 DM
Vorruheständler 1500 DM.
Die sich daraus ergebende Summe wird vom Volumen
gem. Pkt. 3. abgezogen.
b) Der Interessenausgleich zwischen den gleichen Parteien und vom gleichen Tage hat - soweit es hier interessiert - folgenden Wortlaut:
2.1. Beschäftigungslage
Auf Grund der nachhaltigen und voraussichtlich
längerfristigen Verschlechterung der Absatzsitua-
tion hält die Geschäftsleitung (GL) der E -GmbH
eine Anpassung der Beschäftigungsstrukturen bis
Ende 1. Halbjahr 1991 für unumgänglich.
2.2. Zielstellung
Ziel der Vereinbarung ist es, unumgängliche Per-
sonalanpassungsmaßnahmen sozial verträglich zu
gestalten.
Ferner besteht Übereinstimmung, daß die Ausbil-
dungsplätze von einer Personalreduzierung gemäß
Ziffer 2.1. nicht betroffen sind, bis eine ver-
tragliche Regelung zur Übernahme durch andere
Bildungsträger erfolgt ist.
2.3.
Um die unter Pkt. 2.2. genannten Ziele zu errei-
chen, vereinbaren GL und Betriebsrat (BR)
- Maßnahmen zur Sicherung von Beschäftigung, Um-
schulung und Qualifikation im Rahmen einer
vorausschauenden Unternehmensplanung
- Verfahrensweise bei notwendigen Personalanpas-
sungsmaßnahmen.
II. Ansprüche des Klägers nach dem TVKQ auf den von ihm geltend gemachten Zuschuß sind nach § 5 Abs. 2 TVKQ wegen Bestehens eines Sozialplans/Tarifvertrages entfallen.
1. Der Abschluß eines Sozialplans läßt nach § 5 Abs. 2 TVKQ alle Ansprüche aus dem TVKQ entfallen, ohne daß es hierfür weiterer Voraussetzungen bedürfte. Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob das sich aus dem Sozialplan ergebende Leistungsvolumen größer ist als das der tariflichen Ansprüche und wie hoch im Einzelfall die Sozialplanansprüche des Arbeitnehmers, der nach § 4 Ziff. 4 TVKQ Zuschuß zum Unterhaltsgeld beanspruchen könnte, sind. § 5 Abs. 2 TVKQ hat nicht die Begrenzung tariflicher Ansprüche auf eine bestimmte Höhe oder die Vermeidung von Doppelansprüchen im Einzelfall zum Gegenstand, sondern erweist sich als Regelung zur nachträglichen Einschränkung des betrieblichen Geltungsbereichs des TVKQ.
a)aa) So sollen die tariflichen Ansprüche entfallen, "wenn" ein betrieblicher Sozialplan vereinbart wird. Wäre mit § 5 Abs. 2 TVKQ nur der Ausschluß von Doppelansprüchen einzelner Arbeitnehmer oder eine Begrenzung von Ansprüchen auf eine bestimmte Höhe bezweckt gewesen, so müßte es "soweit" heißen.
bb) Der Wegfall der Ansprüche nach § 5 Abs. 2 TVKQ setzt lediglich das Vorhandensein einer "anderen" Regelung voraus, ohne daß an deren Inhalt - abgesehen von ihrem Sozialplancharakter - weitere Anforderungen gestellt würden. Sollte die Bestimmung lediglich den Arbeitgeber vor einer Überforderung durch das Volumen der von ihm zu erbringenden Leistungen schützen, so hätten die Tarifvertragsparteien es nicht bei dem Wort "andere" bewenden lassen dürfen, sondern den Wegfall der tariflichen Ansprüche vom Inhalt des Sozialplans, beispielsweise vom Umfang der in ihm vorgesehenen Leistungen, abhängig machen müssen.
cc) Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 TVKQ sollen bei Vorhandensein eines Sozialplans ausdrücklich alle tariflichen Ansprüche entfallen, nicht etwa nur diejenigen, die zusammen mit Sozialplanansprüchen eine bestimmte Grenze übersteigen.
dd) Nach § 5 Abs. 2 Satz 2 TVKQ sind bei Wegfall der tariflichen Ansprüche bereits vom Betrieb erbrachte Leistungen zurückzugewähren, ohne daß es nach dem Wortlaut der Bestimmung auf deren Höhe ankäme. Dabei sind unter betrieblichen Leistungen i.S. dieser Bestimmung die vom Betrieb aufgrund des TVKQ erbrachten und nicht etwa die auf betrieblichen Regelungen beruhenden Leistungen zu verstehen, wie sich aus dem Zusammenhang von § 5 Abs. 2 Satz 2 mit Satz 1 dieser Bestimmung ergibt (vgl. zum Ganzen Urteil vom 21. April 1993 - 4 AZR 541/92 -, zur Veröffentlichung vorgesehen).
III. Der Kläger hat den von ihm geltend gemachten Anspruch auf Zuschuß zum Unterhaltsgeld jedoch aufgrund der Regelungen in Ziff. 2 und 3 der Vereinbarung vom 20. März 1991, der als Firmentarifvertrag und Sozialplan rechtlich einzuordnen ist.
1. Nach Ziff. 2 dieser Vereinbarung sind sich die Betriebsparteien darüber einig, daß ausnahmslos allen Beschäftigten der E GmbH die Rechte aus den §§ 1, 3 und 4 der Anlage 3 zum TVKQ zustehen. Das bedeutet aber bei reiner Wortinterpretation, daß allen Beschäftigten, also auch den nicht unter den Geltungsbereich des TVKQ fallenden Arbeitnehmern ein entsprechender Anspruch auf Zuschuß gewährt werden soll. Dies kann bedeuten, daß nur der Geltungsbereich erweitert werden soll, es kann aber genauso bedeuten, daß die entsprechenden Ansprüche für alle Arbeitnehmer ohne die Ausnahme des § 5 TVKQ bestätigt werden.
2.a) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages, über die hier zwischen den Parteien Streit besteht, folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Soweit der Tarifwortlaut jedoch nicht eindeutig ist, ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mitzuberücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Läßt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, gegebenenfalls auch eine praktische Tarifübung ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. z.B. Senatsurteil vom 23. September 1992 - 4 AZR 66/92 - AP Nr. 8 zu § 1 TVG Tarifverträge: Großhandel, zu I 2 a der Gründe, m.w.N.).
b) Bei Anlegung dieser Maßstäbe an die Vereinbarung vom 20. März 1991 ergeben sich drei Anhaltspunkte dafür, daß mit ihr die Ansprüche der Arbeitnehmer bestätigt werden sollten.
aa) Die fraglichen Regelungen sind in einer als "Sozialplan/Tarifvertrag" bezeichneten Vereinbarung enthalten, die sowohl vom Betriebsrat als auch vom Bezirksleiter der IG Metall auf Arbeitnehmerseite und auf der Arbeitgeberseite von der Geschäftsführung und dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats unterzeichnet ist. Dies ist nur dann folgerichtig, wenn die Vertragsparteien vom TVKQ abweichen wollten. Denn dazu brauchte man einen (Firmen-) Tarifvertrag und zur Erstreckung auf die Gesamtbelegschaft eine Betriebsvereinbarung.
bb) In der Vereinbarung heißt es darüber hinaus, daß den Beschäftigten die Rechte aus den §§ 1, 3 und 4 der Anlage 3 zum TVKQ zustehen. Nicht erwähnt ist dagegen die Ausnahme des § 5 TVKQ. Außerdem enthält der Sozialplan/Tarifvertrag einen eigenen Geltungsbereich.
cc) In Ziff. 3 der Vereinbarung heißt es:
"Über das zur Sicherung der Ansprüche aus Pkt. 2
notwendige Finanzvolumen hinaus ...".
Danach stellt die Beklagte über das zur Sicherung des Volumens aus dem TVKQ erforderliche Maß hinaus 26 Mio. DM zusätzlich als Sozialplanvolumen zur Verfügung. Es macht jedoch keinen Sinn, zusätzliches Finanzvolumen zu vereinbaren, wenn die Ausgangsleistung gerade dadurch ganz oder teilweise entfällt.
3. Zu dem gleichen Ergebnis führt eine Berücksichtigung von Sinn und Zweck des Sozialplans/Tarifvertrags. Danach sollte den Beschäftigten nämlich eine zusätzliche Leistung, also über den Rahmen des TVKQ hinausgehende Ansprüche gewährt werden. Damit stände aber eine Auslegung dieser Regelung, mit deren Hilfe gerade die Ansprüche auf Leistungen entsprechend dem TVKQ ausgeschlossen würden, im unauflösbaren Widerspruch.
IV. Im Gegensatz zur Auffassung der Beklagten besteht der Anspruch auf den geltend gemachten Zuschuß auch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus. Der Kläger befand sich am 30. Juni 1991 unstreitig in einer noch nicht abgeschlossenen Maßnahme der beruflichen Fortbildung oder Umschulung nach §§ 41 ff. AFG. Nach § 4 Ziff. 4 TVKQ erhalten aber Arbeitnehmer, die sich am 30. Juni 1991 in einer solchen Umschulungsmaßnahme befinden, über diesen Zeitpunkt hinaus für die restliche Zeit der geförderten Maßnahme, längstens bis zum 30. März 1992 den geltend gemachten Zuschuß zum Unterhaltsgeld weiter. Der Sozialplan/Tarifvertrag enthält keine hiervon abweichende Regelung.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den in dieser Regelung verwendeten Begriffen "Arbeitnehmer" und "Beschäftigung". Aus dieser ausdrücklichen Regelung läßt sich nicht entnehmen, daß die entsprechenden Ansprüche nur solchen Arbeitnehmern gewährt werden, deren Arbeitsverhältnis während der gesamten Dauer der Umschulungsmaßnahme Bestand hat.
V. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Sozialplan/Tarifvertrag vom 20. März 1991 auch wirksam.
1. Als Haustarifvertrag geht er nach dem Grundsatz der Spezialität dem Bezirkstarifvertrag TVKQ vor (ständige Rechtsprechung, vgl. BAG Urteil vom 20. März 1991 - 4 AZR 455/90 - AP Nr. 20 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz, m.w.N.).
2. Es sind auch keine Rechtsbedenken dagegen zu erheben, daß Sozialplanleistungen in einem Firmentarifvertrag und gleichzeitig in einem Sozialplan nach dem BetrVG vereinbart worden sind. Es mag unzulässig sein, tarifliche Regelungen unabhängig von der Tarifbindung im Wege der Betriebsvereinbarung auf nicht Tarifgebundene zu erstrecken (vgl. BT-Drucks. VI/1786 S. 47; BT-Drucks. zu Drucks. VI/2729 S. 11). Etwas anderes gilt jedoch für Betriebsvereinbarungen als Sozialplan. Nach § 112 Abs. 1 Satz 4 BetrVG ist die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG für Sozialpläne beseitigt. Hierin kommt zugleich zum Ausdruck, daß die Betriebspartner unabhängig von tariflichen Regelungen Sozialplanleistungen vereinbaren können.
VI. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Schaub Wißmann Schneider
Kiefer Schwarz
Fundstellen
Haufe-Index 439074 |
BAGE 00, 00 |
BAGE, 126 |
BB 1993, 2450 |
BB 1994, 796 |
AiB 1994, 443-444 (LT1-3) |
NZA 1994, 471 |
NZA 1994, 471-473 (LT1-3) |
SAE 1994, 198-201 (LT1-3) |
ZAP-Ost, EN-Nr 141/94 (L1-3) |
AP § 1 TVG, Nr 116 |
EzA § 4 TVG Metallindustrie, Nr 96 (LT1-3) |